17. IV. 14
Beim Zahnarzt Dr. Neumann, von dem ich zu meinem Bedauern erfuhr, daß einige Zähne einer starken Nachhilfe bedürfen. Das Sonderbarste war freilich die Erklärung des Arztes, daß bei geistig arbeitenden Personen die Energie der Arbeit sich nachts in einen Krampf der Kiefer umsetzt, der die Zähne aus ihrer normalen Stellung verdrängt u. mit der Zeit auch lockert. In der Tat habe ich seit ungefähr einem halben Jahre mich selbst in der Nacht dabei ertappt, die Zunge an den Gaumen so gepresst zu haben, daß es mir Mühe kostete, sie vom Platze zu rücken u. Athem zu schaffen. Damit brachte ich sogar ein Geschwür in Zusammenhang , u. finde nachträglich in der Erklärung des Arztes eine Bestätigung meiner Vermutung. – Deutlich lehrt also dieses Erlebnis, daß die letzte Arbeit des Winters mir ein Stück Gesundheit gekostet, daß zwischen Arbeit u. Organismus eine Wechselwirkung platzgegriffen hat die zeigt, daß geistige Arbeit, wie die meine, mit körperlichen Opfern verbunden ist. Nun denn, die Zähne werden nach Möglichkeit in guten Stand gesetzt u. dafür, daß meine Gesundheit zur Arbeit in ein normales Verhältnis tritt, will ich fortan sorgen! *
© Transcription Marko Deisinger. |
April 17, 1914.
At the dentist, Dr. Neumann, from whom I learned to my regret that a few teeth are in need of major attention. The strangest thing was, admittedly, the dentist's explanation that, for people who work on intellectual matters, the energy of work is transferred at night into a cramp in the jaw, which forces the teeth from their normal position and, in time, also loosens them. In fact, for about half a year I have found myself having pressed my tongue against the roof of my mouth so tightly that it was an effort for me to move them from that spot and regain my breath. On one occasion, I even broke an ulcer in the process; and in the dentist's explanation I find a retrospective confirmation of my suspicion. – This experience thus teaches me clearly that the last piece of work over the winter has cost me a piece of my health; that a reciprocal effect has been applied between work and organism, which shows that intellectual work such as mine is bound up with physical sacrifice. Well, then, my teeth will be put in good order if possible; and from now on I shall take care that my health stands in a normal relationship to my work! *
© Translation William Drabkin. |
17. IV. 14
Beim Zahnarzt Dr. Neumann, von dem ich zu meinem Bedauern erfuhr, daß einige Zähne einer starken Nachhilfe bedürfen. Das Sonderbarste war freilich die Erklärung des Arztes, daß bei geistig arbeitenden Personen die Energie der Arbeit sich nachts in einen Krampf der Kiefer umsetzt, der die Zähne aus ihrer normalen Stellung verdrängt u. mit der Zeit auch lockert. In der Tat habe ich seit ungefähr einem halben Jahre mich selbst in der Nacht dabei ertappt, die Zunge an den Gaumen so gepresst zu haben, daß es mir Mühe kostete, sie vom Platze zu rücken u. Athem zu schaffen. Damit brachte ich sogar ein Geschwür in Zusammenhang , u. finde nachträglich in der Erklärung des Arztes eine Bestätigung meiner Vermutung. – Deutlich lehrt also dieses Erlebnis, daß die letzte Arbeit des Winters mir ein Stück Gesundheit gekostet, daß zwischen Arbeit u. Organismus eine Wechselwirkung platzgegriffen hat die zeigt, daß geistige Arbeit, wie die meine, mit körperlichen Opfern verbunden ist. Nun denn, die Zähne werden nach Möglichkeit in guten Stand gesetzt u. dafür, daß meine Gesundheit zur Arbeit in ein normales Verhältnis tritt, will ich fortan sorgen! *
© Transcription Marko Deisinger. |
April 17, 1914.
At the dentist, Dr. Neumann, from whom I learned to my regret that a few teeth are in need of major attention. The strangest thing was, admittedly, the dentist's explanation that, for people who work on intellectual matters, the energy of work is transferred at night into a cramp in the jaw, which forces the teeth from their normal position and, in time, also loosens them. In fact, for about half a year I have found myself having pressed my tongue against the roof of my mouth so tightly that it was an effort for me to move them from that spot and regain my breath. On one occasion, I even broke an ulcer in the process; and in the dentist's explanation I find a retrospective confirmation of my suspicion. – This experience thus teaches me clearly that the last piece of work over the winter has cost me a piece of my health; that a reciprocal effect has been applied between work and organism, which shows that intellectual work such as mine is bound up with physical sacrifice. Well, then, my teeth will be put in good order if possible; and from now on I shall take care that my health stands in a normal relationship to my work! *
© Translation William Drabkin. |