15. I. 19
„N. Fr. Pr.“ Neue Bedingungen des Waffenstillstandes: Ueberführung des Goldschatzes nach Frankfurt u. Auslieferung der Handelsflotte. 1 — Ein amerikanischer Publizist, Herron (an die Deutsch-Oesterreicher {60} eine Drohung für den Fall des Anschlusses an Deutschland): „Wohl gibt es ein Recht auf Selbstbestimmung, nicht aber auf Sympathie“ (Wilson foetor!) „Ueberdies scheint es mir wichtig, die oesterreichische Kultur zu erhalten, die so verschieden von der deutschen wie die französische ist (eine nicht zu überbietende Ignoranz!). Die Pointe: „Wir haben den Krieg mit der höchsten Anspannung unserer geistigen u. sittlichen Kräfte geführt (s. o.) ... ihr Europa hat uns Amerikaner gelehrt, Kriege zu führen (!), wir hoffen Europa zeigen zu können, wie man einen wirklichen Frieden schließt[„] 2 (u. beste Geschäfte!). — „Aussicht der deutschen Wahlen“, Gothein: „Die lange Schwachmütigkeit der mehrheits-sozialistischen 3 Regierung“. 4 — „Der Friede ein diktierter Friede“ („Times“). 5 — Wilson erbittet 100 Millionen Dollar gegen Hungersnot u. Bolschewismus! 6 — Aufruf der deutschen Regierung an das Volk: „Bolschewismus ist Tod des Friedens, Tod der Freiheit, Tod des Sozialismus“ 7 (So rächt sich die Lüge – darnach ist Sozialismus Tod des Sozialismus!) — Ein czechisch-französischer Vertrag Pichon – Dr. Benesch; Mitteilungen Dr. Kramarz darüber. 8 — Die Engländer schicken eine „Liebesgabe“ an die Wiener, eine Anerkennung für sehr gute Behandlung der englischen Kriegsgefangenen u. Zivil-Internierten 9 – ein billiger Fußtritt an die oesterreichischen Lakaien – bei energischerer Behandlung der Kriegsgefangenen hätten wir uns vielleicht Lebensmittel aus eigenem verschaffen können. — „N. W. Tgbl.“ Eine Verteidigungsschrift Ludendorffs wird angekündigt – er habe sich einem Verständigungsfrieden nicht wiedersetzt. 10 — {61} Czechisches: eine Rede des Paters Zahradnik: „Zuerst bin ich Czeche, dann erst Christ“ 11 – diese Wendung wirft auf Fehler der Deutsch-Oesterreicher grellstes Licht! — „Arb. Ztg.“: Wahl Litanei! 12 — Stichwort: „Die „milden“ Bedingungen werden diktiert werden“ 13 – zu spät! — „N. Fr. Pr.“ (Abendbl.) nach [illeg]Reuter: Wilson über die bolschewistische Gefahr für Deutschland: „ – kann nicht mit Gewalt, aber mit Lebensmitteln aufgehalten werden“ 14 (daher die Verzögerung!) — Eisner gegen Ebert-Scheidemann; Zwischenruf: „Haben denn die Spartakusleute mit Knallerbsen geworfen?“ 15 — Ein Wort für die Armee von Hermann Gessele, Industrieller aus Salzburg; 16 schön, würdig! — Brot-Quote wird um die Hälfte gekürzt! 17 — „Abend“: Stichwort: „Das spanische Zeremoniell in der czechischen Volksrepublik.“ 18 — „W. Allg. Ztg.“: Leitartikel: „Versailles entscheidet.“ 19 —© Transcription Marko Deisinger. |
January 15, 1919.
Neue freie Presse , new ceasefire conditions: transfer of the gold reserve to Frankfurt and handing over of the Merchant Marine. 1 — An American publicist, Herron (to the German-Austrians, {60} a threat in case of annexation to Germany): "Of course there is a right to self-determination, but not to sympathy" (stinks of Wilson!). "Moreover it seems important to me to preserve Austrian culture, which is as different from the German as the French is (an unsurpassable ignorance!). The main argument: "We have fought the war with the greatest stress on our spiritual and ethical powers (see above) ... your Europe has taught us Americans how to conduct war (!), we hope to be able to show Europe how one can conclude a true peace" 2 (and the best business deals!). — "Prospect of the German Elections," Gothein: "The Long Despondency of the Majority-Socialist 3 Government." 4 — "Peace as a Dictated Peace" ( The Times ). 5 — Wilson asks for 100 million dollars against starvation and Bolshevism. 6 — The German government's appeal to its people: "Bolshevism is the death of peace, the death of freedom, the death of socialism" 7 (this is how the lie gets its revenge: according to this, socialism is the death of socialism!) — A Czech-French treaty between Pichon and Dr. Benesch; remarks about it by Dr. Kramarz. 8 — The English send an "offering of love" to the Viennese in recognition of their very good treatment of English war captives and interned civilians 9 – a cheap gesture to the Austrian lackeys – with a more energetic treatment of the war captives, we might possibly have produced food for us on our own. — Neues Wiener Tagblatt : an apologia by Ludendorff is announced – he was not opposed to a negotiated peace. 10 — {61} Typical Czech: from a speech by Father Zahradnik: "I am first of all Czech, and only secondly Christian" 11 – this expression shines the most lurid light on mistakes made by the German-Austrians! — Arbeiter-Zeitung : Election litany! 12 — Headline: "The 'Mild' Conditions will be Dictated" 13 – too late! — Neue freie Presse (evening edition): according to Reuter, Wilson concerning the Bolshevik danger for Germany: "… it cannot be impeded by force, but with food" 14 (hence the delay!) — Eisner in opposition to Ebert-Scheidemann; interjection: "And have the Spartacus people thrown firecrackers at you?" 15 — A word in support of the army, by Hermann Gessele, industrialist from Salzburg; 16 beautiful, dignified! — Bread quotas are reduced by half! 17 — Der Abend headline: "The Spanish Ceremonial in the Czech People's Republic." 18 — Wiener Allgemeine Zeitung , lead article: "Versailles Decides." 19 —© Translation William Drabkin. |
15. I. 19
„N. Fr. Pr.“ Neue Bedingungen des Waffenstillstandes: Ueberführung des Goldschatzes nach Frankfurt u. Auslieferung der Handelsflotte. 1 — Ein amerikanischer Publizist, Herron (an die Deutsch-Oesterreicher {60} eine Drohung für den Fall des Anschlusses an Deutschland): „Wohl gibt es ein Recht auf Selbstbestimmung, nicht aber auf Sympathie“ (Wilson foetor!) „Ueberdies scheint es mir wichtig, die oesterreichische Kultur zu erhalten, die so verschieden von der deutschen wie die französische ist (eine nicht zu überbietende Ignoranz!). Die Pointe: „Wir haben den Krieg mit der höchsten Anspannung unserer geistigen u. sittlichen Kräfte geführt (s. o.) ... ihr Europa hat uns Amerikaner gelehrt, Kriege zu führen (!), wir hoffen Europa zeigen zu können, wie man einen wirklichen Frieden schließt[„] 2 (u. beste Geschäfte!). — „Aussicht der deutschen Wahlen“, Gothein: „Die lange Schwachmütigkeit der mehrheits-sozialistischen 3 Regierung“. 4 — „Der Friede ein diktierter Friede“ („Times“). 5 — Wilson erbittet 100 Millionen Dollar gegen Hungersnot u. Bolschewismus! 6 — Aufruf der deutschen Regierung an das Volk: „Bolschewismus ist Tod des Friedens, Tod der Freiheit, Tod des Sozialismus“ 7 (So rächt sich die Lüge – darnach ist Sozialismus Tod des Sozialismus!) — Ein czechisch-französischer Vertrag Pichon – Dr. Benesch; Mitteilungen Dr. Kramarz darüber. 8 — Die Engländer schicken eine „Liebesgabe“ an die Wiener, eine Anerkennung für sehr gute Behandlung der englischen Kriegsgefangenen u. Zivil-Internierten 9 – ein billiger Fußtritt an die oesterreichischen Lakaien – bei energischerer Behandlung der Kriegsgefangenen hätten wir uns vielleicht Lebensmittel aus eigenem verschaffen können. — „N. W. Tgbl.“ Eine Verteidigungsschrift Ludendorffs wird angekündigt – er habe sich einem Verständigungsfrieden nicht wiedersetzt. 10 — {61} Czechisches: eine Rede des Paters Zahradnik: „Zuerst bin ich Czeche, dann erst Christ“ 11 – diese Wendung wirft auf Fehler der Deutsch-Oesterreicher grellstes Licht! — „Arb. Ztg.“: Wahl Litanei! 12 — Stichwort: „Die „milden“ Bedingungen werden diktiert werden“ 13 – zu spät! — „N. Fr. Pr.“ (Abendbl.) nach [illeg]Reuter: Wilson über die bolschewistische Gefahr für Deutschland: „ – kann nicht mit Gewalt, aber mit Lebensmitteln aufgehalten werden“ 14 (daher die Verzögerung!) — Eisner gegen Ebert-Scheidemann; Zwischenruf: „Haben denn die Spartakusleute mit Knallerbsen geworfen?“ 15 — Ein Wort für die Armee von Hermann Gessele, Industrieller aus Salzburg; 16 schön, würdig! — Brot-Quote wird um die Hälfte gekürzt! 17 — „Abend“: Stichwort: „Das spanische Zeremoniell in der czechischen Volksrepublik.“ 18 — „W. Allg. Ztg.“: Leitartikel: „Versailles entscheidet.“ 19 —© Transcription Marko Deisinger. |
January 15, 1919.
Neue freie Presse , new ceasefire conditions: transfer of the gold reserve to Frankfurt and handing over of the Merchant Marine. 1 — An American publicist, Herron (to the German-Austrians, {60} a threat in case of annexation to Germany): "Of course there is a right to self-determination, but not to sympathy" (stinks of Wilson!). "Moreover it seems important to me to preserve Austrian culture, which is as different from the German as the French is (an unsurpassable ignorance!). The main argument: "We have fought the war with the greatest stress on our spiritual and ethical powers (see above) ... your Europe has taught us Americans how to conduct war (!), we hope to be able to show Europe how one can conclude a true peace" 2 (and the best business deals!). — "Prospect of the German Elections," Gothein: "The Long Despondency of the Majority-Socialist 3 Government." 4 — "Peace as a Dictated Peace" ( The Times ). 5 — Wilson asks for 100 million dollars against starvation and Bolshevism. 6 — The German government's appeal to its people: "Bolshevism is the death of peace, the death of freedom, the death of socialism" 7 (this is how the lie gets its revenge: according to this, socialism is the death of socialism!) — A Czech-French treaty between Pichon and Dr. Benesch; remarks about it by Dr. Kramarz. 8 — The English send an "offering of love" to the Viennese in recognition of their very good treatment of English war captives and interned civilians 9 – a cheap gesture to the Austrian lackeys – with a more energetic treatment of the war captives, we might possibly have produced food for us on our own. — Neues Wiener Tagblatt : an apologia by Ludendorff is announced – he was not opposed to a negotiated peace. 10 — {61} Typical Czech: from a speech by Father Zahradnik: "I am first of all Czech, and only secondly Christian" 11 – this expression shines the most lurid light on mistakes made by the German-Austrians! — Arbeiter-Zeitung : Election litany! 12 — Headline: "The 'Mild' Conditions will be Dictated" 13 – too late! — Neue freie Presse (evening edition): according to Reuter, Wilson concerning the Bolshevik danger for Germany: "… it cannot be impeded by force, but with food" 14 (hence the delay!) — Eisner in opposition to Ebert-Scheidemann; interjection: "And have the Spartacus people thrown firecrackers at you?" 15 — A word in support of the army, by Hermann Gessele, industrialist from Salzburg; 16 beautiful, dignified! — Bread quotas are reduced by half! 17 — Der Abend headline: "The Spanish Ceremonial in the Czech People's Republic." 18 — Wiener Allgemeine Zeitung , lead article: "Versailles Decides." 19 —© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Die neuen Bedingungen des Waffenstillstandes. Ueberführung des Goldschatzes nach Frankfurt und Auslieferung der Handelsflotte," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 1. 2 "Die Friedenskonferenz und die deutschösterreichische Frage. Gespräch mit dem amerikanischen Schriftsteller Herron," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 2. 3 Majority Social Democratic Party of Germany (Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands) was the name officially used by the Social Democrats (SPD) during the period 1917–1922, to differentiate it from the more left-wing Independent Social Democratic Party (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands), established in 1917 as the result of a split in the SPD. 4 Georg Gothein, "Die Aussichten der deutschen Wahlen," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 2. 5 "Der Friede ein diktierter Friede," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 3. 6 "Wilsons Botschaft über die Hungersnot und die Bolschewisierung Europas," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 4. 7 "Aufruf der Regierung an das Volk," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, pp. 4-5. 8 "Ein czechisch-französischer Vertrag. Abgeschlossen zwischen Pichon und Dr. Benesch" and "Die Mitteilungen des Dr. Kramarz über den Vertrag in der czechischen Nationalversammlung," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 5. 9 "Die englische Lebensmittelaktion für die Armen Wiens," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, morning edition, p. 7. 10 "Eine Verteidigungsschrift Ludendorffs," in: Neues Wiener Tagblatt, No. 14, January 15, 1919, 53rd year, p. 3. 11 "Eine Rede des Paters Zahradnik," in: Neues Wiener Tagblatt, No. 14, January 15, 1919, 53rd year, p. 5. 12 "Wählerversammlungen" and "An die jungen Wähler!," in: Arbeiter-Zeitung, No. 14, January 15, 1919, 31th year, p. 1. 13 "Die ‚milden' Bedingungen werden diktiert werden," in: Arbeiter-Zeitung, No. 14, January 15, 1919, 31th year, p. 3. 14 "Präsident Wilson für die Sendung von Lebensmitteln. Die bolschewistische Gefahr für Deutschland," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, evening edition, p. 1. 15 "Ministerpräsident Eisner gegen Ebert-Scheidemann," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, evening edition, p. 2. 16 Hermann Geßele, "Ein Wort für die Armee," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, evening edition, pp. 3-4. 17 "Kürzung der Brotquote in der nächsten Woche auf die Hälfte," in: Neue Freie Presse, No. 19537, January 15, 1919, evening edition, p. 3. 18 "Das spanische Zeremoniell in der tschechischen Volksrepublik," in: Der Abend, No. 11, January 15, 1919, 5th year, p. 3. 19 "Versailles entscheidet...," in: Wiener Allgemeine Zeitung, No. 12219, January 15, 1919, p. 1. |