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Wien, den 15. Februar 1933.

Sehr geehrter Herr Dr. Furtwängler! 1

Wegen Unwohlseins komme ich erst heute dazu, Ihren Brief vom 6.ds. zu beantworten. Leider kann ich Ihr Elaborat über Schenker nicht brauchen, und zwar wegen des einleitenden Satzes: „Auf Ihre Frage über Dr. Schenker möchte ich Ihnen in kurzem folgendes erwidern.“ Das, was ich im Interesse Schenkers gewünscht hätte, wäre eine spontane Anregung Ihrerseits gewesen, und nicht Antwort auf eine Anfrage. Antwort auf eine Anfrage heisst, dass sich die Akademie mit einer Erwägung über Schenkers Berufung beschäftigt und die Ansicht eines hervorragenden Musikers, wie Sie es sind, hätte hören wollen. Das ist aber durchaus nicht der Fall und so würde man mich mit Recht fragen, warum ich bei Ihnen angefragt habe, was ja gar nicht der Fall war. Ein Anderes ist es, wenn ich der Akademieleitung einen Brief aus Ihrer Feder zeige, der sich als eine spontane Kundgebung darstellt. Wenn Sie also helfen wollen, den Zweck zu erreichen, so müssten Sie einen zweiten Brief an mich schreiben, in dem Sie mich als Kunstbeirat des Unterrichtsministeriums auf Schenker aufmerksam machen und mich ersuchen, seine Anstellung anzuregen. Auch der Schluss-Satz: „Mehr Verdienste hat als mancher im Moment berühmte Komponist“ geht nicht, denn da denkt Jeder an Richard Strauss, und das vermindert den Grad Ihrer Empfehlungen. Sie dürfen mich nicht missverstehen, ich will Ihnen keine Lehren geben, wie man Briefe schreibt, aber ich bin gewohnt, nur Dinge zu unternehmen, die irgendwie Aussicht haben, zum Erfolg zu führen. Mit Ihrem in meinen Händen befindlichen Brief wäre ein Erfolg nicht zu erzielen.


Mit den schönsten Grüssen
Ihr ergebener
[signed:] L. Karpath

[Typewritten annotation addressed to Schenker:]

Lieber Dr. Schenker!

Dies die Abschrift eines soeben an Dr. Furtwängler gerichteten Schreibens, über das ich noch mit Ihnen sprechen möchte. In einem Begleitschreiben Furtwänglers heisst es auch, dass sein Empfehlungsbrief unter gar keinen Umständen in die Oeffentlichkeit gelangen dürfe und in- {2} folgedessen ist alles, was er gemacht, einfach für die Katz. In der nächsten Woche werde ich Sie bitten, einmal zu mir zu kommen, um den weiteren Schlachtenplan zu besprechen.


Inzwischen grüsst herzlichst
Ihr ergebener
[signed:] L. Karpath

© Transcription Martin Eybl, 2016


Vienna, February 15, 1933

Dear Dr. Furtwängler, 1

Only today, on account of illness, do I turn to answer your letter of the 6th of the month. Unfortunately, I cannot make use of your encomium about Schenker. This is because of your prefatory sentence: "In response to your inquiry regarding Dr. Schenker, I should like to reply to you briefly as follows." What I would have wished for in the interests of Schenker would have been a spontaneous outpouring of appreciation on your part, and not an answer to an inquiry. An answer to an inquiry implies that the Academy is actively considering Schenker's appointment and would want to hear the view of an eminent musician such as yourself. But that is absolutely not the case, and so people might rightly ask why I had inquired of you, which is plainly not at all the case. It is a different matter if I show the Academy administration a letter from your pen that represents a spontaneous pronouncement. Thus, if you wish to help us attain our goal, you would have to write me a second letter in which you alert me ‒ as Adviser on the Arts to the Ministry of Education ‒ to Schenker and seek to exhort his appointment. Also the closing sentence: "has given greater services than many a currently famous composer" will not do, for everyone will promptly think of Richard Strauss and that will detract from the force of your recommendation. Please do not misunderstand me. I have no wish to give you a lesson in how to write a letter; but I am accustomed to undertaking only those things that have some prospect of success. With the letter from you that I currently have in my hands, there would be no chance of success.


With warmest greetings,
Your devoted
[signed:] L. Karpath

[Typewritten annotation addressed to Schenker:]

Dear Dr. Schenker,

This is a copy of a letter that I have just addressed to Dr. Furtwängler, about which I should still like to speak to you. In Furtwängler's covering letter it is made clear that his letter of recommendation may not under any circumstance be made public, and {2} as a consequence everything that he says is simply worthless. Within the next week I will ask you to come and see me in order to discuss our future plan of action.


In the meantime, I send my most cordial greetings,
Your devoted
[signed:] L. Karpath

© Translation Ian Bent, 2016


Wien, den 15. Februar 1933.

Sehr geehrter Herr Dr. Furtwängler! 1

Wegen Unwohlseins komme ich erst heute dazu, Ihren Brief vom 6.ds. zu beantworten. Leider kann ich Ihr Elaborat über Schenker nicht brauchen, und zwar wegen des einleitenden Satzes: „Auf Ihre Frage über Dr. Schenker möchte ich Ihnen in kurzem folgendes erwidern.“ Das, was ich im Interesse Schenkers gewünscht hätte, wäre eine spontane Anregung Ihrerseits gewesen, und nicht Antwort auf eine Anfrage. Antwort auf eine Anfrage heisst, dass sich die Akademie mit einer Erwägung über Schenkers Berufung beschäftigt und die Ansicht eines hervorragenden Musikers, wie Sie es sind, hätte hören wollen. Das ist aber durchaus nicht der Fall und so würde man mich mit Recht fragen, warum ich bei Ihnen angefragt habe, was ja gar nicht der Fall war. Ein Anderes ist es, wenn ich der Akademieleitung einen Brief aus Ihrer Feder zeige, der sich als eine spontane Kundgebung darstellt. Wenn Sie also helfen wollen, den Zweck zu erreichen, so müssten Sie einen zweiten Brief an mich schreiben, in dem Sie mich als Kunstbeirat des Unterrichtsministeriums auf Schenker aufmerksam machen und mich ersuchen, seine Anstellung anzuregen. Auch der Schluss-Satz: „Mehr Verdienste hat als mancher im Moment berühmte Komponist“ geht nicht, denn da denkt Jeder an Richard Strauss, und das vermindert den Grad Ihrer Empfehlungen. Sie dürfen mich nicht missverstehen, ich will Ihnen keine Lehren geben, wie man Briefe schreibt, aber ich bin gewohnt, nur Dinge zu unternehmen, die irgendwie Aussicht haben, zum Erfolg zu führen. Mit Ihrem in meinen Händen befindlichen Brief wäre ein Erfolg nicht zu erzielen.


Mit den schönsten Grüssen
Ihr ergebener
[signed:] L. Karpath

[Typewritten annotation addressed to Schenker:]

Lieber Dr. Schenker!

Dies die Abschrift eines soeben an Dr. Furtwängler gerichteten Schreibens, über das ich noch mit Ihnen sprechen möchte. In einem Begleitschreiben Furtwänglers heisst es auch, dass sein Empfehlungsbrief unter gar keinen Umständen in die Oeffentlichkeit gelangen dürfe und in- {2} folgedessen ist alles, was er gemacht, einfach für die Katz. In der nächsten Woche werde ich Sie bitten, einmal zu mir zu kommen, um den weiteren Schlachtenplan zu besprechen.


Inzwischen grüsst herzlichst
Ihr ergebener
[signed:] L. Karpath

© Transcription Martin Eybl, 2016


Vienna, February 15, 1933

Dear Dr. Furtwängler, 1

Only today, on account of illness, do I turn to answer your letter of the 6th of the month. Unfortunately, I cannot make use of your encomium about Schenker. This is because of your prefatory sentence: "In response to your inquiry regarding Dr. Schenker, I should like to reply to you briefly as follows." What I would have wished for in the interests of Schenker would have been a spontaneous outpouring of appreciation on your part, and not an answer to an inquiry. An answer to an inquiry implies that the Academy is actively considering Schenker's appointment and would want to hear the view of an eminent musician such as yourself. But that is absolutely not the case, and so people might rightly ask why I had inquired of you, which is plainly not at all the case. It is a different matter if I show the Academy administration a letter from your pen that represents a spontaneous pronouncement. Thus, if you wish to help us attain our goal, you would have to write me a second letter in which you alert me ‒ as Adviser on the Arts to the Ministry of Education ‒ to Schenker and seek to exhort his appointment. Also the closing sentence: "has given greater services than many a currently famous composer" will not do, for everyone will promptly think of Richard Strauss and that will detract from the force of your recommendation. Please do not misunderstand me. I have no wish to give you a lesson in how to write a letter; but I am accustomed to undertaking only those things that have some prospect of success. With the letter from you that I currently have in my hands, there would be no chance of success.


With warmest greetings,
Your devoted
[signed:] L. Karpath

[Typewritten annotation addressed to Schenker:]

Dear Dr. Schenker,

This is a copy of a letter that I have just addressed to Dr. Furtwängler, about which I should still like to speak to you. In Furtwängler's covering letter it is made clear that his letter of recommendation may not under any circumstance be made public, and {2} as a consequence everything that he says is simply worthless. Within the next week I will ask you to come and see me in order to discuss our future plan of action.


In the meantime, I send my most cordial greetings,
Your devoted
[signed:] L. Karpath

© Translation Ian Bent, 2016

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3812, February 16, 1933: "Von Karpath (Br.): Durchschlag seiner Antwort an Furtwängler; klopft ihm auf die Schulter; wird mich in der nächsten Woche bitten – unverbesserlich in seiner Eitelkeit, im Nichtwissen." ("From Karpath (letter): carbon copy of his reply to Furtwängler; he pats him on the back; he will summon me next week – incorrigible in his vanity, in his ignorance."). — This letter is included in Heinrich Schenker: Selected Correspondence, eds. Ian Bent, David Bretherton, and William Drabkin (Woodbridge: Boydell Press, 2014), pp. 220‒21.

Commentary

Format
2p letter, carbon copy, recto-verso, typewritten salutation, message, and valediction, holograph signature (Karpath); annotation: typewritten salutation, message, and valediction, holograph signature (Karpath)
Rights Holder
Heirs of Ludwig Karpath
License
Permission being sought from heirs of Ludwig Karpath. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence [at] mus (dot) cam (dot) ac (dot) uk
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-1938)--Oster, Ernst (1938-c.1939)—New York Public Library (c.1939-)

Digital version created: 2016-09-28
Last updated: 2010-05-16