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OJ 5/18, 38 - Handwritten letter from Schenker to Jonas, dated April 7, 1934
Meine Karte, 2 mit der ich fürs Erste Ihre Briefe u. den Index beantwortete, dürfte doch wohl in Ihre Hände gelangt sein. Ich wiederhole, daß mir Ihr Index imponiert hat! Im Übrigen glaubte ich Hob. abwarten zu sollen, um Ihnen die Auskunft zu geben. Nun, gestern begab es sich erst, das er als Erster von Ihnen sprach, u. zw. äußerst lobend sprach er sich über Ihre Arbeit aus, wozu ich dann noch meinen Segen gab, den Eindruck des Index schon allein hervor- {2} hob. Dann rang sich ein „Aber“ los, er frug mich (vielleicht auch nur, um sich zu zieren), was besser, billiger sei, die Beispiele im Text anzubringen oder? was es für eine Bewandtnis auf den Korrekturen habe? usw. Die Kleinlichkeit, zumal nach dem Vortrag uneingeschränkten Lobes, verdroß mich sehr, beinahe hätte ich – worüber bei Gelegenheit später – aus dem Verdruß heraus etwas angestiftet. Hob. hat, so glaube ich, nichts gegen Sie, er hat Sie immer geschätzt u. tut das auch heute noch – ein Anderes ist bei ihm freilich die Geldfrage. Fast ist es so, daß er Niemandem verzeiht, der Geld von ihm erhält; obgleich Alle die Herren, die um ihn hf h erum hier sind, nicht so viel für ihre Leistungen an ihn in Anspruch nehmen, als die eine geschiedene Frau 3 in nur einem Jahre, {3} bedauert er sich, wenn er zahlen soll. Nicht reif zu einem vollen Talent, das etwas auf die Beine stellen kann, nicht reif zu einem vollen Mann, nicht reif zum wahren Liebhaber der Musik, zu einem wahren Mäzen, möchte er unter uns als ein uns gleicher, nahestehender gedeihen, u. wenn es nur auf Kosten unserer Leistungen u. Beiträge für sein Wohlergehen gienge, das schmeckte ihm so recht ins Herz hinein, da er keinen wahren Sinn für Andere hat. Hiebei ziehe ich ab, daß er vermutlich von vielen Seiten sehr belästigt wird, nun, die Menschen, die ihm mehr geben, als er gibt, dürfte er aber nicht zu den lästigen zählen. Was könnte dieser sonst so suggestible Mann für die Welt – mit Kleingeld!!! – leisten, wenn er Einsicht hätte! Daß er Sie für „undankbar“ hielte, {4} nehme ich nicht an, ein solches Motiv ist ihm sonst die äußerste Ausrede, wenn er einen Empfänger loswerden will, aber in dieser Verlegenheit ist er mit Ihnen noch lange nicht: das Buch 4 schmeichelt ihm ja! Sie dürfen also ruhig sein. Ich freue mich sehr auf ihr Buch. Furtw. ist hier, wer weiß, ob ich ihn zu sehen bekommen werde. Ihre Verhältnisse kann ich mir schier nicht mehr vorstellen, diese Zureise nach Hamburg, 5 der Aufenthalt in Berlin – ja, was könnte eben Hob für Verdienste sich erwerben, wenn er uns Alle in Wien durchorganisierte, als eine besondere Akademie usw.! © Transcription John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
My postcard, 2 with which I first responded to your letters and the Table of Contents, should have reached you. I repeat that your Table impressed me! For the rest, I thought I should wait on Hoboken in order to give you the information. Then, yesterday, it happened that he was first to speak of you, and indeed he expressed highest praise for your work, whereupon I gave my blessing, emphasizing the impression made by the very index itself. {2} Then he let out with a "BUT" ‒ he asked me (perhaps only to play coy), what would be better, cheaper, to present the examples in the text or elsewhere? what effect would that have on the proofs? and so forth. The pettiness, especially after the rehearsal of unrestricted praise, annoyed me greatly; out of aggravation (more about this on another occasion) I almost crossed swords with him. Hoboken has, I believe, nothing against you; he has always valued you and does so still today ‒ but with him the money question is something else altogether. It is almost as though he forgives nobody who gets money from him; although all of the gentlemen around him here do not take so much for their services to him as the divorced wife 3 in only one year, he {3} feels sorry for himself when he has to pay. Not having matured as a talent capable of originating something, not matured as a complete man, not matured as a true lover of music, as a true patron, he would like to flourish among us as an equal, in the inner circle; and if he has to depend on our achievements and contributions for his well-being, that sits well enough within him, since he has no true sense for others. Here I allow for the fact that he is presumably very burdened from many sides, but, he should not count among the burdeners those who give him more than he gives. What could this otherwise so suggestible man accomplish for the world ‒ with small change!!! ‒ if he had insight! {4} I do not assume that he considered you "ungrateful"; such a motive is generally the most transparent excuse for him when he wants to have done with a recipient, but he has long since not been in any such dilemma with you: the book 4 absolutely flatters him! You may rest assured, then. I look forward to your book. Furtwängler is here; who knows whether I will get to see him. Your situation is almost inconceivable to me, this journey to Hamburg, 5 the sojourn in Berlin ‒ indeed, what services a Hoboken could provide if only he organized all of us in Vienna, as a special academy etc.! © Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Meine Karte, 2 mit der ich fürs Erste Ihre Briefe u. den Index beantwortete, dürfte doch wohl in Ihre Hände gelangt sein. Ich wiederhole, daß mir Ihr Index imponiert hat! Im Übrigen glaubte ich Hob. abwarten zu sollen, um Ihnen die Auskunft zu geben. Nun, gestern begab es sich erst, das er als Erster von Ihnen sprach, u. zw. äußerst lobend sprach er sich über Ihre Arbeit aus, wozu ich dann noch meinen Segen gab, den Eindruck des Index schon allein hervor- {2} hob. Dann rang sich ein „Aber“ los, er frug mich (vielleicht auch nur, um sich zu zieren), was besser, billiger sei, die Beispiele im Text anzubringen oder? was es für eine Bewandtnis auf den Korrekturen habe? usw. Die Kleinlichkeit, zumal nach dem Vortrag uneingeschränkten Lobes, verdroß mich sehr, beinahe hätte ich – worüber bei Gelegenheit später – aus dem Verdruß heraus etwas angestiftet. Hob. hat, so glaube ich, nichts gegen Sie, er hat Sie immer geschätzt u. tut das auch heute noch – ein Anderes ist bei ihm freilich die Geldfrage. Fast ist es so, daß er Niemandem verzeiht, der Geld von ihm erhält; obgleich Alle die Herren, die um ihn hf h erum hier sind, nicht so viel für ihre Leistungen an ihn in Anspruch nehmen, als die eine geschiedene Frau 3 in nur einem Jahre, {3} bedauert er sich, wenn er zahlen soll. Nicht reif zu einem vollen Talent, das etwas auf die Beine stellen kann, nicht reif zu einem vollen Mann, nicht reif zum wahren Liebhaber der Musik, zu einem wahren Mäzen, möchte er unter uns als ein uns gleicher, nahestehender gedeihen, u. wenn es nur auf Kosten unserer Leistungen u. Beiträge für sein Wohlergehen gienge, das schmeckte ihm so recht ins Herz hinein, da er keinen wahren Sinn für Andere hat. Hiebei ziehe ich ab, daß er vermutlich von vielen Seiten sehr belästigt wird, nun, die Menschen, die ihm mehr geben, als er gibt, dürfte er aber nicht zu den lästigen zählen. Was könnte dieser sonst so suggestible Mann für die Welt – mit Kleingeld!!! – leisten, wenn er Einsicht hätte! Daß er Sie für „undankbar“ hielte, {4} nehme ich nicht an, ein solches Motiv ist ihm sonst die äußerste Ausrede, wenn er einen Empfänger loswerden will, aber in dieser Verlegenheit ist er mit Ihnen noch lange nicht: das Buch 4 schmeichelt ihm ja! Sie dürfen also ruhig sein. Ich freue mich sehr auf ihr Buch. Furtw. ist hier, wer weiß, ob ich ihn zu sehen bekommen werde. Ihre Verhältnisse kann ich mir schier nicht mehr vorstellen, diese Zureise nach Hamburg, 5 der Aufenthalt in Berlin – ja, was könnte eben Hob für Verdienste sich erwerben, wenn er uns Alle in Wien durchorganisierte, als eine besondere Akademie usw.! © Transcription John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
My postcard, 2 with which I first responded to your letters and the Table of Contents, should have reached you. I repeat that your Table impressed me! For the rest, I thought I should wait on Hoboken in order to give you the information. Then, yesterday, it happened that he was first to speak of you, and indeed he expressed highest praise for your work, whereupon I gave my blessing, emphasizing the impression made by the very index itself. {2} Then he let out with a "BUT" ‒ he asked me (perhaps only to play coy), what would be better, cheaper, to present the examples in the text or elsewhere? what effect would that have on the proofs? and so forth. The pettiness, especially after the rehearsal of unrestricted praise, annoyed me greatly; out of aggravation (more about this on another occasion) I almost crossed swords with him. Hoboken has, I believe, nothing against you; he has always valued you and does so still today ‒ but with him the money question is something else altogether. It is almost as though he forgives nobody who gets money from him; although all of the gentlemen around him here do not take so much for their services to him as the divorced wife 3 in only one year, he {3} feels sorry for himself when he has to pay. Not having matured as a talent capable of originating something, not matured as a complete man, not matured as a true lover of music, as a true patron, he would like to flourish among us as an equal, in the inner circle; and if he has to depend on our achievements and contributions for his well-being, that sits well enough within him, since he has no true sense for others. Here I allow for the fact that he is presumably very burdened from many sides, but, he should not count among the burdeners those who give him more than he gives. What could this otherwise so suggestible man accomplish for the world ‒ with small change!!! ‒ if he had insight! {4} I do not assume that he considered you "ungrateful"; such a motive is generally the most transparent excuse for him when he wants to have done with a recipient, but he has long since not been in any such dilemma with you: the book 4 absolutely flatters him! You may rest assured, then. I look forward to your book. Furtwängler is here; who knows whether I will get to see him. Your situation is almost inconceivable to me, this journey to Hamburg, 5 the sojourn in Berlin ‒ indeed, what services a Hoboken could provide if only he organized all of us in Vienna, as a special academy etc.! © Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/7, p. 3903, April 7, 1934: "An Jonas (Br.): berichte v. H.s Lob des Werkes, seine „Aber“-Erkundigung; ein Im-Stiche-lassen jetzt nicht gut denkbar." ("To Jonas (letter): I report Hoboken's praise of his work, his "However" inquiry; to leave [him] in the lurch now is not really conceivable."). On the same day, Schenker records writing to Hoboken to say "I correct my slip with reference to the volumes by Jonas subscribed to by Salzer." 2 OJ 5/18, 37, March 29, 1934, commenting on OJ 12/6, [30], March 16, 1934 and on the Table of Contents for Jonas's Das Wesen des musikalischen Kunstwerks: Eine Einführung in die Lehre Heinrich Schenkers (Vienna: Saturn Verlag, 1934). 3 See OJ 5/18, 13, dated September 7, 1932. 4 Jonas's Das Wesen des musikalischen Kunstwerks: Eine Einführung in die Lehre Heinrich Schenkers (Vienna: Saturn Verlag, 1934). 5 See OJ 12/6, [30], March 16, 1934. |
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Commentary
Digital version created: 2015-11-14 |