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Mein Lieber Herr van Hoboken! 1

Vielen Dank für Ihren l.[ieben] Brief samt Scheck. 2

Was Sie über Ihrem Sommer mitteilen, trifft auch für uns zu. Es bleibt uns Allen nichts übrig, als nun erst jetzt die wahre Erholung ‒ nachzuholen.

Was Sie sonst über Ihre musikalische Beschäftigung sommersüber schreiben, ist begreiflich. In Wien werde ich mehr darüber zu sagen haben, hier nur wenige Worte.

{2} Nehmen Sie, bitte, all die Dinge um die Url.[inie] nicht zu schwer. Sie können mir ja bestätigen, daß ich gern Sie damit verschont habe. Was ich nicht erlassen kann, sind nur die „Züge“; ohne Gefühl (oder Wissen) um diese gibt es kein Hören, keinen Vortrag, sei die „Methode“ welche immer usw. Also auch bei den Choralstudien u. der Fuge muß ich Sie leider noch mit den Zügen befassen. Im übrigen sind Sie bald ‒ wie rasch verfliegt doch so ein 9-monatiger Kurs! ‒ all dem entrückt. (Die Genierungen um die Urlinie bei den Musikern haben ihren Grund ganz wo anders, als Sie sie vermuten, mich freilich bekümmern sie gar nicht.) Ich bin der Überzeugung, {3} daß es uns auch heuer gut gehen wird wie im Vorjahre: Sie hatten alle Ursache, mit sich zufrieden zu sein. Und schließlich wir haben es in unserer Hand Erleichterungen zu schaffen, wie wir es öfter auch schon im Vorjahre geübt haben. Im Herzen trage ich den Grundsatz: Kein Zwang, keine Belastung darf den Zutritt zur Kunst verrammeln, heiter u. gelassen, (wie auf Inspiration von oben, auf des Himmels Gnade ausschauend), ich möchte sagen: müssiggängerisch, bohème-gemäß (wenn Sie mich recht verstehen) u. dabei bleibe ich.

{4} Also auf ein frohes Wiedersehen!


Mit besten Grüßen von uns Beiden
Ihr
[signed:] H Schenker

29. 9. 31

© Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2016



My dear Mr. van Hoboken! 1

Many thanks for your kind letter with check. 2

What you report about your summer applies to us as well. There remains for all of us no alternative except – only now to create real recreation.

What you write about your musical activity during the summer is understandable. In Vienna I will have more to say about that, here only a few words.

{2} Please, don't take all the Urlinie matters too seriously. You can bear me out that I have gladly spared you that. What I cannot exempt you from, however, are only the "linear progressions"; without feeling for (or knowledge of) these there is no hearing, no performance, whatever the "method" may be etc. Thus even in chorale studies and the fugue I must unfortunately engage you with the linear progressions. For the rest, you will soon ‒ how fast a 9-month course does fly by! ‒ be far removed from all of that. (The reason for reticence about the Urlinie among musicians lies in a completely different place than you suppose; it bothers me not in the least.) I am convinced {3} that we will do just as well this year as in the previous one: you had every reason to be satisfied with yourself. And finally, we can make simplifications, as we often did last year. I carry in my heart the principle: no forcing, no stress may be allowed to barricade the approach to Art; serene and calm (as by inspiration from above, with eyes uplifted to heaven’s grace), I would say: in a lazy, Bohemian manner (if you understand me correctly), and I stand by that.

{4} Now for a happy reunion, then!


With best greetings from both of us,
Your
[signed:] H. Schenker

September 29, 1931

© Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016



Mein Lieber Herr van Hoboken! 1

Vielen Dank für Ihren l.[ieben] Brief samt Scheck. 2

Was Sie über Ihrem Sommer mitteilen, trifft auch für uns zu. Es bleibt uns Allen nichts übrig, als nun erst jetzt die wahre Erholung ‒ nachzuholen.

Was Sie sonst über Ihre musikalische Beschäftigung sommersüber schreiben, ist begreiflich. In Wien werde ich mehr darüber zu sagen haben, hier nur wenige Worte.

{2} Nehmen Sie, bitte, all die Dinge um die Url.[inie] nicht zu schwer. Sie können mir ja bestätigen, daß ich gern Sie damit verschont habe. Was ich nicht erlassen kann, sind nur die „Züge“; ohne Gefühl (oder Wissen) um diese gibt es kein Hören, keinen Vortrag, sei die „Methode“ welche immer usw. Also auch bei den Choralstudien u. der Fuge muß ich Sie leider noch mit den Zügen befassen. Im übrigen sind Sie bald ‒ wie rasch verfliegt doch so ein 9-monatiger Kurs! ‒ all dem entrückt. (Die Genierungen um die Urlinie bei den Musikern haben ihren Grund ganz wo anders, als Sie sie vermuten, mich freilich bekümmern sie gar nicht.) Ich bin der Überzeugung, {3} daß es uns auch heuer gut gehen wird wie im Vorjahre: Sie hatten alle Ursache, mit sich zufrieden zu sein. Und schließlich wir haben es in unserer Hand Erleichterungen zu schaffen, wie wir es öfter auch schon im Vorjahre geübt haben. Im Herzen trage ich den Grundsatz: Kein Zwang, keine Belastung darf den Zutritt zur Kunst verrammeln, heiter u. gelassen, (wie auf Inspiration von oben, auf des Himmels Gnade ausschauend), ich möchte sagen: müssiggängerisch, bohème-gemäß (wenn Sie mich recht verstehen) u. dabei bleibe ich.

{4} Also auf ein frohes Wiedersehen!


Mit besten Grüßen von uns Beiden
Ihr
[signed:] H Schenker

29. 9. 31

© Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2016



My dear Mr. van Hoboken! 1

Many thanks for your kind letter with check. 2

What you report about your summer applies to us as well. There remains for all of us no alternative except – only now to create real recreation.

What you write about your musical activity during the summer is understandable. In Vienna I will have more to say about that, here only a few words.

{2} Please, don't take all the Urlinie matters too seriously. You can bear me out that I have gladly spared you that. What I cannot exempt you from, however, are only the "linear progressions"; without feeling for (or knowledge of) these there is no hearing, no performance, whatever the "method" may be etc. Thus even in chorale studies and the fugue I must unfortunately engage you with the linear progressions. For the rest, you will soon ‒ how fast a 9-month course does fly by! ‒ be far removed from all of that. (The reason for reticence about the Urlinie among musicians lies in a completely different place than you suppose; it bothers me not in the least.) I am convinced {3} that we will do just as well this year as in the previous one: you had every reason to be satisfied with yourself. And finally, we can make simplifications, as we often did last year. I carry in my heart the principle: no forcing, no stress may be allowed to barricade the approach to Art; serene and calm (as by inspiration from above, with eyes uplifted to heaven’s grace), I would say: in a lazy, Bohemian manner (if you understand me correctly), and I stand by that.

{4} Now for a happy reunion, then!


With best greetings from both of us,
Your
[signed:] H. Schenker

September 29, 1931

© Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016

Footnotes

1 Preceding action and writing of this letter are recorded in Schenker's diary at OJ 4/5, p. 3663, September 29, 1931: "Bei der Creditanstalt behebe ich die S. 2340 von v. Hoboken; — An v. Hoboken (Br. nach München): Dank für den Scheck; keine Sorgen wegen der Urlinie!" ("At the Creditanstalt, I cash the 2,340 shillings from Hoboken; — To Hoboken (letter to Munich): thanks for the check; don’t worry about the Urlinie!").

2 = OJ 11/54, [35], September 27, 1931.

Commentary

Format
4p letter, Bogen format, holograph salutation, message, valediction, and signature
Provenance
Hoboken, Anthony van ([document date]-1983)--Schneider, Hans (19??-2007)--University of California, Riverside (2007--)

Digital version created: 2016-11-03
Last updated: 2012-10-08