Sehr geehrter Herr Direktor! 1

Meinen verbindlichsten Dank für Ihr gesch. Schreiben vom 7. Mai! 2 Hier meine Antwort auf die beiden Fragen:

1.) Ich habe je das Inprimatur bereits erteilt u. weiß mir daher nicht zu erklären, wie es möglich wäre, auf den so weit zurückliegenden inprimierten Bögen irgendwelche Änderungen noch vorzunehmen?? 3

2.) Im Falle einer„fortlaufenden Taktierung“ 4 des Scherzos u. dessen Trios müßten, außer dem Plane selbst, auch noch die Marginal rubriken u. so manches im Texte (besonders auf S. 186!) geändert werden; gienge denn das noch?!? Und selbst, wenn es gienge, würde ich von dem Usus, fortlaufend zu taktieren (ich habe diesbezüglich Prof. Stöhrs „Formenlehre“ eingesehen) in diesem Falle besser abzusehen empfehlen u. dafür zum Gebrauch der Kl. Partitur vorschlagen ein doppelte Zahlenführung der Takte 1–10, wie folgt:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
--- --- --- --- --- --- --- --- --- --- .
426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 u.s.w.

die aber weiterhin nur mit 11, 12, etc. einfach fortgeführt würde. {2} Dadurch würde die Plastizität des Trios bedeutend gefördert, T. 426 u. 428 in ihrer Funktionenunzweideutu[n]g klargestellt, die„fortlaufende Taktierungan sich als möglich dem Leser angedeutet, aber hier aus stärkeren Gründen zurückgestellt erscheinen u.s.w. Wie gesagt, nur die Takte 1–10 des Trios brauchten jener doppelten Führung! Doch bin ich, da es sich (vom plastischen Eindruck des Trios als solchen abgesehen!) nur um eine Äusserlichkeit handelt, auch zu einer fortlaufenden Taktierung bereit, sofern eine solche überhaupt noch möglich wäre!

3. Was den Terminus „erster Hauptteil“ im Schema des Scherzo betrifft, so denke ich für als die kürzeste u. beste Lösung, einfach das Wörtchen „erster“ zu streichen . Mir lag es ferne, das usuelle „Scherzo“ dafür zu setzen, da ja unter Scherzo wohl auch das ganze Stück (sammt Trio!) gerne verstanden wird. Entfällt nur „erster“, so glaube ich mit dem „Hauptteil“ genügend Klarheit geschaffen zu haben. (Allenfalls könnte daneben in einer Klammer: „(Scherzo)“ hinzugefügt werden.) 5 Der Text bliebe aber überall aufrecht!

Wie Sie sehen, fehlt mir vor allem Aufschluß darüber, {3} ob ich noch eine [illeg. word] auf die inprimierten Bögen habe, u. bis zu welchem Grade noch?

Jedenfalls danke ich nochmals herzlichst für die Aufdeckung dieser u. jener Divergenz u. Sie sollen mich immer dazu bereit finden, solche zum besten des Werkes, unter Dank für den Anregenden, auszutragen. Schade nur, daß mir meine Schüler u. Schülerinnen keinen Ausflug zu Ihnen zu machen gestatten! Mündlich gienge es [?ja] rascher . .

NB. Danke ich nicht minder für die Einsending der III Auflage des Niloff . 6 Sie würden mich verpflichten, wenn Sie mir mitteilen wollten, wie viel Exemplare dieses Werkes somit aufgelegt erscheinen. Seit der letzten Auskunft, die ich von H. v. Wöss darüber erhielt, weiß ich nichts weiteres u. doch habe ich ein Interesse daran.

Soeben laufen die letzten Bogen ein. Ende nächster Woche wird alles, alles wieder in Ihren Händen sein.


Mit ausgezeichneter Hochachtung
I[h]r ergeb[ener]
[signed:] H Schenker


11. Mai 1912

© Transcription Ian Bent, 2006, 2023



Dear Director, 1

Most cordial thanks for your esteemed letter of May 7! 2 My answers to your two questions herewith:

1.) I have already granted my imprimatur, and so am at a loss to understand how changes of any kind could still possibly be made to gatherings approved so long ago?? 3

2.) In the event of a "continuous bar-numbering" 4 of the Scherzo and its Trio, aside from the formal diagram itself, the marginal rubrics and so much else in the text (especially on p.186!) would also have to be changed. Is that still possible, then?!? And even if it were possible, I would recommend (in this connection, I have looked at Prof. Stöhr’s Manual of Form) that it would be better to deviate from the practice of numbering the bars continuously, and instead to suggest for implementation in the miniature score a double numbering for bars 1–10 [of the Trio], as follows:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
--- --- --- --- --- --- --- --- --- --- .
426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 etc.

But this could easily be carried further just with 11, 12, etc. {2} By this means, the plasticity of the Trio would be considerably brought out, measures 426 and 428 [would be] made clear in their the functional unambiguity, the "continuous bar-numbering" in itself [would be] offered as an alternative to the reader, but based on firmer grounds, etc. As I have stated, only bars 1–10 of the Trio needed that double numbering! Since it is only a matter of external appearance (apart from the plastic impression of the Trio as such!), I am certainly prepared [to go] for a continuous numbering, just so long as it is actually still possible!

3.) As concerns the term "First Main Section" in the formal diagram of the Scherzo, I think the best and most concise solution is simply to delete the adjective "First." I had no intention of replacing it by the customary "Scherzo," because the term "Scherzo" is clearly better understood as comprising the entire movement (including the Trio!). If we just remove "First," then I think we have made things clear enough with "Main Section." (If need be, we could always place "(Scherzo)" after it in parentheses.) 5 The text, however, would not need to be touched!

As you can see, above all I am at a loss to know {3} whether I still have any [?control] over the gatherings already given the imprimatur, and to what extent?

At any rate, let me thank you again from the bottom of my heart for uncovering this or that inconsistency; you should always find me ready to settle such matters for the betterment of the book with gratitude to the one who suggests it. It is just a pity that my pupils do not permit an excursion to visit you! It would [?certainly] be quicker by word of mouth . . .

NB. Thank you no less for sending me the third edition of Niloff. 6 I should be obliged if you would let me know how many copies of this work have been printed at this time. I have heard nothing further since the last word that I had on this from Mr. von Wöss, so am interested to know.

At the moment, the final gatherings are coming in. Everything, everything will be back in your hands at the end of next week.


With kind regards,
Your devoted
[signed:] H. Schenker


May 11, 1912

© Translation Ian Bent, 2006, 2023



Sehr geehrter Herr Direktor! 1

Meinen verbindlichsten Dank für Ihr gesch. Schreiben vom 7. Mai! 2 Hier meine Antwort auf die beiden Fragen:

1.) Ich habe je das Inprimatur bereits erteilt u. weiß mir daher nicht zu erklären, wie es möglich wäre, auf den so weit zurückliegenden inprimierten Bögen irgendwelche Änderungen noch vorzunehmen?? 3

2.) Im Falle einer„fortlaufenden Taktierung“ 4 des Scherzos u. dessen Trios müßten, außer dem Plane selbst, auch noch die Marginal rubriken u. so manches im Texte (besonders auf S. 186!) geändert werden; gienge denn das noch?!? Und selbst, wenn es gienge, würde ich von dem Usus, fortlaufend zu taktieren (ich habe diesbezüglich Prof. Stöhrs „Formenlehre“ eingesehen) in diesem Falle besser abzusehen empfehlen u. dafür zum Gebrauch der Kl. Partitur vorschlagen ein doppelte Zahlenführung der Takte 1–10, wie folgt:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
--- --- --- --- --- --- --- --- --- --- .
426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 u.s.w.

die aber weiterhin nur mit 11, 12, etc. einfach fortgeführt würde. {2} Dadurch würde die Plastizität des Trios bedeutend gefördert, T. 426 u. 428 in ihrer Funktionenunzweideutu[n]g klargestellt, die„fortlaufende Taktierungan sich als möglich dem Leser angedeutet, aber hier aus stärkeren Gründen zurückgestellt erscheinen u.s.w. Wie gesagt, nur die Takte 1–10 des Trios brauchten jener doppelten Führung! Doch bin ich, da es sich (vom plastischen Eindruck des Trios als solchen abgesehen!) nur um eine Äusserlichkeit handelt, auch zu einer fortlaufenden Taktierung bereit, sofern eine solche überhaupt noch möglich wäre!

3. Was den Terminus „erster Hauptteil“ im Schema des Scherzo betrifft, so denke ich für als die kürzeste u. beste Lösung, einfach das Wörtchen „erster“ zu streichen . Mir lag es ferne, das usuelle „Scherzo“ dafür zu setzen, da ja unter Scherzo wohl auch das ganze Stück (sammt Trio!) gerne verstanden wird. Entfällt nur „erster“, so glaube ich mit dem „Hauptteil“ genügend Klarheit geschaffen zu haben. (Allenfalls könnte daneben in einer Klammer: „(Scherzo)“ hinzugefügt werden.) 5 Der Text bliebe aber überall aufrecht!

Wie Sie sehen, fehlt mir vor allem Aufschluß darüber, {3} ob ich noch eine [illeg. word] auf die inprimierten Bögen habe, u. bis zu welchem Grade noch?

Jedenfalls danke ich nochmals herzlichst für die Aufdeckung dieser u. jener Divergenz u. Sie sollen mich immer dazu bereit finden, solche zum besten des Werkes, unter Dank für den Anregenden, auszutragen. Schade nur, daß mir meine Schüler u. Schülerinnen keinen Ausflug zu Ihnen zu machen gestatten! Mündlich gienge es [?ja] rascher . .

NB. Danke ich nicht minder für die Einsending der III Auflage des Niloff . 6 Sie würden mich verpflichten, wenn Sie mir mitteilen wollten, wie viel Exemplare dieses Werkes somit aufgelegt erscheinen. Seit der letzten Auskunft, die ich von H. v. Wöss darüber erhielt, weiß ich nichts weiteres u. doch habe ich ein Interesse daran.

Soeben laufen die letzten Bogen ein. Ende nächster Woche wird alles, alles wieder in Ihren Händen sein.


Mit ausgezeichneter Hochachtung
I[h]r ergeb[ener]
[signed:] H Schenker


11. Mai 1912

© Transcription Ian Bent, 2006, 2023



Dear Director, 1

Most cordial thanks for your esteemed letter of May 7! 2 My answers to your two questions herewith:

1.) I have already granted my imprimatur, and so am at a loss to understand how changes of any kind could still possibly be made to gatherings approved so long ago?? 3

2.) In the event of a "continuous bar-numbering" 4 of the Scherzo and its Trio, aside from the formal diagram itself, the marginal rubrics and so much else in the text (especially on p.186!) would also have to be changed. Is that still possible, then?!? And even if it were possible, I would recommend (in this connection, I have looked at Prof. Stöhr’s Manual of Form) that it would be better to deviate from the practice of numbering the bars continuously, and instead to suggest for implementation in the miniature score a double numbering for bars 1–10 [of the Trio], as follows:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
--- --- --- --- --- --- --- --- --- --- .
426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 etc.

But this could easily be carried further just with 11, 12, etc. {2} By this means, the plasticity of the Trio would be considerably brought out, measures 426 and 428 [would be] made clear in their the functional unambiguity, the "continuous bar-numbering" in itself [would be] offered as an alternative to the reader, but based on firmer grounds, etc. As I have stated, only bars 1–10 of the Trio needed that double numbering! Since it is only a matter of external appearance (apart from the plastic impression of the Trio as such!), I am certainly prepared [to go] for a continuous numbering, just so long as it is actually still possible!

3.) As concerns the term "First Main Section" in the formal diagram of the Scherzo, I think the best and most concise solution is simply to delete the adjective "First." I had no intention of replacing it by the customary "Scherzo," because the term "Scherzo" is clearly better understood as comprising the entire movement (including the Trio!). If we just remove "First," then I think we have made things clear enough with "Main Section." (If need be, we could always place "(Scherzo)" after it in parentheses.) 5 The text, however, would not need to be touched!

As you can see, above all I am at a loss to know {3} whether I still have any [?control] over the gatherings already given the imprimatur, and to what extent?

At any rate, let me thank you again from the bottom of my heart for uncovering this or that inconsistency; you should always find me ready to settle such matters for the betterment of the book with gratitude to the one who suggests it. It is just a pity that my pupils do not permit an excursion to visit you! It would [?certainly] be quicker by word of mouth . . .

NB. Thank you no less for sending me the third edition of Niloff. 6 I should be obliged if you would let me know how many copies of this work have been printed at this time. I have heard nothing further since the last word that I had on this from Mr. von Wöss, so am interested to know.

At the moment, the final gatherings are coming in. Everything, everything will be back in your hands at the end of next week.


With kind regards,
Your devoted
[signed:] H. Schenker


May 11, 1912

© Translation Ian Bent, 2006, 2023

Footnotes

1 Letters WSLB 111 and WLSB 112 are numbered in reverse chronological order ‒ presumably either by the Universal Edition archivist or by the Wienbibliothek when (as the Wiener Stadt- und Landesbibliothek) it received the collection on long loan from Universal Edition.

2 = OC 52/433, May 7, 1912.

3 Gatherings of Schenker's monograph Beethovens Neunte Sinfonie .

4 Hertzka's word was "durchlaufend": both words signify "continuous."

5 This course was not adopted; the word "Scherzo" does not appear either in the formal diagram (p. [136]) or on the section title-page (p. [135]) [Eng. transl., pp. 138, 137]. Indeed, it is sparingly used in Schenker's analysis and performance sections (usually just to denote the first three tones ‒ the "Kern" or "rhythmisches Urmotiv" ‒ and never in subheadings. Only on one occasion (p. 173 [167]), in a reference to the "erster Teil des Scherzo" ("First Part of the Scherzo"), is it used to denote a larger unit, and in this case it clearly refers to the "Hauptteil" ("Main Division").

6 What Schenker here calls the "third edition" was technically UE's second edition, of which the first 500 copies were released on May 7 and the remaining 1,500 on August 23, 1912.