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22. Sept.

Der von mir der allgemeinen Verachtung musikverständiger Menschen preisgegebene Kretzschmar findet einen heißen Anwalt in Dr. Graf, (Zeit, vom 22. Sept.). 1 Allerdings handelt es sich nicht um die IX. Symph., sondern um das Lied. Es folgt daraus, daß Graf es, trotz meiner wiederholten Erklärung, für möglich hält, es könne derselbe Autor, wie eben Kretzschmar, zum Teil ein Idiot sein, zum Theil ein ausgezeichneter Musikwissenschaftler. Dieser Wiederspruch erinnert an einen anderen von vielen Schriftstellern öfter enunzierten Widerspruch, der darin besteht, daß sie z. B. bei Schönberg die „verklärte Nacht“ als gut annehmen u. daher nicht verstehen, wieso er später ins Lallen gekommen ist. Sie konstatiren dort Güte, hier Mangel, staunen über diese Unregelmäßigkeit der Natur u. kommen nur auf das Eine nicht, daß auch die „verklärte Nacht“ ein schlechtes Werk, – wodurch eben jeder Widerspruch beseitigt ist.

© Transcription Marko Deisinger.

September 22.

Hermann Kretzschmar, whom I exposed to the general contempt of musically knowledgeable people, finds a fervent advocate in Dr. Graf (in the September 22 issue of Die Zeit ). 1 In any event, it concerns not the Ninth Symphony but the Lied. From this it follows that, despite my repeated explanation, Graf thinks it possible that the same author, e.g. Kretzschmar himself, could be in part an idiot, in part an outstanding musicologist. This contradiction is reminiscent of another contradiction, often articulated by many writers, that consists in praising, say, Schoenberg’s Transfigured Night as a good work, and thus being unable to understand how he later went off the rails. They claim that there are good things here, shortcomings there, are amazed by this irregularity of nature, but do not reach the one [correct conclusion]: that Transfigured Night , too, is a bad piece – whereby all contradiction is resolved.

© Translation William Drabkin.

22. Sept.

Der von mir der allgemeinen Verachtung musikverständiger Menschen preisgegebene Kretzschmar findet einen heißen Anwalt in Dr. Graf, (Zeit, vom 22. Sept.). 1 Allerdings handelt es sich nicht um die IX. Symph., sondern um das Lied. Es folgt daraus, daß Graf es, trotz meiner wiederholten Erklärung, für möglich hält, es könne derselbe Autor, wie eben Kretzschmar, zum Teil ein Idiot sein, zum Theil ein ausgezeichneter Musikwissenschaftler. Dieser Wiederspruch erinnert an einen anderen von vielen Schriftstellern öfter enunzierten Widerspruch, der darin besteht, daß sie z. B. bei Schönberg die „verklärte Nacht“ als gut annehmen u. daher nicht verstehen, wieso er später ins Lallen gekommen ist. Sie konstatiren dort Güte, hier Mangel, staunen über diese Unregelmäßigkeit der Natur u. kommen nur auf das Eine nicht, daß auch die „verklärte Nacht“ ein schlechtes Werk, – wodurch eben jeder Widerspruch beseitigt ist.

© Transcription Marko Deisinger.

September 22.

Hermann Kretzschmar, whom I exposed to the general contempt of musically knowledgeable people, finds a fervent advocate in Dr. Graf (in the September 22 issue of Die Zeit ). 1 In any event, it concerns not the Ninth Symphony but the Lied. From this it follows that, despite my repeated explanation, Graf thinks it possible that the same author, e.g. Kretzschmar himself, could be in part an idiot, in part an outstanding musicologist. This contradiction is reminiscent of another contradiction, often articulated by many writers, that consists in praising, say, Schoenberg’s Transfigured Night as a good work, and thus being unable to understand how he later went off the rails. They claim that there are good things here, shortcomings there, are amazed by this irregularity of nature, but do not reach the one [correct conclusion]: that Transfigured Night , too, is a bad piece – whereby all contradiction is resolved.

© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 Max Graf, Geschichte des neuen deutschen Liedes. Von Hermann Kretzschmar. Erster Teil. Leipzig 1911. Breitkopf & Härtel, Die Zeit, No. 3589, 11th year, September 22, 1912, morning edition, pp. 27–28.