26. IX. 14

Die Frühpost bringt günstige Nachrichten vom Schwager u. so etwas wie eine Zusage [von] Hofmokl.

*

Wir fahren beide zu Mama, wohin inzwischen auch der Schwager übersiedelt ist, um einerseits die Mitteilung der Frau Deutsch von gestern abends bekannt zu geben, anderseits um Platz für Montag früh zu gewinnen, zu für welcher Zeit ich Weisse endlich bestellt habe.

*

Um 11h bleibt der von mir erwartete Herr Breisach leider aus u. ich erfahre, daß er um 12¼h doch erschienen ist. Ich bedaure sehr, die Sache nicht schon heute zur endgiltigen {723} Klärung gebracht zu haben; indessen mag auch dies eine gütige Fügung des Schicksals gewesen sein: Denn 2 Stunden später erschien bei mir Herr Lemberger, der mir nun inmitten so viel Schmutzes der Reichsten endlich einmal erquickende fünf Minuten bereitet hat. Ohne Zudringlichkeit u. sehr behutsam fragte er mich, ob ich irgend eine Erleichterung in dieser schweren Zeit ihm bieten könnte, worauf ich, um den Anstand zu ehren 40 Kr. per Monat ihm bis auf weiteres stundete unter der Bedingung, daß davon dem Jungen nichts bekannt werden dürfe. Unter herzlichsten Dankesbezeigungen für geistig so wie menschlich an dem Sohn Gebotenes entfernt sich Herr Lemberger ebenso rasch als er gekommen ist. Nun kann mir dieser Fall zu Maßstab für noch zu erledigende dienen werden.

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© Transcription Marko Deisinger.

September 26, 1914.

The morning mail brings favorable news from my brother-in-law, and something like an acceptance from Hofmokl.

*

The two of us go to Mama's, where our my brother-in-law has moved in the meantime, in order first to communicate the message from Mrs. Deutsch from yesterday evening, but also to gain time on Monday morning for which I have finally arranged for Weisse.

*

Mr. Breisach, whom I was expecting at 11 o'clock, unfortunately does not appear; and I learn that he actually came at 11:15. I greatly regret not having reached a definitive clarification already today; {723} however, this may have also been a fortunate act of fate: for two hours later Mr. Lemberger, appeared, who, in the midst of so much greed among the richest people, finally offered me an invigorating five minutes. Without being intrusive, and very carefully, he asked me whether I could somehow make things easier for him in these difficult times; whereupon, in recognition of his decency, I for sake of decency, I deferred a payment from him of 40 Kronen per month for the time being, on condition that nothing would be said about this to the boy. With the most heartfelt expression of thanks for such a spiritual and human offer to his son, Mr. Lemberger disappeared as quickly as he had come. Now this case can be regarded as a model for ones still to be resolved.

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© Translation William Drabkin.

26. IX. 14

Die Frühpost bringt günstige Nachrichten vom Schwager u. so etwas wie eine Zusage [von] Hofmokl.

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Wir fahren beide zu Mama, wohin inzwischen auch der Schwager übersiedelt ist, um einerseits die Mitteilung der Frau Deutsch von gestern abends bekannt zu geben, anderseits um Platz für Montag früh zu gewinnen, zu für welcher Zeit ich Weisse endlich bestellt habe.

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Um 11h bleibt der von mir erwartete Herr Breisach leider aus u. ich erfahre, daß er um 12¼h doch erschienen ist. Ich bedaure sehr, die Sache nicht schon heute zur endgiltigen {723} Klärung gebracht zu haben; indessen mag auch dies eine gütige Fügung des Schicksals gewesen sein: Denn 2 Stunden später erschien bei mir Herr Lemberger, der mir nun inmitten so viel Schmutzes der Reichsten endlich einmal erquickende fünf Minuten bereitet hat. Ohne Zudringlichkeit u. sehr behutsam fragte er mich, ob ich irgend eine Erleichterung in dieser schweren Zeit ihm bieten könnte, worauf ich, um den Anstand zu ehren 40 Kr. per Monat ihm bis auf weiteres stundete unter der Bedingung, daß davon dem Jungen nichts bekannt werden dürfe. Unter herzlichsten Dankesbezeigungen für geistig so wie menschlich an dem Sohn Gebotenes entfernt sich Herr Lemberger ebenso rasch als er gekommen ist. Nun kann mir dieser Fall zu Maßstab für noch zu erledigende dienen werden.

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© Transcription Marko Deisinger.

September 26, 1914.

The morning mail brings favorable news from my brother-in-law, and something like an acceptance from Hofmokl.

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The two of us go to Mama's, where our my brother-in-law has moved in the meantime, in order first to communicate the message from Mrs. Deutsch from yesterday evening, but also to gain time on Monday morning for which I have finally arranged for Weisse.

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Mr. Breisach, whom I was expecting at 11 o'clock, unfortunately does not appear; and I learn that he actually came at 11:15. I greatly regret not having reached a definitive clarification already today; {723} however, this may have also been a fortunate act of fate: for two hours later Mr. Lemberger, appeared, who, in the midst of so much greed among the richest people, finally offered me an invigorating five minutes. Without being intrusive, and very carefully, he asked me whether I could somehow make things easier for him in these difficult times; whereupon, in recognition of his decency, I for sake of decency, I deferred a payment from him of 40 Kronen per month for the time being, on condition that nothing would be said about this to the boy. With the most heartfelt expression of thanks for such a spiritual and human offer to his son, Mr. Lemberger disappeared as quickly as he had come. Now this case can be regarded as a model for ones still to be resolved.

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© Translation William Drabkin.