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22.

Gärtner hält mich auf der Straße an, um mir, wie er sagt, eine nette Geschichte zu erzählen: Schönberg habe ihn besucht u. sich bei ihm erkundigt, ob ich ihm Groll nachtrage. Er, Gärtner, habe einen solchen bestritten u. blos auf die Differenz in künstlerischen Meinungen hingewiesen. – Ich bin mir allerdings nicht klar, wo die Pointe der Nettigkeit stecken mag, vielmehr scheint es mir, als hätte Schönberg sich mehr darnach erkundigt, ob die Auslassungen in seiner Harmonielehre 1 mich gereizt haben. Ein solcher Effekt wäre im ihm Grunde als ein Erfolg seines Geistes erschienen u. hätte ihn gefreut. Mehr ein femininer Zug im Sinne jener Frauen, die, in Ermangelung von bessern Waffen, nur die kleinen Sticheleien spielen lassen u. am Blutritzen Vergnügen empfinden.

*

Abends die Feile zum erstenmale zuende geführt.

*

Die Tatsache, daß eine Rasse die andere haßt beweist nur, daß man nur in der fremden Rasse u. nicht in der eigenen das rein-Tierische im Menschen erkennt u. davon zurückschreckt. Sich selbst als Tier zu erkennen scheint die Natur von vornherein unmöglich gemacht u. die dem Menschen eigentümliche Eitelkeit [illeg]verwehrt zu haben. Stößt nun der Europäer auf einen Japaner, so kommt ihm im letzteren das Affen-ähnliche umso entschiedener zum Bewußtsein, je weniger er es eben bei sich selbst erkennen kann. Das eigentümliche Grauen, das eine Rasse vor der anderen empfindet, ist als instinktiver Ausdruck des Entsetzens vor dem Tier , nicht tief genug zu verstehen.

*

{917}

© Transcription Marko Deisinger.

22.

Gärtner stops me on the street in order to tell me a nice story, so he says: Schoenberg visited him and asked him whether I hold a grudge against him. He, Gärtner, disputed this and referred merely to a difference in artistic viewpoints. – I am at any rate unclear about the purpose of this politeness; it rather seems to me that Schoenberg was asking whether the remarks in his Theory of Harmony 1 had irritated me. Such an effect would have appeared to him to be a triumph of his intellect and would have pleased him. It is rather more a feminine trait in the sense of those women who, lacking better weapons, only like to play little needling games, and who take pleasure in trickles of blood.

*

In the evening, the polishing completed for the first time.

*

The fact that one race hates another proves only that one recognizes the purely animalistic only in the other race, not in one's own, and recoils from it. To recognize the animal in oneself is something that Nature seems to have made impossible from the outset, and to have denied a person his characteristic vanity. If, then, a European comes across a Japanese, then the ape-like quality of the latter comes all the more decisively to his consciousness, the less he can even recognize it in himself. The characteristic dread that one race feels in the face of another, as an instinctive expression of horror in front of an animal, cannot be understood deeply enough.

*

{917}

© Translation William Drabkin.

22.

Gärtner hält mich auf der Straße an, um mir, wie er sagt, eine nette Geschichte zu erzählen: Schönberg habe ihn besucht u. sich bei ihm erkundigt, ob ich ihm Groll nachtrage. Er, Gärtner, habe einen solchen bestritten u. blos auf die Differenz in künstlerischen Meinungen hingewiesen. – Ich bin mir allerdings nicht klar, wo die Pointe der Nettigkeit stecken mag, vielmehr scheint es mir, als hätte Schönberg sich mehr darnach erkundigt, ob die Auslassungen in seiner Harmonielehre 1 mich gereizt haben. Ein solcher Effekt wäre im ihm Grunde als ein Erfolg seines Geistes erschienen u. hätte ihn gefreut. Mehr ein femininer Zug im Sinne jener Frauen, die, in Ermangelung von bessern Waffen, nur die kleinen Sticheleien spielen lassen u. am Blutritzen Vergnügen empfinden.

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Abends die Feile zum erstenmale zuende geführt.

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Die Tatsache, daß eine Rasse die andere haßt beweist nur, daß man nur in der fremden Rasse u. nicht in der eigenen das rein-Tierische im Menschen erkennt u. davon zurückschreckt. Sich selbst als Tier zu erkennen scheint die Natur von vornherein unmöglich gemacht u. die dem Menschen eigentümliche Eitelkeit [illeg]verwehrt zu haben. Stößt nun der Europäer auf einen Japaner, so kommt ihm im letzteren das Affen-ähnliche umso entschiedener zum Bewußtsein, je weniger er es eben bei sich selbst erkennen kann. Das eigentümliche Grauen, das eine Rasse vor der anderen empfindet, ist als instinktiver Ausdruck des Entsetzens vor dem Tier , nicht tief genug zu verstehen.

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© Transcription Marko Deisinger.

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Gärtner stops me on the street in order to tell me a nice story, so he says: Schoenberg visited him and asked him whether I hold a grudge against him. He, Gärtner, disputed this and referred merely to a difference in artistic viewpoints. – I am at any rate unclear about the purpose of this politeness; it rather seems to me that Schoenberg was asking whether the remarks in his Theory of Harmony 1 had irritated me. Such an effect would have appeared to him to be a triumph of his intellect and would have pleased him. It is rather more a feminine trait in the sense of those women who, lacking better weapons, only like to play little needling games, and who take pleasure in trickles of blood.

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In the evening, the polishing completed for the first time.

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The fact that one race hates another proves only that one recognizes the purely animalistic only in the other race, not in one's own, and recoils from it. To recognize the animal in oneself is something that Nature seems to have made impossible from the outset, and to have denied a person his characteristic vanity. If, then, a European comes across a Japanese, then the ape-like quality of the latter comes all the more decisively to his consciousness, the less he can even recognize it in himself. The characteristic dread that one race feels in the face of another, as an instinctive expression of horror in front of an animal, cannot be understood deeply enough.

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© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 Arnold Schoenberg, Harmonielehre (Leipzig and Vienna: Universal Edition, 1911).