13. IV. 16 +5°, Wetter unbeständig, bald heiter, bald Regen.

*

König Georg u. Asquith halten von Hochmut u. Borniertheit pervers triefende Reden. 1 Es ist in der Tat nichts so grausam u. traurig, als wenn Unbildung sich auch dort breitmacht, wo eine Verantwortung des Amtes, die Pflicht gegenüber dem Gesamtstaat Bildung als erste Voraussetzung fordern.

*

Ob es doch je der Menschheit gelingen wird dahin umzulernen, daß kein Staat der Welt so wenig das Recht hat, das Wort Freiheit auf die Lippen zu nehmen, wie als England, wo ja nur der Reiche frei ist, u. der Reichtum aber so verbreitet ist, daß man schließlich die Summe der Reichen mit dem Staatsbegriff identifiziert hat. Wo aber sind die Reichen nicht ähnlich frei?

*

Von Fl. (K.); sagt wegen der Hm-Messe ab, 2 kommt aber schließlich abends allein, bringt sein Essen mit, geht mit uns ins Caféhaus u. holt dann seine Frau ab. —

— Lotteriegewinn – 50 Kronen. —

— Brief an Fr. Pairamall: Bestreitet energisch Zinsenvergütung gefordert zu haben, {195} gebe ihr zwar zu, daß auch sie selbst sich mit Zinsen zwar nicht bereichert hat (kritisiere bei dieser Gelegenheit die Kleinlichkeit der Geschenke!)[,] nehme aber für mich den Gesichtspunkt das Recht in Anspruch, daß ich mein Honorar nicht etwa wegen der Zinsenverluste einzuforder en, sondern um einem Zinsenzahlen auszuweichen zu können; werfe ihr vor, daß sie sich selbst auf den Fall der Frau D. beruft, womit sie am besten erweist, wie recht ich habe, wenn ich überhaupt keine Ausnahme statuiere; hebe hervor, daß ich selbstverständlich sie besucht hätte, wenn sie nur die Beleidigungen vermieden hätte.

*

© Transcription Marko Deisinger.

April 13, 1916. +5°, changeable weather, sometimes fair, sometimes rainy.

*

King George and Asquith deliver speeches oozing with arrogance and bigotry. 1 There is in fact nothing as gruesome and sad as when ignorance takes hold, even where a responsibility of office, the duty to one’s entire nation, demands education as a first requirement.

*

Will humanity ever succeed in recognizing that no state in the world has less right to utter the word "freedom" than England, where only the rich are free but wealth is so widespread that the totality of rich people has been identified with the concept of state. Where, however, are the rich not similarly free?

*

Postcard from Floriz; he cancels on account of the B minor Mass, 2 but in the end comes on his own in the evening, brings him meal with him, goes with us to the coffee house and then collects his wife. —

— Lottery win – 50 Kronen. —

— Letter to Mrs. Pairamall: I energetically dispute having asked for allowance for interest, {195} but admit to her that even she has not become richer with interest payments (I take the opportunity to criticize the pettiness of her gifts!)[,] but assert my right to ask for my fee not so much because of loss of interest but to be able to avoid [her having to make] an interest payment; I criticize her for appealing to the case of Mrs. Deutsch, in which she best knows that I am right not to tolerate any exception at all; I emphasize that I would have of course visited her if only she had avoided these offenses.

*

© Translation William Drabkin.

13. IV. 16 +5°, Wetter unbeständig, bald heiter, bald Regen.

*

König Georg u. Asquith halten von Hochmut u. Borniertheit pervers triefende Reden. 1 Es ist in der Tat nichts so grausam u. traurig, als wenn Unbildung sich auch dort breitmacht, wo eine Verantwortung des Amtes, die Pflicht gegenüber dem Gesamtstaat Bildung als erste Voraussetzung fordern.

*

Ob es doch je der Menschheit gelingen wird dahin umzulernen, daß kein Staat der Welt so wenig das Recht hat, das Wort Freiheit auf die Lippen zu nehmen, wie als England, wo ja nur der Reiche frei ist, u. der Reichtum aber so verbreitet ist, daß man schließlich die Summe der Reichen mit dem Staatsbegriff identifiziert hat. Wo aber sind die Reichen nicht ähnlich frei?

*

Von Fl. (K.); sagt wegen der Hm-Messe ab, 2 kommt aber schließlich abends allein, bringt sein Essen mit, geht mit uns ins Caféhaus u. holt dann seine Frau ab. —

— Lotteriegewinn – 50 Kronen. —

— Brief an Fr. Pairamall: Bestreitet energisch Zinsenvergütung gefordert zu haben, {195} gebe ihr zwar zu, daß auch sie selbst sich mit Zinsen zwar nicht bereichert hat (kritisiere bei dieser Gelegenheit die Kleinlichkeit der Geschenke!)[,] nehme aber für mich den Gesichtspunkt das Recht in Anspruch, daß ich mein Honorar nicht etwa wegen der Zinsenverluste einzuforder en, sondern um einem Zinsenzahlen auszuweichen zu können; werfe ihr vor, daß sie sich selbst auf den Fall der Frau D. beruft, womit sie am besten erweist, wie recht ich habe, wenn ich überhaupt keine Ausnahme statuiere; hebe hervor, daß ich selbstverständlich sie besucht hätte, wenn sie nur die Beleidigungen vermieden hätte.

*

© Transcription Marko Deisinger.

April 13, 1916. +5°, changeable weather, sometimes fair, sometimes rainy.

*

King George and Asquith deliver speeches oozing with arrogance and bigotry. 1 There is in fact nothing as gruesome and sad as when ignorance takes hold, even where a responsibility of office, the duty to one’s entire nation, demands education as a first requirement.

*

Will humanity ever succeed in recognizing that no state in the world has less right to utter the word "freedom" than England, where only the rich are free but wealth is so widespread that the totality of rich people has been identified with the concept of state. Where, however, are the rich not similarly free?

*

Postcard from Floriz; he cancels on account of the B minor Mass, 2 but in the end comes on his own in the evening, brings him meal with him, goes with us to the coffee house and then collects his wife. —

— Lottery win – 50 Kronen. —

— Letter to Mrs. Pairamall: I energetically dispute having asked for allowance for interest, {195} but admit to her that even she has not become richer with interest payments (I take the opportunity to criticize the pettiness of her gifts!)[,] but assert my right to ask for my fee not so much because of loss of interest but to be able to avoid [her having to make] an interest payment; I criticize her for appealing to the case of Mrs. Deutsch, in which she best knows that I am right not to tolerate any exception at all; I emphasize that I would have of course visited her if only she had avoided these offenses.

*

© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 "Eine Ansprache des Königs von England an die französischen Gäste" and "Die Antwort Asquiths auf die Rede des Reichskanzlers," Neues Wiener Journal, No. 8065, April 13, 1916, 24th year, pp. 2-3. "König und Kärrner," Neues Wiener Tagblatt, No. 103, April 13, 1916, 50th year, p. 3.

2 On April 13, 1916, there was a dress rehearsal of Bach’s Mass in B minor; Siegfried Ochs conducted the orchestra of the Viennese Concert Society and the chorus of the Vienna Singakademie (see "Theater- und Kunstnachrichten," Neue Freie Presse, No. 18550, April 13, 1916, morning edition, p. 11).