1. Mai 1916 +8°, sehr schön.
— Regierungs- u. städtische Gebäude beflaggt aus Anlass der Kapitulation von Kut el Amara. 1 *Aufstand in Irland. — An Herrn Majulik Expressbrief in Sachen der Schwester. — — Ein paar Schuhe kosten 42.50 Kronen, eine Besohlung 12 Kronen!! *{214} Die Art, wie ein Frauenzimmer im Laden ihre Dienste tat, zeigt in nuce alle Hoffnungslosigkeit des weiblichen Geschlechtes! Ein Verkäufer im Laden weiß es bei sich, daß das Schicksal ihn bestenfalls zu einem selbständigen Geschäft verhelfen, daß er aber niemehr [sic] z. B. Anwalt oder Arzt werden, geschweige denn eine angesehene Verwaltungs- oder Regierungsstelle erreichen kann. Und selbst wenn es ihm mit irgendwelchen Mitteln gelänge, das Herz einer Prinzessin zu erobern, so würde höchstens die Prinzessin den Rang verlieren, aber niemals er selbst Prinz werden können. Völlig anders ist es beim weiblichen Geschlecht. Der Frau steht der Zugang zu sämtlichen Männern sämtlicher Stände, einschließlich sogar eines regierenden Königs offen. Ohne Vorschule, ohne entsprechende Bildung, ja ohne Bildung überhaupt, vermag sie vom Ladenmädchen zu einer Prinzessin zu avancieren u. dann an dem hohen Stand teilzunehmen. Bedenkt man nun, daß die Frau solche Avancementes lediglich mit erotischen Mitteln erreicht, so wird man es als folgerichtig anerkennen, wenn sie , stets nur in der Lotterie der Erotik spielend spielt , in Erwartung, daß ihr möglicherweise irgend ein Haupttreffer zufallen könnte. Schon beim Ladenmädchen kann man sehen, wie sie niemals die unmittelbar zu verrichtende geschäftliche Aufgabe, sondern ihren Lotterieeinsatz als Erstes in den Vordergrund schiebt. Die Männer, festgelegt in Berufen u. Ständen, also daher recht viel Nachteil von Haus aus leidend, sind zu dem noch zu borniert, um zu begreifen, wie sehr im großen Haushalt der Menschheit das ständige Lotteriespiel der Frauen in Erotik enormen wirtschaftlichen, ja auch kulturellen Schaden verursacht. Ob nun im kleinen Kram das Geschäft leidet , mag man ja vielleicht bezweifeln, sicher aber drückt sich die Zurücksetzung der sachlichen Leistung hinter subjektive Geschlechtserfordernisse im großen Betriebe durch enormen Schaden aus. Jedenfalls aber geht der Frau der Sinn für eine absolute unmittelbar an eine Sache zu entrichtende Leistung ab. {215} Unbewußt betont sie nur sich selbst, ihre Zukunft, die tatsächlich voller phantastischer Möglichkeiten harrt[,] u. steht so als gewaltiges Hindernis aller Entwicklung des Menschengeschlechtes entgegen, das über kurz oder lang die bescheidenste soziale Aufgabe nicht mehr wird lösen können, wenn sie es nicht über sich bringt, in absoluter Hingabe an die Pflichten zu leben. Hier das Ich, dort die Sache u. die Allgemeinheit, die Wage muß sich auf Seite der letzteren neigen, wenn das Leben lebenswert bleiben soll. — *Ein Kaufmann meint sagt vom anderen: „ja der verdient viel“ –, eine Redewendung, die wir auch aus dem Munde der Presse hören. Stets ruft die eine Presse von der anderen, sie sei käuflich; . iInzwischen bereichern sich alle Kaufleute wucherisch an dem Konsumenten, wie auch alle Pressen von Grund aus käuflich sind. *Im Caféhaus wird der Preis auf 42 h erhöht; es sind eben da der Gäste weniger geworden, nun so müssen eben die übrigen den Ausfall decken. — — „Wilhelm Meister“ bis II., 9 incl. 2 — *
© Transcription Marko Deisinger. |
May 1, 1916, +8°, very fine weather.
— Government and civic buildings decorated on the occasion of the surrender of Kut el Amara. 1 *Uprising in Ireland. — To Mr. Majulik, express letter about matters concerning my sister. — — A pair of shoes costs 42.50 Kronen, resoling 12 Kronen!! *{214} The way in which a woman in a shop executed her services shows, in essence, the complete hopelessness of the female sex! A shop salesman would understand completely that fate might, at best, assist him in acquiring a shop of his own but that he would never become, say, a lawyer or a doctor, to say nothing of reaching an important administrative or governmental position. And even if by some means he were to succeed in conquering the heart of a princess, then at best the princess would lose her rank but he would never be able to become a prince himself. It is completely different with the female sex. A woman always has access to all men of all stations, including a reigning king. Without prior education, without the appropriate upbringing – indeed without any upbringing at all – she is able to advance from shop girl to a princess and then take part in her elevated rank. If one now considers that a woman attains these advancements simply by erotic means, then one can recognize in consequence why she plays only the lottery of eroticism, in the expectation that she might possibly come up with a big winning ticket. One can see how, already as a shop girl, she never prioritizes the tasks to which she is assigned, but instead pushes her lottery stakes to the foreground as the first order of business. The men, fixed in their professions and rank, and thus suffering a great disadvantage from the outset, are moreover too blinkered to understand how, in the great household of humanity, the women's constant lottery play in eroticism causes an enormous amount of financial and even cultural damage. Whether a small-time business will suffer, on that one may well have doubts; but surely in a large company the neglect of objective achievement in favor of subjective sexual demands will result in enormous damages. But in any event, a woman lacks the sense of absolute attention that has to be paid single-mindedly to a cause. {215} Unconsciously she is putting the emphasis only on herself, her future, which awaits thoroughly fantastical possibilities; and she thus stands as a gigantic obstacle in opposition to all development of the human race which, sooner or later, will be unable to perform the most modest social task if she is unable to bring herself to live in absolute dedication to her duties. On the one side the ego, on the other the cause and the general well-being: the scales must tip towards the side of the latter if life is to remain worth living. — *One merchant says about another, "Oh, he earns a lot" – an expression that we also hear from the mouths of the press. Always one paper says about another that it is selling well. In the meantime, all merchants enrich themselves extortionately from the consumer, just as all presses, too, are in essence profitable. *In the coffee house, the price [of coffee] is raised to 42 Heller; as there are fewer customers, the others must in fact cover the loss. — — Wilhelm Meister up to and including Book II, chapter 9. 2 — *
© Translation William Drabkin. |
1. Mai 1916 +8°, sehr schön.
— Regierungs- u. städtische Gebäude beflaggt aus Anlass der Kapitulation von Kut el Amara. 1 *Aufstand in Irland. — An Herrn Majulik Expressbrief in Sachen der Schwester. — — Ein paar Schuhe kosten 42.50 Kronen, eine Besohlung 12 Kronen!! *{214} Die Art, wie ein Frauenzimmer im Laden ihre Dienste tat, zeigt in nuce alle Hoffnungslosigkeit des weiblichen Geschlechtes! Ein Verkäufer im Laden weiß es bei sich, daß das Schicksal ihn bestenfalls zu einem selbständigen Geschäft verhelfen, daß er aber niemehr [sic] z. B. Anwalt oder Arzt werden, geschweige denn eine angesehene Verwaltungs- oder Regierungsstelle erreichen kann. Und selbst wenn es ihm mit irgendwelchen Mitteln gelänge, das Herz einer Prinzessin zu erobern, so würde höchstens die Prinzessin den Rang verlieren, aber niemals er selbst Prinz werden können. Völlig anders ist es beim weiblichen Geschlecht. Der Frau steht der Zugang zu sämtlichen Männern sämtlicher Stände, einschließlich sogar eines regierenden Königs offen. Ohne Vorschule, ohne entsprechende Bildung, ja ohne Bildung überhaupt, vermag sie vom Ladenmädchen zu einer Prinzessin zu avancieren u. dann an dem hohen Stand teilzunehmen. Bedenkt man nun, daß die Frau solche Avancementes lediglich mit erotischen Mitteln erreicht, so wird man es als folgerichtig anerkennen, wenn sie , stets nur in der Lotterie der Erotik spielend spielt , in Erwartung, daß ihr möglicherweise irgend ein Haupttreffer zufallen könnte. Schon beim Ladenmädchen kann man sehen, wie sie niemals die unmittelbar zu verrichtende geschäftliche Aufgabe, sondern ihren Lotterieeinsatz als Erstes in den Vordergrund schiebt. Die Männer, festgelegt in Berufen u. Ständen, also daher recht viel Nachteil von Haus aus leidend, sind zu dem noch zu borniert, um zu begreifen, wie sehr im großen Haushalt der Menschheit das ständige Lotteriespiel der Frauen in Erotik enormen wirtschaftlichen, ja auch kulturellen Schaden verursacht. Ob nun im kleinen Kram das Geschäft leidet , mag man ja vielleicht bezweifeln, sicher aber drückt sich die Zurücksetzung der sachlichen Leistung hinter subjektive Geschlechtserfordernisse im großen Betriebe durch enormen Schaden aus. Jedenfalls aber geht der Frau der Sinn für eine absolute unmittelbar an eine Sache zu entrichtende Leistung ab. {215} Unbewußt betont sie nur sich selbst, ihre Zukunft, die tatsächlich voller phantastischer Möglichkeiten harrt[,] u. steht so als gewaltiges Hindernis aller Entwicklung des Menschengeschlechtes entgegen, das über kurz oder lang die bescheidenste soziale Aufgabe nicht mehr wird lösen können, wenn sie es nicht über sich bringt, in absoluter Hingabe an die Pflichten zu leben. Hier das Ich, dort die Sache u. die Allgemeinheit, die Wage muß sich auf Seite der letzteren neigen, wenn das Leben lebenswert bleiben soll. — *Ein Kaufmann meint sagt vom anderen: „ja der verdient viel“ –, eine Redewendung, die wir auch aus dem Munde der Presse hören. Stets ruft die eine Presse von der anderen, sie sei käuflich; . iInzwischen bereichern sich alle Kaufleute wucherisch an dem Konsumenten, wie auch alle Pressen von Grund aus käuflich sind. *Im Caféhaus wird der Preis auf 42 h erhöht; es sind eben da der Gäste weniger geworden, nun so müssen eben die übrigen den Ausfall decken. — — „Wilhelm Meister“ bis II., 9 incl. 2 — *
© Transcription Marko Deisinger. |
May 1, 1916, +8°, very fine weather.
— Government and civic buildings decorated on the occasion of the surrender of Kut el Amara. 1 *Uprising in Ireland. — To Mr. Majulik, express letter about matters concerning my sister. — — A pair of shoes costs 42.50 Kronen, resoling 12 Kronen!! *{214} The way in which a woman in a shop executed her services shows, in essence, the complete hopelessness of the female sex! A shop salesman would understand completely that fate might, at best, assist him in acquiring a shop of his own but that he would never become, say, a lawyer or a doctor, to say nothing of reaching an important administrative or governmental position. And even if by some means he were to succeed in conquering the heart of a princess, then at best the princess would lose her rank but he would never be able to become a prince himself. It is completely different with the female sex. A woman always has access to all men of all stations, including a reigning king. Without prior education, without the appropriate upbringing – indeed without any upbringing at all – she is able to advance from shop girl to a princess and then take part in her elevated rank. If one now considers that a woman attains these advancements simply by erotic means, then one can recognize in consequence why she plays only the lottery of eroticism, in the expectation that she might possibly come up with a big winning ticket. One can see how, already as a shop girl, she never prioritizes the tasks to which she is assigned, but instead pushes her lottery stakes to the foreground as the first order of business. The men, fixed in their professions and rank, and thus suffering a great disadvantage from the outset, are moreover too blinkered to understand how, in the great household of humanity, the women's constant lottery play in eroticism causes an enormous amount of financial and even cultural damage. Whether a small-time business will suffer, on that one may well have doubts; but surely in a large company the neglect of objective achievement in favor of subjective sexual demands will result in enormous damages. But in any event, a woman lacks the sense of absolute attention that has to be paid single-mindedly to a cause. {215} Unconsciously she is putting the emphasis only on herself, her future, which awaits thoroughly fantastical possibilities; and she thus stands as a gigantic obstacle in opposition to all development of the human race which, sooner or later, will be unable to perform the most modest social task if she is unable to bring herself to live in absolute dedication to her duties. On the one side the ego, on the other the cause and the general well-being: the scales must tip towards the side of the latter if life is to remain worth living. — *One merchant says about another, "Oh, he earns a lot" – an expression that we also hear from the mouths of the press. Always one paper says about another that it is selling well. In the meantime, all merchants enrich themselves extortionately from the consumer, just as all presses, too, are in essence profitable. *In the coffee house, the price [of coffee] is raised to 42 Heller; as there are fewer customers, the others must in fact cover the loss. — — Wilhelm Meister up to and including Book II, chapter 9. 2 — *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Beflaggung in Wien und Berlin," Neue Freie Presse, No. 18566, May 1, 1916, p. 2. The First Battle of Kut was the besieging of a 13,000-strong British army garrison in the town of Kut El Amara by the Ottoman Army. The surrender of the garrison on 29 April 1916, after 147 days of siege, was one of the worst defeats of the British army in World War I. 2 Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre (Wilhelm Meister's Apprenticeship), vol. 1, first published in 1795 (Berlin: Johann Friedrich Unger). |