14. XII. 16 +5°.
— Körber abgetreten 1 – vermutlich über der galizischen Frage gescheitert. — — Brief an das Kuratorium recomm. abgeschickt. — „Arbeiter Ztg.;“ – welch’ enger Horizont des Sozialdemokraten – zieht gegen Helfferich los: „Helfferich rät den Gewerkschaften“. 2 Aber gegen das amerikanische Großkapital, gegen Wilson sich zu wenden, so viel sozialen Pflicht Muts bringt sie nicht auf. Im großen also dasselbe Bild, das man bei Hausfrauen so oft antrifft: das Kleinste erregt sie, für das Größte besitzen sie noch kein Organ. Oder wieder dasselbe wie im Staatsleben: die Kleinen werden gehängt … usw. — — Englische Blätter überheben sich in abscheulichster Weise. 3 — Hindenburg erhebt warnend seine Stimme, offenbar um dem Anbot Nachdruck zu verleihen. 4 — — Wie reich der Reiche auch sein mag, immer fehlt ihm mehr als er hat! — — Hätte man nur erst so viel Talent um zu begreifen, wie viel der schädlichsten Lügen im Reichtum steckt, so könnte man sagen, zum Erfassen der Wahrheit gehört schließlich nicht mehr Talent, als zum Erfassen des Geldes überhaupt. — — Philosophie, Religion als geistige Hilfsmittel zur Erforschung der Wahrheit, in letzter {537} Reihe also auch der Drang nach Wahrheit, sind offenbar erst seit der wahren Erbsünde der Menschheit, seit der Begründung des Eigentums † notwendig geworden. Freilich gehen die Eigentümer in ihre Salons u. schreien dort auch die Geschlechtssünde als die Erbsünde aus. Doch ist dies nur eine Ausrede, eben nur ein das Salongeschwätz der Eigentümer. Auch die Verfasser der Bibel waren offenbar Eigentümer. Mit dieser Erbsünde als der ersten wäre freilich aber die Geschichte noch ganz anders zu schreiben. — — Kaufmann – Genie: Dem Gelderfolg nach, den er im Leben errungen, spricht er sich besondere Fähigkeiten zu, umso mehr, als er sich solche auch zusprechen würde, wenn er auch keinen Erfolg hätte. Nun mißt er, wie er glaubt folgerichtig, das Talent anderer Menschen nach dem einzigen Maße, das ihm geläufig ist, nach dem Gelde. Darnach wäre also z. B. ein Mozart ein unfähiger Mensch gewesen u. doch sind es wieder die Kaufleute selbst, die solchen Genies die Denkmäler errichten, da weder Musiker noch Dichter usw. so viel Geld aufzubringen vermöchten, um es in eigener Regie zu tun. Warum setzen denn aber die Kaufleute einem unfähigen Menschen Denkmäler? Oder wäre es möglich, daß man ein Genie , wie Mozart , sein könnte, ohne daß man wie der Kaufmann erst einen Geld-Erfolg aufzuweisen nötig hätte?, so wäre es dann aber wieder nicht so, daß das Geld allein noch keinen Maßstab kleineren oder größeren Talentes bedeute? Was sagt denn dazu der Kaufmann? © Transcription Marko Deisinger. |
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— Körber dismissed 1 – presumably over the Galician matter. — — Letter to the Board of Trustees sent by registered mail. — The Arbeiter-Zeitung – what a limited horizon the Social Democrat has – he launches an attack against Helfferich : "Helfferich Advises the Unions." 2 But to turn against American high finances, against Wilson : for that they cannot muster sufficient social courage. Essentially the same picture that one so often encounters with housewives: the smallest thing upsets them, but they have no understanding of the greatest. And again, the same thing as in political life: the little ones are hanged … and so on. — — English newspapers are behaving presumptuously in the most abhorrent manner. 3 — Hindenburg raises his voice in warning, evidently to give emphasis to the offer of peace. 4 — — However rich the rich man may be, he is always lacking more than he has! — — If one only had just as much talent to realize how much of the most harmful mendacity is contained in wealth, then one could say that ultimately one needs no more talent to grasp the truth than to acquire money at all. — — Philosophy, religion as intellectual aids to the search for truth, {537} and ultimately also the drive for the truth, have evidently become necessary only since the true original sin of humanity, since the foundation of property. Of course, the property owners go into their drawing rooms and proclaim there, too, that the sexual sin is the first original sin. But that is just a pretext, nothing more than drawing-room gossip of property owners. Even the authors of the Bible were evidently property owners. With this original sin as the first, however, history would have to be written in a quite different way. — — Businessman – genius: in accordance with the financial success that he has achieved in his life, he credits himself with special capabilities, and all the more so than he would also attribute to himself if he had no success. Now he measures the talent of other people – logically, he believes – by the only yardstick with which he is familiar, i.e. money. By this reasoning, a Mozart, for example, would have been an incapable person; and yet it is again the business people themselves who erect monuments to such geniuses, since neither musicians nor poets or the like could amass so much money to be able to do this of their own accord. But why do business people erect monuments to incapable people? Or were it possible, that one could be a genius like Mozart without first having the need to prove a monetary success, as the businessman must? But were it then not thus the case that money alone does not by any means signify a measure of lesser or greater talent? What would the businessman say to that? © Translation William Drabkin. |
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— Körber abgetreten 1 – vermutlich über der galizischen Frage gescheitert. — — Brief an das Kuratorium recomm. abgeschickt. — „Arbeiter Ztg.;“ – welch’ enger Horizont des Sozialdemokraten – zieht gegen Helfferich los: „Helfferich rät den Gewerkschaften“. 2 Aber gegen das amerikanische Großkapital, gegen Wilson sich zu wenden, so viel sozialen Pflicht Muts bringt sie nicht auf. Im großen also dasselbe Bild, das man bei Hausfrauen so oft antrifft: das Kleinste erregt sie, für das Größte besitzen sie noch kein Organ. Oder wieder dasselbe wie im Staatsleben: die Kleinen werden gehängt … usw. — — Englische Blätter überheben sich in abscheulichster Weise. 3 — Hindenburg erhebt warnend seine Stimme, offenbar um dem Anbot Nachdruck zu verleihen. 4 — — Wie reich der Reiche auch sein mag, immer fehlt ihm mehr als er hat! — — Hätte man nur erst so viel Talent um zu begreifen, wie viel der schädlichsten Lügen im Reichtum steckt, so könnte man sagen, zum Erfassen der Wahrheit gehört schließlich nicht mehr Talent, als zum Erfassen des Geldes überhaupt. — — Philosophie, Religion als geistige Hilfsmittel zur Erforschung der Wahrheit, in letzter {537} Reihe also auch der Drang nach Wahrheit, sind offenbar erst seit der wahren Erbsünde der Menschheit, seit der Begründung des Eigentums † notwendig geworden. Freilich gehen die Eigentümer in ihre Salons u. schreien dort auch die Geschlechtssünde als die Erbsünde aus. Doch ist dies nur eine Ausrede, eben nur ein das Salongeschwätz der Eigentümer. Auch die Verfasser der Bibel waren offenbar Eigentümer. Mit dieser Erbsünde als der ersten wäre freilich aber die Geschichte noch ganz anders zu schreiben. — — Kaufmann – Genie: Dem Gelderfolg nach, den er im Leben errungen, spricht er sich besondere Fähigkeiten zu, umso mehr, als er sich solche auch zusprechen würde, wenn er auch keinen Erfolg hätte. Nun mißt er, wie er glaubt folgerichtig, das Talent anderer Menschen nach dem einzigen Maße, das ihm geläufig ist, nach dem Gelde. Darnach wäre also z. B. ein Mozart ein unfähiger Mensch gewesen u. doch sind es wieder die Kaufleute selbst, die solchen Genies die Denkmäler errichten, da weder Musiker noch Dichter usw. so viel Geld aufzubringen vermöchten, um es in eigener Regie zu tun. Warum setzen denn aber die Kaufleute einem unfähigen Menschen Denkmäler? Oder wäre es möglich, daß man ein Genie , wie Mozart , sein könnte, ohne daß man wie der Kaufmann erst einen Geld-Erfolg aufzuweisen nötig hätte?, so wäre es dann aber wieder nicht so, daß das Geld allein noch keinen Maßstab kleineren oder größeren Talentes bedeute? Was sagt denn dazu der Kaufmann? © Transcription Marko Deisinger. |
14. XII. 16 +5°.
— Körber dismissed 1 – presumably over the Galician matter. — — Letter to the Board of Trustees sent by registered mail. — The Arbeiter-Zeitung – what a limited horizon the Social Democrat has – he launches an attack against Helfferich : "Helfferich Advises the Unions." 2 But to turn against American high finances, against Wilson : for that they cannot muster sufficient social courage. Essentially the same picture that one so often encounters with housewives: the smallest thing upsets them, but they have no understanding of the greatest. And again, the same thing as in political life: the little ones are hanged … and so on. — — English newspapers are behaving presumptuously in the most abhorrent manner. 3 — Hindenburg raises his voice in warning, evidently to give emphasis to the offer of peace. 4 — — However rich the rich man may be, he is always lacking more than he has! — — If one only had just as much talent to realize how much of the most harmful mendacity is contained in wealth, then one could say that ultimately one needs no more talent to grasp the truth than to acquire money at all. — — Philosophy, religion as intellectual aids to the search for truth, {537} and ultimately also the drive for the truth, have evidently become necessary only since the true original sin of humanity, since the foundation of property. Of course, the property owners go into their drawing rooms and proclaim there, too, that the sexual sin is the first original sin. But that is just a pretext, nothing more than drawing-room gossip of property owners. Even the authors of the Bible were evidently property owners. With this original sin as the first, however, history would have to be written in a quite different way. — — Businessman – genius: in accordance with the financial success that he has achieved in his life, he credits himself with special capabilities, and all the more so than he would also attribute to himself if he had no success. Now he measures the talent of other people – logically, he believes – by the only yardstick with which he is familiar, i.e. money. By this reasoning, a Mozart, for example, would have been an incapable person; and yet it is again the business people themselves who erect monuments to such geniuses, since neither musicians nor poets or the like could amass so much money to be able to do this of their own accord. But why do business people erect monuments to incapable people? Or were it possible, that one could be a genius like Mozart without first having the need to prove a monetary success, as the businessman must? But were it then not thus the case that money alone does not by any means signify a measure of lesser or greater talent? What would the businessman say to that? © Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Wechsel im Ministerratspräsidium. Enthebung des Ministerpräsidenten Doktor v. Koerber," Neue Freie Presse, No. 18793, December 14, 1916, morning edition, p. 1. 2 "Helfferich hält den Gewerkschaften eine Rede," Arbeiter-Zeitung, No. 345, December 13, 1916, 28th year, p. 4. 3 "Zurückweisung des Friedenangebotes durch die englische Presse," Neue Freie Presse, No. 18793, December 14, 1916, morning edition, p. 5. The peace proposal issued by the Central powers on December 12, 1916, remained without consequences. 4 "Hindenburg über die Friedensfrage und die militärische Lage," Neue Freie Presse, No. 18793, December 14, 1916, evening edition, p. 2. |
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Format† Double underlined |