8. 5°.
— Foetor angelicus. — Den Armen wird ihre Armut aufgezwungen, nur damit sie die Arbeit leisten, die unentbehrlich ist. Wie sonderbar unmoralisch wirkt dem gegenüber die Erscheinung Tatsache, daß die Regierungen den Reichtum schützen, obgleich sie wissen, daß er von der Arbeit wegführt. Der Egoismus der Reichen wird somit geschützt, aber niemand mißbraucht den Schutz so sehr, wie der Reiche. Gerade zur Zeit kann man sehen, wie sie auch im Kriege von ihrem Egoismus nicht lassen, obgleich die Parole „arbeiten“ auch auf die Reichen ausgedehnt werden müßte. Wie ist nun aber durchsetzen [recte durchzusetzen], daß die Reichen ihre nichtswürdige Unmoral zum Vorteil des Staates ändern? Daß zur Kriegszeit sie auf ihren Wucher verzichten, u. der als Kriegswucher dem Hinterland so schlecht bekommt? Kein Verdienst freut den Reichen, wenn der blos nach Maßgabe einer Arbeit fallen sollte, nur der Verdienst jener, der durch Betrug, durch Steuer- oder Warenhinterziehung erfreut seine Seele hereingebracht wird. {668} Er droht einfach nicht zu arbeiten, wenn ihm der Boden des Betrugs entzogen wird u. hat, bis dahin geschützt des Schutzes sicher, in der Tat nur allzu reichliche Mittel, sich jeglichen jeglichem Zwanges zur Arbeit entziehen zu können. Beinah könnte man es als das Hauptproblem der Menschheit bezeichnen, das Mittel ausfindig zu machen, wie der Reiche zur Arbeit einfach gezwungen werden könnte, was umso nötiger wäre, als er wie gesagt von Haus aus entweder nur betrügerisch arbeiten will ob oder besser gar nicht. — General Gröner, Berlin, über die Kriegswucher: „Hundsfott“ – „auf dem Potsdamer Platz hängen“! 1 — — — Irrtum, in bezug sofern er sich auf die Voraussetzungen einer Situation bezieht, sollte man besser lieber mit Unkenntnis bezeichnen. Als Irrtum dagegen im eigentlichen Sinne des Wortes wäre dann aber nur die falsche Beurteilung einer Situation selbst bei voller Kenntnis der Wesenselemente aufzufassen. — Die „Arbeiter-Ztg.“ beschuldigt die Deutschen, den Frieden aus parlan imperialistischen Gründen zu hindern; sie wagt die lügnerische Behauptung, Rußland wolle ja Frieden (welches Rußland aber ?, welche russische Regierung?); ferner daß die Entente bei Bekanntgabe der Ziele sofort einlenken würde! 2 Dies alles druckt die „Arb.-Ztg.“, obgleich ihr die wahren Ziele der Entente zur Genüge bekannt sind. Und schließlich, weshalb schreibt sie das nicht an die Adresse der Alliierten? — Geistiges Eigentum im Lichte der Sozialdemokratie (s. Arb.-Ztg. ) von heute): Dichter gehören dem Volke! Welche Dichter, wäre zu fragen, seit welchem Moment? Gehört das Volk umgekehrt den Dichtern? Ist es nicht eigentlich nur der Mittelstand allein, der diesem oder jenem Dichter sich zuneigt, bis nach langer, sehr langer Zeit endlich auch das Volk etwas von ihm erfährt? Niemals begegnet sich mit dem Volk ein Dichter in den ersten Stadien seiner Entwicklung; es ist daher nur ein grober Undank u. ein einfacher Diebstahl, wenn das Volk einen durch den Mittelstand heraufgeführten Dichter als den seinigen reklamirt in dem Sinne, als hätte das Volk die Schulbank mit ihm gedrückt, mit ihm die erste Sorgen geteilt. Daraus allein, daß der Dichter die Sorge {669} des Volkes allezeit teilt, folgt ja nicht, daß das Volk von diesen Sorgen auch nur einen Deut wüßte. In den seltensten Fällen u. so spät als möglich kommt das Volk dazu, sich endlich im Dichter wiederzufinden. Daher diese bleibt es eine echt volksmäßige, diebische Anmaßung, die nur mit schärfster Entrüstung zurückzuweisen ist. Als Kunstprodukt ist schließlich der Dichter denn doch etwas anderes, als das Volk. —© Transcription Marko Deisinger. |
8, 5°.
— English stench. — Poverty is imposed upon the poor only so that they accomplish work that is indispensable. By comparison, how strangely immoral is the effect of the circumstance that governments protect wealth even though they know that it leads away from work. The egoism of the wealthy is thus protected; but no one misuses this protection as much as the rich. At this very time one can see how they cannot give up their egoism, even in time of war, even though the watchword "work" must also be extended to the rich. But how, then, can things be arranged so that the rich would change their wretched immorality to the advantage of the state? That they would give up their profiteering which, as wartime profiteering, befits the hinterland so poorly? The rich man takes no pleasure in gains that are merely commensurate with a piece of work he undertakes, only in those gains which come in as a result of deception, tax evasion, or the concealment of products. {668} He simply threatens not to work when his deception is put an end to; and, sure of his protection, he in fact has all too abundant means of being able to free himself from all compulsion to work. One could almost designate the main problem of humanity as that of finding the means whereby a rich main could simply be forced to work, something which would be all the more needed since, as I said, it is in his nature either to work deceptively or, preferably, not at all. — General Gröner in Berlin, on wartime profiteers: "scoundrels" – "they should be hanged on Potsdamer Platz! 1 — — "Error," so far as it refers to the premises of a situation, would be better termed as "ignorance." An error in the true sense of the word, on the other hand, should be understood as merely the false judgment of a situation in spite of complete knowledge of the essential elements. — The Arbeiter-Zeitung blames the Germans for impeding peace, on imperialistic grounds; it dares to make the deceitful claim that Russia indeed wants peace (which Russia? which Russian government?); in addition, that the Entente would immediately fall into line if the goals were made known! 2 All this the Arbeiter-Zeitung prints, although the true goals of the Entente are thoroughly well known. And finally, why do they not say these things against the Allies? — Intellectual property, seen from the perspective of social democracy (see today's Arbeiter–Zeitung ): poets belong to the people! Which poets, it should be asked, and since when? Do the people, conversely, belong to the poets? Is it not in fact only the middle classes who incline towards some poet or other, until the people, after a long, a very long time, will experience something from him? A poet will never connect with the people in the first phases of his development; it is therefore only crass ingratitude and a simple act of theft if the people claim for their own a poet whom the middle classes have taken up, as if the people had been with him in the same schoolroom and shared their first cares with him. From the mere fact that a poet at all times shares the people's concerns, {669} it by no means follows that the people know the least bit about these troubles. In the rarest cases, and as late as possible, the people are, finally, able to recognize themselves in the poet. Thus it remains a genuinely folklike, thievish presumption, which should be repudiated with the most severe indignation. As a product of art, a poet is ultimately something quite different from the people. —© Translation William Drabkin. |
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— Foetor angelicus. — Den Armen wird ihre Armut aufgezwungen, nur damit sie die Arbeit leisten, die unentbehrlich ist. Wie sonderbar unmoralisch wirkt dem gegenüber die Erscheinung Tatsache, daß die Regierungen den Reichtum schützen, obgleich sie wissen, daß er von der Arbeit wegführt. Der Egoismus der Reichen wird somit geschützt, aber niemand mißbraucht den Schutz so sehr, wie der Reiche. Gerade zur Zeit kann man sehen, wie sie auch im Kriege von ihrem Egoismus nicht lassen, obgleich die Parole „arbeiten“ auch auf die Reichen ausgedehnt werden müßte. Wie ist nun aber durchsetzen [recte durchzusetzen], daß die Reichen ihre nichtswürdige Unmoral zum Vorteil des Staates ändern? Daß zur Kriegszeit sie auf ihren Wucher verzichten, u. der als Kriegswucher dem Hinterland so schlecht bekommt? Kein Verdienst freut den Reichen, wenn der blos nach Maßgabe einer Arbeit fallen sollte, nur der Verdienst jener, der durch Betrug, durch Steuer- oder Warenhinterziehung erfreut seine Seele hereingebracht wird. {668} Er droht einfach nicht zu arbeiten, wenn ihm der Boden des Betrugs entzogen wird u. hat, bis dahin geschützt des Schutzes sicher, in der Tat nur allzu reichliche Mittel, sich jeglichen jeglichem Zwanges zur Arbeit entziehen zu können. Beinah könnte man es als das Hauptproblem der Menschheit bezeichnen, das Mittel ausfindig zu machen, wie der Reiche zur Arbeit einfach gezwungen werden könnte, was umso nötiger wäre, als er wie gesagt von Haus aus entweder nur betrügerisch arbeiten will ob oder besser gar nicht. — General Gröner, Berlin, über die Kriegswucher: „Hundsfott“ – „auf dem Potsdamer Platz hängen“! 1 — — — Irrtum, in bezug sofern er sich auf die Voraussetzungen einer Situation bezieht, sollte man besser lieber mit Unkenntnis bezeichnen. Als Irrtum dagegen im eigentlichen Sinne des Wortes wäre dann aber nur die falsche Beurteilung einer Situation selbst bei voller Kenntnis der Wesenselemente aufzufassen. — Die „Arbeiter-Ztg.“ beschuldigt die Deutschen, den Frieden aus parlan imperialistischen Gründen zu hindern; sie wagt die lügnerische Behauptung, Rußland wolle ja Frieden (welches Rußland aber ?, welche russische Regierung?); ferner daß die Entente bei Bekanntgabe der Ziele sofort einlenken würde! 2 Dies alles druckt die „Arb.-Ztg.“, obgleich ihr die wahren Ziele der Entente zur Genüge bekannt sind. Und schließlich, weshalb schreibt sie das nicht an die Adresse der Alliierten? — Geistiges Eigentum im Lichte der Sozialdemokratie (s. Arb.-Ztg. ) von heute): Dichter gehören dem Volke! Welche Dichter, wäre zu fragen, seit welchem Moment? Gehört das Volk umgekehrt den Dichtern? Ist es nicht eigentlich nur der Mittelstand allein, der diesem oder jenem Dichter sich zuneigt, bis nach langer, sehr langer Zeit endlich auch das Volk etwas von ihm erfährt? Niemals begegnet sich mit dem Volk ein Dichter in den ersten Stadien seiner Entwicklung; es ist daher nur ein grober Undank u. ein einfacher Diebstahl, wenn das Volk einen durch den Mittelstand heraufgeführten Dichter als den seinigen reklamirt in dem Sinne, als hätte das Volk die Schulbank mit ihm gedrückt, mit ihm die erste Sorgen geteilt. Daraus allein, daß der Dichter die Sorge {669} des Volkes allezeit teilt, folgt ja nicht, daß das Volk von diesen Sorgen auch nur einen Deut wüßte. In den seltensten Fällen u. so spät als möglich kommt das Volk dazu, sich endlich im Dichter wiederzufinden. Daher diese bleibt es eine echt volksmäßige, diebische Anmaßung, die nur mit schärfster Entrüstung zurückzuweisen ist. Als Kunstprodukt ist schließlich der Dichter denn doch etwas anderes, als das Volk. —© Transcription Marko Deisinger. |
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— English stench. — Poverty is imposed upon the poor only so that they accomplish work that is indispensable. By comparison, how strangely immoral is the effect of the circumstance that governments protect wealth even though they know that it leads away from work. The egoism of the wealthy is thus protected; but no one misuses this protection as much as the rich. At this very time one can see how they cannot give up their egoism, even in time of war, even though the watchword "work" must also be extended to the rich. But how, then, can things be arranged so that the rich would change their wretched immorality to the advantage of the state? That they would give up their profiteering which, as wartime profiteering, befits the hinterland so poorly? The rich man takes no pleasure in gains that are merely commensurate with a piece of work he undertakes, only in those gains which come in as a result of deception, tax evasion, or the concealment of products. {668} He simply threatens not to work when his deception is put an end to; and, sure of his protection, he in fact has all too abundant means of being able to free himself from all compulsion to work. One could almost designate the main problem of humanity as that of finding the means whereby a rich main could simply be forced to work, something which would be all the more needed since, as I said, it is in his nature either to work deceptively or, preferably, not at all. — General Gröner in Berlin, on wartime profiteers: "scoundrels" – "they should be hanged on Potsdamer Platz! 1 — — "Error," so far as it refers to the premises of a situation, would be better termed as "ignorance." An error in the true sense of the word, on the other hand, should be understood as merely the false judgment of a situation in spite of complete knowledge of the essential elements. — The Arbeiter-Zeitung blames the Germans for impeding peace, on imperialistic grounds; it dares to make the deceitful claim that Russia indeed wants peace (which Russia? which Russian government?); in addition, that the Entente would immediately fall into line if the goals were made known! 2 All this the Arbeiter-Zeitung prints, although the true goals of the Entente are thoroughly well known. And finally, why do they not say these things against the Allies? — Intellectual property, seen from the perspective of social democracy (see today's Arbeiter–Zeitung ): poets belong to the people! Which poets, it should be asked, and since when? Do the people, conversely, belong to the poets? Is it not in fact only the middle classes who incline towards some poet or other, until the people, after a long, a very long time, will experience something from him? A poet will never connect with the people in the first phases of his development; it is therefore only crass ingratitude and a simple act of theft if the people claim for their own a poet whom the middle classes have taken up, as if the people had been with him in the same schoolroom and shared their first cares with him. From the mere fact that a poet at all times shares the people's concerns, {669} it by no means follows that the people know the least bit about these troubles. In the rarest cases, and as late as possible, the people are, finally, able to recognize themselves in the poet. Thus it remains a genuinely folklike, thievish presumption, which should be repudiated with the most severe indignation. As a product of art, a poet is ultimately something quite different from the people. —© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Eine Rede des Chefs des deutschen Kriegsamtes gegen den Lebensmittelwucher," Neue Freie Presse, No. 18933, May 8, 1917, morning edition, p. 4. "Groener spricht kräftig!," Arbeiter-Zeitung, No. 125, May 8, 1917, 29th year, p. 4. 2 "Friedenswille in Rußland," Arbeiter-Zeitung, No. 125, May 8, 1917, 29th year, p. 1. |