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20. VIII. 17 Der Himmel bedeckt.

— Nach Innsbruck wegen verschiedener Einkäufe. In Hoch-Zirl meldet der Maschinenführer einen Maschinendefekt an u. die Notwendigkeit einer ¾ stündigen Unterbrechung der Fahrt bis zur Ankunft einer requirierten Hilfsmaschine. Doch dauerte es kaum 5 Minuten als er schon selbst den Defekt beheben u. die Reise fortsetzen konnte. In unserem Abteil sitzt auch ein Heizer, der sich mit einigen Personen über Pilze unterhält; wir sahen, wie er zur Bekräftigung seiner Reden Behauptungen ein Büchlein vorlegt, worin auch Abbildungen enthalten sind. Dieses Büchlein nehme ich nun zum Anknüpfungspunkt u. gerate nun ebenfalls in ein Gespräch mit ihm. Wir erfahren, daß seine Kollegen durchschnittlich um 30 kg, ja einige sogar um 40 kg an Gewicht abgenommen haben. Er erzählt ganz drastisch, wie er im Begriffe war, einen Lüsterrock für 18 Kr. zu kaufen, aber schon nach 5 Tagen, nachdem inzwischen die Teuerungszulagen ausbezahlt worden, sollte derselbe Rock – 28 Kr. kosten! Schließlich zahlte er 22 Kronen dafür. Wie über telephonische Verabredung hatten nämlich die Kaufleute inzwischen, kaum daß sie von der Teuerungszulage erfuhren, nun ihrerseits die Preise ganz willkürlich gesteigert. – Unweit des Bahnhofes sieht Lie-Liechen gleich beim ersten Greisler [sic] oder Delikatessenhändler Hölzel Honig im Schaufenster; wir machen den Versuch u. erwerben, da Lie-Liechen Zutrauen hat, 4 Gläser, das sind 2 kg à 15 Kronen. In derselben Straße treten wir bei Schindler ein, wo wir ja unser eigentliches Hauptgeschäft zu erledigen hatten. Dort wird uns Marmelade in Kistchen vorgelegt u. Lie-Liechen entschließt sich nach zwei Kostproben für eine Himbeermarmelade um den Preis von 5 Kr. per kg. Ich bezahle, u. lasse aber das Kistchen bis zu unserer Abreise reservieren. Der ursprüngliche Plan, nach Zirl um Obst hinüberzufahren, mußte wegen Unvereinbarlichkeit mit dem Fahrplan fallen gelassen werden. Zumindest war Vorsicht geboten, da wir möglicherweise die Bäuerin überhaupt nicht angetroffen bezw. mit dem Einkauf selbst zu viel Zeit hätten verbracht ingen hätten müssen. Nun standen wir davor, in Innsbruck einige Stunden bis zur Abfahrt des zweitnächsten Zuges zubringen zu müssen; da entschlossen wir uns kurzer Hand auf {752} gut Glück zur Bahn zu gehen, um zu sehen, ob wir nicht doch einen frühen Zug benutzen könnten. Dieses Vorhaben gelingt, ja wir haben sogar noch eine Stunde Zeit, die wir zu Zeitungslektüre u. sonstigen Beobachtungen verwenden. — Von Dr. Neumann Rechnung auf ein unerwartet hohes Honorar! — Vom Bankverein: Rechnungslegung. — Nachmittags Regen, der auch abends u. nachts anhält. — Wir vermissen zum erstenmal unseren Hahn! So sehr uns dieser wackere Diatoniker besonders des morgens zur Last fiel, so empfinden wir gleichwohl seinen Verlust; man kann fast sagen, daß die Luft verödet ist, seitdem sein Ruf erloschen.

© Transcription Marko Deisinger.

August 20, 1917. The sky overcast.

— To Innsbruck to make various purchases. In Hochzirl, our driver reports a fault in the engine and the necessity of an interruption to the journey of three quarters of an hour until the requisitioned auxiliary engine arrives. But hardly has five minutes passed than he corrects the fault himself, and can resume the trip. In our compartment, there also sits the boilerman, who has a conversation with a few people about mushrooms; we see that he exhibits a little book to substantiate his explanations, in which illustrations are also included. I take this book as a point of contact and now likewise get into a conversation with him. We learn that his colleagues have lost, on average, 30 kilograms in weight, some even 40 kilograms. He talks very dramatically about how he was at the point of buying a jacket of glossy material for 18 Kronen; but after just five days, during which time the inflationary increases were paid out, the same jacket cost 28 Kronen! In the end he paid 22 Kronen. As if by telephonic communication, the salespeople had in the meantime raised their own prices with complete arbitrariness as soon as they had been notified of the price-rise allowance. – Not far from the station, Lie-Liechen sees some honey in the shop windows of the first grocer or delicatessen shop, Hölzel . As Lie-Liechen has confidence in it, we acquire four glass jars, which amount to 2 kilograms for 15 Kronen. In the same street we pass Schindler , where we had to take care of our actual primary shopping. There, marmalade is presented to us in small crates and, after two tastings, Lie-Liechen decides on a raspberry jam costing 5 Kronen per kilogram. I pay, but reserve the crate until our departure. The original plan, to ride over to Zirl for fruit, had to be abandoned because the train times did not work out. Caution was necessary, at least, since we might not have met the farmer's wife at all, or would have had to spend too much time with the purchase itself. Now we were confronted with the prospect of having to spend a few hours in Innsbruck until the departure of the second train; and we decided in haste to take our chances and go to the station, {752} in case we could indeed catch an earlier train. This plan succeeds, and we still have an hour's time which we can spend reading the newspaper and looking around elsewhere. — From Dr. Neumann, the invoice for an unexpectedly high fee! — From the Bankverein: statement of account. — In the afternoon, rain, which also persists in the evening and the night. — We miss our rooster for the first time! As much as this valiant diatonicist was a nuisance to us, especially in the morning, we nonetheless are sensitive to his absence; one can almost say that the air has become desolate since his call has disappeared from it.

© Translation William Drabkin.

20. VIII. 17 Der Himmel bedeckt.

— Nach Innsbruck wegen verschiedener Einkäufe. In Hoch-Zirl meldet der Maschinenführer einen Maschinendefekt an u. die Notwendigkeit einer ¾ stündigen Unterbrechung der Fahrt bis zur Ankunft einer requirierten Hilfsmaschine. Doch dauerte es kaum 5 Minuten als er schon selbst den Defekt beheben u. die Reise fortsetzen konnte. In unserem Abteil sitzt auch ein Heizer, der sich mit einigen Personen über Pilze unterhält; wir sahen, wie er zur Bekräftigung seiner Reden Behauptungen ein Büchlein vorlegt, worin auch Abbildungen enthalten sind. Dieses Büchlein nehme ich nun zum Anknüpfungspunkt u. gerate nun ebenfalls in ein Gespräch mit ihm. Wir erfahren, daß seine Kollegen durchschnittlich um 30 kg, ja einige sogar um 40 kg an Gewicht abgenommen haben. Er erzählt ganz drastisch, wie er im Begriffe war, einen Lüsterrock für 18 Kr. zu kaufen, aber schon nach 5 Tagen, nachdem inzwischen die Teuerungszulagen ausbezahlt worden, sollte derselbe Rock – 28 Kr. kosten! Schließlich zahlte er 22 Kronen dafür. Wie über telephonische Verabredung hatten nämlich die Kaufleute inzwischen, kaum daß sie von der Teuerungszulage erfuhren, nun ihrerseits die Preise ganz willkürlich gesteigert. – Unweit des Bahnhofes sieht Lie-Liechen gleich beim ersten Greisler [sic] oder Delikatessenhändler Hölzel Honig im Schaufenster; wir machen den Versuch u. erwerben, da Lie-Liechen Zutrauen hat, 4 Gläser, das sind 2 kg à 15 Kronen. In derselben Straße treten wir bei Schindler ein, wo wir ja unser eigentliches Hauptgeschäft zu erledigen hatten. Dort wird uns Marmelade in Kistchen vorgelegt u. Lie-Liechen entschließt sich nach zwei Kostproben für eine Himbeermarmelade um den Preis von 5 Kr. per kg. Ich bezahle, u. lasse aber das Kistchen bis zu unserer Abreise reservieren. Der ursprüngliche Plan, nach Zirl um Obst hinüberzufahren, mußte wegen Unvereinbarlichkeit mit dem Fahrplan fallen gelassen werden. Zumindest war Vorsicht geboten, da wir möglicherweise die Bäuerin überhaupt nicht angetroffen bezw. mit dem Einkauf selbst zu viel Zeit hätten verbracht ingen hätten müssen. Nun standen wir davor, in Innsbruck einige Stunden bis zur Abfahrt des zweitnächsten Zuges zubringen zu müssen; da entschlossen wir uns kurzer Hand auf {752} gut Glück zur Bahn zu gehen, um zu sehen, ob wir nicht doch einen frühen Zug benutzen könnten. Dieses Vorhaben gelingt, ja wir haben sogar noch eine Stunde Zeit, die wir zu Zeitungslektüre u. sonstigen Beobachtungen verwenden. — Von Dr. Neumann Rechnung auf ein unerwartet hohes Honorar! — Vom Bankverein: Rechnungslegung. — Nachmittags Regen, der auch abends u. nachts anhält. — Wir vermissen zum erstenmal unseren Hahn! So sehr uns dieser wackere Diatoniker besonders des morgens zur Last fiel, so empfinden wir gleichwohl seinen Verlust; man kann fast sagen, daß die Luft verödet ist, seitdem sein Ruf erloschen.

© Transcription Marko Deisinger.

August 20, 1917. The sky overcast.

— To Innsbruck to make various purchases. In Hochzirl, our driver reports a fault in the engine and the necessity of an interruption to the journey of three quarters of an hour until the requisitioned auxiliary engine arrives. But hardly has five minutes passed than he corrects the fault himself, and can resume the trip. In our compartment, there also sits the boilerman, who has a conversation with a few people about mushrooms; we see that he exhibits a little book to substantiate his explanations, in which illustrations are also included. I take this book as a point of contact and now likewise get into a conversation with him. We learn that his colleagues have lost, on average, 30 kilograms in weight, some even 40 kilograms. He talks very dramatically about how he was at the point of buying a jacket of glossy material for 18 Kronen; but after just five days, during which time the inflationary increases were paid out, the same jacket cost 28 Kronen! In the end he paid 22 Kronen. As if by telephonic communication, the salespeople had in the meantime raised their own prices with complete arbitrariness as soon as they had been notified of the price-rise allowance. – Not far from the station, Lie-Liechen sees some honey in the shop windows of the first grocer or delicatessen shop, Hölzel . As Lie-Liechen has confidence in it, we acquire four glass jars, which amount to 2 kilograms for 15 Kronen. In the same street we pass Schindler , where we had to take care of our actual primary shopping. There, marmalade is presented to us in small crates and, after two tastings, Lie-Liechen decides on a raspberry jam costing 5 Kronen per kilogram. I pay, but reserve the crate until our departure. The original plan, to ride over to Zirl for fruit, had to be abandoned because the train times did not work out. Caution was necessary, at least, since we might not have met the farmer's wife at all, or would have had to spend too much time with the purchase itself. Now we were confronted with the prospect of having to spend a few hours in Innsbruck until the departure of the second train; and we decided in haste to take our chances and go to the station, {752} in case we could indeed catch an earlier train. This plan succeeds, and we still have an hour's time which we can spend reading the newspaper and looking around elsewhere. — From Dr. Neumann, the invoice for an unexpectedly high fee! — From the Bankverein: statement of account. — In the afternoon, rain, which also persists in the evening and the night. — We miss our rooster for the first time! As much as this valiant diatonicist was a nuisance to us, especially in the morning, we nonetheless are sensitive to his absence; one can almost say that the air has become desolate since his call has disappeared from it.

© Translation William Drabkin.