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29.

Zeitig auf, schöner Tag. Nachdem wir Abschied genommen u. Geldgeschenke verabreicht haben, verlassen wir um 9h den Ort; der schöne Tag, die erholten Nerven u. die in Schönheit vor uns ausgebreitete Natur versetzen uns in eine selige verklärte Stimmung; wir genießen, was wir ringsum sehen: die hoch oben blinkenden Bauernhäuschen, die Häuser an der Straße, die Wasser an den Hängen, ja wir genießen sogar der Mühe der Landleute, die mit der Hand zu pflügen genötigt sind – kurz alles wird in uns zu einem Wohllaut u. mit Recht, da wir den Menschen hier in vollstem Einklang mit der ihn umgebenden Natur, mit Gebirg u. Tier leben sehen. War uns schon im Laufe der Wochen in Galtür allmälich wärmer ums Herz geworden, so begriffen wir ausreisend noch lebhafter, wie uns dieser Ort nahesteht. Noch erinnere ich mich der Verzagtheit bei der Ankunft u. in den ersten Tagen; wie gründlich hat sich das alles aber in der Folge gewandelt; wir wuchsen nach u. nach in alle die Wege hinein u. lernten auch die Menschen hier in ihren Zusammenhängen begreifen. Lie-Liechen wußte sich so {2383} hübsch den Häuserbau aus der Notwendigkeit des Schutzes gegen den wilden Zeiniswind zu erklären; auch daß sonderbarerweise so wenig Gesang oder sonst welche Musik zu hören war wußte sie sinnvoll damit zu erklären, daß das Toben u. Poltern des Jambaches einen Gesang gar nicht aufkommen ließe. Aus Eigenem u. auch durch Umfragen hatten wir bald heraus, welche Grenzen der Bodenkultur hier gezogen sind u. was sich daraus wieder an Folgen für die Lebenshaltung ergibt. Sogar begriffen wir, wie die Sprache sich vorzugsweise der Vokale bedienen muß, um von Mensch zu Mensch durch die weite Natur dringen zu können. Dieses u. mehr noch begreifend wurden wir selbst förmlich zu einem Teil dieser Natur u. versprechen uns, Rückerinnerung pflegend, im nächsten Jahr wieder zurückzukehren, als nach einem Ort, der mit dem Karerpass wetteifert, jedenfalls ihm nicht weit nachsteht. — Unterwegs gab es nur ein kleines Abenteuer: wegen Sprengung von Gestein mußten wir knapp vor der gefährlichen Stelle halten, wozu wir durch Zurufe u. sonderbare Handbewegungen aufgefordert wurden, die wir aber nicht sogleich zu deuten wußten. Die letzte Strecke knapp vor Wiesberg hat Lie-Liechen nicht wenig Respekt eingeflöß st [sic] wegen ihrer Wildheit u. Gefahr. In Pians das Mittagessen genommen, besser als in Galtür u. zu demselben Preis. Die drückende Hitze macht sich Lie-Liechen mehr als mir fühlbar. Zur Bahnstation, wo wir das Gepäck versichern u. bis Innsbruck aufgeben. ½7h in Innsbruck; der Hotelportier macht Schwierigkeiten, endlich weist er uns ein Zimmer mit den Worten an: „ . . es ist mir sehr peinlich“ – ein nur allzu wahres Motto, denn binnen einer ¼ Stunde hat Lie-Liechen nachts 13 Wanzen, große u. kleine erlegt u. {2384} sogar ich habe vier Stück erbeutet! Wir fanden keine Ruhe, u. als wir im Begriffe waren, der Natur den schuldigen Zoll zu entrichten, mußten wir schon aus den Betten springen, um uns die Fahrkarten zu sichern.

© Transcription Marko Deisinger.

29

Up early, beautiful day. After we have taken our leave and handed out presents of money, we leave the vicinity at 9:00; the beautiful day, our recovered nerves, and Mother Nature spread out in all her beauty before us put us into a blessed [and] transfigured mood; we relish what we see all around us: the farmers’ houses which glitter high up, the houses on the road, the water on the slopes, yes we even savor the labors of the country folk, who are compelled to plough by hand – in short, we sense everything as consonance and rightly so, since we see that the people here live in complete harmony with Nature surrounding them, the mountains and fauna. Even as our hearts have been increasingly warming to Galtür over the weeks, we now realize much more vividly in departing how dear this place has become to us. I still remember the trepidation upon our arrival and in our first few days; how thoroughly all that has changed in consequence; we got more and more [accustomed] to the way [of things], and also learned to understand the people here in their connectedness. Lie-Liechen understood so handily {2383} the way the houses are built, out of a necessity to protect them from the wild winds of the Zeinis; she also knew how to explain sensibly the fact that so little singing or music was to be heard, since the clamor and jangle of the Jambach hardly permitted any singing to arise. From our own deductions and from what we had heard, we quickly worked out what limitations are imposed on agriculture here, and what consequences they have for sustaining life. We even understood that their language consists chiefly of vowels, so that it can reach from human to human and pierce through the wide expanses of Nature. Grasping this and even more, we literally became a part of Nature ourselves, and have promised ourselves to keep our reminiscences alive, returning to this place next year, [a place] which can compete with the Karerpass, or at least is not far behind it. — On the way there had been only one small precariousness: due to blasting operations in the rocks, we had to halt at a dangerous location, which we were commanded to do via shouting and unusual hand signals, that we did not know how to interpret at first. The last stretch just before Wiesberg commanded not a little respect from Lie-Liechen because of its wildness and danger. Took lunch in Pians, better than in Galtür and for the same price. The oppressive heat is felt more by Lie-Liechen than by me. To the railway station, where we insure the luggage and check it in as far as Innsbruck. At 6:30 in Innsbruck; the hotel porter causes us difficulties, finally directing us to a room with the words " . . it's very embarrassing for me" – a motto that rang all too true, since within quarter of an hour that night Lie-Liechen slayed thirteen bedbugs, small and large, and {2384} even I captured four specimens. We found no rest, and as we were just about to pay the toll we owed to Nature, we had to leap out of bed to secure our railway tickets.

© Translation Stephen Ferguson.

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Zeitig auf, schöner Tag. Nachdem wir Abschied genommen u. Geldgeschenke verabreicht haben, verlassen wir um 9h den Ort; der schöne Tag, die erholten Nerven u. die in Schönheit vor uns ausgebreitete Natur versetzen uns in eine selige verklärte Stimmung; wir genießen, was wir ringsum sehen: die hoch oben blinkenden Bauernhäuschen, die Häuser an der Straße, die Wasser an den Hängen, ja wir genießen sogar der Mühe der Landleute, die mit der Hand zu pflügen genötigt sind – kurz alles wird in uns zu einem Wohllaut u. mit Recht, da wir den Menschen hier in vollstem Einklang mit der ihn umgebenden Natur, mit Gebirg u. Tier leben sehen. War uns schon im Laufe der Wochen in Galtür allmälich wärmer ums Herz geworden, so begriffen wir ausreisend noch lebhafter, wie uns dieser Ort nahesteht. Noch erinnere ich mich der Verzagtheit bei der Ankunft u. in den ersten Tagen; wie gründlich hat sich das alles aber in der Folge gewandelt; wir wuchsen nach u. nach in alle die Wege hinein u. lernten auch die Menschen hier in ihren Zusammenhängen begreifen. Lie-Liechen wußte sich so {2383} hübsch den Häuserbau aus der Notwendigkeit des Schutzes gegen den wilden Zeiniswind zu erklären; auch daß sonderbarerweise so wenig Gesang oder sonst welche Musik zu hören war wußte sie sinnvoll damit zu erklären, daß das Toben u. Poltern des Jambaches einen Gesang gar nicht aufkommen ließe. Aus Eigenem u. auch durch Umfragen hatten wir bald heraus, welche Grenzen der Bodenkultur hier gezogen sind u. was sich daraus wieder an Folgen für die Lebenshaltung ergibt. Sogar begriffen wir, wie die Sprache sich vorzugsweise der Vokale bedienen muß, um von Mensch zu Mensch durch die weite Natur dringen zu können. Dieses u. mehr noch begreifend wurden wir selbst förmlich zu einem Teil dieser Natur u. versprechen uns, Rückerinnerung pflegend, im nächsten Jahr wieder zurückzukehren, als nach einem Ort, der mit dem Karerpass wetteifert, jedenfalls ihm nicht weit nachsteht. — Unterwegs gab es nur ein kleines Abenteuer: wegen Sprengung von Gestein mußten wir knapp vor der gefährlichen Stelle halten, wozu wir durch Zurufe u. sonderbare Handbewegungen aufgefordert wurden, die wir aber nicht sogleich zu deuten wußten. Die letzte Strecke knapp vor Wiesberg hat Lie-Liechen nicht wenig Respekt eingeflöß st [sic] wegen ihrer Wildheit u. Gefahr. In Pians das Mittagessen genommen, besser als in Galtür u. zu demselben Preis. Die drückende Hitze macht sich Lie-Liechen mehr als mir fühlbar. Zur Bahnstation, wo wir das Gepäck versichern u. bis Innsbruck aufgeben. ½7h in Innsbruck; der Hotelportier macht Schwierigkeiten, endlich weist er uns ein Zimmer mit den Worten an: „ . . es ist mir sehr peinlich“ – ein nur allzu wahres Motto, denn binnen einer ¼ Stunde hat Lie-Liechen nachts 13 Wanzen, große u. kleine erlegt u. {2384} sogar ich habe vier Stück erbeutet! Wir fanden keine Ruhe, u. als wir im Begriffe waren, der Natur den schuldigen Zoll zu entrichten, mußten wir schon aus den Betten springen, um uns die Fahrkarten zu sichern.

© Transcription Marko Deisinger.

29

Up early, beautiful day. After we have taken our leave and handed out presents of money, we leave the vicinity at 9:00; the beautiful day, our recovered nerves, and Mother Nature spread out in all her beauty before us put us into a blessed [and] transfigured mood; we relish what we see all around us: the farmers’ houses which glitter high up, the houses on the road, the water on the slopes, yes we even savor the labors of the country folk, who are compelled to plough by hand – in short, we sense everything as consonance and rightly so, since we see that the people here live in complete harmony with Nature surrounding them, the mountains and fauna. Even as our hearts have been increasingly warming to Galtür over the weeks, we now realize much more vividly in departing how dear this place has become to us. I still remember the trepidation upon our arrival and in our first few days; how thoroughly all that has changed in consequence; we got more and more [accustomed] to the way [of things], and also learned to understand the people here in their connectedness. Lie-Liechen understood so handily {2383} the way the houses are built, out of a necessity to protect them from the wild winds of the Zeinis; she also knew how to explain sensibly the fact that so little singing or music was to be heard, since the clamor and jangle of the Jambach hardly permitted any singing to arise. From our own deductions and from what we had heard, we quickly worked out what limitations are imposed on agriculture here, and what consequences they have for sustaining life. We even understood that their language consists chiefly of vowels, so that it can reach from human to human and pierce through the wide expanses of Nature. Grasping this and even more, we literally became a part of Nature ourselves, and have promised ourselves to keep our reminiscences alive, returning to this place next year, [a place] which can compete with the Karerpass, or at least is not far behind it. — On the way there had been only one small precariousness: due to blasting operations in the rocks, we had to halt at a dangerous location, which we were commanded to do via shouting and unusual hand signals, that we did not know how to interpret at first. The last stretch just before Wiesberg commanded not a little respect from Lie-Liechen because of its wildness and danger. Took lunch in Pians, better than in Galtür and for the same price. The oppressive heat is felt more by Lie-Liechen than by me. To the railway station, where we insure the luggage and check it in as far as Innsbruck. At 6:30 in Innsbruck; the hotel porter causes us difficulties, finally directing us to a room with the words " . . it's very embarrassing for me" – a motto that rang all too true, since within quarter of an hour that night Lie-Liechen slayed thirteen bedbugs, small and large, and {2384} even I captured four specimens. We found no rest, and as we were just about to pay the toll we owed to Nature, we had to leap out of bed to secure our railway tickets.

© Translation Stephen Ferguson.