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30. September 1925 Regnerisch.

— Analyse: 0.3%, also der selbe Stand, wie vor zwei Wochen, trotz gewisser Naschereien! Wir sehen, der Nachdruck liegt auf der geistigen Anstrengung, namentlich aber am Verdruß. — Von Hoboken (Geldbrief): 60 Dollar u. fünf Seiten Bericht= OJ 11/54, [4] über den Weg zu Dr. Liebenschein, die Wohnung im Heiligenkreuzerhof, sonst über Pläne; kommt am 13. X. — An Kalmus (K.): Dank für Händel-Roth –, freue mich des erstaunlichen Wachstums der Philharmonia. — An Roth (K.): vorläufig Dank. — An Mozio (K. expr.): aus Hobokens Brief , die Beziehung zu Dr. Liebenschen mitgeteilt. — An Saphier (K. expr.): den Stimmer für den 7. X. erbeten. — ½5–½7h Hammer, um Abschied zu nehmen, reist nach Florenz. Gibt wieder einiges aus dem Klatsch über mich. Belustigend namentlich, daß alle diese Nichtleser um eine Erhöhung der Wirkung besorgt sind u. es für angezeigt hielten, daß ich mit meinem Glaubensbekenntnis herausrücke! Sonderbar auch, daß ein bei aller Unwissenheit so gescheiter Mensch nicht auf den Gedanken kommt, daß alle diejenigen, die mir ein Hakenkreuzlertum andichten , oder Unaufrichtigkeit, wie etwa das Verbergen des Judentums, statt aller Einwände nicht lieber zu sachlichen Widerlegungen greifen. – Auf diesen so naheliegenden Gedanken mußte ich ihn erst bringen. Außerdem verbarg ich freilich den Hauptgrund, u. der ist, daß mein Bekenntnis zu Deutschland als meiner Wahlheimat durchaus nicht organisch ein Bekenntnis auch zum Judentum erfordert – nur der Jude, der in Deutschland lebt, das Deutschtum aber zugunsten des Internationalen herabsetzt, schuldet Rechenschaft für den Widerspruch, den er begeht –; zum zweiten ist es meine Pflicht, das Werk zur Ausführung zu bringen, nicht aber erst zu riskiren, daß eine an sich überflüssige Bekanntgabe das Werk vielleicht in Frage stellt. Aus dem Gespräch ergab sich, {2873} daß Hammer im Grunde seine Lebensanschauung gegen die meine verteidigt, als wäre er von ihrer Triftigkeit nicht sonderlich überzeugt. Er liest nichts, ist deshalb auch vollständig unempfindlich wider alles, was dem Deutschtum in der Welt widerfährt, ist auch durch seinen Beruf genötigt, mit aller Welt zu gehen, u. so kann er schwer ein Verständnis aufbringen für meinen Schmerz um den durch schmähliches Betragen des Westens herbeigeführten Verlust der Kunst. Wir kommen überein, die Frage der Drucke bis zum Februar zu vertagen. — In Eile Einkaufswege, dann ins Hotel de Françe zur Feier der Ankunft Lie-Liechens. 1 Wie überrascht waren wir beim Eintritt in den Saal, tanzende Judenpaare zu sehen!! Der Anblick war in mehr als einer Hinsicht wiederlich [sic]: erstens das ausgesprochen Dirnenhafte der Frauenspersonen, noch mehr aber die ekeln [sic] Grimassen der Juden-Lebemänner! Dazu essen wir auch schlecht u. so beschließen wir, die nächste Feier zuhause abzuhalten. — Im Rundfunk Dr. Bergauer, der aber diesmal viel weniger Eindruck macht; hübsch war eine offenbar von ihm hinzugefügte Strophe: Johann Strauß in Wien das Tipferl [sic] auf dem i!

© Transcription Marko Deisinger.

September 30, 1925 Rainy.

— Analysis: 0.3%, that is, the same level as two weeks ago, despite occasional indulgences! We observe that the emphasis stems from mental exertion, but specially from annoyance. — From Hoboken (money order): 60 dollars and a five-page report= OJ 11/54, [4] about the trip to see Dr. Liebenschein, the apartment in Heiligenkreuzerhof, otherwise about [his] plans; he is coming on October 13. — To Kalmus (postcard): thanks for Handel-Roth –, I am pleased with the astonishing growth of the Philharmonia. — To Roth (postcard): preliminary thanks. — To Mozio (postcard express): inform him about the relationship to Dr. Liebenschen from Hoboken's letter. — To Saphier (postcard express): the tuner requested for October 7. — 4:30–6:30 Hammer, to bid farewell, is traveling to Florence. Again tells me some of the gossip about me. It is namely funny that all these non-readers are concerned about an increase in the effect and would consider it appropriate that I admit my faith! It is also strange that someone so clever, in all ignorance, does not hit on the idea that all of the people who fantasize that I am a swastikite or insincere, such as by hiding my Jewishness, would not rather resort to factual refutation instead of all the objections. – Ultimately, I had to lead him to this so obvious idea. Naturally, I also hid the main reason, which is that my loyalty to Germany as my fatherland of choice does not organically require a confession of the Jewish faith as well – only the Jew who lives in Germany who belittles Germanness in favor of Internationalism owes an explanation for the contradiction he has committed –; secondly, it is my duty to complete my work, but not first to risk innately superfluous publicity perhaps jeopardizing the work. It became clear from the conversation {2873} that Hammer basically defends his view of life against mine, as if he were not especially convinced of its validity. He does not read anything, and is therefore completely insensitive to everything that is happening to Germanness in the world and is also necessitated by his vocation to be cosmopolitan, and so he finds it difficult to muster compassion for the pain I feel regarding the loss of art brought on by the disgraceful behavior of the West. We agree to postpone the question of the prints until February. — Hurried shopping errands, then into Hotel de France to celebrate Lie-Liechen's arrival. 1 How surprised we were upon entering the hall to see Jewish couples dancing!! The sight was appalling in more than one regard: first the utter meretriciousness of the women, but even more so the disgusting facial expressions of the Jewish bon vivants! Furthermore, we eat badly and so we decide to celebrate the next anniversary at home. — On the radio Dr. Bergauer, who makes much less of an impression this time; a verse he apparently added was pretty: Johann Strauß in Vienna [was] the icing on the cake!

© Translation Scott Witmer.

30. September 1925 Regnerisch.

— Analyse: 0.3%, also der selbe Stand, wie vor zwei Wochen, trotz gewisser Naschereien! Wir sehen, der Nachdruck liegt auf der geistigen Anstrengung, namentlich aber am Verdruß. — Von Hoboken (Geldbrief): 60 Dollar u. fünf Seiten Bericht= OJ 11/54, [4] über den Weg zu Dr. Liebenschein, die Wohnung im Heiligenkreuzerhof, sonst über Pläne; kommt am 13. X. — An Kalmus (K.): Dank für Händel-Roth –, freue mich des erstaunlichen Wachstums der Philharmonia. — An Roth (K.): vorläufig Dank. — An Mozio (K. expr.): aus Hobokens Brief , die Beziehung zu Dr. Liebenschen mitgeteilt. — An Saphier (K. expr.): den Stimmer für den 7. X. erbeten. — ½5–½7h Hammer, um Abschied zu nehmen, reist nach Florenz. Gibt wieder einiges aus dem Klatsch über mich. Belustigend namentlich, daß alle diese Nichtleser um eine Erhöhung der Wirkung besorgt sind u. es für angezeigt hielten, daß ich mit meinem Glaubensbekenntnis herausrücke! Sonderbar auch, daß ein bei aller Unwissenheit so gescheiter Mensch nicht auf den Gedanken kommt, daß alle diejenigen, die mir ein Hakenkreuzlertum andichten , oder Unaufrichtigkeit, wie etwa das Verbergen des Judentums, statt aller Einwände nicht lieber zu sachlichen Widerlegungen greifen. – Auf diesen so naheliegenden Gedanken mußte ich ihn erst bringen. Außerdem verbarg ich freilich den Hauptgrund, u. der ist, daß mein Bekenntnis zu Deutschland als meiner Wahlheimat durchaus nicht organisch ein Bekenntnis auch zum Judentum erfordert – nur der Jude, der in Deutschland lebt, das Deutschtum aber zugunsten des Internationalen herabsetzt, schuldet Rechenschaft für den Widerspruch, den er begeht –; zum zweiten ist es meine Pflicht, das Werk zur Ausführung zu bringen, nicht aber erst zu riskiren, daß eine an sich überflüssige Bekanntgabe das Werk vielleicht in Frage stellt. Aus dem Gespräch ergab sich, {2873} daß Hammer im Grunde seine Lebensanschauung gegen die meine verteidigt, als wäre er von ihrer Triftigkeit nicht sonderlich überzeugt. Er liest nichts, ist deshalb auch vollständig unempfindlich wider alles, was dem Deutschtum in der Welt widerfährt, ist auch durch seinen Beruf genötigt, mit aller Welt zu gehen, u. so kann er schwer ein Verständnis aufbringen für meinen Schmerz um den durch schmähliches Betragen des Westens herbeigeführten Verlust der Kunst. Wir kommen überein, die Frage der Drucke bis zum Februar zu vertagen. — In Eile Einkaufswege, dann ins Hotel de Françe zur Feier der Ankunft Lie-Liechens. 1 Wie überrascht waren wir beim Eintritt in den Saal, tanzende Judenpaare zu sehen!! Der Anblick war in mehr als einer Hinsicht wiederlich [sic]: erstens das ausgesprochen Dirnenhafte der Frauenspersonen, noch mehr aber die ekeln [sic] Grimassen der Juden-Lebemänner! Dazu essen wir auch schlecht u. so beschließen wir, die nächste Feier zuhause abzuhalten. — Im Rundfunk Dr. Bergauer, der aber diesmal viel weniger Eindruck macht; hübsch war eine offenbar von ihm hinzugefügte Strophe: Johann Strauß in Wien das Tipferl [sic] auf dem i!

© Transcription Marko Deisinger.

September 30, 1925 Rainy.

— Analysis: 0.3%, that is, the same level as two weeks ago, despite occasional indulgences! We observe that the emphasis stems from mental exertion, but specially from annoyance. — From Hoboken (money order): 60 dollars and a five-page report= OJ 11/54, [4] about the trip to see Dr. Liebenschein, the apartment in Heiligenkreuzerhof, otherwise about [his] plans; he is coming on October 13. — To Kalmus (postcard): thanks for Handel-Roth –, I am pleased with the astonishing growth of the Philharmonia. — To Roth (postcard): preliminary thanks. — To Mozio (postcard express): inform him about the relationship to Dr. Liebenschen from Hoboken's letter. — To Saphier (postcard express): the tuner requested for October 7. — 4:30–6:30 Hammer, to bid farewell, is traveling to Florence. Again tells me some of the gossip about me. It is namely funny that all these non-readers are concerned about an increase in the effect and would consider it appropriate that I admit my faith! It is also strange that someone so clever, in all ignorance, does not hit on the idea that all of the people who fantasize that I am a swastikite or insincere, such as by hiding my Jewishness, would not rather resort to factual refutation instead of all the objections. – Ultimately, I had to lead him to this so obvious idea. Naturally, I also hid the main reason, which is that my loyalty to Germany as my fatherland of choice does not organically require a confession of the Jewish faith as well – only the Jew who lives in Germany who belittles Germanness in favor of Internationalism owes an explanation for the contradiction he has committed –; secondly, it is my duty to complete my work, but not first to risk innately superfluous publicity perhaps jeopardizing the work. It became clear from the conversation {2873} that Hammer basically defends his view of life against mine, as if he were not especially convinced of its validity. He does not read anything, and is therefore completely insensitive to everything that is happening to Germanness in the world and is also necessitated by his vocation to be cosmopolitan, and so he finds it difficult to muster compassion for the pain I feel regarding the loss of art brought on by the disgraceful behavior of the West. We agree to postpone the question of the prints until February. — Hurried shopping errands, then into Hotel de France to celebrate Lie-Liechen's arrival. 1 How surprised we were upon entering the hall to see Jewish couples dancing!! The sight was appalling in more than one regard: first the utter meretriciousness of the women, but even more so the disgusting facial expressions of the Jewish bon vivants! Furthermore, we eat badly and so we decide to celebrate the next anniversary at home. — On the radio Dr. Bergauer, who makes much less of an impression this time; a verse he apparently added was pretty: Johann Strauß in Vienna [was] the icing on the cake!

© Translation Scott Witmer.

Footnotes

1 i.e. Jeanette's arrival in Vienna in 1910 after leaving her husband for Schenker.