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OC 12/249 - Handwritten letter (copy) from Schenker to Klenau, dated January 4, 1924
Herzlich erwidere ich Ihre freundlichen Wünsche, nicht minder herzlich danke ich für Ihre freudige Zustimmung zur IX. Wegen der übrigen Gedanken über die Atonalen wie die Renaissançe wenn ein impotenter Mann sich für afeminin ausgeben würde mit Anspruch auf eine philosophische oder sonst welche Richtung, auf Fortschritt, Entwicklung? Dem unglücklichen Manne täte die Selbstbeschmeichlung, der Selbstbetrug in der Seele wohl, aber die Frauen würden ihn richtiger beurteilen. Oder von einer andern Seite gesehen: Die Natur ist immer folgerichtig, d.h. sie gibt allen Ursachen ihre Folge, aber eben darum wäre es falsch, ihre Folgerichtigkeit in Fortschritt, Geschichte, Richtung, Bewegung überhaupt umzubenennen. Ein Bückel, ein Mulo Mulatte u. was dergleichen Dinge mehr sind, die die Natur aus gegebenen Ursachen hervorzieht, bedeuten gewiß kein Ziel, gar nichts weiter als eine Folgerichtigkeit. So stellen auch die Atonalen eine solche Natur-Folgerichtigkeit vor u. nichts mehr als das: sie müßten atonal werden, sie müssen atonal bleiben, weil die Natur in gewohnter Weise ihrer Unfähigkeit eine Folge gibt, aber von ihnen zu sagen, daß sie atonal sein wollen, wie sie es vorgeben, um Entwicklung oder Durchgang, Keim vorzustellen, entspricht nicht dem wahren Sachverhalt. Vergessen Sie nicht: Der Zerstörende ‒ u. das ist der Atonale ‒ gefällt sich in einer sehr dankbaren Rolle: er glaubt immer von vorn anzufangen, ha, wie fühlt man sich da einen Helden! Eine Renaissançe gibt es meiner Ansicht nach überhaupt nicht: man nimmt von neuem auf, was die Menschen vordem aus Unfähigkeit aufgegeben haben, aber nicht mit mehr Verständnis. Ich halte ein Zusammengehen der Menschheit mit den Großen nicht für möglich, ja auch nicht für erwünscht. Immer wieder ist es der Einzelne, der als Großer hervortritt u. wiederum sind es nur wenige, die sich ein bischen [sic], sehr sehr wenig nähern: der Rest ist bloß unbescheiden. Doch genug davon. Daß ich mich sehr freuen würde, Sie wieder einmal zu begrüßen, wiederhole ich gern. Am Mittwoch empfange ich keine Schüler, vielleicht paßt es Ihnen, an irgend einem Mittwoch mir das Vergnügen Ihres Besuches zu machen; aber auch für diesen Fall erbitte ich eine Verständigung aus Vorsicht, denn es kommt vor, daß ich ins Archiv gehe usw. P.S. Heft 5 des Tonwille bringt die V. Sinfonie von Beethoven, vielleicht werfen Sie einen Blick darauf 4. I. 24 © Transcription Ian Bent, 2013 |
I reciprocate cordially your kind good wishes, and I thank you no less cordially for your ready approval of my Ninth Symphony [monograph]. As regards your further remarks on the atonal composers as the Renaissance: If an impotent man were to claim to be a-feminine by reference to a philosophical or some other sort of trend ‒ toward progress, development? ‒ the self-conceit, self-deception, might please the unfortunate man to the core, but women would judge him more accurately. Or from another point of view: Nature is always consistent; that is, to every cause she supplies its logical effect; but that is just why it would be wrong ever to give her consistency another name: progress, history, trend, movement. A humpback, a mule, a mulatto, and all other such things of that sort that Nature has produced from given causes, specifically do not signify any purpose ‒ nothing whatsoever more than a logical consistency. So the atonal composers represent a consistency in Nature and nothing more than that: they had to become atonal, they must remain atonal, because Nature in her usual fashion gives to their incapacity a consequence. But to say of them that they want to be atonal, as they allege, in order to foster development, transition or germination, does not correspond with the true state of affairs. Do not forget: The destroyer ‒ and the atonal composer is just that ‒ fancies himself in a rewarding role: he believes always in starting from scratch. Ah! what a hero he thinks himself for that! To my mind, there is no such thing as a Renaissance. People take up anew what their predecessors have given up out of incapacity, but with no greater understanding. I do not consider possible ‒ or indeed even desirable ‒ an association of humanity with the great masters. It is always the individual who emerges as a great master, and then again it is only a few who come close, very very slightly so, [to achieving this]. All the others are merely presumptuous. But enough of all that. I gladly reiterate that I would be delighted to welcome you once again. I see no pupils on Wednesdays. Perhaps it would suit you to do me the favor of a visit one Wednesday or another. But even in this case I ask for prior notice as a precaution, for it could be that I am going to the Archive, or something of that sort. P.S. Issue 5 of Der Tonwille includes the Fifth Symphony of Beethoven. You may like to take a look at it. January 4, 1924 © Translation Ian Bent, 2013 |
Herzlich erwidere ich Ihre freundlichen Wünsche, nicht minder herzlich danke ich für Ihre freudige Zustimmung zur IX. Wegen der übrigen Gedanken über die Atonalen wie die Renaissançe wenn ein impotenter Mann sich für afeminin ausgeben würde mit Anspruch auf eine philosophische oder sonst welche Richtung, auf Fortschritt, Entwicklung? Dem unglücklichen Manne täte die Selbstbeschmeichlung, der Selbstbetrug in der Seele wohl, aber die Frauen würden ihn richtiger beurteilen. Oder von einer andern Seite gesehen: Die Natur ist immer folgerichtig, d.h. sie gibt allen Ursachen ihre Folge, aber eben darum wäre es falsch, ihre Folgerichtigkeit in Fortschritt, Geschichte, Richtung, Bewegung überhaupt umzubenennen. Ein Bückel, ein Mulo Mulatte u. was dergleichen Dinge mehr sind, die die Natur aus gegebenen Ursachen hervorzieht, bedeuten gewiß kein Ziel, gar nichts weiter als eine Folgerichtigkeit. So stellen auch die Atonalen eine solche Natur-Folgerichtigkeit vor u. nichts mehr als das: sie müßten atonal werden, sie müssen atonal bleiben, weil die Natur in gewohnter Weise ihrer Unfähigkeit eine Folge gibt, aber von ihnen zu sagen, daß sie atonal sein wollen, wie sie es vorgeben, um Entwicklung oder Durchgang, Keim vorzustellen, entspricht nicht dem wahren Sachverhalt. Vergessen Sie nicht: Der Zerstörende ‒ u. das ist der Atonale ‒ gefällt sich in einer sehr dankbaren Rolle: er glaubt immer von vorn anzufangen, ha, wie fühlt man sich da einen Helden! Eine Renaissançe gibt es meiner Ansicht nach überhaupt nicht: man nimmt von neuem auf, was die Menschen vordem aus Unfähigkeit aufgegeben haben, aber nicht mit mehr Verständnis. Ich halte ein Zusammengehen der Menschheit mit den Großen nicht für möglich, ja auch nicht für erwünscht. Immer wieder ist es der Einzelne, der als Großer hervortritt u. wiederum sind es nur wenige, die sich ein bischen [sic], sehr sehr wenig nähern: der Rest ist bloß unbescheiden. Doch genug davon. Daß ich mich sehr freuen würde, Sie wieder einmal zu begrüßen, wiederhole ich gern. Am Mittwoch empfange ich keine Schüler, vielleicht paßt es Ihnen, an irgend einem Mittwoch mir das Vergnügen Ihres Besuches zu machen; aber auch für diesen Fall erbitte ich eine Verständigung aus Vorsicht, denn es kommt vor, daß ich ins Archiv gehe usw. P.S. Heft 5 des Tonwille bringt die V. Sinfonie von Beethoven, vielleicht werfen Sie einen Blick darauf 4. I. 24 © Transcription Ian Bent, 2013 |
I reciprocate cordially your kind good wishes, and I thank you no less cordially for your ready approval of my Ninth Symphony [monograph]. As regards your further remarks on the atonal composers as the Renaissance: If an impotent man were to claim to be a-feminine by reference to a philosophical or some other sort of trend ‒ toward progress, development? ‒ the self-conceit, self-deception, might please the unfortunate man to the core, but women would judge him more accurately. Or from another point of view: Nature is always consistent; that is, to every cause she supplies its logical effect; but that is just why it would be wrong ever to give her consistency another name: progress, history, trend, movement. A humpback, a mule, a mulatto, and all other such things of that sort that Nature has produced from given causes, specifically do not signify any purpose ‒ nothing whatsoever more than a logical consistency. So the atonal composers represent a consistency in Nature and nothing more than that: they had to become atonal, they must remain atonal, because Nature in her usual fashion gives to their incapacity a consequence. But to say of them that they want to be atonal, as they allege, in order to foster development, transition or germination, does not correspond with the true state of affairs. Do not forget: The destroyer ‒ and the atonal composer is just that ‒ fancies himself in a rewarding role: he believes always in starting from scratch. Ah! what a hero he thinks himself for that! To my mind, there is no such thing as a Renaissance. People take up anew what their predecessors have given up out of incapacity, but with no greater understanding. I do not consider possible ‒ or indeed even desirable ‒ an association of humanity with the great masters. It is always the individual who emerges as a great master, and then again it is only a few who come close, very very slightly so, [to achieving this]. All the others are merely presumptuous. But enough of all that. I gladly reiterate that I would be delighted to welcome you once again. I see no pupils on Wednesdays. Perhaps it would suit you to do me the favor of a visit one Wednesday or another. But even in this case I ask for prior notice as a precaution, for it could be that I am going to the Archive, or something of that sort. P.S. Issue 5 of Der Tonwille includes the Fifth Symphony of Beethoven. You may like to take a look at it. January 4, 1924 © Translation Ian Bent, 2013 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 3/6, pp. 2615‒2616, January 2, 1924: "An Klenau (Br.); von Lie-Liechen kopiert): zu den Atonalen: impotent darf nicht afeminin sich nennen – die Natur gibt auch der Unfähigkeit des Atonalen ihre Folge: sie müssen atonal sein, sie wollen nicht! Renaissance ein Unding; es gibt kein Zusammengehen der Menschheit mit den Großen; stelle Mittwoch zur Verfügung." ("To Klenau (letter) ; copied by Lie-Liechen): about the atonalists: the impotent should not be allowed to call themselves unfeminine – Nature also exacts the consequences from the atonalists' incompetence: they have to be atonal, they do not wish to be! Renaissance an absurdity; there is no association between humanity and the great masters; put Wednesday at his disposal."). The letter ‒ which is preserved in a miscellaneous collection (OC 12) of correspondence, writings, and newspaper clippings ‒ is written on two sheets, the second pasted to the bottom of the first to make a single sheet written on one side. This letter is presented in translation in Heinrich Schenker: Selected Correspondence, ed. Ian Bent, David Bretherton, and William Drabkin (Woodbridge: Boydell Press, 2014), p. 245‒46. |
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Commentary
Digital version created: 2019-09-02 |