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1. IX. 25

Lieber Doktor Schenker 1

Sehr schönen Dank für Ihren lieben Brief. 2 Dass Sie den Versucher spielen und mir die Worte des Schöpfers in den Mund legen wie die Schlange im Paradiese, das ist ein ungewöhnliches Schauspiel. Doch nett und verständlich von Ihnen. Aber es dreht sich da um Dinge die rein technisch sauberer und noch besser gemacht werden können und da ich die erste Platte nicht zerstöre sondern eine zweite, neue mache so ist das wieder eine von der Arbeiten von mir, wo ich mir in meiner Sachlichkeit wieder einmal nicht genug tun kann und lieber 3 Wochen Zeit mehr an die Arbeit wende nur damit ich mir nicht sagen muß ich hätte es besser machen können. 3

Damit rühr ich an einen {2} Zustand den ich Ihnen doch einmal und gerade jetzt klarlegen möchte, da Sie mir vielleicht in etwas helfen können. Er ist freilich so uralt und bekannt und trotzdem falsch, übel und ungerecht. Nämlich mir gehts so scheußlich jetzt wiedereinmal mit dem Geld zusammen wie seit vielen Jahren nicht – na Sie haben ja auch Kenntnis von den Dingen. Bei mir sind’s halt immer grad die Gaben und Kräfte in mir welche meiner Arbeit als solcher zu gut kommen aber mir diese stets unrentabel machen. Sie sehn’s ja selber ich kann mir selten genug thun ich kann einfach nicht sagen, da habt’s jetzt die Platte vom Dr. Schenker sie ist gut und so wie sie ist müsst ihr sie pressen. Sondern ich selber weiß und muß wissen wann ich sagen darf: besser kann ich es nicht machen.

{3} Dass es mir nicht gut geht find ich selbstverständlich, aber dass mich der Geldmangel an einer consequenten Arbeit hindert das thut mir doch leid und wollte ich gerne abstellen. Ich komme mir vor wie ein Kaufmann der mit zu wenig Kapital arbeitet und stets in Schwierigkeiten ist deswegen so ein Geschäft kann nicht rentabel sein. Um aber aus dieser abstrakten Sphäre des Jammern zu kommen: Was glauben Sie wie könnt ich das Blatt am besten verwerten? Soll ich es zu Artaria geben oder in einen Verlag wie Breitkopf oder ganz privat verhandeln? Unter Ihren Freunden z.B. 4

Dann noch was. Wissen Sie jemand der die Zeichnung welche ich für den Schabstich gemacht habe, kaufen würde? 5 Ich verlange 600 öst. Schillinge dafür. Als Originalzeichnung ist es nicht so viel denk ich und behält doch ihren Wert. — ich komme mitte 2te Hälfte Septem- {4} ber nach Wien, wir können dann über diese Sachen reden. Nicht? 6

England war künstlerisch ein großer Erfolg, habe sehr schöne ungewöhnlich gute Kritiken, doch gar keinen Auftrag. 3 Monate nichts getan, Geld ausgegeben und nichts nach Haus bringen, bringt einem leicht um. Doch geh ich wieder zurück im Frühjahr.


1000 Grüße verehrter Meister
stets Ihr treuer
[signed:] Hammer

St. Martin im Innkr.

© Transcription Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022


September 1, 1925

Dear Dr. Schenker 1

Very many thanks for your kind letter. 2 Your playing the role of the tempter and putting the words of the Creator in my mouth like the serpent in paradise – that’s an unusual spectacle. Yet how nice and understanding of you. But what I’m talking about are things that from a purely technical point of view could be cleaner and could be done even better. Since I am not destroying the first plate but am making a second new one, this turns out to be another one of my works for which I can’t do enough, in a substantive sense. I would rather work on it for three more weeks, if only to avoid telling myself I could have improved it. 3

With that I touch on a {2} situation I would like to tell you about at this point, and especially now, since you could perhaps help me with something. To be sure, it’s an age-old and common situation and yet it is false, evil, and unjust. Namely, I am once again having dreadful money troubles, worse than for many years – well, you surely also have some experience with such things. In my case it is always precisely those of my gifts and strengths that, as such, benefit my work but always make it unprofitable. You can see for yourself that I can seldom satisfy myself, I can’t simply say: There’s the plate for Dr. Schenker’s portrait, it’s good enough and you must print it just as it is. Rather, I myself know and must know when I can say: I can’t do any better than that.

{3} It goes without saying that I don’t do well financially but I hate to feel that lack of money hampers me in doing important work, and it’s something I would like to avoid. I feel like a merchant who works with insufficient capital and is in constant difficulties; consequently, such a business can’t be profitable. But now let’s leave this abstract realm of whining behind: What do you think would be the best way for me to profit from the print? Should I give it to Artaria or to a publisher like Breitkopf, or should I only negotiate privately? Among your friends, for instance. 4

Then there’s something else. Do you know someone who would like to buy the drawing that I made for the mezzotint? 5 I would ask 600 Austrian shillings for it. I think that’s not so much for an original drawing, which after all would retain its value. I will come to Vienna in mid- the second half of September; {4} we can talk about these things then, can’t we? 6

England was a great success artistically, I had very nice and unusually good reviews, but not a single commission. Doing nothing for three months, spending money and not bringing anything home, can easily become deadly. Yet I am going back again in the Spring.


A thousand greetings, revered master,
your ever faithful
[signed:] Hammer

St. Martin im Innkreis

© Translation Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022


1. IX. 25

Lieber Doktor Schenker 1

Sehr schönen Dank für Ihren lieben Brief. 2 Dass Sie den Versucher spielen und mir die Worte des Schöpfers in den Mund legen wie die Schlange im Paradiese, das ist ein ungewöhnliches Schauspiel. Doch nett und verständlich von Ihnen. Aber es dreht sich da um Dinge die rein technisch sauberer und noch besser gemacht werden können und da ich die erste Platte nicht zerstöre sondern eine zweite, neue mache so ist das wieder eine von der Arbeiten von mir, wo ich mir in meiner Sachlichkeit wieder einmal nicht genug tun kann und lieber 3 Wochen Zeit mehr an die Arbeit wende nur damit ich mir nicht sagen muß ich hätte es besser machen können. 3

Damit rühr ich an einen {2} Zustand den ich Ihnen doch einmal und gerade jetzt klarlegen möchte, da Sie mir vielleicht in etwas helfen können. Er ist freilich so uralt und bekannt und trotzdem falsch, übel und ungerecht. Nämlich mir gehts so scheußlich jetzt wiedereinmal mit dem Geld zusammen wie seit vielen Jahren nicht – na Sie haben ja auch Kenntnis von den Dingen. Bei mir sind’s halt immer grad die Gaben und Kräfte in mir welche meiner Arbeit als solcher zu gut kommen aber mir diese stets unrentabel machen. Sie sehn’s ja selber ich kann mir selten genug thun ich kann einfach nicht sagen, da habt’s jetzt die Platte vom Dr. Schenker sie ist gut und so wie sie ist müsst ihr sie pressen. Sondern ich selber weiß und muß wissen wann ich sagen darf: besser kann ich es nicht machen.

{3} Dass es mir nicht gut geht find ich selbstverständlich, aber dass mich der Geldmangel an einer consequenten Arbeit hindert das thut mir doch leid und wollte ich gerne abstellen. Ich komme mir vor wie ein Kaufmann der mit zu wenig Kapital arbeitet und stets in Schwierigkeiten ist deswegen so ein Geschäft kann nicht rentabel sein. Um aber aus dieser abstrakten Sphäre des Jammern zu kommen: Was glauben Sie wie könnt ich das Blatt am besten verwerten? Soll ich es zu Artaria geben oder in einen Verlag wie Breitkopf oder ganz privat verhandeln? Unter Ihren Freunden z.B. 4

Dann noch was. Wissen Sie jemand der die Zeichnung welche ich für den Schabstich gemacht habe, kaufen würde? 5 Ich verlange 600 öst. Schillinge dafür. Als Originalzeichnung ist es nicht so viel denk ich und behält doch ihren Wert. — ich komme mitte 2te Hälfte Septem- {4} ber nach Wien, wir können dann über diese Sachen reden. Nicht? 6

England war künstlerisch ein großer Erfolg, habe sehr schöne ungewöhnlich gute Kritiken, doch gar keinen Auftrag. 3 Monate nichts getan, Geld ausgegeben und nichts nach Haus bringen, bringt einem leicht um. Doch geh ich wieder zurück im Frühjahr.


1000 Grüße verehrter Meister
stets Ihr treuer
[signed:] Hammer

St. Martin im Innkr.

© Transcription Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022


September 1, 1925

Dear Dr. Schenker 1

Very many thanks for your kind letter. 2 Your playing the role of the tempter and putting the words of the Creator in my mouth like the serpent in paradise – that’s an unusual spectacle. Yet how nice and understanding of you. But what I’m talking about are things that from a purely technical point of view could be cleaner and could be done even better. Since I am not destroying the first plate but am making a second new one, this turns out to be another one of my works for which I can’t do enough, in a substantive sense. I would rather work on it for three more weeks, if only to avoid telling myself I could have improved it. 3

With that I touch on a {2} situation I would like to tell you about at this point, and especially now, since you could perhaps help me with something. To be sure, it’s an age-old and common situation and yet it is false, evil, and unjust. Namely, I am once again having dreadful money troubles, worse than for many years – well, you surely also have some experience with such things. In my case it is always precisely those of my gifts and strengths that, as such, benefit my work but always make it unprofitable. You can see for yourself that I can seldom satisfy myself, I can’t simply say: There’s the plate for Dr. Schenker’s portrait, it’s good enough and you must print it just as it is. Rather, I myself know and must know when I can say: I can’t do any better than that.

{3} It goes without saying that I don’t do well financially but I hate to feel that lack of money hampers me in doing important work, and it’s something I would like to avoid. I feel like a merchant who works with insufficient capital and is in constant difficulties; consequently, such a business can’t be profitable. But now let’s leave this abstract realm of whining behind: What do you think would be the best way for me to profit from the print? Should I give it to Artaria or to a publisher like Breitkopf, or should I only negotiate privately? Among your friends, for instance. 4

Then there’s something else. Do you know someone who would like to buy the drawing that I made for the mezzotint? 5 I would ask 600 Austrian shillings for it. I think that’s not so much for an original drawing, which after all would retain its value. I will come to Vienna in mid- the second half of September; {4} we can talk about these things then, can’t we? 6

England was a great success artistically, I had very nice and unusually good reviews, but not a single commission. Doing nothing for three months, spending money and not bringing anything home, can easily become deadly. Yet I am going back again in the Spring.


A thousand greetings, revered master,
your ever faithful
[signed:] Hammer

St. Martin im Innkreis

© Translation Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker’s diary for September 2, 1925: “Von Hammer (Br.): brauche Geld – wie verwerten?” (“From Hammer (letter): says he needs money – how to turn [it] to account?”).

2 = JOB 94-3, [12], August 23, 1925.

3 Hammer writes continuously at this point, without paragraph-break.

4 Hammer writes continuously at this point, without paragraph-break.

5 Hammer originally told Schenker he wanted to keep the drawing for himself; he outlined his plans for the drawing, plate, and prints during the last sitting for the portrait on June 26, 1924. See the diary entry on that date, quoted in footnote 1 to Hammer’s postcard of June 17, 1924 (OJ 11/36, [16]).

6 Schenker’s reply is JOB 94-3, [13], September 8, 1925.

Commentary

Format
4p letter, holograph (uncial script) salutation, message, valediction, and signature
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1945)--Jonas, Oswald (c.1945-1978)--University of California, Riverside (1978--)
Rights Holder
Heirs and representatives of Viktor Hammer
License
Permission to publish granted by the executor of the estate of Carolyn Reading Hammer October 14, 2013. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Documents Online, at schenkercorrespondence (at) mus (dot) cam (dot) uk

Digital version created: 2022-06-16
Last updated: 2011-02-12