Browse by
JOB 94-3, [12] - Handwritten letter from Schenker to Hammer, dated August 23, [1925]
Herzlichst danke ich Ihnen für Ihre fröhliche Sendung. 2 Mich selbst kenne ich ja nicht – außer ganz innen –, aber desto freudiger erkenne ich Sie, Ihren Geist, Ihre Hand, soweit ich als Laie Ihre Kunst überhaupt u. die Ihre im besonderen zu begreifen vermag. Trotz meiner Laienschaft unterschied ich Sie aber immer von den Anderen, seit dem ersten Bild, das ich von Ihnen in der Sezession gesehen, – ich sehe es noch vor mir. Und die Urlinie, die durch Sie geht u Sie in Ihrer Kunstbeteiligung leitet, kommt auch mir zugute: jener erste Eindruck, der mich Ihnen zuführte, er geht heute auch mit mir. Sonst etwas näheres Ihnen über Ihr Blatt zu sagen, dessen vermesse ich mich nicht, auch meine Frau nicht. Wir möchten aber beide in aller Bescheidenheit zum Ausdruck bringen, daß uns Ihr Blatt {2} irgendwie sehr, sehr gut gefällt! 3 Ihre Unzufriedenheit bleibt mir unzugänglich. Am Ende tun Sie doch gut, die Arbeit für getan zu erklären – unter den biblischen Worten: „und es war gut“ – u. das Blatt hinauszuschicken. H. Rothberger übergab seine Stücke (groß und klein) der Artaria, u., wie ich von mehreren Seiten höre, war die erste Serie bald vergriffen u. eine neue wurde eingestellt. Im „N. W. Journ.“ soll etwas darüber gestanden haben, näheres weiß ich nicht, da ich das betreffende Blatt nicht zu lesen bekommen habe. Wir kommen erst in der ersten Septemberwoche heim u. werden das Blatt unseren Freunden vor die Augen halten, nicht um uns an ihre Kennerschaft zu weiten, sondern ihnen (u. uns) eine große Freude zu bereiten. Die ersten 4 Wochen hier war ich förmlich ungeboren, die Arbeit für das Jahrbuch hat mich derart niedergeworfen, daß ich so langer Zeit bedurfte, um meinen Sinn wiederzugewinnen. Nun haben wir uns sehr gut erholt u. die Arbeit kann losgehen. Hier besuchten uns Vrieslander u. Herr v. Hobo- {3} ken. Ich weiß nicht, ob Sie von diesem Herrn schon etwas gehört haben. Er ist ein Schüler von Vrieslander gewesen u. kommt jetzt nach Wien zu mir in die Schule. Er ist ein Nabob, 4 ein Besitzer von Kafé-Plantagen in Java, Holländer, führte bis jetzt ein großes Haus in München, will aber, wenn ihm Wien gefällt, sich bei uns niederlassen. Als Sie in München waren, weilte er mit Frau in Paris, nun kommen sie beide (mit Dienerschaft usw.) nach Wien. Soweit ich weiß, hat er auch Piper für das Geschäft Geld zur Verfügung gestellt, – vermutlich folgt ihm auch Vrieslander nach Wien, u. da wollen wir uns einmal alle zusammenfinden – vielleicht läßt sich was Vernünftiges aushacken. Ich sende den Brief schon nach St. Martin. Kommen Sie noch einmal nach Wien im Laufe des Herbstes oder Winters, oder ist Ihr gegenwärtiger Besuch in Wien das letzte Wort 1925? Gestatten Sie also, dass ich wiederhole: entlassen Sie mich so, wie Sie mich nun einmal hingestellt haben, in die große Welt, u. beide {4} wollen wir die Probe bestehen. Ich zweifle nicht, daß Sie das beste Wort für mich eingelegt haben, u. daß auch ich das Beste getan habe u. auch tun werde, um gemeinsam mit Ihnen den Weg zu gehen. Was macht Ihr großes Bild? 5 Nun vielen vielen Dank für alle Ihre Plage! Und beste Grüße Ihnen u. Ihrer Frau Gemalin von uns beiden Ist Ihnen meine Ansichtskarte zugekommen, die nach St. Martin gegangen ist? 6 © Transcription Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022 |
I thank you most cordially for your joyous mailing. 2 I don’t recognize myself – except in a deeply inner way – but I recognize you all the more joyously, your spirit, your hand, as far as I as a layman can understand art in general and yours in particular. In spite of my being a layman I have always distinguished you from the others, ever since the first time I saw one of your works in the Secession, — I can still see it before me. And the Urlinie that pervades your art and guides you in your artistic creation also benefits me: that first impression, which drew me to you, remains with me today. I won’t presume to say anything more about your print, neither will my wife. But we both, in all humility, want to express our feeling that your print {2} somehow pleases us very, very much! 3 Your dissatisfaction remains a mystery to me. In the end, you would do well to declare the work accomplished – with the Biblical words: “and it was good” – and release the print. Mr. Rothberger consigned his medallion (large and small) to Artaria and, as I hear from various sources, the first series was soon sold out and a new one was ordered. Something about this may have been in the Neues Wiener Journal , I don’t know anything more since the issue in question wasn’t available to me. We will be home by the first week of September and will show the print to our friends, not to draw on their connoisseurship, but to give them (and us) great pleasure. The first four weeks we were here I was literally wiped out, the work on the Yearbook had so completely exhausted me that it took me a long time to get my wits back. Now we are fully recuperated and work can begin. Vrieslander and Mr. van Hoboken {3} visited us here. I don’t know if you have already heard something about latter. He was a student of Vrieslander and is now coming to Vienna to study with me. He is a nabob, 4 the owner of coffee plantations in Java, a Dutchman, who until now ran a big house in Munich, but, if he likes it in Vienna, wants to take up residence here. When you were in Munich, he and his wife were living in Paris, now both of them (with servants etc.) are coming to Vienna. As far as I know, he also made funds available to Piper for their business. Presumably Vrieslander will also follow him to Vienna, and then we will all be together for once – perhaps something sensible can be worked out. I’ll be sending this letter to St. Martin. Are you coming to Vienna once more during the course of the fall or winter, or is this visit your last for 1925? So allow me to repeat: release me —just in the way you have portrayed me — into the wide world, and both of us {4} should pass the test with flying colors. I have no doubt that you have done your best by me and that I too have done and will do my best [by you], so that we may walk along the same path together. How is your big painting going? 5 Now many, many thanks for all your labor! And best wishes to you and your wife from both of us, Did my postcard that went to St. Martin reach you? 6 © Translation Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022 |
Herzlichst danke ich Ihnen für Ihre fröhliche Sendung. 2 Mich selbst kenne ich ja nicht – außer ganz innen –, aber desto freudiger erkenne ich Sie, Ihren Geist, Ihre Hand, soweit ich als Laie Ihre Kunst überhaupt u. die Ihre im besonderen zu begreifen vermag. Trotz meiner Laienschaft unterschied ich Sie aber immer von den Anderen, seit dem ersten Bild, das ich von Ihnen in der Sezession gesehen, – ich sehe es noch vor mir. Und die Urlinie, die durch Sie geht u Sie in Ihrer Kunstbeteiligung leitet, kommt auch mir zugute: jener erste Eindruck, der mich Ihnen zuführte, er geht heute auch mit mir. Sonst etwas näheres Ihnen über Ihr Blatt zu sagen, dessen vermesse ich mich nicht, auch meine Frau nicht. Wir möchten aber beide in aller Bescheidenheit zum Ausdruck bringen, daß uns Ihr Blatt {2} irgendwie sehr, sehr gut gefällt! 3 Ihre Unzufriedenheit bleibt mir unzugänglich. Am Ende tun Sie doch gut, die Arbeit für getan zu erklären – unter den biblischen Worten: „und es war gut“ – u. das Blatt hinauszuschicken. H. Rothberger übergab seine Stücke (groß und klein) der Artaria, u., wie ich von mehreren Seiten höre, war die erste Serie bald vergriffen u. eine neue wurde eingestellt. Im „N. W. Journ.“ soll etwas darüber gestanden haben, näheres weiß ich nicht, da ich das betreffende Blatt nicht zu lesen bekommen habe. Wir kommen erst in der ersten Septemberwoche heim u. werden das Blatt unseren Freunden vor die Augen halten, nicht um uns an ihre Kennerschaft zu weiten, sondern ihnen (u. uns) eine große Freude zu bereiten. Die ersten 4 Wochen hier war ich förmlich ungeboren, die Arbeit für das Jahrbuch hat mich derart niedergeworfen, daß ich so langer Zeit bedurfte, um meinen Sinn wiederzugewinnen. Nun haben wir uns sehr gut erholt u. die Arbeit kann losgehen. Hier besuchten uns Vrieslander u. Herr v. Hobo- {3} ken. Ich weiß nicht, ob Sie von diesem Herrn schon etwas gehört haben. Er ist ein Schüler von Vrieslander gewesen u. kommt jetzt nach Wien zu mir in die Schule. Er ist ein Nabob, 4 ein Besitzer von Kafé-Plantagen in Java, Holländer, führte bis jetzt ein großes Haus in München, will aber, wenn ihm Wien gefällt, sich bei uns niederlassen. Als Sie in München waren, weilte er mit Frau in Paris, nun kommen sie beide (mit Dienerschaft usw.) nach Wien. Soweit ich weiß, hat er auch Piper für das Geschäft Geld zur Verfügung gestellt, – vermutlich folgt ihm auch Vrieslander nach Wien, u. da wollen wir uns einmal alle zusammenfinden – vielleicht läßt sich was Vernünftiges aushacken. Ich sende den Brief schon nach St. Martin. Kommen Sie noch einmal nach Wien im Laufe des Herbstes oder Winters, oder ist Ihr gegenwärtiger Besuch in Wien das letzte Wort 1925? Gestatten Sie also, dass ich wiederhole: entlassen Sie mich so, wie Sie mich nun einmal hingestellt haben, in die große Welt, u. beide {4} wollen wir die Probe bestehen. Ich zweifle nicht, daß Sie das beste Wort für mich eingelegt haben, u. daß auch ich das Beste getan habe u. auch tun werde, um gemeinsam mit Ihnen den Weg zu gehen. Was macht Ihr großes Bild? 5 Nun vielen vielen Dank für alle Ihre Plage! Und beste Grüße Ihnen u. Ihrer Frau Gemalin von uns beiden Ist Ihnen meine Ansichtskarte zugekommen, die nach St. Martin gegangen ist? 6 © Transcription Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022 |
I thank you most cordially for your joyous mailing. 2 I don’t recognize myself – except in a deeply inner way – but I recognize you all the more joyously, your spirit, your hand, as far as I as a layman can understand art in general and yours in particular. In spite of my being a layman I have always distinguished you from the others, ever since the first time I saw one of your works in the Secession, — I can still see it before me. And the Urlinie that pervades your art and guides you in your artistic creation also benefits me: that first impression, which drew me to you, remains with me today. I won’t presume to say anything more about your print, neither will my wife. But we both, in all humility, want to express our feeling that your print {2} somehow pleases us very, very much! 3 Your dissatisfaction remains a mystery to me. In the end, you would do well to declare the work accomplished – with the Biblical words: “and it was good” – and release the print. Mr. Rothberger consigned his medallion (large and small) to Artaria and, as I hear from various sources, the first series was soon sold out and a new one was ordered. Something about this may have been in the Neues Wiener Journal , I don’t know anything more since the issue in question wasn’t available to me. We will be home by the first week of September and will show the print to our friends, not to draw on their connoisseurship, but to give them (and us) great pleasure. The first four weeks we were here I was literally wiped out, the work on the Yearbook had so completely exhausted me that it took me a long time to get my wits back. Now we are fully recuperated and work can begin. Vrieslander and Mr. van Hoboken {3} visited us here. I don’t know if you have already heard something about latter. He was a student of Vrieslander and is now coming to Vienna to study with me. He is a nabob, 4 the owner of coffee plantations in Java, a Dutchman, who until now ran a big house in Munich, but, if he likes it in Vienna, wants to take up residence here. When you were in Munich, he and his wife were living in Paris, now both of them (with servants etc.) are coming to Vienna. As far as I know, he also made funds available to Piper for their business. Presumably Vrieslander will also follow him to Vienna, and then we will all be together for once – perhaps something sensible can be worked out. I’ll be sending this letter to St. Martin. Are you coming to Vienna once more during the course of the fall or winter, or is this visit your last for 1925? So allow me to repeat: release me —just in the way you have portrayed me — into the wide world, and both of us {4} should pass the test with flying colors. I have no doubt that you have done your best by me and that I too have done and will do my best [by you], so that we may walk along the same path together. How is your big painting going? 5 Now many, many thanks for all your labor! And best wishes to you and your wife from both of us, Did my postcard that went to St. Martin reach you? 6 © Translation Hedi Siegel & Stephanie Probst, 2022 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker’s diary for August 23, 1925: “An Hammer (Br.): spreche meinen Dank aus, lehne jedes Urteil ab u. erwähne nur des laienhaft-bedingten Lie Liechens, die das Bild vortrefflich findet. Ich empfehle, das Bild hinausgehen zu lassen. Erwähne der Herren Vrieslander u. Hoboken, stelle den letzteren vor.” (“To Hammer (letter): I express my thanks, reject every judgment and only mention Lie-Liechen’s amateurishly limited judgment — she finds the portrait outstanding. I recommend going public with the portrait. I mention Mr. Vrieslander and Mr. Hoboken, introduce the latter.”). — A photocopy of this letter (which is preserved at the New York Public Library) exists as OJ 5/15a, [12]. 2 Hammer had sent Schenker a test proof of the mezzotint portrait on August 18, 1925; see OJ 11/36, [18]; details are given in footnote 2. 3 The Schenkers eventually hung this print in their apartment (diary, October 13, 1926): “Artaria die beiden Hammer-Blätter übergeben: der ‘vorletzte Probedruck,’ den Lie-Liechen von Anfang an vorgezeigt hat, wird gerahmt.” (“To Artaria, the two copies of the portrait by Hammer handed over: the ‘penultimate proof’ which Lie-Liechen preferred from the outset, is framed.”). 4 “Nabob”: a person of conspicuous wealth or status. 5 Most likely a reference to “Christus und die Ehebrecherin / Christ and the Adulteress”; see Schenker’s letter to Hammer JOB 94-3, [10] of March 12, 1925, footnote 4. 6 = JOB 94-3, [11], July 26, 1925. |
|
Commentary
Digital version created: 2022-06-13 |