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OJ 12/6, [19] - Handwritten letter from Jonas to Schenker, dated January 28, 1933
Herzlichsten Dank für Ihre freundliche Karte. 2 Entschuldigen Sie bitte auch mein längeres Schweigen, schuld daran war vor allem diese Ungewißheit und das Warten wegen des Schicksals der „Einführung.“ 3 Ich hatte Herrn v. Hob. geschrieben, noch nach [Bad] Wörishofen, von wo er aber sicher schon weg war und bis heute nichts gehört. Nun schreiben Sie mir, daß er „irgendwo“ in Spanien ist. Da heißt es also weiter abwarten. 4 Etwas Erfreuliches: über das „Archiv“ erscheint an einem der nächsten Samstage mein Artikel (geändert) in der „Vossischen Zeitg“ 5 – ein großer moralischer Erfolg (Voss – Ullstein – Tonmeisterausgabe ! Verstehen Sie? Mich wundert ja die Unvorsichtigkeit – nachdem in der B[erliner] Z[eitung] in einer Kritik Stuckenschmidts 6 vom Schnabel Konzert, am Ende direkt auf Schnabels „Ausgabe“ {2} verwiesen wird.) Ich tue hier mein möglichstes gegen die „Ausgaben“. Ich unterrichte 4 Schüler des hier sehr bekannten Pianisten Georg Bertram 7 in Theorie (sämtliche konzertieren übrigens bereits) und zeigte neulich einer an Hand der G Dur op. 31 die Schäden der Schnabel Ausg. (wie sie gelungenerweise auch so unpianistisch ist!) Im Konserv. mache ich die e[-]moll Violin-Sonate von Mozart (auch mit Spiel verbunden) und das gibt auch zu derlei manchen Anlaß. 8 Vergangenen Montag machte mich Furtw. (nach einer einzigartigen Aufführung von Schubert C Dur) mit Fischer Edwin bekannt, der das c-moll Beeth. gespielt hat; er hat mich ihm sehr empfohlen, ich hoffe davon Beziehungen und Schüler, was ja das wichtigste bleibt. Am Rundfunk soll ich kurze Einführungsvorträge in die Konzerte halten, die übertragen werden. Am 20 Feb. spiele ich endlich die Dvorak Legenden, dann sollen einige Händel-Brahms Duette drankommen, worauf ich mich sehr freue. Sie sehen, daß hier doch einiges möglicher ist. Sehr schön war gestern ein Hauskonzert von Sandra Droucker – sie spielte u.a. die Paganini Variat. {3} wirklich zum Staunen schön. – 9 Anbei sende ich Ihnen einige kurze Artikel, wovon einer bereits erschienen ist. Vielleicht interessieren sie Sie, wenn sie auch etwas belanglos sind. Die „Saul“ Partitur 10 habe ich noch zuhause, mir alles übertragen und will darüber einen Bericht schreiben. Von der Brahms Studie, 11 die Sie erwähnen, weiß ich noch nichts! Ein Beitrag von Ihnen für das Brahmsjahr? – Furtw. ist an einer Grippe erkrankt und mußte in Leipzig und wegen Oper absagen, er befindet sich aber schon auf dem Weg der Besserung. Haben Sie das jämmerliche Buch von P. Bekker gesehn und den Brief an F.? Neulich hatte ich einen Artikel über F. geschrieben, der nun – für Zeitung berechnet – nicht so recht ins Zeuge gehen konnte. F. hatte es sehr gefreut, nur riet er mir von einer Veröffentlichung ab, da er, wie er meinte, mir dann nicht mehr so leicht behilflich sein könnte. Als Erwiderung auf die Bekkersche Frechheit hätte ich aber doch große Lust dazu. Ich lege ihn übrigens bei (trotz seiner {4} Lückenhaftigkeit) und bitte Sie um ein Wort darüber. – Soviel für heute! Ich hoffe Sie bei bester Gesundheit und bitte Sie, mich Ihrer werten Frau Gemahlin sehr zu empfehlen. 4 Aufsätze 12 © Transcription John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Warmest thanks for your cordial postcard. 2 Please excuse my rather long silence; the blame lies above all on this uncertainty and waiting about the fate of the Introduction. 3 I had written Mr. van Hoboken, still at [Bad] Wörishofen, from which he had probably already departed, and have heard nothing thus far. You now write me that he is "somewhere" in Spain. That means more waiting. 4 Something pleasant: my article (revised) on the Archive will come out in the Vossische Zeitung on a forthcoming Saturday 5 ‒ a great moral success (Voss – Ullstein ‒ Tonmeisterausgabe! Do you get it? I am surprised by the lack of caution ‒ after a direct reference, at the end of a critique in the Berliner Zeitung by Stuckenschmidt 6 of a Schnabel concert, to Schnabel's "Edition.") {2} I do my best here to debunk the "editions." I teach theory to four pupils of the here very well-known pianist Georg Bertram 7 (incidentally they are all concertizing already) and recently showed, with reference to the G major Op. 31, the damage inflicted by the Schnabel edition (how it manages even to be so unpianistic!). In the conservatory I'm doing the E minor Violin Sonata by Mozart (with performance included) and that also provides occasion for much of the same. 8 Last Monday Furtwängler (after a unique performance of Schubert's Symphony in C Major) introduced me to Edwin Fischer, who had played the Beethoven C minor Concerto; he commended me to him highly; I hope to gain some connections from it, and students, which remains the most important matter. I am supposed to give brief introductory lectures to the concerts on the radio, which will be transmitted. On February 20 I play finally the Dvorák Legends, then several Handel-Brahms duets are to follow, which pleases me very much. You see that here some possibilities still exist. A home-concert yesterday by Sandra Droucker was very beautiful ‒ she played among other things the Paganini Variations {3} with really astonishing beauty. 9 I am sending you as well a few short articles, one of which is already published. They may interest you, though they are rather insignificant. I still have the Saul score 10 at home, have transcribed everything and want to write a report on it. Of the Brahms study 11 that you mention I know nothing as yet! A contribution by you for the Brahms year? Furtwängler is ill with influenza and had to cancel in Leipzig and about the opera; but he is already on the road to recovery. Have you seen the pitiful book by Paul Bekker and the letter to Furtwängler? I recently wrote an article about Furtwängler, which now – being intended for newspapers – could not so easily go to the heart of the matter. It had pleased Furtwängler very much, but he advised me against publication, since, as he said, he would then not be able to help me so easily. But I would have been very eager to publish it as a rebuttal to the Bekker impudence. I will include it, by the way (despite its {4} lacunae), and would be grateful for your opinion. So much for today! I hope you are in best health and beg you to commend me highly to your dear wife. 4 essays [enclosed] 12 © Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Herzlichsten Dank für Ihre freundliche Karte. 2 Entschuldigen Sie bitte auch mein längeres Schweigen, schuld daran war vor allem diese Ungewißheit und das Warten wegen des Schicksals der „Einführung.“ 3 Ich hatte Herrn v. Hob. geschrieben, noch nach [Bad] Wörishofen, von wo er aber sicher schon weg war und bis heute nichts gehört. Nun schreiben Sie mir, daß er „irgendwo“ in Spanien ist. Da heißt es also weiter abwarten. 4 Etwas Erfreuliches: über das „Archiv“ erscheint an einem der nächsten Samstage mein Artikel (geändert) in der „Vossischen Zeitg“ 5 – ein großer moralischer Erfolg (Voss – Ullstein – Tonmeisterausgabe ! Verstehen Sie? Mich wundert ja die Unvorsichtigkeit – nachdem in der B[erliner] Z[eitung] in einer Kritik Stuckenschmidts 6 vom Schnabel Konzert, am Ende direkt auf Schnabels „Ausgabe“ {2} verwiesen wird.) Ich tue hier mein möglichstes gegen die „Ausgaben“. Ich unterrichte 4 Schüler des hier sehr bekannten Pianisten Georg Bertram 7 in Theorie (sämtliche konzertieren übrigens bereits) und zeigte neulich einer an Hand der G Dur op. 31 die Schäden der Schnabel Ausg. (wie sie gelungenerweise auch so unpianistisch ist!) Im Konserv. mache ich die e[-]moll Violin-Sonate von Mozart (auch mit Spiel verbunden) und das gibt auch zu derlei manchen Anlaß. 8 Vergangenen Montag machte mich Furtw. (nach einer einzigartigen Aufführung von Schubert C Dur) mit Fischer Edwin bekannt, der das c-moll Beeth. gespielt hat; er hat mich ihm sehr empfohlen, ich hoffe davon Beziehungen und Schüler, was ja das wichtigste bleibt. Am Rundfunk soll ich kurze Einführungsvorträge in die Konzerte halten, die übertragen werden. Am 20 Feb. spiele ich endlich die Dvorak Legenden, dann sollen einige Händel-Brahms Duette drankommen, worauf ich mich sehr freue. Sie sehen, daß hier doch einiges möglicher ist. Sehr schön war gestern ein Hauskonzert von Sandra Droucker – sie spielte u.a. die Paganini Variat. {3} wirklich zum Staunen schön. – 9 Anbei sende ich Ihnen einige kurze Artikel, wovon einer bereits erschienen ist. Vielleicht interessieren sie Sie, wenn sie auch etwas belanglos sind. Die „Saul“ Partitur 10 habe ich noch zuhause, mir alles übertragen und will darüber einen Bericht schreiben. Von der Brahms Studie, 11 die Sie erwähnen, weiß ich noch nichts! Ein Beitrag von Ihnen für das Brahmsjahr? – Furtw. ist an einer Grippe erkrankt und mußte in Leipzig und wegen Oper absagen, er befindet sich aber schon auf dem Weg der Besserung. Haben Sie das jämmerliche Buch von P. Bekker gesehn und den Brief an F.? Neulich hatte ich einen Artikel über F. geschrieben, der nun – für Zeitung berechnet – nicht so recht ins Zeuge gehen konnte. F. hatte es sehr gefreut, nur riet er mir von einer Veröffentlichung ab, da er, wie er meinte, mir dann nicht mehr so leicht behilflich sein könnte. Als Erwiderung auf die Bekkersche Frechheit hätte ich aber doch große Lust dazu. Ich lege ihn übrigens bei (trotz seiner {4} Lückenhaftigkeit) und bitte Sie um ein Wort darüber. – Soviel für heute! Ich hoffe Sie bei bester Gesundheit und bitte Sie, mich Ihrer werten Frau Gemahlin sehr zu empfehlen. 4 Aufsätze 12 © Transcription John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Warmest thanks for your cordial postcard. 2 Please excuse my rather long silence; the blame lies above all on this uncertainty and waiting about the fate of the Introduction. 3 I had written Mr. van Hoboken, still at [Bad] Wörishofen, from which he had probably already departed, and have heard nothing thus far. You now write me that he is "somewhere" in Spain. That means more waiting. 4 Something pleasant: my article (revised) on the Archive will come out in the Vossische Zeitung on a forthcoming Saturday 5 ‒ a great moral success (Voss – Ullstein ‒ Tonmeisterausgabe! Do you get it? I am surprised by the lack of caution ‒ after a direct reference, at the end of a critique in the Berliner Zeitung by Stuckenschmidt 6 of a Schnabel concert, to Schnabel's "Edition.") {2} I do my best here to debunk the "editions." I teach theory to four pupils of the here very well-known pianist Georg Bertram 7 (incidentally they are all concertizing already) and recently showed, with reference to the G major Op. 31, the damage inflicted by the Schnabel edition (how it manages even to be so unpianistic!). In the conservatory I'm doing the E minor Violin Sonata by Mozart (with performance included) and that also provides occasion for much of the same. 8 Last Monday Furtwängler (after a unique performance of Schubert's Symphony in C Major) introduced me to Edwin Fischer, who had played the Beethoven C minor Concerto; he commended me to him highly; I hope to gain some connections from it, and students, which remains the most important matter. I am supposed to give brief introductory lectures to the concerts on the radio, which will be transmitted. On February 20 I play finally the Dvorák Legends, then several Handel-Brahms duets are to follow, which pleases me very much. You see that here some possibilities still exist. A home-concert yesterday by Sandra Droucker was very beautiful ‒ she played among other things the Paganini Variations {3} with really astonishing beauty. 9 I am sending you as well a few short articles, one of which is already published. They may interest you, though they are rather insignificant. I still have the Saul score 10 at home, have transcribed everything and want to write a report on it. Of the Brahms study 11 that you mention I know nothing as yet! A contribution by you for the Brahms year? Furtwängler is ill with influenza and had to cancel in Leipzig and about the opera; but he is already on the road to recovery. Have you seen the pitiful book by Paul Bekker and the letter to Furtwängler? I recently wrote an article about Furtwängler, which now – being intended for newspapers – could not so easily go to the heart of the matter. It had pleased Furtwängler very much, but he advised me against publication, since, as he said, he would then not be able to help me so easily. But I would have been very eager to publish it as a rebuttal to the Bekker impudence. I will include it, by the way (despite its {4} lacunae), and would be grateful for your opinion. So much for today! I hope you are in best health and beg you to commend me highly to your dear wife. 4 essays [enclosed] 12 © Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2006, 2011 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3808, January 30, 1933: "Von Jonas (Br. u. Aufsätze): rührig, obendrein lohnend." ("From Jonas (letter and articles): touching and, moreover, worthwhile."). 2 OJ 5/18, 22, January 26, 1933. 3 Jonas's Das Wesen des musikalischen Kunstwerks: Eine Einführung in die Lehre Heinrich Schenkers (Vienna: Saturn-Verlag, 1934). 4 No paragraph-break at this point. 5 Oswald Jonas, "Entdeckung der Partitur," Vossische Zeitung (April 1933), preserved in Schenker's scrapbook at OJ 2/between pp. 88 and 89. 6 Hans Heinz Stuckenschmidt (1901‒88), German music critic and musicologist, music critic of the Berliner Zeitung am Mittag from 1929, and advocate of musical modernism, later writing studies of both Schoenberg and Stravinsky. 7 George Bertram: pianist who taught at the Hochschule für Musik in Berlin throughout the 1920s. Cf. OJ 12/6, [30]. 8 No paragraph-break at this point. 9 Schenker inserts an emdash at this point, then writes continuously without paragraph-break. 10 Brahms's arrangement for performance of Handel's Saul is among the autograph materials in the Gesellschaft der Musikfreunde in Vienna. Schenker had transcribed and edited this document, which he subsequently gave to Furtwängler (see OJ 5/18, 9) who in turn made it available to Jonas for study and the writing of a commentary. See also OJ 12/6, [11], OJ 12/6, [18], OJ 12/6, [20], OJ 5/18, 11, OJ 5/18, 22, and OJ 5/18, 24. 11 Schenker's Johannes Brahms: Oktaven u. Quinten u. a.; see OJ 5/18, 22. 12 The essays are not filed with this letter. |
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Commentary
Digital version created: 2015-10-25 |