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Sbb 55 Nachl. 13, [8] - Handwritten letter from Schenker to Furtwängler, dated January 24, 1933
Soeben erhalte ich einen Brief von Hofrat Karpath , worin er mir mitteilt, daß er gleichzeitig an Sie wegen der gewissen Instruktion schreibe! Seine erste Urgierung habe ich damit abgewandt, daß ich sagte, es sei Ihnen vielleicht peinlich, mich den Wienern erst durch die Ztg bekannt zu machen, wo ich doch außerhalb Wiens sehr gut bekannt bin, als der, der ich bin. Nun aber begab sich, daß vor ein paar Tagen Hofrat Dr Marx , 2 der Direktor unserer Akademie , bei mir war, um Näheres zur Bearbeitung meiner {2} Harmonielehre (Bd I) festzusetzen. 3 [cued from lower margin:]Ob die „ U. E “ die Kosten wird tragen wollen oder gar können, wird sich zeigen.[end cue] Bei dieser Gelegenheit sprach er auch von seiner Absicht, auch andere Stücke von mir zum Gegenstand besonderer Vorlesungen zu machen. 4 Nun weiß Dr M. ganz gewiß, daß es Sitte ist, wenn Verfasser von Lehrbüchern selbst als Erste ihren Stoff lehren, auch zweifle ich nicht, daß M. bei mir mit der Sitte einverstanden wäre, wenn er nur Ahnung hätte, daß ich heute wegen widriger Umstände mich der Akademie anschlöße anzuschließen bereit wäre . Aber . . er hält mich für reich, unabhängig, u. – „ Hoboken “! Daraufhin schrieb ich an Karpath , daß sich eine ganz natürliche Veranlassung zur sehr ehrenvollen Berufung ergäbe, wenn meine Lehre in die Akademie mit Hmlehre , Urlinie, der Lehre vom Zusammenhang ein- {3} zöge. Und doch kommt Karp. auf seine unglückliche Idee zurück! Der gute Mensch weiß nicht, daß er mir nur schaden würde, wenn er mich durch den Koth eines Wiener Mitleids zerrte; so überflüssig übrigens, wenn schon meine Lehre ohnehin anzieht. Vielleicht entrinnen Sie ihm, wenn Sie ihm für post festum einen Aufsatz zusagen, in dem Sie Ihrer Genugtuung über meine Berufung Ausdruck geben. Sagte mir doch Dr Marx , daß alle Berufungen nur durch Beziehungen, Intriguen, geheime Machenschaften erfolgen! Warum müßte gerade ich beleidigt werden? Es ist ja nur {4} ein Misverständnis; ich gelte den Wienern für reich. O! Könnte ich es nur so machen, wie die Engländer u. Franzosen, die den Anderen Geld aus der Tasche ziehen u. es Währungspolitik u. sonstige Politik nennen. Hätte ich das verlorene Ersparnis wieder, ich säße auch schon an anderen Stoffen. Vorläufig gesch gedeiht der „fr. S.“ immer weiter, weiter. 5 Und schließlich, wenn Kp. schreibt: „Ein Mann wie Pernter (Sektionschef), benötigt die Autorität eines Furtwängler, um das zu glauben, was ich ihm viel leichter auseinandersetzen könnte“, würde er sich aber Kp. nicht zufrieden geben, wenn Sie vorschlügen, den Bf direkt an Pernter zu schreiben? (Mit Umgehung der Öffentlichkeit.) Verzeihen Sie, daß ich so heftig schreibe, aber Kp 's Bf an Sie zwingt mich!
[in upper margin, inverted:]
Mit allerbesten Empfehlungen von uns Beiden Ihr [signed:] H Schenker 24. 1. 33 © Transcription Christoph Hust, 2008 |
I have just received a letter from Court Counsellor Karpath in which he informs me that he is writing to you at the same time regarding the instruction discussed previously! I deflected his first pressing request by saying that it would perhaps be embarrassing for you to acquaint the Viennese with me first through the newspaper, when I am very well known outside of Vienna (which is indeed the case). Now, it so happened that Court Counsellor Dr. Marx, 2 the Director of our Academy, was with me a few days ago to settle the details of the adaptation of my {2} Theory of Harmony (vol. I). 3 [cued from lower margin:]Whether or not Universal Edition is going to want, or be able, to bear the costs, we shall see.[end cue] On this occasion, he spoke also of his plan to take other works of mine as the topics of special lectures. 4 Now, Dr. Marx knows very well that it is customary for authors of textbooks to be the first to teach their [own] material, and I do not doubt that Marx would agree to follow that custom in my case if he had any inkling that I were prepared today to affiliate myself with the Academy on account of adverse circumstances. But . . . he thinks I am wealthy, independent, and – "Hoboken"! On the strength of this, I wrote to Karpath that a wholly natural opportunity would present itself for a very honorable appointment, if my theory were to be taken up by the Academy, with harmonic theory, Urlinie, [and] the theory of connection. {3} At that, Karpath reverted to his hapless idea! The good fellow does not realize that he would do me nothing but harm if he were to drag me through the mire of Viennese pity. And so unnecessary, what is more, if my theory is in any case already attracting attention. Perhaps you might escape his clutches if you promise [him] an article for after the event, in which you express your satisfaction at my appointment. Dr. Marx actually told me that all appointments come about only by personal contacts, intrigues, [and] behind-the-scenes string-pulling! Why must I, too, be insulted? It is really only {4} a misunderstanding; the Viennese take me for a rich man. Oh! If I could only do as the English and French do, and take money from the pockets of others, calling it "monetary policy" or some other kind of politicking. If only I had my lost savings back, I would already be hatching other things. For the time being, Free Composition goes on from strength to strength. 5 And lastly, when Karpath writes "A man such as Pernter (departmental head) needs the authority of a Furtwängler in order to believe that which I could much more easily explain to him," would he not rest content if you were to suggest writing the letter direct to Pernter (thereby avoiding the publicity)? Forgive me for writing so passionately, but Karpath's letter to you drives me to do so!
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With all the best wishes from us both, Yours, [signed:] H. Schenker January 24, 1933 © Translation Ian Bent, 2008 |
Soeben erhalte ich einen Brief von Hofrat Karpath , worin er mir mitteilt, daß er gleichzeitig an Sie wegen der gewissen Instruktion schreibe! Seine erste Urgierung habe ich damit abgewandt, daß ich sagte, es sei Ihnen vielleicht peinlich, mich den Wienern erst durch die Ztg bekannt zu machen, wo ich doch außerhalb Wiens sehr gut bekannt bin, als der, der ich bin. Nun aber begab sich, daß vor ein paar Tagen Hofrat Dr Marx , 2 der Direktor unserer Akademie , bei mir war, um Näheres zur Bearbeitung meiner {2} Harmonielehre (Bd I) festzusetzen. 3 [cued from lower margin:]Ob die „ U. E “ die Kosten wird tragen wollen oder gar können, wird sich zeigen.[end cue] Bei dieser Gelegenheit sprach er auch von seiner Absicht, auch andere Stücke von mir zum Gegenstand besonderer Vorlesungen zu machen. 4 Nun weiß Dr M. ganz gewiß, daß es Sitte ist, wenn Verfasser von Lehrbüchern selbst als Erste ihren Stoff lehren, auch zweifle ich nicht, daß M. bei mir mit der Sitte einverstanden wäre, wenn er nur Ahnung hätte, daß ich heute wegen widriger Umstände mich der Akademie anschlöße anzuschließen bereit wäre . Aber . . er hält mich für reich, unabhängig, u. – „ Hoboken “! Daraufhin schrieb ich an Karpath , daß sich eine ganz natürliche Veranlassung zur sehr ehrenvollen Berufung ergäbe, wenn meine Lehre in die Akademie mit Hmlehre , Urlinie, der Lehre vom Zusammenhang ein- {3} zöge. Und doch kommt Karp. auf seine unglückliche Idee zurück! Der gute Mensch weiß nicht, daß er mir nur schaden würde, wenn er mich durch den Koth eines Wiener Mitleids zerrte; so überflüssig übrigens, wenn schon meine Lehre ohnehin anzieht. Vielleicht entrinnen Sie ihm, wenn Sie ihm für post festum einen Aufsatz zusagen, in dem Sie Ihrer Genugtuung über meine Berufung Ausdruck geben. Sagte mir doch Dr Marx , daß alle Berufungen nur durch Beziehungen, Intriguen, geheime Machenschaften erfolgen! Warum müßte gerade ich beleidigt werden? Es ist ja nur {4} ein Misverständnis; ich gelte den Wienern für reich. O! Könnte ich es nur so machen, wie die Engländer u. Franzosen, die den Anderen Geld aus der Tasche ziehen u. es Währungspolitik u. sonstige Politik nennen. Hätte ich das verlorene Ersparnis wieder, ich säße auch schon an anderen Stoffen. Vorläufig gesch gedeiht der „fr. S.“ immer weiter, weiter. 5 Und schließlich, wenn Kp. schreibt: „Ein Mann wie Pernter (Sektionschef), benötigt die Autorität eines Furtwängler, um das zu glauben, was ich ihm viel leichter auseinandersetzen könnte“, würde er sich aber Kp. nicht zufrieden geben, wenn Sie vorschlügen, den Bf direkt an Pernter zu schreiben? (Mit Umgehung der Öffentlichkeit.) Verzeihen Sie, daß ich so heftig schreibe, aber Kp 's Bf an Sie zwingt mich!
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Mit allerbesten Empfehlungen von uns Beiden Ihr [signed:] H Schenker 24. 1. 33 © Transcription Christoph Hust, 2008 |
I have just received a letter from Court Counsellor Karpath in which he informs me that he is writing to you at the same time regarding the instruction discussed previously! I deflected his first pressing request by saying that it would perhaps be embarrassing for you to acquaint the Viennese with me first through the newspaper, when I am very well known outside of Vienna (which is indeed the case). Now, it so happened that Court Counsellor Dr. Marx, 2 the Director of our Academy, was with me a few days ago to settle the details of the adaptation of my {2} Theory of Harmony (vol. I). 3 [cued from lower margin:]Whether or not Universal Edition is going to want, or be able, to bear the costs, we shall see.[end cue] On this occasion, he spoke also of his plan to take other works of mine as the topics of special lectures. 4 Now, Dr. Marx knows very well that it is customary for authors of textbooks to be the first to teach their [own] material, and I do not doubt that Marx would agree to follow that custom in my case if he had any inkling that I were prepared today to affiliate myself with the Academy on account of adverse circumstances. But . . . he thinks I am wealthy, independent, and – "Hoboken"! On the strength of this, I wrote to Karpath that a wholly natural opportunity would present itself for a very honorable appointment, if my theory were to be taken up by the Academy, with harmonic theory, Urlinie, [and] the theory of connection. {3} At that, Karpath reverted to his hapless idea! The good fellow does not realize that he would do me nothing but harm if he were to drag me through the mire of Viennese pity. And so unnecessary, what is more, if my theory is in any case already attracting attention. Perhaps you might escape his clutches if you promise [him] an article for after the event, in which you express your satisfaction at my appointment. Dr. Marx actually told me that all appointments come about only by personal contacts, intrigues, [and] behind-the-scenes string-pulling! Why must I, too, be insulted? It is really only {4} a misunderstanding; the Viennese take me for a rich man. Oh! If I could only do as the English and French do, and take money from the pockets of others, calling it "monetary policy" or some other kind of politicking. If only I had my lost savings back, I would already be hatching other things. For the time being, Free Composition goes on from strength to strength. 5 And lastly, when Karpath writes "A man such as Pernter (departmental head) needs the authority of a Furtwängler in order to believe that which I could much more easily explain to him," would he not rest content if you were to suggest writing the letter direct to Pernter (thereby avoiding the publicity)? Forgive me for writing so passionately, but Karpath's letter to you drives me to do so!
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With all the best wishes from us both, Yours, [signed:] H. Schenker January 24, 1933 © Translation Ian Bent, 2008 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3806, January 24, 1933: "Von Karpath (Br.): verteidigt Marx' guten Glauben; schreibt gleichzeitig an Furtwängler wegen des zugesagten Briefes. [...] An Furtwängler (Br.): besser ein Aufsatz post festum." ("From Karpath (letter): defends Marx's good faith; is writing at the same time to Furtwängler about the promised letter. [...] To Furtwängler (letter): better an article after the event."). This letter is included in Heinrich Schenker: Selected Correspondence, eds. Ian Bent, David Bretherton, and William Drabkin (Woodbridge: Boydell Press, 2014), pp. 216‒17. For background to this letter, see diary entries OJ 4/6, p. 3802, January 2 and 3; p. 3804, January 14 and 16; p. 3805, January 18 (account of meeting with Marx); p. 3806, January 20 and 21. 2 In his obituary for Schenker ("Der Musikforscher Heinrich Schenker," Neues Wiener Journal, February 3, 1935, p. 8, ed. in Betrachtungen eines romantischen Realisten. Gesammelte Aufsätze, Vorträge und Reden über Musik, ed. Oswald Ortner (Vienna: Gerlach & Wiedling, 1947), pp. 405–09, quotation from p. 408), Marx recalls: "Vor einiger Zeit hatte ich ihn besucht und seine ungebrochene Arbeitskraft bewundert. Er dachte eben daran, sein System durch einige kurze Leitfäden zu fördern; jene Hauptarbeiten waren zu umfangreich und daher kostspielig." ("Some time ago I had visited him and admired his unstinting capacity for work. He was actually thinking of promoting his system by way of several short guides; those principal works were too comprehensive and therefore time-consuming."). 3 See Robert W. Wason, "From Harmonielehre to Harmony: Schenker's Theory of Harmony and Its Americanization," in Schenker-Traditionen. Eine Wiener Schule der Musiktheorie und ihre internationale Verbreitung / A Viennese School of Music Theory and Its International Dissemination, ed. Martin Eybl and Evelyn Fink-Mennel (Vienna, Cologne, Weimar: Böhlau, 2006), Wiener Veröffentlichungen zur Musikgeschichte 6, pp. 171–201. 4 Cf. Schenker's letter to Oswald Jonas, January 26, 1933 (OJ 5/18, [22]). 5 However, the book did not come out before Schenker's death. |
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Commentary
Digital version created: 2015-01-27 |