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OJ 15/16, [74] - Handwritten letter from Weisse to Schenker, dated April 15, 1931
ich danke Ihnen herzlichst für die Zeilen und bitte Sie um Entschuldigung wenn ich mit der lästigen Angelegenheit nochmals komme. Aber ein mir innewohnendes Gefühl der Bescheidenheit will und kann sich dabei nicht beruhigen, dass Zeilen die von Ihnen für die Öffentlichkeit (wenn auch nur Amerika’s) geschrieben sind von einem „berühmten Wiener Meister der Musik“ sprechen und dabei mich meinen. Sie haben in Ihrem Werk zu deutlich gezeigt, was die Wiener Meister zustandebrachten; dass deshalb möchte ich diesen Begriff, der[,] wenn Sie ihn aussprechen, etwas ganz Bestimmtes aussagt, in seiner {2} völligen Reinheit erhalten möchte und auch nicht den Schatten eines Verdachtes gegen Sie aufkommen lassen möchte, als Seien Sie dort, wo es sich um Propagierung eines Schülers handle, nachsichtiger als in anderen Fällen. Feinde würden dies bestimmt so auslegen können. Darf ich Sie also bitten[,] diesen etwas gar zu hypertroph ausgefallenen Passus auszulassen und zu ersetzen durch: “unter der Leitung des bekannten Wiener Musikers Dr. H. W. ihre Studien wird machen können“. Wollten Sie hier noch eine Bemerkung einschalten, dass meine Kompositionen (Oktett) mich zum Unterricht von Komposition besonders berechtigen, so würden Sie damit nicht mehr aussagen, als was Sie ja vor jedem aufrecht erhalten können. Alles Weitere ist sehr schön und das bitte ich Sie dann auch beizubehalten. 2 {3} Furtwängler, den ich auch um ein solches Dokument bat, schweigt hartnäckig. 3 Ich werde mich bald gezwungen sehn, ihn telegrafisch aus seiner Ruhe aufzustöbern. Dennoch sehe ich noch immer nicht pessimistisch und bitte Sie[,] das gleiche zu tun: Man muss F. kennen, um zu wissen, dass er bei seiner Zaghaftigkeit erst denn [recte den] richtigen Moment erlauern will. Ich glaube meinen Abgang von Wien nicht besser beschliessen zu können, als mit der Bitte, Ihnen, vorausgesetzt dass S sie Ihre Billigung erfahren, meine nun bald fertig gestellten 3 stimmigen Klavierstücke, an denen ich im Laufe der letzten zwei Monate gearbeitet habe, widmen zu dürfen. {4} Vielleicht erzeige ich mich in diesem Werke ein wenig des Lobes wert, das Sie mir in so verschwenderischer Weise erteilen. © Transcription William Drabkin, 2008 |
I thank you most cordially for your lines, and beg your forgiveness if I return yet again to this burdensome matter. But a feeling of modesty within me can and will not leave me in peace on account of the fact that lines written by you for public consumption (even if only for America's) speak about a "famous Viennese master of music" and refer to me. You have shown in your work only too clearly what the Viennese masters accomplished; that for this reason I would like this concept ‒ which has a quite precise meaning when uttered by you ‒ to {2} retain it complete purity, and not allow even the shadow of suspicion to fall upon you, as though you would be more lenient where it concerns support for one of your pupils than in other cases. Your enemies would certainly be able to use this against you. Might I ask you therefore to omit this rather overly hypertrophic passage, and replace it with "will be able to undertake their studies under the supervision of the well-known Viennese musician, Dr. Hans Weisse." If you were to add a further remark, to the effect that my compositions (e.g. the Octet) qualify me in particular for the teaching of composition, you would thereby be saying no more than what you would be justified in being able to say to anyone. Everything else that you have written is very beautiful, and I would ask you to retain that. 2 {3} Furtwängler, to whom I also asked for such a document, is being stubbornly silent. 3 I shall see myself soon compelled to rouse him telegraphically from his slumbers. Nonetheless, I still do not see cause for pessimism, and I ask you to do the same: you have to know F. to understand that, in spite of his timidity, he is waiting to seize the right moment at which to act. I believe I can conclude my departure from Vienna no better than with the request ‒ assuming they meet with your approval ‒ to dedicate to you my three-voice piano pieces, which I have been working on during the past two months and which will soon be finished. {4} Perhaps I will show myself, in this work, to be deserving of a little of the praise that you have granted me in such an overly generous way. © Translation William Drabkin, 2008 |
ich danke Ihnen herzlichst für die Zeilen und bitte Sie um Entschuldigung wenn ich mit der lästigen Angelegenheit nochmals komme. Aber ein mir innewohnendes Gefühl der Bescheidenheit will und kann sich dabei nicht beruhigen, dass Zeilen die von Ihnen für die Öffentlichkeit (wenn auch nur Amerika’s) geschrieben sind von einem „berühmten Wiener Meister der Musik“ sprechen und dabei mich meinen. Sie haben in Ihrem Werk zu deutlich gezeigt, was die Wiener Meister zustandebrachten; dass deshalb möchte ich diesen Begriff, der[,] wenn Sie ihn aussprechen, etwas ganz Bestimmtes aussagt, in seiner {2} völligen Reinheit erhalten möchte und auch nicht den Schatten eines Verdachtes gegen Sie aufkommen lassen möchte, als Seien Sie dort, wo es sich um Propagierung eines Schülers handle, nachsichtiger als in anderen Fällen. Feinde würden dies bestimmt so auslegen können. Darf ich Sie also bitten[,] diesen etwas gar zu hypertroph ausgefallenen Passus auszulassen und zu ersetzen durch: “unter der Leitung des bekannten Wiener Musikers Dr. H. W. ihre Studien wird machen können“. Wollten Sie hier noch eine Bemerkung einschalten, dass meine Kompositionen (Oktett) mich zum Unterricht von Komposition besonders berechtigen, so würden Sie damit nicht mehr aussagen, als was Sie ja vor jedem aufrecht erhalten können. Alles Weitere ist sehr schön und das bitte ich Sie dann auch beizubehalten. 2 {3} Furtwängler, den ich auch um ein solches Dokument bat, schweigt hartnäckig. 3 Ich werde mich bald gezwungen sehn, ihn telegrafisch aus seiner Ruhe aufzustöbern. Dennoch sehe ich noch immer nicht pessimistisch und bitte Sie[,] das gleiche zu tun: Man muss F. kennen, um zu wissen, dass er bei seiner Zaghaftigkeit erst denn [recte den] richtigen Moment erlauern will. Ich glaube meinen Abgang von Wien nicht besser beschliessen zu können, als mit der Bitte, Ihnen, vorausgesetzt dass S sie Ihre Billigung erfahren, meine nun bald fertig gestellten 3 stimmigen Klavierstücke, an denen ich im Laufe der letzten zwei Monate gearbeitet habe, widmen zu dürfen. {4} Vielleicht erzeige ich mich in diesem Werke ein wenig des Lobes wert, das Sie mir in so verschwenderischer Weise erteilen. © Transcription William Drabkin, 2008 |
I thank you most cordially for your lines, and beg your forgiveness if I return yet again to this burdensome matter. But a feeling of modesty within me can and will not leave me in peace on account of the fact that lines written by you for public consumption (even if only for America's) speak about a "famous Viennese master of music" and refer to me. You have shown in your work only too clearly what the Viennese masters accomplished; that for this reason I would like this concept ‒ which has a quite precise meaning when uttered by you ‒ to {2} retain it complete purity, and not allow even the shadow of suspicion to fall upon you, as though you would be more lenient where it concerns support for one of your pupils than in other cases. Your enemies would certainly be able to use this against you. Might I ask you therefore to omit this rather overly hypertrophic passage, and replace it with "will be able to undertake their studies under the supervision of the well-known Viennese musician, Dr. Hans Weisse." If you were to add a further remark, to the effect that my compositions (e.g. the Octet) qualify me in particular for the teaching of composition, you would thereby be saying no more than what you would be justified in being able to say to anyone. Everything else that you have written is very beautiful, and I would ask you to retain that. 2 {3} Furtwängler, to whom I also asked for such a document, is being stubbornly silent. 3 I shall see myself soon compelled to rouse him telegraphically from his slumbers. Nonetheless, I still do not see cause for pessimism, and I ask you to do the same: you have to know F. to understand that, in spite of his timidity, he is waiting to seize the right moment at which to act. I believe I can conclude my departure from Vienna no better than with the request ‒ assuming they meet with your approval ‒ to dedicate to you my three-voice piano pieces, which I have been working on during the past two months and which will soon be finished. {4} Perhaps I will show myself, in this work, to be deserving of a little of the praise that you have granted me in such an overly generous way. © Translation William Drabkin, 2008 |
Footnotes1 (Weisse has asked Schenker for a letter of reference for the Mannes School of Music in New York, where he has been provisionally offered a post, and has received the text of OJ 5/45, [6].) Receipt of this letter and Schenker's reply are recorded in his diary at OJ 4/4, pp. 3606‒3607, April 15, 1931: "Von Weisse (expreß Br.): bittet um eine Korrektur: „. . ein bekannter“ statt „berühmter“ . . bleibt bezüglich Furtwänglers optimistisch, widmet mir neue Klavierstücke. [...] An Weisse (expreß Br.): korrigiere nach Wünsch, danke für die Widmung; erinnere wieder an verschiedene Möglichkeiten, Furtwängler u. seinen Freunden beizukommen." ("From Weisse (express letter): requests a correction: 'a well-known…' instead of 'a famous…'; he remains optimistic with regard to Furtwängler, is dedicating new piano pieces to me. [...] To Weisse (express letter): I make the correction according to his wishes, thank him for the dedication, remind him again about various possibilities for winning over Furtwängler and his friends."). 2 Schenker changed his reference to accommodate Weisse's comments. For a revised draft, see OJ 5/45, [7], dated April 15, 1931. 3 Furtwängler’s silence refers mainly to the promise he had made to ask friends of his to help subvent the printing costs of Schenker’s published work; the next letter from Weisse to Schenker brings news of this, and of Furtwängler’s reference for Weisse. |
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Commentary
Digital version created: 2018-10-04 |