1. VIII. 14
Die Natur voller Zauber, als wollte sie uns eine denkwürdige Erinnerung einprägen – eine offene Pracht, auf die gerechnet werden kann. Wir wandern nun zum zweitenmal zur Ostertaghütte! All unsere Gespräche drehen sich selbstverständlich um politische Angelegenheiten, die mich sehr erhitzen, so daß ich darüber sogar um den Genuß der gewohnten Technik des Einstiegs mich bringe. *Karte an Frl. Kahn. — Brief an Steinitz mit Bitte um Anfrage, ob Erich mit seinem Regiment auf das Schlachtfeld gezogen ist. *Homer, 5. Gesang. 1 Trefflich die Art, wie Homer Kallypso gegenüber Odysseus den wahren Sachverhalt verschweigen läßt, so daß Odysseus den falschen Eindruck gewinnen muß, als würde ihn die Göttin aus eigenem Antriebe nachhause geschickt haben. *{630} Brief an Dr. Brünauer mit Andeutung einiger auf die politische Situation bezüglichen Punkte, insbesondere auch dem vom Einfluß falscher, leider a berllzu günstiger Urteile in Deutschland über Rußland u. Frankreich auf die Autosuggestion eben bei den genannten Nationen; daß d ieas leidige Verwechs lungeln von „ aAnders“ u. „ bBesser“ als Synonima zur Folge haben, daß das „Andere“, obgleich es schlechter ist, dennoch für „besser“ gehalten wird. Es ist national-oekonomisch von unendlichem Schaden, daß die mit den Franzosen gemachten Erfahrungen die Deutschen noch immer nicht belehrt haben. Aber freilich, wie sollte einer ganzen Nation eindas Unterscheidungsvermögen beigebracht werden, das in ihr die Besten noch nicht besitzen? Und nun erst wie schändlich die Einwirkung auf die Psyche, wenn man sich erst nur im Besitze von Schlechterem wähnt, während man doch eindas Besseres, allerdings ein unerkanntes, besitzt. *
© Transcription Marko Deisinger. |
August 1, 1914.
Nature full of magic, as if it wished to impress a notable memory upon us –an overt splendor that can be reckoned with. We now hike for the second time to the Ostertag Hut! All our conversations are of course focused on political matters, which greatly whip up my feelings, so that I actually deprive myself of the enjoyment of my usual technique of starting [a discussion]. *Postcard to Miss Kahn. — Letter to Steinitz requesting him to inquire whether Erich has gone to the battlefield with his regiment. *Homer, fifth canto. 1 How splendid is the way in which Homer has Calypso keep Odysseus in the dark about the true facts, so that Odysseus gets the false impression that the goddess has sent him home on his own incentive. *{630} Letter to Dr. Brünauer, with the suggestion of a few points regarding the political situation, especially concerning the influence of false, but unfortunately all to favorable judgments in Germany over Russia and France on the self-induced suggestion among those very named nations; that the unfortunate confusion of "different" and "better" results in their being synonyms; that the "different," although it is worse, is nevertheless taken for "better." From a national-economic point of view, it is infinitely damaging that the Germans have still not learned from their experiences with the French. But, of course, how should an entire nation be taught to make distinctions if the best people in it do not yet possess that ability? And only now how shameful the effect on the psyche, if one believes oneself to be in possession of a Worse while possessing a Better, albeit an unrecognized one. *
© Translation William Drabkin. |
1. VIII. 14
Die Natur voller Zauber, als wollte sie uns eine denkwürdige Erinnerung einprägen – eine offene Pracht, auf die gerechnet werden kann. Wir wandern nun zum zweitenmal zur Ostertaghütte! All unsere Gespräche drehen sich selbstverständlich um politische Angelegenheiten, die mich sehr erhitzen, so daß ich darüber sogar um den Genuß der gewohnten Technik des Einstiegs mich bringe. *Karte an Frl. Kahn. — Brief an Steinitz mit Bitte um Anfrage, ob Erich mit seinem Regiment auf das Schlachtfeld gezogen ist. *Homer, 5. Gesang. 1 Trefflich die Art, wie Homer Kallypso gegenüber Odysseus den wahren Sachverhalt verschweigen läßt, so daß Odysseus den falschen Eindruck gewinnen muß, als würde ihn die Göttin aus eigenem Antriebe nachhause geschickt haben. *{630} Brief an Dr. Brünauer mit Andeutung einiger auf die politische Situation bezüglichen Punkte, insbesondere auch dem vom Einfluß falscher, leider a berllzu günstiger Urteile in Deutschland über Rußland u. Frankreich auf die Autosuggestion eben bei den genannten Nationen; daß d ieas leidige Verwechs lungeln von „ aAnders“ u. „ bBesser“ als Synonima zur Folge haben, daß das „Andere“, obgleich es schlechter ist, dennoch für „besser“ gehalten wird. Es ist national-oekonomisch von unendlichem Schaden, daß die mit den Franzosen gemachten Erfahrungen die Deutschen noch immer nicht belehrt haben. Aber freilich, wie sollte einer ganzen Nation eindas Unterscheidungsvermögen beigebracht werden, das in ihr die Besten noch nicht besitzen? Und nun erst wie schändlich die Einwirkung auf die Psyche, wenn man sich erst nur im Besitze von Schlechterem wähnt, während man doch eindas Besseres, allerdings ein unerkanntes, besitzt. *
© Transcription Marko Deisinger. |
August 1, 1914.
Nature full of magic, as if it wished to impress a notable memory upon us –an overt splendor that can be reckoned with. We now hike for the second time to the Ostertag Hut! All our conversations are of course focused on political matters, which greatly whip up my feelings, so that I actually deprive myself of the enjoyment of my usual technique of starting [a discussion]. *Postcard to Miss Kahn. — Letter to Steinitz requesting him to inquire whether Erich has gone to the battlefield with his regiment. *Homer, fifth canto. 1 How splendid is the way in which Homer has Calypso keep Odysseus in the dark about the true facts, so that Odysseus gets the false impression that the goddess has sent him home on his own incentive. *{630} Letter to Dr. Brünauer, with the suggestion of a few points regarding the political situation, especially concerning the influence of false, but unfortunately all to favorable judgments in Germany over Russia and France on the self-induced suggestion among those very named nations; that the unfortunate confusion of "different" and "better" results in their being synonyms; that the "different," although it is worse, is nevertheless taken for "better." From a national-economic point of view, it is infinitely damaging that the Germans have still not learned from their experiences with the French. But, of course, how should an entire nation be taught to make distinctions if the best people in it do not yet possess that ability? And only now how shameful the effect on the psyche, if one believes oneself to be in possession of a Worse while possessing a Better, albeit an unrecognized one. *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 Fifth canto of The Odyssey; the Schenkers had read the fourth canto the previous month (see diary entry for July 22). |