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27. II. 16

Telegramm an Sophie. ,bitten um Ankunft erst am Mittwoch.

— Populäres Konzert, ausschließlich Mozart: 1 Ouverture zu „Die Zauberflöte“, Gesang, Symphonie Gmoll u. Klavierkonzert Adur. Seltsamerweise gelangen die beiden Mittelsätze der Symphonie gut, während die Außensätze dem gewohnten Schlendrian verfielen. Das Klavierkonzert trug eine Schülerin Ernst Ludwigs vor, die das Andante überraschend ausdrucksvoll spielte u. damit ein Zeugnis gesunder musikalischer Anlage ablegte, u. nur die völlige Verworrenheit der modernen Erziehung mag Ursache davon gewesen sein, daß die Vortragende die Außensätze ganz jämmerlich bloßstellte; ein wüstes Pedalisieren, das nicht einmal die primitivsten Prinzipien achtete, ein Wischen der Figuren überschritt bereits alle Grenzen des Anstandes. —

*

Die Internationalität, die der Handel, d. i. der Kaufmann herbeiführt, ist für den Fortschritt der Menschheit ganz belanglos; in dieser angeblichen Internationalität drückt sich tautologisch doch nur wieder der Handel u. nur dieser allein aus. Theoretisch könnte wohl angenommen werden, daß die Internationalität eher durch den Verkehr geistiger Waren, also des Geistigen erzeugt w eürde; dennoch aber muß billig bezweifelt werden, ob eine solche bei der verschiedenen Veranlagung der Völker überhaupt möglich sei. Mit der Internationalität ist aber eine Einigung der Völker, wie z. B. in der römisch-griechischen Kultur nicht zu verwechseln, denn diese war Merkmal eher einer Vorherrschaft des bestimmten überragenden Typus, wogegen wahre Inter- {146} nationalität einen gegenseitigen Austausch verschiedenartiger geistiger Güter enthalten müßte. Und ebendaher glaube ich eher an die Möglichkeit einer Vorherrschaft, analog der eines überragenden Einzelindividuums.

*

Von den Reichen: Um ihr Geld genießen zu können, was sie aber auch nicht treffen, verzichten sie auf Kinder, zetern aber, wenn dasselbe die Armen tun, denen ja doch eher ein Recht auf Kinderlosigkeit zugestanden werden müßte. Damit der Reiche seines Geldes froh werden kann, soll eben der Arme, nach Ansicht des Reichen, die auch in der Staatsverfassung ihre Anerkennung findet, nicht nur genügend arbeiten, sondern auch genügend Menschenmaterial leisten, auch ohne daß er hiezu die entsprechende Förderung durch den Reichen bezw. durch den Staat erführe. Die Voraussetzungen des Reichtums soll der Arme eben auf eigenes Risiko hervorbringen; sind sie aber einmal da, will sich der Reiche in de nren Genuß der Voraussetzungen ohne weitere Unkosten setzen.

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© Transcription Marko Deisinger.

February 27, 1916.

Telegram to Sophie – we ask her to come, but only on Wednesday.

— Popular concert, exclusively Mozart: 1 Overture to The Magic Flute , songs, Symphony in G minor and Piano Concerto in A major. Strangely, the two middle movements of the symphony went well, whereas the outer movements suffered from the usual sloppiness. The piano concerto was played by a pupil of Ernst Ludwig; the Andante was surprisingly expressive and thus gave evidence of healthy musical aptitude; and only the complete confusion of modern pedagogy may have been the cause of her attacking the outer movements in the most painful way: a wanton pedaling that paid no attention to the most basic principles, a smearing of the motives already exceeded all limits of decorum. —

*

Internationalism – that of trade, i.e. that which the businessman practices – is of negligible consequence for the progress of humanity. In this apparent internationalism, it is only trade that manifests itself, tautologically. Theoretically it could perhaps be understood that internationalism has more to do with the exchange of intellectual goods, that is, those produced by intellectuals; but then it must be doubted that such would at all be possible given the differences in temperament among different peoples. One should not, however, confuse internationalism with the unification of peoples – as for example, in Greco-Roman culture, as this was more a sign of the predominance of a certain formidable type, whereas true {146} internationalism must entail a mutual exchange of various intellectual goods. And for this very reason I am rather inclined to believe in the possibility of a predominance, analogous to that of formidable individuals.

*

On the rich: to be able to enjoy their money – something which they, however, even fail to do – they dispense with having children, but they moan when the poor do the same thing; though it must be admitted that they have a greater right to be childless. In order for the rich to be happy with their money, the poor – in the eyes of the rich, who also find their recognition in the state constitution – should not only work sufficiently but also produce a sufficient amount of human material, even without receiving the proper remuneration for it, whether from the rich or from the state. The preconditions of wealth are something that poor people must create at their own risk; once they are in place, the rich will not hesitate to impose further expenses on their enjoyment.

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© Translation William Drabkin.

27. II. 16

Telegramm an Sophie. ,bitten um Ankunft erst am Mittwoch.

— Populäres Konzert, ausschließlich Mozart: 1 Ouverture zu „Die Zauberflöte“, Gesang, Symphonie Gmoll u. Klavierkonzert Adur. Seltsamerweise gelangen die beiden Mittelsätze der Symphonie gut, während die Außensätze dem gewohnten Schlendrian verfielen. Das Klavierkonzert trug eine Schülerin Ernst Ludwigs vor, die das Andante überraschend ausdrucksvoll spielte u. damit ein Zeugnis gesunder musikalischer Anlage ablegte, u. nur die völlige Verworrenheit der modernen Erziehung mag Ursache davon gewesen sein, daß die Vortragende die Außensätze ganz jämmerlich bloßstellte; ein wüstes Pedalisieren, das nicht einmal die primitivsten Prinzipien achtete, ein Wischen der Figuren überschritt bereits alle Grenzen des Anstandes. —

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Die Internationalität, die der Handel, d. i. der Kaufmann herbeiführt, ist für den Fortschritt der Menschheit ganz belanglos; in dieser angeblichen Internationalität drückt sich tautologisch doch nur wieder der Handel u. nur dieser allein aus. Theoretisch könnte wohl angenommen werden, daß die Internationalität eher durch den Verkehr geistiger Waren, also des Geistigen erzeugt w eürde; dennoch aber muß billig bezweifelt werden, ob eine solche bei der verschiedenen Veranlagung der Völker überhaupt möglich sei. Mit der Internationalität ist aber eine Einigung der Völker, wie z. B. in der römisch-griechischen Kultur nicht zu verwechseln, denn diese war Merkmal eher einer Vorherrschaft des bestimmten überragenden Typus, wogegen wahre Inter- {146} nationalität einen gegenseitigen Austausch verschiedenartiger geistiger Güter enthalten müßte. Und ebendaher glaube ich eher an die Möglichkeit einer Vorherrschaft, analog der eines überragenden Einzelindividuums.

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Von den Reichen: Um ihr Geld genießen zu können, was sie aber auch nicht treffen, verzichten sie auf Kinder, zetern aber, wenn dasselbe die Armen tun, denen ja doch eher ein Recht auf Kinderlosigkeit zugestanden werden müßte. Damit der Reiche seines Geldes froh werden kann, soll eben der Arme, nach Ansicht des Reichen, die auch in der Staatsverfassung ihre Anerkennung findet, nicht nur genügend arbeiten, sondern auch genügend Menschenmaterial leisten, auch ohne daß er hiezu die entsprechende Förderung durch den Reichen bezw. durch den Staat erführe. Die Voraussetzungen des Reichtums soll der Arme eben auf eigenes Risiko hervorbringen; sind sie aber einmal da, will sich der Reiche in de nren Genuß der Voraussetzungen ohne weitere Unkosten setzen.

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© Transcription Marko Deisinger.

February 27, 1916.

Telegram to Sophie – we ask her to come, but only on Wednesday.

— Popular concert, exclusively Mozart: 1 Overture to The Magic Flute , songs, Symphony in G minor and Piano Concerto in A major. Strangely, the two middle movements of the symphony went well, whereas the outer movements suffered from the usual sloppiness. The piano concerto was played by a pupil of Ernst Ludwig; the Andante was surprisingly expressive and thus gave evidence of healthy musical aptitude; and only the complete confusion of modern pedagogy may have been the cause of her attacking the outer movements in the most painful way: a wanton pedaling that paid no attention to the most basic principles, a smearing of the motives already exceeded all limits of decorum. —

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Internationalism – that of trade, i.e. that which the businessman practices – is of negligible consequence for the progress of humanity. In this apparent internationalism, it is only trade that manifests itself, tautologically. Theoretically it could perhaps be understood that internationalism has more to do with the exchange of intellectual goods, that is, those produced by intellectuals; but then it must be doubted that such would at all be possible given the differences in temperament among different peoples. One should not, however, confuse internationalism with the unification of peoples – as for example, in Greco-Roman culture, as this was more a sign of the predominance of a certain formidable type, whereas true {146} internationalism must entail a mutual exchange of various intellectual goods. And for this very reason I am rather inclined to believe in the possibility of a predominance, analogous to that of formidable individuals.

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On the rich: to be able to enjoy their money – something which they, however, even fail to do – they dispense with having children, but they moan when the poor do the same thing; though it must be admitted that they have a greater right to be childless. In order for the rich to be happy with their money, the poor – in the eyes of the rich, who also find their recognition in the state constitution – should not only work sufficiently but also produce a sufficient amount of human material, even without receiving the proper remuneration for it, whether from the rich or from the state. The preconditions of wealth are something that poor people must create at their own risk; once they are in place, the rich will not hesitate to impose further expenses on their enjoyment.

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© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 The orchestra of the Vienna Concert Society. The second in the cycle "German Masters," was given at the Konzerthaus in Vienna and conducted by Martin Spörr. The soloist in Mozart's Concerto in A, K. 488, was Marie Hofer. ("Theater- und Kunstnachrichten," Neue Freie Presse, No. 18505, February 27, 1916, p. 18; database of the online archive of the Vienna Konzerthaus: https://konzerthaus.at/datenbanksuche).