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Schloß Reigersberg b/Ilz
Steiermark,
30.VI.33


Mein lieber Dr Salzer! 1

Danke herzlichst für Ihren so lieben Brief u. die Sendung! 2 Deutlich fühle ich in jeder Stunde, wie Sie u. das „Ensemble 3 (warum soll gerade der Jude nicht einmal „fremdwörteln“, wenn die gleichgeschaltetsten Germanen es so unentwegt treiben?) überhaupt immer mehr in die Lehre hineinwächst, die als Wahrheit der Geniekunst id est: der Tonkunst zu verkünden Gott in seiner unendlichen Güte einen Juden berufen hat, der so der erste u. letzte wahre praeceptor Germanorum 4 bleiben wird. Im „Fr. S“, den ich hier doch {2} endlich abzuschließen hoffe, spreche ich dies unumwunden aus, freilich ohne der Bekenntnis zur Religion, die nur meine Sache ist und der Musik nichts musikalisches aussagt. Schade, daß in der Welt das Religionsbekenntnis eine andere Rolle als das „Steuerbekenntnis“ spielt: wüßte man von Jedermann das letztere, was gäbe es da für Skandale, Umstürze, Verachtungen usw! So pfiffig sind die Menschen aber doch, vor einander die „Geldblößen“ zu verhüllen, im Guten wie im Schlechten. Bei so viel praktischer, nüchterner Niedrigkeit der Gesinnung vermessen sie sich sehr unkluger Weise gerade das „Religionsbekenntnis“ ständig im Munde zu führen! Darnach geht es Ihnen.

Erlauben sie, mein l. Dr Salzer, daß ich die {3}Musik“ (lucus a non lucendo 5 ) noch eine Weile behalte, das Heft erheitert mich nicht nur, sondern belehrt mich auch durch den Anblick eines solchen [?Musicus]! Der Rückgabe des Heftes dürfen Sie gewiß sein.

Beiliegend unser Schloß. 6 Es stammt nicht aus Raubritterzeit oder Turkennot u. dgl., sondern von einem Mann, der hier in allernächster Nahe ein „Kohlenvorkommen“ pflegte, u. doch ist es schön u. würdig u. wahrhaft „aristokratisch“. Wie wäre es, wenn Sie sich einmal mit Bamberger verbänden, der mir versprach, mich hier zu besuchen, u. den Ausflug mitmachten! Das wäre sehr, sehr schön!

Mit besten Grüßen an Sie und Ihre verehrte Gattin von uns beiden


Ihr

[signed:] H Schenker [cued to top of p. 4]

{4} [cued from bottom of p. 3] Oppel schreibt mir: „Man kocht schon mit Wasser“, 7 Hindemith redivivus 8 u. dgl.!

Vrieslander war über Furtw’s Rede, die er auch in der Schweiz zu lesen bekam, sehr ungehalten, es war seine Pflicht, meint er, in diesem Zusammenhange durchaus meiner zu gedenken, wenn er auch von Anderen als nur Brahms sprach. 9 Da davon in der letzten Zeit viel die Rede ist, werde ich gewohnterweise in unserer 1. Stunde eine Erklärung geben, die Sie sicher überraschen wird, sie aufs Papier zu setzen ist unangebracht.

© Transcription Hedi Siegel, 2011


Schloß Reigersberg near Ilz
Styria,
June 30, 1933


My dear Dr. Salzer, 1

Most cordial thanks for your very kind letter and the mailing. 2 In every lesson I clearly feel how you and the “ensemble” 3 (and why shouldn’t especially a Jew use foreign words when the most orthodox Germans use them so persistently?) grow generally more and more comfortable with the theory, which is to say the truth of the genius’s art: God in his infinite wisdom has called upon a Jew to explain the art of music, who will thus remain first and last the true praeceptor Germanorum 4 . In Der freie Satz which I {2} finally hope to finish here, I state this outright, of course without declaration of religious faith, which is my private affair and has nothing to do with music. What a pity that declaration of religion plays a different role in worldly affairs than “declaration of taxes”: if one knew the latter about everyone what scandals, overthrowals, condemnations, etc. would result! But then people are cunning in hiding their “monetary nakedness” from each other, be it good or bad. With so much petty, empty small-mindedness they are presumptuous and foolish enough to keep spouting their “declaration of religion”! That’s what they think is important.

Permit me, my dear Dr. Salzer, to keep {3} Die Musik (lucus a non lucendo 5 ) for a while longer; the issue not only amuses me, but also instructs me through the perspective of such a [?Musicus]! You can be assured of the return of the issue.

Our castle is on the enclosed. 6 It did not originate in the time of the robber barons, or as a refuge from the Turks or the like, but with a man who tends a “coal deposit” very close by. But still it is beautiful and worthy and truly “aristocratic.” How would it be if you joined up with Bamberger, who promised to visit me here, and made the trip with him! That would be very, very nice!

With best wishes to you and your dear wife from us both,


Your

[signed:] H. Schenker [cued to top of p. 4]

{4} [cued from bottom of p. 3] Oppel writes to me: “mediocrity reigns,” 7 Hindemith redivivus, 8 and the like!

Vrieslander was very indignant about Furtwängler’s speech, which was available to him in print even in Switzerland; he thought it was clearly Furtwängler’s duty to name me on this occasion, when he spoke not only of Brahms but also of others. 9 Since this has been the subject of much recent discussion, I shall, as usual, give an explanation in our first lesson, one that I am sure will surprise you; to put this down on paper just isn’t possible.

© Translation Hedi Siegel, 2011


Schloß Reigersberg b/Ilz
Steiermark,
30.VI.33


Mein lieber Dr Salzer! 1

Danke herzlichst für Ihren so lieben Brief u. die Sendung! 2 Deutlich fühle ich in jeder Stunde, wie Sie u. das „Ensemble 3 (warum soll gerade der Jude nicht einmal „fremdwörteln“, wenn die gleichgeschaltetsten Germanen es so unentwegt treiben?) überhaupt immer mehr in die Lehre hineinwächst, die als Wahrheit der Geniekunst id est: der Tonkunst zu verkünden Gott in seiner unendlichen Güte einen Juden berufen hat, der so der erste u. letzte wahre praeceptor Germanorum 4 bleiben wird. Im „Fr. S“, den ich hier doch {2} endlich abzuschließen hoffe, spreche ich dies unumwunden aus, freilich ohne der Bekenntnis zur Religion, die nur meine Sache ist und der Musik nichts musikalisches aussagt. Schade, daß in der Welt das Religionsbekenntnis eine andere Rolle als das „Steuerbekenntnis“ spielt: wüßte man von Jedermann das letztere, was gäbe es da für Skandale, Umstürze, Verachtungen usw! So pfiffig sind die Menschen aber doch, vor einander die „Geldblößen“ zu verhüllen, im Guten wie im Schlechten. Bei so viel praktischer, nüchterner Niedrigkeit der Gesinnung vermessen sie sich sehr unkluger Weise gerade das „Religionsbekenntnis“ ständig im Munde zu führen! Darnach geht es Ihnen.

Erlauben sie, mein l. Dr Salzer, daß ich die {3}Musik“ (lucus a non lucendo 5 ) noch eine Weile behalte, das Heft erheitert mich nicht nur, sondern belehrt mich auch durch den Anblick eines solchen [?Musicus]! Der Rückgabe des Heftes dürfen Sie gewiß sein.

Beiliegend unser Schloß. 6 Es stammt nicht aus Raubritterzeit oder Turkennot u. dgl., sondern von einem Mann, der hier in allernächster Nahe ein „Kohlenvorkommen“ pflegte, u. doch ist es schön u. würdig u. wahrhaft „aristokratisch“. Wie wäre es, wenn Sie sich einmal mit Bamberger verbänden, der mir versprach, mich hier zu besuchen, u. den Ausflug mitmachten! Das wäre sehr, sehr schön!

Mit besten Grüßen an Sie und Ihre verehrte Gattin von uns beiden


Ihr

[signed:] H Schenker [cued to top of p. 4]

{4} [cued from bottom of p. 3] Oppel schreibt mir: „Man kocht schon mit Wasser“, 7 Hindemith redivivus 8 u. dgl.!

Vrieslander war über Furtw’s Rede, die er auch in der Schweiz zu lesen bekam, sehr ungehalten, es war seine Pflicht, meint er, in diesem Zusammenhange durchaus meiner zu gedenken, wenn er auch von Anderen als nur Brahms sprach. 9 Da davon in der letzten Zeit viel die Rede ist, werde ich gewohnterweise in unserer 1. Stunde eine Erklärung geben, die Sie sicher überraschen wird, sie aufs Papier zu setzen ist unangebracht.

© Transcription Hedi Siegel, 2011


Schloß Reigersberg near Ilz
Styria,
June 30, 1933


My dear Dr. Salzer, 1

Most cordial thanks for your very kind letter and the mailing. 2 In every lesson I clearly feel how you and the “ensemble” 3 (and why shouldn’t especially a Jew use foreign words when the most orthodox Germans use them so persistently?) grow generally more and more comfortable with the theory, which is to say the truth of the genius’s art: God in his infinite wisdom has called upon a Jew to explain the art of music, who will thus remain first and last the true praeceptor Germanorum 4 . In Der freie Satz which I {2} finally hope to finish here, I state this outright, of course without declaration of religious faith, which is my private affair and has nothing to do with music. What a pity that declaration of religion plays a different role in worldly affairs than “declaration of taxes”: if one knew the latter about everyone what scandals, overthrowals, condemnations, etc. would result! But then people are cunning in hiding their “monetary nakedness” from each other, be it good or bad. With so much petty, empty small-mindedness they are presumptuous and foolish enough to keep spouting their “declaration of religion”! That’s what they think is important.

Permit me, my dear Dr. Salzer, to keep {3} Die Musik (lucus a non lucendo 5 ) for a while longer; the issue not only amuses me, but also instructs me through the perspective of such a [?Musicus]! You can be assured of the return of the issue.

Our castle is on the enclosed. 6 It did not originate in the time of the robber barons, or as a refuge from the Turks or the like, but with a man who tends a “coal deposit” very close by. But still it is beautiful and worthy and truly “aristocratic.” How would it be if you joined up with Bamberger, who promised to visit me here, and made the trip with him! That would be very, very nice!

With best wishes to you and your dear wife from us both,


Your

[signed:] H. Schenker [cued to top of p. 4]

{4} [cued from bottom of p. 3] Oppel writes to me: “mediocrity reigns,” 7 Hindemith redivivus, 8 and the like!

Vrieslander was very indignant about Furtwängler’s speech, which was available to him in print even in Switzerland; he thought it was clearly Furtwängler’s duty to name me on this occasion, when he spoke not only of Brahms but also of others. 9 Since this has been the subject of much recent discussion, I shall, as usual, give an explanation in our first lesson, one that I am sure will surprise you; to put this down on paper just isn’t possible.

© Translation Hedi Siegel, 2011

Footnotes

1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3846, June 30, 1933: "An Salzer (Br. mit Ansichtsk.): Dank u. a." ("To Salzer (letter with picture postcard): thanks inter alia.").

2 Salzer’s letter to Schenker is not known to survive. Its receipt is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3844, June 25, 1933: "Von Dr Salzer (ein Heft der Musik u. Br.): Dank." ("From Dr. Salzer (an issue of Die Musik and letter): thanks.").

3 i.e. Schenker's seminar.

4 praeceptor Germanorum: lit. "teacher (or leader, commander) of the Germans."

5 lucus a non lucendo: literally "light, but not emitting light": a Latin phrase denoting something whose qualities are the opposite of those suggested by its name.

6 The picture postcard enclosed with this letter is not known to survive.

7 Cf. Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3845, June 27, 1933: "Von Oppel (Br. zum 19.): zwei Bildchen von Brigitte u. „man kocht schon mit Wasser“!!." (From Oppel (letter for the 19th): two little pictures of Brigitte and 'one cooks with nothing but water'.").

8 "Hindemith revidivus": "Hindemith revived (brought back to life)."

9 The reference is to Furtwängler’s address "Johannes Brahms," given at the opening of the Brahms centenary festival on May 16, 1933. Schenker is describing what Vrieslander wrote to him in a postcard received on June 28, 1933, summarized in the diary (OJ 4/6, p. 3845): “Wirft Furtwängler vor[,] daß er mich in seiner Brahms-Rede nicht genannt hat, wenn er schon Strauß u. Wagner die Ehre der Nennung neben Brahms erwies. „Kunstpflicht“ war es mich zu nennen.” (“Reproaches Furtwängler for not having named me in his Brahms speech when he did extend the courtesy to Strauss and Wagner alongside Brahms. It was an 'artistic duty' to name me.”

Commentary

Format
4p letter, Bogen format, holograph message and signature
Provenance
Salzer, Felix (document date-1986)--the Felix Salzer estate (1986-2001)--New York Public Library(2001--)
Rights Holder
Heirs of Heinrich Schenker, in the public domain; published with the kind permission.
License
Permission to publish granted by the Estate of Hedwig Salzer, December 21, 2004. All reasonable steps have been taken to locate the heirs of Heinrich Schenker. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Documents Online, at schenkercorrespondence [at] mus (dot) cam (dot) ac (dot) uk

Digital version created: 2011-11-03
Last updated: 2011-11-03