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PROF. OTTO ERICH DEUTSCH
WIEN II.
Böcklinstraße 26
8. März 31.

Lieber Verehrter! 1

Wenn ich Sie missverstanden habe, 2 so haben Sie mich verkannt. Ich bin mit Kobald weder befreundet noch vertraut. Nur 1927 habe ich auf Ersuchen Hobokens mit Kobald über Sie gesprochen. Seither weder mit ihm, noch mit seinem engeren Kollegen Wisoko. Mein Freund, mit dem ich jetzt über Ihre vermeintlichen Wünsche sprach, ist erst seit einem Jahr im Unterrichts-Ministerium [cued from bottom margin:] in einem anderen Ressort[end cue ], aber aus seiner früheren Tätigkeit mit solchen Frau gen vertraut.

Wir haben am Donnerstag unter besonders ungünstigen Umständen gesprochen, und das Gespräch wurde durch die Zeit abgebrochen, bevor ich mich vergewissern konnte, Sie richtig verstanden zu haben. Ihre Wünsche, wie ich sie verstand, waren für mich sehr überraschend, mit Ausnahme des einen, den ich wohl richtig verstand: Weisse in Wien zu halten. Wenn ich trotz dieses unsicheren Gefühls meinem Freund, mit dem ich zufällig am selben Abend zusammenkam, sofort davon „diplomatisch“ erzählte und ihm den „Rotarier“, den {2} ich Ihnen schon zurückgeben hatte wollen, zeigte, so geschah das nur in dem Eifer, Ihnen dienstbar zu sein. Ich darf aber nie contre coeur handeln, sonst passiert immer ein Unglück.

Aus dem Gespräch möchte ich Ihnen jetzt noch ergänzend berichten, dass ich auch von dem Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft sprach, das noch in weiter Ferne zu liegen scheint. Ferner dass bei allen materiellen Förderungen der Regierung ein Gesuch, bei allen Auszeichnungen der Vorschlag einer Gruppe oder einer besonderen Persönlichkeit notwendig ist.

Obzwar mir deshalb schon jede diplomatische Bemühung um Ihre Wünsche schwierig scheint, so wäre sie es umsomehr gewesen, weil ich heute noch weniger als vor 3 Tagen weiss, was Sie wünschen. Ich hoffe, dass Sie mir das zu meiner Beruhigung ein andermal mündlich erklären werden.

Ueber die Akademie, für die Sie sich ja Weisses wegen sicher interessierten, habe ich Ihnen wenigstens eine klare und richtige Antwort gebracht. Wenn Sie im Zusammenhang damit von einer „Art österreichischen Nobelpreis“ sprechen, so verstehe ich das eben nicht.


Ich bleibe Ihr ganz ergebener
[signed:] O E Deutsch

© Transcription William Drabkin, 2023


PROF. OTTO ERICH DEUTSCH
VIENNA II
Böcklinstraße 26
March 8, 1931

Dear revered friend, 1

I may have misunderstood you, 2 but you have misjudged me. I am not a friend of Kobald’s, nor am I on confidential terms with him. It was only in 1927 that, at Hoboken’s request, I spoke with Kobald about you; since then neither with him nor with his close colleague Wisoko. The friend with whom I spoke of your intentions (as I understood them) has been at the Ministry of Education [cued from bottom margin:] in another department[end cue ]for a year, but is familiar with such matters from his earlier activity.

The two of us spoke on Thursday under particularly unfavorable conditions, and our conversation was interrupted by time constraints before I was able to have assured myself that I understood you correctly. Your wishes, as I understood them, surprised me greatly with the exception of one, which I understood quite well: to keep Weisse in Vienna. If, in spite of this feeling of uncertainty, I spoke about them immediately in “diplomatic” way with my friend, whom I met by chance on the same evening, and showed him The Rotarian , {2} which I had already wished to return to you, then that occurred only in my zeal to be of service to you. But I should never act unwillingly, otherwise a misfortune always occurs.

From that conversation, I should like to report to you in addition that I also spoke about the civic honor for art and science, which appears still to lie in the distant future. Moreover, when one is making any material request of the government, whatever honors one may hold, the recommendation of a group of people or a particularly outstanding personality is essential.

Although already every diplomatic effort on behalf of your wishes seems difficult, they would be all the more difficult, as I know today even less than I did three days ago what you want. I hope that you might explain this to me in person on another occasion, for my peace of mind.

About the Academy, about which you are certainly interested on account of Weisse, I have at least given you a clear and correct reply. If, in this connection, you speak of a “kind of Austrian Nobel Prize,” then I have no idea what you mean.


I remain your wholly devoted
[signed:] O. E. Deutsch

© Translation William Drabkin, 2023


PROF. OTTO ERICH DEUTSCH
WIEN II.
Böcklinstraße 26
8. März 31.

Lieber Verehrter! 1

Wenn ich Sie missverstanden habe, 2 so haben Sie mich verkannt. Ich bin mit Kobald weder befreundet noch vertraut. Nur 1927 habe ich auf Ersuchen Hobokens mit Kobald über Sie gesprochen. Seither weder mit ihm, noch mit seinem engeren Kollegen Wisoko. Mein Freund, mit dem ich jetzt über Ihre vermeintlichen Wünsche sprach, ist erst seit einem Jahr im Unterrichts-Ministerium [cued from bottom margin:] in einem anderen Ressort[end cue ], aber aus seiner früheren Tätigkeit mit solchen Frau gen vertraut.

Wir haben am Donnerstag unter besonders ungünstigen Umständen gesprochen, und das Gespräch wurde durch die Zeit abgebrochen, bevor ich mich vergewissern konnte, Sie richtig verstanden zu haben. Ihre Wünsche, wie ich sie verstand, waren für mich sehr überraschend, mit Ausnahme des einen, den ich wohl richtig verstand: Weisse in Wien zu halten. Wenn ich trotz dieses unsicheren Gefühls meinem Freund, mit dem ich zufällig am selben Abend zusammenkam, sofort davon „diplomatisch“ erzählte und ihm den „Rotarier“, den {2} ich Ihnen schon zurückgeben hatte wollen, zeigte, so geschah das nur in dem Eifer, Ihnen dienstbar zu sein. Ich darf aber nie contre coeur handeln, sonst passiert immer ein Unglück.

Aus dem Gespräch möchte ich Ihnen jetzt noch ergänzend berichten, dass ich auch von dem Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft sprach, das noch in weiter Ferne zu liegen scheint. Ferner dass bei allen materiellen Förderungen der Regierung ein Gesuch, bei allen Auszeichnungen der Vorschlag einer Gruppe oder einer besonderen Persönlichkeit notwendig ist.

Obzwar mir deshalb schon jede diplomatische Bemühung um Ihre Wünsche schwierig scheint, so wäre sie es umsomehr gewesen, weil ich heute noch weniger als vor 3 Tagen weiss, was Sie wünschen. Ich hoffe, dass Sie mir das zu meiner Beruhigung ein andermal mündlich erklären werden.

Ueber die Akademie, für die Sie sich ja Weisses wegen sicher interessierten, habe ich Ihnen wenigstens eine klare und richtige Antwort gebracht. Wenn Sie im Zusammenhang damit von einer „Art österreichischen Nobelpreis“ sprechen, so verstehe ich das eben nicht.


Ich bleibe Ihr ganz ergebener
[signed:] O E Deutsch

© Transcription William Drabkin, 2023


PROF. OTTO ERICH DEUTSCH
VIENNA II
Böcklinstraße 26
March 8, 1931

Dear revered friend, 1

I may have misunderstood you, 2 but you have misjudged me. I am not a friend of Kobald’s, nor am I on confidential terms with him. It was only in 1927 that, at Hoboken’s request, I spoke with Kobald about you; since then neither with him nor with his close colleague Wisoko. The friend with whom I spoke of your intentions (as I understood them) has been at the Ministry of Education [cued from bottom margin:] in another department[end cue ]for a year, but is familiar with such matters from his earlier activity.

The two of us spoke on Thursday under particularly unfavorable conditions, and our conversation was interrupted by time constraints before I was able to have assured myself that I understood you correctly. Your wishes, as I understood them, surprised me greatly with the exception of one, which I understood quite well: to keep Weisse in Vienna. If, in spite of this feeling of uncertainty, I spoke about them immediately in “diplomatic” way with my friend, whom I met by chance on the same evening, and showed him The Rotarian , {2} which I had already wished to return to you, then that occurred only in my zeal to be of service to you. But I should never act unwillingly, otherwise a misfortune always occurs.

From that conversation, I should like to report to you in addition that I also spoke about the civic honor for art and science, which appears still to lie in the distant future. Moreover, when one is making any material request of the government, whatever honors one may hold, the recommendation of a group of people or a particularly outstanding personality is essential.

Although already every diplomatic effort on behalf of your wishes seems difficult, they would be all the more difficult, as I know today even less than I did three days ago what you want. I hope that you might explain this to me in person on another occasion, for my peace of mind.

About the Academy, about which you are certainly interested on account of Weisse, I have at least given you a clear and correct reply. If, in this connection, you speak of a “kind of Austrian Nobel Prize,” then I have no idea what you mean.


I remain your wholly devoted
[signed:] O. E. Deutsch

© Translation William Drabkin, 2023

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker’s diary for March 8, 1931: “Von Deutsch (Br.): Die Rotary-Nummer zurück; er fühlt sich gekränkt, ahnt nicht, wie sehr er mich mißverstanden hat.” (“from Deutsch (letter): the issue of The Rotarian returned; he feels offended, does not realize how much he misunderstood me.”).

2 Schenker’s initial reaction to Deutsch’s letter of March 6 (see diary entry for that day) was a vigorous rebuttal of the notion that he sought any honor from the Austrian state. He then wrote a conciliatory letter (not surviving), recorded in his diary for March 8: “An Deutsch (Br.): beruhige ihn, es wird sich alles aufklären. Ich habe Kobald hinter dem Bescheid vermutet u. wollte dessen ironische Auffassung zurückweisen. Im Grunde ist mein Plan heiter, wenn auch groß; ich wollte den Erdrutsch Weisse-Hoboken aufhalten, das ist alles!” (“To Deutsch (letter): I calm him, everything will be resolved. I suspected that Kobald lay behind his message and wanted to disprove his ironic interpretation. Essentially my plan is a pleasant one, even if it is grand: I wanted to hold back the Weisse–Hoboken earthquake, that is all!”).

Commentary

Format
2p letter, printed sender address, typewritten salutation, message, and valediction, holograph signature
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1956)--Jonas, Oswald (c.1956-1978)--University of California, Riverside (1978--)
Rights Holder
Heirs of Otto Erich and Hanna Deutsch, published by kind permission
License
Permission to publish granted by the heirs of Otto Erich and Hanna Deutsch on February 12, 2008. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk

Digital version created: 2023-07-25
Last updated: 2015-09-18