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OJ 10/3, [68] - Typewritten letter from Deutsch to Schenker, dated September 12, 1927
⇧ OTTO ERICH DEUTSCH
WIEN II. Böcklinstrasse 26 ⇧ 12. Sept 27 Lieber verehrter Herr Doktor Schenker! 1 Dank für Ihren Brief. 2 Ich habe das Ms. Vrieslanders am 9.d. (unter Lebensgefahr, wie ich Ihnen nächstens erklären werde) an den DMV abgeschickt, unverändert, mit der Weisung, es ganz zu setzen. Der Verlag hat damit keineswegs einen Waschzettel für Kritiker im Sinne gehabt, sondern einen rechten Publikums-Prospekt. 3 Er hat sich auch nur an dem seiner Meinung nach zu grossen Umfang gestossen, der nach meiner Meinung eine Kürzung vertragen hätte. Ich aber habe ihn stilistisch zu kompliziert gefunden, ohne aber darüber mehr zu schreiben, als ihn auf die auch Ihnen aufgefallene Stelle („in seinem Gesamt- und Einzelorganismus“) zu weisen und auf die Stelle „bringt … Gehörsentwicklung …“ (cca.) und die „Ohrerweiterung“, die für einen Prospekt zu gewagt erscheint. Die Stelle in dem anbei zurückfolgenden {2} Brief erkläre ich mir aus der notorischen Unbildung der Buchhändler (Sortimentsgehilfen), die oft eine Bestellung so verstümmeln, dass sie der Verleger nicht mehr versteht. Ich möchte gerne die Bestellung beim DMV ausheben lassen, um das zu beweisen. Vielleicht schreiben Sie aber selbst. Die 138 Erstdrucke Beethovens 4 – es sind vielleicht mehr, denn die Gruppierung hat sich beim Kauf etwas verschoben und wir kauften bei 200 Stücke – können Sie jederzeit sehen. Ich bin eben dabei, sie aufzunehmen und arbeite nun jeden Tag (ausgenommen am 13. d., wo ich ganz in ein Atelier unseres Hauses mit meiner Bibliothek übersiedle) daran bei H. Aber vielleicht hat HvH den Wunsch, die Stücke Ihnen selbst zu zeigen. Nur wenn Sie etwas brauchen oder später keine Zeit mehr dafür hätten, würde ich Sie bitten, jetzt zu kommen, die Sammlung anzusehen. ⇧ Und ⇧ dies: Nottebohm 5 ist stark überholt. Ich nehme ihm ja nur übel, wenn er einen Zweitdruck als ersten annimmt. Dass er {3} spätere Auflagen (namentlich Titelauflagen mit Originaltextplatten) nicht immer unterscheiden, lange nicht alle gekannt, kreidet ihm nur Vrieslander an. Bei Mozart (Köchel) hat sich auch wieder viel Neues ergeben. Und in Salzburg war auch noch ein sehr realer Vortrag eines gelehrten Kapellmeister Strasser (dzt. Budapest), der die Opern in den Ms. studiert hat und Wunder von den Drucken, namentlich der G.-A. zu erzählen wusste, besonders über Schwellungszeichen. Mozart hat in der ganzen Zauberflöte keines, dafür aber eine Art Siegel (mp, etc.), d ieas immer missverstanden wurden. Strasser möchte Sie einmal aufsuchen. Bei Haydn steht die Sache jetzt hoffnungsvoller. HvH hat diese Gruppe selbst aufgenommen, wobei sich die Sonatenausgabe der G.-A. (Bressler) 6 als sehr genau in den Regesten erwies. Ich habe übrigens so viele Verzeichnisse zu Haydn aufgetrieben, auch Pohls Nachlass zu HvH. geschafft, dass uns da nichts mehr überraschen kann. ⇧ Ich rede HvH. zu, einen them. Katalog zu machen. 7 {4} ⇧ Unsere sehr grosse, fast vollständige Chopin-Sammlunge (aller Originaldrucke aller Verleger) ist eben durch op. 4 vermehr[t] worden, das Vr. lange gesucht hatte. Ich fand es in meinem alten Lager bei Seidel. Ich hoffe sehr, Sie bald wieder sehen zu können. ⇧ 1 Blg. © Transcription William Drabkin, 2023 |
Thank you for your letter. 2 I sent off Vrieslander’s manuscript to Drei Masken Verlag on the 9th (at my peril, as I shall explain to you as soon as possible), unaltered, with the instruction to print it in its entirety. Thus the publisher will in no way have a laundry-list for critics, but rather a proper prospectus for its readership. 3 It had hesitated only on account of what it believed to be too great a scope, which in my opinion could have done with some pruning. But I found it stylistically too complicated, though I didn’t want to write more about it other than to point to the passage that caught your attention (“in its complete and individual organism”) and the passage (“offers … auditory development …” and “aural expansion”) which seem too weighty for a prospectus. The passage in the letter I am returning to you {2} is something I can explain from the notorious ignorance of book dealers (retail shop assistants), who often garble an order so that the publisher no longer understands it. I would dearly like to get my hands on an order to Drei Masken Verlag to prove the point. But perhaps you will write [to them] yourself. You may look at the 138 first editions of Beethoven 4 at any time; there are perhaps more, for the grouping had somewhat delayed things in the purchase, and we bought close to 200 items. I am just at the point of recording them and I am now working on this every day at Hoboken’s (apart from the 13th, when I shall relocate with my library to an attic in our apartment house). But perhaps Mr. van Hoboken would like to show you the things himself. Only if you need something, or would not have more time at a later date, would I ask you to come now and have a look at the collection. ⇧ And ⇧ another thing: Nottebohm 5 is seriously out of date. I hold it against him only when he takes a second edition to be a first edition. {3} He does not always distinguish later editions (especially reissues under a new title, with the original text plates), and does not know many of them; but only Vrieslander holds that against him. With Mozart (Köchel) there have again been many new things. And in Salzburg a very informative lecture was given by a learned conductor by the name of Strasser (currently in Budapest), who has studied the operas in manuscript and was able to relate fascinating things about the prints, especially that of the collected edition, especially hairpin crescendos. In the whole of The Magic Flute , Mozart did not write a single one, but instead a kind of sign ( mp , etc.) which was always misunderstood. Strasser may want to meet you sometime. With Haydn, things are more hopeful. Mr. van Hoboken has taken this on himself and found that the edition of the sonatas in the collected edition (Bressler) 6 proved to have been very precise in the (critical) reports. I have, moreover, chased down so many Haydn catalogues for Mr. van Hoboken, including Pohl’s estate, that nothing more can surprise us. ⇧ I am going to persuade Mr. van Hoboken to make a thematic catalog. 7 {4} ⇧ Our very large, almost complete Chopin collection (all the original editions of every publisher) has just been augmented by Op. 4, which Vrieslander had long sought. I found it in my old storage place at Seidel’s. I very much hope to see you again soon. ⇧ 1 enclosure © Translation William Drabkin, 2023 |
⇧ OTTO ERICH DEUTSCH
WIEN II. Böcklinstrasse 26 ⇧ 12. Sept 27 Lieber verehrter Herr Doktor Schenker! 1 Dank für Ihren Brief. 2 Ich habe das Ms. Vrieslanders am 9.d. (unter Lebensgefahr, wie ich Ihnen nächstens erklären werde) an den DMV abgeschickt, unverändert, mit der Weisung, es ganz zu setzen. Der Verlag hat damit keineswegs einen Waschzettel für Kritiker im Sinne gehabt, sondern einen rechten Publikums-Prospekt. 3 Er hat sich auch nur an dem seiner Meinung nach zu grossen Umfang gestossen, der nach meiner Meinung eine Kürzung vertragen hätte. Ich aber habe ihn stilistisch zu kompliziert gefunden, ohne aber darüber mehr zu schreiben, als ihn auf die auch Ihnen aufgefallene Stelle („in seinem Gesamt- und Einzelorganismus“) zu weisen und auf die Stelle „bringt … Gehörsentwicklung …“ (cca.) und die „Ohrerweiterung“, die für einen Prospekt zu gewagt erscheint. Die Stelle in dem anbei zurückfolgenden {2} Brief erkläre ich mir aus der notorischen Unbildung der Buchhändler (Sortimentsgehilfen), die oft eine Bestellung so verstümmeln, dass sie der Verleger nicht mehr versteht. Ich möchte gerne die Bestellung beim DMV ausheben lassen, um das zu beweisen. Vielleicht schreiben Sie aber selbst. Die 138 Erstdrucke Beethovens 4 – es sind vielleicht mehr, denn die Gruppierung hat sich beim Kauf etwas verschoben und wir kauften bei 200 Stücke – können Sie jederzeit sehen. Ich bin eben dabei, sie aufzunehmen und arbeite nun jeden Tag (ausgenommen am 13. d., wo ich ganz in ein Atelier unseres Hauses mit meiner Bibliothek übersiedle) daran bei H. Aber vielleicht hat HvH den Wunsch, die Stücke Ihnen selbst zu zeigen. Nur wenn Sie etwas brauchen oder später keine Zeit mehr dafür hätten, würde ich Sie bitten, jetzt zu kommen, die Sammlung anzusehen. ⇧ Und ⇧ dies: Nottebohm 5 ist stark überholt. Ich nehme ihm ja nur übel, wenn er einen Zweitdruck als ersten annimmt. Dass er {3} spätere Auflagen (namentlich Titelauflagen mit Originaltextplatten) nicht immer unterscheiden, lange nicht alle gekannt, kreidet ihm nur Vrieslander an. Bei Mozart (Köchel) hat sich auch wieder viel Neues ergeben. Und in Salzburg war auch noch ein sehr realer Vortrag eines gelehrten Kapellmeister Strasser (dzt. Budapest), der die Opern in den Ms. studiert hat und Wunder von den Drucken, namentlich der G.-A. zu erzählen wusste, besonders über Schwellungszeichen. Mozart hat in der ganzen Zauberflöte keines, dafür aber eine Art Siegel (mp, etc.), d ieas immer missverstanden wurden. Strasser möchte Sie einmal aufsuchen. Bei Haydn steht die Sache jetzt hoffnungsvoller. HvH hat diese Gruppe selbst aufgenommen, wobei sich die Sonatenausgabe der G.-A. (Bressler) 6 als sehr genau in den Regesten erwies. Ich habe übrigens so viele Verzeichnisse zu Haydn aufgetrieben, auch Pohls Nachlass zu HvH. geschafft, dass uns da nichts mehr überraschen kann. ⇧ Ich rede HvH. zu, einen them. Katalog zu machen. 7 {4} ⇧ Unsere sehr grosse, fast vollständige Chopin-Sammlunge (aller Originaldrucke aller Verleger) ist eben durch op. 4 vermehr[t] worden, das Vr. lange gesucht hatte. Ich fand es in meinem alten Lager bei Seidel. Ich hoffe sehr, Sie bald wieder sehen zu können. ⇧ 1 Blg. © Transcription William Drabkin, 2023 |
Thank you for your letter. 2 I sent off Vrieslander’s manuscript to Drei Masken Verlag on the 9th (at my peril, as I shall explain to you as soon as possible), unaltered, with the instruction to print it in its entirety. Thus the publisher will in no way have a laundry-list for critics, but rather a proper prospectus for its readership. 3 It had hesitated only on account of what it believed to be too great a scope, which in my opinion could have done with some pruning. But I found it stylistically too complicated, though I didn’t want to write more about it other than to point to the passage that caught your attention (“in its complete and individual organism”) and the passage (“offers … auditory development …” and “aural expansion”) which seem too weighty for a prospectus. The passage in the letter I am returning to you {2} is something I can explain from the notorious ignorance of book dealers (retail shop assistants), who often garble an order so that the publisher no longer understands it. I would dearly like to get my hands on an order to Drei Masken Verlag to prove the point. But perhaps you will write [to them] yourself. You may look at the 138 first editions of Beethoven 4 at any time; there are perhaps more, for the grouping had somewhat delayed things in the purchase, and we bought close to 200 items. I am just at the point of recording them and I am now working on this every day at Hoboken’s (apart from the 13th, when I shall relocate with my library to an attic in our apartment house). But perhaps Mr. van Hoboken would like to show you the things himself. Only if you need something, or would not have more time at a later date, would I ask you to come now and have a look at the collection. ⇧ And ⇧ another thing: Nottebohm 5 is seriously out of date. I hold it against him only when he takes a second edition to be a first edition. {3} He does not always distinguish later editions (especially reissues under a new title, with the original text plates), and does not know many of them; but only Vrieslander holds that against him. With Mozart (Köchel) there have again been many new things. And in Salzburg a very informative lecture was given by a learned conductor by the name of Strasser (currently in Budapest), who has studied the operas in manuscript and was able to relate fascinating things about the prints, especially that of the collected edition, especially hairpin crescendos. In the whole of The Magic Flute , Mozart did not write a single one, but instead a kind of sign ( mp , etc.) which was always misunderstood. Strasser may want to meet you sometime. With Haydn, things are more hopeful. Mr. van Hoboken has taken this on himself and found that the edition of the sonatas in the collected edition (Bressler) 6 proved to have been very precise in the (critical) reports. I have, moreover, chased down so many Haydn catalogues for Mr. van Hoboken, including Pohl’s estate, that nothing more can surprise us. ⇧ I am going to persuade Mr. van Hoboken to make a thematic catalog. 7 {4} ⇧ Our very large, almost complete Chopin collection (all the original editions of every publisher) has just been augmented by Op. 4, which Vrieslander had long sought. I found it in my old storage place at Seidel’s. I very much hope to see you again soon. ⇧ 1 enclosure © Translation William Drabkin, 2023 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker’s diary for September 12, 1927: “Von Deutsch (Br): über 200 Neuerwerbungen” (“From Deutsch (letter): more than 200 new acquisitions”). 2 Schenker’s response to Deutsch’s letter of September 8, questioning the length of Vrieslander’s prospectus for the second Meisterwerk yearbook. 3 Presumably a short description of the second Meisterwerk yearbook, distributed to booksellers to encourage them to order stocks of it for sale in their shops. 4 The number 138 corresponds to the works by Beethoven identified by opus numbers, the last three of which (Der glorreiche Augenblick, a fugue for string quartet, and the "Leonore" Overture No. 1) were published posthumously. 5 Gustav Nottebohm, Thematisches Verzeichnis der im Druck erschienenen Werken von Ludwig van Beethoven (Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1868). 6 Deutsch has misremembered the name of the editor of the piano sonatas in the Haydn collected edition: Karl Päsler. 7 Hoboken’s catalog grew into a three-volume work, J. Haydn: Thematisch-Bibliographisches Werkverzeichnis (Mainz: Schott, 1957, 1971, 1975). In the Foreword to the first volume, however, Hoboken claims that he did not start putting together a card-file until 1934, nor does he acknowledge Deutsch’s assistance in assembling the materials for the catalog. |
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Commentary
Digital version created: 2023-02-06 |