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Prag, am 1. September 1922

Sehr geehrter Herr! 1

Da es die wirtschaftlichen Verhältnisse meinem Manne als Kaufmann bisher und voraussichtlich noch längere Zeit nicht gestatten sich in Wien ansässig zu machen und ich nicht noch länger auf eine Besserung in der Beziehung warten will, habe ich mich entschlossen von Prag aus meine Stunden, allerdings in viel begrenzterer Anzahl als früher, mit Ihrer gütigen Zustimmung wieder aufzunehmen.

Selbstredend bringt mein Aufenthalt in Prag und der Umstand, daß ich mich nach einem anderen Staate begeben muß, viele Momente mit sich, die bedacht sein müssen.

Was die Zahlung betrifft, könnte sie in {2} jeder von Ihnen beliebigen Währung bestimmt werden. Ich bin absolute nicht informiert, welches, sehr geschätzter Herr Doktor derzeit Ihre Ansprüche sind und müßte mir die Anzahl meiner Stunden in Anbetracht dieser, und der Reisekosten bemessen. Ich würde bitten, bei so ungewöhnlicher Situation, mir bei Bestimmung der Stundenanzahl mit Rat zu Hilfe zu kommen.

Da ich in sehr argem Rückstand betreffs Spiel und noch mehr in Theorie bin, weiß ich nicht ob eine Reise jede 3te Woche nach Wien da genügen dürfte. Ich muß auch meinen Pflichten als Frau Rechnung tragen, respektive dem Wunsche meines Mannes, dem vorleufig [sic] eine öftere Fahrt als {3} einmal in 3 Wochen nicht erwünscht ist. Soll ich nun die Theoriestunde fallen lassen und lieber 2 Klavierstunden auf einmal nehmen, oder genügt eine Klavierstunde und eine Theoriestunde 3wöchentlich um mich wenigstens in einiger Zeit dahin zu bringen wo ich war, um von da aus weiter arbeiten zu können. Ich wäre Herrn Doktor für Rat sehr und sehr dankbar. Ich bringe gerne das Opfer der Strapac 2 und vielleicht noch andere, um nur den Unterricht bei Ihnen wieder aufnehmen zu können.

Man müßte auch die Frage in Erwägung ziehen, ob man in Anbetracht der möglich eintretenden politischen Wirren (Bahnstreick, 3 Revolution ect. ect. [sic]) einen bindenden Abschluß {4} für die ganze Saison, oder die Angelegenheit in einen kürzeren Zeitraum begrenzen soll. Auch Feiertage dürften mir den ohnedies großen Zeitabschnitt nicht noch mehr verlängern. In derartigem Eventualitätsfall könnte man vielleicht die Stunden um 1 oder 2 Tage (nach Möglichkeit Ihrerseits) verlegen.

Ich bitte nun sehr geehrter Herr Doktor um Ihre Meinung und Ansprüche und will hoffen, daß mir keine abschlägige Antwort beschieden ist.


Mit altgewohnter Hochachtung
und Grüßen
[signed:] Hilde Rubinraut
früher Frl. König.


Prag-Weinberge
Manesová No 16.

© Transcription Ian Bent, 2022


Prague, September 1, 1922

Dear Sir, 1

Since financial conditions preclude my husband, as a merchant, up to now and for the foreseeable future, from claiming residence in Vienna, and I do not anticipate any improvement in the situation, I have decided, with your kind consent, to resume my lessons from Prague, albeit in much reduced numbers than previously.

Needless to say, my status as a resident of Prague, and the fact that I must travel to another country, raises many aspects that need to be taken into consideration.

As concerns payment, this could be arranged in {2} any currency that you designate. I have no idea what your charges, highly esteemed Dr. [Schenker], currently are, and would have to calculate the number of lessons that I take against the latter and the costs of travel. In so unorthodox a situation, I would appreciate it if you could advise me on how many lessons I should take.

Since I am terribly out of practice, even more so in theory, I don’t know whether a trip to Vienna every third week would be sufficient. I must also take into account my duties as a wife, and the wishes of my husband to whom for now travel more frequently than {3} once every three weeks would be unwelcome. Ought I for now to let the theory lesson go and instead take two piano lessons per visit, or will one piano lesson and one theory lesson every third week be sufficient to bring me, at least in reasonable time, back up to where I used to be, in order then to progress further. I would be very, very grateful for your advice, Dr. [Schenker]. I am prepared to make sacrifices, to put in much effort, 2 and perhaps other things, so as to be able to resume my instruction with you.

It may be necessary also to factor in whether the looming political turmoil (rail strike, 3 revolution, etc, etc) might possibly put an unavoidable end {4} to the whole season, or restrict the amount of time we have at our disposal. Also, might not holidays prolong the already long period still further? In any such eventuality could the lessons perhaps be [?rescheduled] by one or two days (if convenient for you)?

Please, dear Dr. [Schenker], let me know your opinion and requirements; I hope not to receive a negative response.


With long-accustomed regards
and greetings,
[signed:] Hilde Rubinraut
formerly Miss König.


Prag-Weinberge
Mánesova 16

© Translation Ian Bent, 2022


Prag, am 1. September 1922

Sehr geehrter Herr! 1

Da es die wirtschaftlichen Verhältnisse meinem Manne als Kaufmann bisher und voraussichtlich noch längere Zeit nicht gestatten sich in Wien ansässig zu machen und ich nicht noch länger auf eine Besserung in der Beziehung warten will, habe ich mich entschlossen von Prag aus meine Stunden, allerdings in viel begrenzterer Anzahl als früher, mit Ihrer gütigen Zustimmung wieder aufzunehmen.

Selbstredend bringt mein Aufenthalt in Prag und der Umstand, daß ich mich nach einem anderen Staate begeben muß, viele Momente mit sich, die bedacht sein müssen.

Was die Zahlung betrifft, könnte sie in {2} jeder von Ihnen beliebigen Währung bestimmt werden. Ich bin absolute nicht informiert, welches, sehr geschätzter Herr Doktor derzeit Ihre Ansprüche sind und müßte mir die Anzahl meiner Stunden in Anbetracht dieser, und der Reisekosten bemessen. Ich würde bitten, bei so ungewöhnlicher Situation, mir bei Bestimmung der Stundenanzahl mit Rat zu Hilfe zu kommen.

Da ich in sehr argem Rückstand betreffs Spiel und noch mehr in Theorie bin, weiß ich nicht ob eine Reise jede 3te Woche nach Wien da genügen dürfte. Ich muß auch meinen Pflichten als Frau Rechnung tragen, respektive dem Wunsche meines Mannes, dem vorleufig [sic] eine öftere Fahrt als {3} einmal in 3 Wochen nicht erwünscht ist. Soll ich nun die Theoriestunde fallen lassen und lieber 2 Klavierstunden auf einmal nehmen, oder genügt eine Klavierstunde und eine Theoriestunde 3wöchentlich um mich wenigstens in einiger Zeit dahin zu bringen wo ich war, um von da aus weiter arbeiten zu können. Ich wäre Herrn Doktor für Rat sehr und sehr dankbar. Ich bringe gerne das Opfer der Strapac 2 und vielleicht noch andere, um nur den Unterricht bei Ihnen wieder aufnehmen zu können.

Man müßte auch die Frage in Erwägung ziehen, ob man in Anbetracht der möglich eintretenden politischen Wirren (Bahnstreick, 3 Revolution ect. ect. [sic]) einen bindenden Abschluß {4} für die ganze Saison, oder die Angelegenheit in einen kürzeren Zeitraum begrenzen soll. Auch Feiertage dürften mir den ohnedies großen Zeitabschnitt nicht noch mehr verlängern. In derartigem Eventualitätsfall könnte man vielleicht die Stunden um 1 oder 2 Tage (nach Möglichkeit Ihrerseits) verlegen.

Ich bitte nun sehr geehrter Herr Doktor um Ihre Meinung und Ansprüche und will hoffen, daß mir keine abschlägige Antwort beschieden ist.


Mit altgewohnter Hochachtung
und Grüßen
[signed:] Hilde Rubinraut
früher Frl. König.


Prag-Weinberge
Manesová No 16.

© Transcription Ian Bent, 2022


Prague, September 1, 1922

Dear Sir, 1

Since financial conditions preclude my husband, as a merchant, up to now and for the foreseeable future, from claiming residence in Vienna, and I do not anticipate any improvement in the situation, I have decided, with your kind consent, to resume my lessons from Prague, albeit in much reduced numbers than previously.

Needless to say, my status as a resident of Prague, and the fact that I must travel to another country, raises many aspects that need to be taken into consideration.

As concerns payment, this could be arranged in {2} any currency that you designate. I have no idea what your charges, highly esteemed Dr. [Schenker], currently are, and would have to calculate the number of lessons that I take against the latter and the costs of travel. In so unorthodox a situation, I would appreciate it if you could advise me on how many lessons I should take.

Since I am terribly out of practice, even more so in theory, I don’t know whether a trip to Vienna every third week would be sufficient. I must also take into account my duties as a wife, and the wishes of my husband to whom for now travel more frequently than {3} once every three weeks would be unwelcome. Ought I for now to let the theory lesson go and instead take two piano lessons per visit, or will one piano lesson and one theory lesson every third week be sufficient to bring me, at least in reasonable time, back up to where I used to be, in order then to progress further. I would be very, very grateful for your advice, Dr. [Schenker]. I am prepared to make sacrifices, to put in much effort, 2 and perhaps other things, so as to be able to resume my instruction with you.

It may be necessary also to factor in whether the looming political turmoil (rail strike, 3 revolution, etc, etc) might possibly put an unavoidable end {4} to the whole season, or restrict the amount of time we have at our disposal. Also, might not holidays prolong the already long period still further? In any such eventuality could the lessons perhaps be [?rescheduled] by one or two days (if convenient for you)?

Please, dear Dr. [Schenker], let me know your opinion and requirements; I hope not to receive a negative response.


With long-accustomed regards
and greetings,
[signed:] Hilde Rubinraut
formerly Miss König.


Prag-Weinberge
Mánesova 16

© Translation Ian Bent, 2022

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker’s diary for September 2, 1922: “Von Frau Rubinraut (Br. aus Prag): bittet um Stunden.” (“From Mrs. Rubinraut (letter from Prague): asks for lessons.”), and for September 4: “An Frau Rubinraut (Br.): 20 Goldkronen.” (“An Frau Rubinraut (Br.): 20 Goldkronen.”).

2 Strapac: German term, Strapaze, “exertion,” “strain,” written with Czech orthography.

3 Schenker himself speaks in his diary on September 5 of a strike of typesetters.

Commentary

Format
4p letter, recto-verso, holograph salutation, message, valediction, and signature
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1955)--Jonas, Oswald (c.1955-1978)--University of California, Riverside (1978-)
Rights Holder
mmHeirs and representatives of Hilde Rubinraut. Deemed to be in the public domain.
License
All reasonable attempts have been made to identify the heirs or representatives of Hilde Rubinraut. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk

Digital version created: 2022-06-05
Last updated: 2011-06-09