[printed letterhead:]
WIEN
XIII., WATTMANNGASSE 5

21. III. 31.

Lieber Meister, 1

in aller Eile möchte ich Ihnen nur berichten, dass Furtw. sich in aller menschlichster und bescheidenster Weise bereit erklärt hat, das Seinige zu tun. Seine Worte waren, er empfinde es als beschämend[,] „dass ein solcher Mann in solcher Lage sei“ und er halte „es für seine Ehrenpflich“[,] für Sie in dieser Sache einzutreten. 2 Er sei mit zwei sehr reichen Leuten in Berlin befreundet, von denen er noch nie etwas verlangt habe und von denen er sich erwarte, dass sie ihm, wenn er an sie herantritt, ohneweiters seine Bitte erfüllen werden. Er weiss, dass Sie davon wissen, dass ich {2} mit ihm gesprochen habe, möchte aber lieber die ganze Angelegenheit mit mir brieflich erledigen, weil er es peinlich empfindet[,] mit Ihnen persönlich diesbezüglich zu korrespondieren. 3

Die nächste Woche hat er Figaroproben und Aufführung. Für Anfang der übernächste Woche hat er versprochen, die Angelegenheit in Angriff zu nehmen und will mir dann gleich schreiben. Der Sicherheit halber erwähnte ich die Summe von 4.000 Mark für den Freien Satz.

Es war vielleicht doch besser so, dass wir nicht zum Abendbrot zu Ihnen kamen, denn so hatte ich Gelegenheit beim Nachtmahl ausführlich mit Ihnen darüber zu sprechen.

{3} Bei Tag finde ich wirklich kaum Zeit zu Ihnen [zu] kommen, wenn’s aber wirklich einmal ein Abend sein kann, dann werde ich mich sehr freuen. Mein letzter Vortrag 4 ist nächsten Mittwoch.




Viele herzlichste Grüsse Ihnen beiden
von Ihrem
[signed:] H .

Den Anfang des Mozartbriefes 5 über die Kompositionen von van Swieten kannte ich übrigens doch noch nicht!

F. war von dem Brief sehr beeindrückt, er sprach noch am Bahnhof, wohin ich ihn begleitete, immer wieder davon.

Ich muss Furtwängler nächste Woche der Sicherheit halber noch schreiben und werde, was ich ihm mündlich bereits andeu- {4} tete, ihn ersuchen den Betrag so zu bestimmen, dass Sie auch die Kosten der Eroica wieder zurückerhalten.

Bevor ich ihm schreibe, würde ich eben noch gerne mit Ihnen sprechen!

Allerherzlichst!

© Transcription William Drabkin, 2008


[printed letterhead:]
VIENNA
XIII, WATTMANNGASSE 5

March 21, 1931

Dear Master, 1

In great haste, I would merely like to report to you that Furtwängler, in the most human and modest way possible, has expressed himself willing to do his part. His words were that he felt it shameful "that such a man is in such a situation," and he regards it "as a duty of honor" to intervene on your behalf in this matter. 2 He is on friendly terms with two very rich people in Berlin, from whom he has never before asked for anything, and from whom he expects that, if he approaches them, they would readily fulfil his request. He knows that you know that I {2} have spoken with him, but would prefer to take care of the entire matter with me, by letter, as he finds it painful to correspond with you personally about this. 3

Next week he has rehearsals and a performance of Figaro. He promised to take the matter in hand at the beginning of the week after next, and will then write to me immediately. For sake of a clear understanding, I mentioned the sum of 4,000 marks for Free Composition .

It is perhaps better that we did not [all] come to you for an evening meal, since I would then have had the occasion to speak at length with you at table about the matter.

{3} During the day I can hardly find the time to come to you; so if it is in reality going to be possible to meet on some evening, then I would be very glad. My last lecture 4 is next Wednesday.




Many cordial greetings to the two of you
from your
[signed:] H.

P.S. In fact, I did not hitherto know the beginning of the Mozart letter, 5 concerning van Swieten's compositions!

F. was most impressed by the letter; I accompanied him to the train station, where he still continued to speak about it.

I must must write to Furtwängler again next week, to make sure that things are clear; I will attempt to get him to agree to what I had already hinted to him orally: {4} to fix upon a sum of money large enough for you also to recoup the costs you incurred in the publication of the "Eroica" analysis.

Before I write to him, I would actually like very much to speak with you!

Most cordially!

© Translation William Drabkin, 2008


[printed letterhead:]
WIEN
XIII., WATTMANNGASSE 5

21. III. 31.

Lieber Meister, 1

in aller Eile möchte ich Ihnen nur berichten, dass Furtw. sich in aller menschlichster und bescheidenster Weise bereit erklärt hat, das Seinige zu tun. Seine Worte waren, er empfinde es als beschämend[,] „dass ein solcher Mann in solcher Lage sei“ und er halte „es für seine Ehrenpflich“[,] für Sie in dieser Sache einzutreten. 2 Er sei mit zwei sehr reichen Leuten in Berlin befreundet, von denen er noch nie etwas verlangt habe und von denen er sich erwarte, dass sie ihm, wenn er an sie herantritt, ohneweiters seine Bitte erfüllen werden. Er weiss, dass Sie davon wissen, dass ich {2} mit ihm gesprochen habe, möchte aber lieber die ganze Angelegenheit mit mir brieflich erledigen, weil er es peinlich empfindet[,] mit Ihnen persönlich diesbezüglich zu korrespondieren. 3

Die nächste Woche hat er Figaroproben und Aufführung. Für Anfang der übernächste Woche hat er versprochen, die Angelegenheit in Angriff zu nehmen und will mir dann gleich schreiben. Der Sicherheit halber erwähnte ich die Summe von 4.000 Mark für den Freien Satz.

Es war vielleicht doch besser so, dass wir nicht zum Abendbrot zu Ihnen kamen, denn so hatte ich Gelegenheit beim Nachtmahl ausführlich mit Ihnen darüber zu sprechen.

{3} Bei Tag finde ich wirklich kaum Zeit zu Ihnen [zu] kommen, wenn’s aber wirklich einmal ein Abend sein kann, dann werde ich mich sehr freuen. Mein letzter Vortrag 4 ist nächsten Mittwoch.




Viele herzlichste Grüsse Ihnen beiden
von Ihrem
[signed:] H .

Den Anfang des Mozartbriefes 5 über die Kompositionen von van Swieten kannte ich übrigens doch noch nicht!

F. war von dem Brief sehr beeindrückt, er sprach noch am Bahnhof, wohin ich ihn begleitete, immer wieder davon.

Ich muss Furtwängler nächste Woche der Sicherheit halber noch schreiben und werde, was ich ihm mündlich bereits andeu- {4} tete, ihn ersuchen den Betrag so zu bestimmen, dass Sie auch die Kosten der Eroica wieder zurückerhalten.

Bevor ich ihm schreibe, würde ich eben noch gerne mit Ihnen sprechen!

Allerherzlichst!

© Transcription William Drabkin, 2008


[printed letterhead:]
VIENNA
XIII, WATTMANNGASSE 5

March 21, 1931

Dear Master, 1

In great haste, I would merely like to report to you that Furtwängler, in the most human and modest way possible, has expressed himself willing to do his part. His words were that he felt it shameful "that such a man is in such a situation," and he regards it "as a duty of honor" to intervene on your behalf in this matter. 2 He is on friendly terms with two very rich people in Berlin, from whom he has never before asked for anything, and from whom he expects that, if he approaches them, they would readily fulfil his request. He knows that you know that I {2} have spoken with him, but would prefer to take care of the entire matter with me, by letter, as he finds it painful to correspond with you personally about this. 3

Next week he has rehearsals and a performance of Figaro. He promised to take the matter in hand at the beginning of the week after next, and will then write to me immediately. For sake of a clear understanding, I mentioned the sum of 4,000 marks for Free Composition .

It is perhaps better that we did not [all] come to you for an evening meal, since I would then have had the occasion to speak at length with you at table about the matter.

{3} During the day I can hardly find the time to come to you; so if it is in reality going to be possible to meet on some evening, then I would be very glad. My last lecture 4 is next Wednesday.




Many cordial greetings to the two of you
from your
[signed:] H.

P.S. In fact, I did not hitherto know the beginning of the Mozart letter, 5 concerning van Swieten's compositions!

F. was most impressed by the letter; I accompanied him to the train station, where he still continued to speak about it.

I must must write to Furtwängler again next week, to make sure that things are clear; I will attempt to get him to agree to what I had already hinted to him orally: {4} to fix upon a sum of money large enough for you also to recoup the costs you incurred in the publication of the "Eroica" analysis.

Before I write to him, I would actually like very much to speak with you!

Most cordially!

© Translation William Drabkin, 2008

Footnotes

1 Receipt of this postcard and Schenker's reply are recorded in his diary at OJ 4/4, pp. 3598‒3599: "Von Weisse (Br. expreß): Furtwängler werde reiche Freunde angehen. — An Weisse (Br. expreß): verstärke meine Bitte, indem ich erkläre, daß ich das Geld für 3½ Sommer in Galtür brauche u. jede andere Verwendung eine Grotesque wäre. Ich könnte außerdem den Streich wiederholen u. gewänne schließlich das Zutrauen zu den Menschen um mich herum zurück. Um seines eigenen Ansehens willen müßte F. auf mehr Geld bestehen, so daß für den freien Satz noch etwas übrig bliebe. Habe ich selbst einen solchen Betrag hingelegt u. kommen Andere so leicht zu Geld, warum sollte ich oder ein Buch von mir einen solchen Unterschied bewirken?"
("From Weisse (express letter): Furtwängler will approach wealthy friends. — To Weisse (express letter): I emphasize my request by explaining that I need the money for three and a half summers in Galtür, and that any other use of it would be a grotesquerie. I could, moreover, repeat the trick, and would in the end win back my trust in the people around me. For the sake of his own esteem, Furtwängler ought to insist on more money so that something would be left over for Free Composition. If I myself put down such a payment, and if others have such easy access to money, why should I, or a book of mine, make any difference?").

2 It is worth noting that Schenker's diary for March 25, 1931 (OJ 4/4, p. 3600) records: "v. H. erklärt nach der Stunde den freien Satzübernehmen zu wollen: „Ich dachte mir, daß Furtwängler in dieser Sache bei Ihnen gewesen ist!“ Ich danke ihm, teile auch gleich mit, daß Furtwängler, durch Weisse veranlaßt, sich bemühen will, mir die Kosten der Eroica zurückzuholen, vielleicht die Freunde auch für den freien Satz zu gewinnen. Ich verspreche Hoboken, ihn auf dem Laufenden zu halten."
("Hoboken declares, after the lesson, that he would like to assume [financial responsibility for] Free Composition: "I thought Furtwängler was at your place to discuss this matter!" I thank him, explaining immediately that Furtwängler, having been approached by Weisse, will make an effort to recoup my expenses for the "Eroica," and might also gain the support of his friends for Free Composition. I promise Hoboken that I will keep him informed about what happens.").

3 Schenker’s finances were severely strained by the publication costs of the third volume of Das Meisterwerk in der Musik (with the analysis of Beethoven’s "Eroica" Symphony), which had recently appeared, and he seemed particularly anxious about the costs of Der freie Satz, a work that he was expecting to complete very soon.

4 The third and last of Weisse's lectures on Schenker's theories at the Society for Music Pedagogy in Vienna on March 25.

5 A letter purportedly written by Mozart to Baron Gottfried van Swieten concerning compositional process; this letter was the subject of much of Schenker's correspondence at this time.