Lieber Herr van Hoboken!

Da 1 ich Sie am Freitag als einem Feiertag, 2 der nun wirklich gehalten wird, nicht sehe, so will ich doch zur heiteren Erhöhung des Feiertags das Feuilleton von Liebstöckl 3 über Křenek Ihnen schicken, das ich heute von ihm erhalten habe.

Die von ihm beigesetzten Worte „gut gemeint“ beziehen sich offenbar auf die ebenfalls von ihm selbst rot unterstrichene Stelle. Wenn ich ihn recht verstehe, will er sagen: „Gern möchte ich über Ihren Stoff mehr schreiben, aber ich bin ihm nicht gewachsen, muß daher Sie wie mich blos mit „gut gemeinten“ paar Worten abfinden.“ Da wäre er freilich {2} nicht der erste, der so denkt u. handelt, auch Musiker wie Roth u. Oppel erklärten sich Einstein gegenüber derzeit noch zu unsicher, um Ausführliches zu schreiben. Desto neugieriger bin ich auf Weisse's „Tonkunst.“ Freilich verarge ich Niemandem das Gefühl der Unsicherheit, es wäre unmenschlich u. unvernünftig, wenn ich es täte. Nun, ich habe Zeit.

Beste Wünsche für den Feiertag Ihnen u. Ihrer verehrten Gattin von uns Beiden


Ihr
[signed:] HSchenker 4. 1. 28

© Transcription John Rothgeb, 2008



Dear Mr. van Hoboken,

Since 1 Friday is a holiday 2 that will now actually be observed, and I will therefore not see you, I want at least to send you, for entertaining enhancement of the holiday, the feuilleton by Liebstöckl 3 on Křenek, which I received from him today.

The comment "well meant" that he has added obviously pertains to the passages underlined (also by him) in red. If I understand him, he means to say: "I would like to write more on your material, but I am not equal to the task, therefore both you and I will have to content ourselves only with a few 'well-meant' words." There, admittedly, he would {2} not be the first to think and act in such a way; musicians like Roth and Oppel represented themselves to Einstein as still too unsure of themselves to write in detail. I am all the more curious about Weisse's Die Tonkunst . Naturally, I fault nobody for the feeling of lack of confidence; I would be uncharitable and unreasonable to do so. Well, I can wait.

Best wishes for the holiday to you and your dear wife from both of us.


Yours,
[signed:] H.Schenker January 4, 1928

© Translation John Rothgeb, 2008



Lieber Herr van Hoboken!

Da 1 ich Sie am Freitag als einem Feiertag, 2 der nun wirklich gehalten wird, nicht sehe, so will ich doch zur heiteren Erhöhung des Feiertags das Feuilleton von Liebstöckl 3 über Křenek Ihnen schicken, das ich heute von ihm erhalten habe.

Die von ihm beigesetzten Worte „gut gemeint“ beziehen sich offenbar auf die ebenfalls von ihm selbst rot unterstrichene Stelle. Wenn ich ihn recht verstehe, will er sagen: „Gern möchte ich über Ihren Stoff mehr schreiben, aber ich bin ihm nicht gewachsen, muß daher Sie wie mich blos mit „gut gemeinten“ paar Worten abfinden.“ Da wäre er freilich {2} nicht der erste, der so denkt u. handelt, auch Musiker wie Roth u. Oppel erklärten sich Einstein gegenüber derzeit noch zu unsicher, um Ausführliches zu schreiben. Desto neugieriger bin ich auf Weisse's „Tonkunst.“ Freilich verarge ich Niemandem das Gefühl der Unsicherheit, es wäre unmenschlich u. unvernünftig, wenn ich es täte. Nun, ich habe Zeit.

Beste Wünsche für den Feiertag Ihnen u. Ihrer verehrten Gattin von uns Beiden


Ihr
[signed:] HSchenker 4. 1. 28

© Transcription John Rothgeb, 2008



Dear Mr. van Hoboken,

Since 1 Friday is a holiday 2 that will now actually be observed, and I will therefore not see you, I want at least to send you, for entertaining enhancement of the holiday, the feuilleton by Liebstöckl 3 on Křenek, which I received from him today.

The comment "well meant" that he has added obviously pertains to the passages underlined (also by him) in red. If I understand him, he means to say: "I would like to write more on your material, but I am not equal to the task, therefore both you and I will have to content ourselves only with a few 'well-meant' words." There, admittedly, he would {2} not be the first to think and act in such a way; musicians like Roth and Oppel represented themselves to Einstein as still too unsure of themselves to write in detail. I am all the more curious about Weisse's Die Tonkunst . Naturally, I fault nobody for the feeling of lack of confidence; I would be uncharitable and unreasonable to do so. Well, I can wait.

Best wishes for the holiday to you and your dear wife from both of us.


Yours,
[signed:] H.Schenker January 4, 1928

© Translation John Rothgeb, 2008

Footnotes

1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/1, p. 3163, January 4, 1928: "An Hoboken (Br.): Liebstöckls Aufsatz, ein paar Worte über „gut gemeint"." ("To Hoboken (letter): Liebstöckl's essay, a few words about 'well-meant'.").

2 January 6: Epiphany.

3 Cf. OJ 12/38, [2], January 11, 1928. Schenker's diary at OJ 4/1, pp. 3162-3163, January 4, 1928, reports: "Von Liebstöckl (Br.): Besprechung von Křenek's „Jonny spielt auf“, mit einer rot angestrichenen Stelle, die der Urlinie erwähnt. An Kopf des Feuilletons die Worte „gut gemeint“. ("From Liebstöckl (letter): review of Křenek's Jonny spielt auf, with a passage underlined in red that mentions the Urlinie. At the top of the review the words "well-meant".). The review, Hans Liebstöckl, "Krenek spielt auf," Die Stunde, is preserved in Schenker's scrapbook at OJ 2/p. 74. On January 6 (ibid), Schenker responded: "An Liebstöckl (K.): Dank für die Zusendung des Feuilletons; einge Spässe über Krenek." ("To Liebstöckl (postcard): thanks for sending the feuilleton; a few jokes about Krenek.")"