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OJ 89/3, [11] - Typewritten letter (typed copy) from Vrieslander to Schenker, dated October 23, 1929
This letter was forwarded by Schenker on October 24 to Hoboken, who made this typewritten copy for his own file, then presumably returned the original to Schenker.
⇧ A. VAN HOBOKEN WIEN IV., WIEDNER HAUPTSTRASSE 65 TEL. 56-403 ⇧ Sehr verehrter lieber Herr Dr Schenker! 1 Heute erhielt ich vom Rechtsanwalt des Hoboken eine Aufforderung, die Wohnung am 1.XI 1929 zu verlassen. Hiermit ist die Angelegenheit Hoboken in ein neues, das letzte Stadium insofern getreten, als Hoboken sich nunmehr bereits eines Rechtsstellvertreters bedient, sodass auch meinerseits die letzten privatüblichen Rücksichten zu fallen haben. Da aber der Hoboken Sie hinsichtlich meiner Chopinarbeiten in die Sache zog, ‒ wie er ja anfangs seines herbeigeführten Bruches auch Sie persönlich, ja, allerpersönlichst in die Sache hineinziehen musste ‒ so sehe ich mich veranlasst, nun ein letztes Mal Sie zum Vermittler dieser Zeilen oder ihres Inhaltes zu machen. Ich muss, Sie verzeihen es, da es eine letzte Behelligung ist, ein wenig weiter ausholen, damit Sie im Bilde sind. Der Vertrag zwischen Hoboken und mir, oder, was diesem gleichkommt, die mündliche Besprechung und daraus resultierendes gegenseitiges Einverständniss lautete dahin, dass ich für das Jahr 1929 die bisher zur Vefügung gestellte Summe von 6000 M erhalte, wogegen ich 4 Chopinarbeiten für das Archiv und eine Anzahl noch auszumachender kompositioneller Arbeiten an Hoboken abzuliefern sollte. Dieses wurde an einem Abende in seinem unteren gothischen Zimmer einwandsfrei abgemacht. Unter Ihrer gütigen Vermittlung liess ich mich nach dem Bruche zu Verhandlungen herbei. Hoboken liess Sie und mich in den Glauben, als ob er, unter Beirat seiner damals in Berlin weilenden Frau, eine erträglich Lösung der pekuniären Angelegenheit herbeizufhühren gedächte. Dieses stellt sich als gröbliche und absichtliche Irreführung heraus, indem Hoboken nur Zeit gewinnen wollte, sich in irgendeiner Weise um den mit mir eingegangen Vertrag zu drücken, ‒ deswegen wollte er auf einmal die rein private Vertragssache auf das ihm bequemere Gleise des Archives schieben, hoffend, auf solche Weise billiger oder fast leer auszugehen. Daher halte ich mich auch nicht mehr gebunden an eine in des Hoboken Belieben gestellte Lösung des Vertrages. Wenn ich den in Rechnung gestellte Betrag von 2010 M nicht bis zum 15.November dieses Jahres habe, werde ich mich mit Hoboken gerichtlich auseinanderzusetzen haben. Und zwar werde ich dann die ganze mir zustehende Summe in Betrage von 3000 M nebst Zinzen aus diesem Betrag einklagen. Wir wissen heute ja ganz genau, welches die wahren Beweggründe des Bruches von Seiten Hobokens waren und wir wissen auch ganz genau, dass die Höckneraffäre für ihm nur der ungemein willkommene Anlass war, eine rein pekuniäre Verpflichtung alsbald abzuschütteln. Hierüber ist freilich unter uns und unter anderen Kennern der Sache jedes weitere Wort überflüssig. Dass aber just Hoboken, der, seit ich ihn kenne, nämlich seit 10 Jahren, bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten das deutsche Volk als das vertragbrechende kat exochen 2 gescholdert, ausgeschrien und beschimpft hat, nun selber als ein Erzverträgebrecher mir gegenüber fungiert, gibt seiner gesamten Gesinnungs- und Handlungsweise ein besonderes Aroma. Selbstverständlich lehne ich nun meinerseits jeden weiteren Missbrauch Ihrer Person in dieser Sache ab. Sie haben wahrlich von jener Seite genug zu dulden gehabt und sind hinterdrein, genau wie ich, noch dupiert worden. Sie können von diesem Briefe jeden Gebrauch machen und ihn, wenn Sie es für zuträglich halten, ohne weiteres dem Hoboken zusenden. Hinsichtlich seiner Wohnungsräumungsaufforderung wird er durch seinen Rechtsanwalt orientiert werden. Ich werde aber zu beweisen haben, dass man auch in Deutschland einen Vertragsbruch sogar dann einen Vertragsbruch nennt, wenn ihn just ein Angehöriger der holländischen Nation begeht. Herzliche Grüsse Ihres ergebenen [signed:] (w.g. 3 ) Otto Vrieslander München 38, Walhallastrasse 9, 23. X 1929 © Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
⇧ A. VAN HOBOKEN VIENNA IV, WIEDNER HAUPTSTRASSE 65 TEL. 56-403 ⇧ Dear, greatly revered Dr. Schenker! 1 Today I received from Hoboken's lawyer a demand that I vacate the residence on November 1, 1929. Hereby the Hoboken affair has reached a new stage, the final one, in that Hoboken now avails himself of the services of a legal representative, so that for my part as well the last remnants of mutual respect necessarily vanish. But since Hoboken has drawn you into the matter in regard to my Chopin projects ‒ as he had perforce to involve you personally, indeed most personally, in the affair from the beginning of the rift initiated by him ‒, I find myself obliged one last time to call on you to serve as conveyer of these lines or of their content. I must ‒ you will pardon me, because it shall be one last inconvenience ‒ give a rather more detailed account in order to depict for you the situation in full. The contract between Hoboken and me, or ‒ which comes to the same thing ‒ the verbal conversation and the mutual agreement that resulted from it, stipulated that for the year 1929 I would receive the accustomed sum of 6,000 Marks, for which I was to deliver to Hoboken the four Chopin projects for the Archive and a number of yet to be decided compositional works. This was settled unequivocally one evening in his downstairs Gothic room. Under your kind mediation I consented after the rift to negotiations. Hoboken led you and me to believe that he, in consultation with his wife who was then staying in Berlin, planned to establish an acceptable resolution of the pecuniary matters. This turned out to be a gross and deliberate deception, since Hoboken wanted only to gain time to abrogate in some way the contract with me; thus he wanted abruptly to shunt the matter of the private contract onto the more convenient track of the Archive in the hope of thus getting off more cheaply or almost scot-free. Therefore I consider myself no longer constrained by a dissolution of the contract for Hoboken's convenience. If I have not received the invoiced amount of 2,010 Marks by November 15 of this year, I will be obliged to take legal measures against Hoboken. And in that case, I will demand the complete sum due me of 3,000 Marks along with interest on this amount. We know very well today what the true motivations on Hoboken's part were for the rift, and we also know very well that the Höckner matter was an extremely welcome pretext for him forthwith to default on a purely pecuniary obligation. About this, of course, any further discussion among ourselves or others familiar with the matter is unnecessary. But that Hoboken of all people, who, for as long as I have known him (thus for ten years), has taken every possible and impossible occasion to rebuke, revile, and excoriate the German people as contract-breakers par excellence, 2 now himself acts as arch-contract-breaker in his dealing with me, gives his whole manner of thought and action a peculiar aroma. Naturally I abjure for my own part any further imposition on your person in this matter. You have truly had enough to suffer from that side, and have after the fact been duped, exactly as I have been. You may make any use of this letter and, if you think it useful, immediately send it to Hoboken. Regarding his vacate-the-residence demand, he will be apprised by his attorney. I will need to prove, though, that in Germany too a breach of contract is called a breach of contract even if it is committed by a citizen of the Dutch nation. Cordial greetings, From your devoted [signed:] (w.g. 3 ) Otto Vrieslander Munich 38, Walhallastrasse 9, October 23, 1929 © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
⇧ A. VAN HOBOKEN WIEN IV., WIEDNER HAUPTSTRASSE 65 TEL. 56-403 ⇧ Sehr verehrter lieber Herr Dr Schenker! 1 Heute erhielt ich vom Rechtsanwalt des Hoboken eine Aufforderung, die Wohnung am 1.XI 1929 zu verlassen. Hiermit ist die Angelegenheit Hoboken in ein neues, das letzte Stadium insofern getreten, als Hoboken sich nunmehr bereits eines Rechtsstellvertreters bedient, sodass auch meinerseits die letzten privatüblichen Rücksichten zu fallen haben. Da aber der Hoboken Sie hinsichtlich meiner Chopinarbeiten in die Sache zog, ‒ wie er ja anfangs seines herbeigeführten Bruches auch Sie persönlich, ja, allerpersönlichst in die Sache hineinziehen musste ‒ so sehe ich mich veranlasst, nun ein letztes Mal Sie zum Vermittler dieser Zeilen oder ihres Inhaltes zu machen. Ich muss, Sie verzeihen es, da es eine letzte Behelligung ist, ein wenig weiter ausholen, damit Sie im Bilde sind. Der Vertrag zwischen Hoboken und mir, oder, was diesem gleichkommt, die mündliche Besprechung und daraus resultierendes gegenseitiges Einverständniss lautete dahin, dass ich für das Jahr 1929 die bisher zur Vefügung gestellte Summe von 6000 M erhalte, wogegen ich 4 Chopinarbeiten für das Archiv und eine Anzahl noch auszumachender kompositioneller Arbeiten an Hoboken abzuliefern sollte. Dieses wurde an einem Abende in seinem unteren gothischen Zimmer einwandsfrei abgemacht. Unter Ihrer gütigen Vermittlung liess ich mich nach dem Bruche zu Verhandlungen herbei. Hoboken liess Sie und mich in den Glauben, als ob er, unter Beirat seiner damals in Berlin weilenden Frau, eine erträglich Lösung der pekuniären Angelegenheit herbeizufhühren gedächte. Dieses stellt sich als gröbliche und absichtliche Irreführung heraus, indem Hoboken nur Zeit gewinnen wollte, sich in irgendeiner Weise um den mit mir eingegangen Vertrag zu drücken, ‒ deswegen wollte er auf einmal die rein private Vertragssache auf das ihm bequemere Gleise des Archives schieben, hoffend, auf solche Weise billiger oder fast leer auszugehen. Daher halte ich mich auch nicht mehr gebunden an eine in des Hoboken Belieben gestellte Lösung des Vertrages. Wenn ich den in Rechnung gestellte Betrag von 2010 M nicht bis zum 15.November dieses Jahres habe, werde ich mich mit Hoboken gerichtlich auseinanderzusetzen haben. Und zwar werde ich dann die ganze mir zustehende Summe in Betrage von 3000 M nebst Zinzen aus diesem Betrag einklagen. Wir wissen heute ja ganz genau, welches die wahren Beweggründe des Bruches von Seiten Hobokens waren und wir wissen auch ganz genau, dass die Höckneraffäre für ihm nur der ungemein willkommene Anlass war, eine rein pekuniäre Verpflichtung alsbald abzuschütteln. Hierüber ist freilich unter uns und unter anderen Kennern der Sache jedes weitere Wort überflüssig. Dass aber just Hoboken, der, seit ich ihn kenne, nämlich seit 10 Jahren, bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten das deutsche Volk als das vertragbrechende kat exochen 2 gescholdert, ausgeschrien und beschimpft hat, nun selber als ein Erzverträgebrecher mir gegenüber fungiert, gibt seiner gesamten Gesinnungs- und Handlungsweise ein besonderes Aroma. Selbstverständlich lehne ich nun meinerseits jeden weiteren Missbrauch Ihrer Person in dieser Sache ab. Sie haben wahrlich von jener Seite genug zu dulden gehabt und sind hinterdrein, genau wie ich, noch dupiert worden. Sie können von diesem Briefe jeden Gebrauch machen und ihn, wenn Sie es für zuträglich halten, ohne weiteres dem Hoboken zusenden. Hinsichtlich seiner Wohnungsräumungsaufforderung wird er durch seinen Rechtsanwalt orientiert werden. Ich werde aber zu beweisen haben, dass man auch in Deutschland einen Vertragsbruch sogar dann einen Vertragsbruch nennt, wenn ihn just ein Angehöriger der holländischen Nation begeht. Herzliche Grüsse Ihres ergebenen [signed:] (w.g. 3 ) Otto Vrieslander München 38, Walhallastrasse 9, 23. X 1929 © Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
⇧ A. VAN HOBOKEN VIENNA IV, WIEDNER HAUPTSTRASSE 65 TEL. 56-403 ⇧ Dear, greatly revered Dr. Schenker! 1 Today I received from Hoboken's lawyer a demand that I vacate the residence on November 1, 1929. Hereby the Hoboken affair has reached a new stage, the final one, in that Hoboken now avails himself of the services of a legal representative, so that for my part as well the last remnants of mutual respect necessarily vanish. But since Hoboken has drawn you into the matter in regard to my Chopin projects ‒ as he had perforce to involve you personally, indeed most personally, in the affair from the beginning of the rift initiated by him ‒, I find myself obliged one last time to call on you to serve as conveyer of these lines or of their content. I must ‒ you will pardon me, because it shall be one last inconvenience ‒ give a rather more detailed account in order to depict for you the situation in full. The contract between Hoboken and me, or ‒ which comes to the same thing ‒ the verbal conversation and the mutual agreement that resulted from it, stipulated that for the year 1929 I would receive the accustomed sum of 6,000 Marks, for which I was to deliver to Hoboken the four Chopin projects for the Archive and a number of yet to be decided compositional works. This was settled unequivocally one evening in his downstairs Gothic room. Under your kind mediation I consented after the rift to negotiations. Hoboken led you and me to believe that he, in consultation with his wife who was then staying in Berlin, planned to establish an acceptable resolution of the pecuniary matters. This turned out to be a gross and deliberate deception, since Hoboken wanted only to gain time to abrogate in some way the contract with me; thus he wanted abruptly to shunt the matter of the private contract onto the more convenient track of the Archive in the hope of thus getting off more cheaply or almost scot-free. Therefore I consider myself no longer constrained by a dissolution of the contract for Hoboken's convenience. If I have not received the invoiced amount of 2,010 Marks by November 15 of this year, I will be obliged to take legal measures against Hoboken. And in that case, I will demand the complete sum due me of 3,000 Marks along with interest on this amount. We know very well today what the true motivations on Hoboken's part were for the rift, and we also know very well that the Höckner matter was an extremely welcome pretext for him forthwith to default on a purely pecuniary obligation. About this, of course, any further discussion among ourselves or others familiar with the matter is unnecessary. But that Hoboken of all people, who, for as long as I have known him (thus for ten years), has taken every possible and impossible occasion to rebuke, revile, and excoriate the German people as contract-breakers par excellence, 2 now himself acts as arch-contract-breaker in his dealing with me, gives his whole manner of thought and action a peculiar aroma. Naturally I abjure for my own part any further imposition on your person in this matter. You have truly had enough to suffer from that side, and have after the fact been duped, exactly as I have been. You may make any use of this letter and, if you think it useful, immediately send it to Hoboken. Regarding his vacate-the-residence demand, he will be apprised by his attorney. I will need to prove, though, that in Germany too a breach of contract is called a breach of contract even if it is committed by a citizen of the Dutch nation. Cordial greetings, From your devoted [signed:] (w.g. 3 ) Otto Vrieslander Munich 38, Walhallastrasse 9, October 23, 1929 © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/3, p. 3398, October 24,1929: "Von Vrieslander (Br.): Hoboken habe durch den Anwalt auf Räumung der Wohnung drängen lassen; Vr. will klagen, wenn das Honorar nicht bis 15.XI. gezahlt ist! — An v.H. (Br. expreß): lege den Brief von Vrieslander bei." ("From Vrieslander (letter): Hoboken has threatened, through his lawyer, to have the apartment cleared; Vrieslander will take action if the honorarium has not been paid by November 15! — To Hoboken (express letter): I enclose Vrieslander's letter."). — Hoboken's stormy reaction later that day is given in detail in the same diary entry, and the diary entry for the next day records Schenker's writing Vrieslander a letter describing the meeting with Hoboken. 2 Vrieslander here uses a Greek expression, kat' exochen. 3 "w.g.": non-standard abbreviation in German: either "wie geschrieben" (as signed by hand), or "wie gewöhnlich" or "wie gewohnt" (as usual; as ever). |
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Commentary
Digital version created: 2016-07-30 |