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OJ 89/6, [4] - Handwritten letter from Schenker to Hoboken, dated March 22, 1933
Ihre Geldsendung kam gerade in dem Augenblick, da die II., hoffentlich letzte Korrektur angesetzt wurde: 2 in 2-3 Wochen dürften Sie die Arbeit schon in der Hand haben, einschließlich der Verlagsrechnungen zur genauen Verrechnung. Also sage ich Ihnen schon heute meinen herzlichsten Dank für Ihre Freundlichkeit! Sie werden zuletzt, bis auch der „fr. S.“ erschienen sein wird, bemerken, wie viel Text u. Beispiele mir durch das Brahms-Stück erspart worden sind, nicht zu sprechen davon, wie viel Stoltz u. Freude wir Beide uns nehmen {2} dürfen dafür, daß wir Brahms ’ Antlitz auch noch diesen bisher unbekannten Zug haben beifügen können. Ich habe Dr. Kalmus gewarnt, das schlechteste Papier zu wählen, auch habe ich über seinen Lithographen geklagt, 3 ‒ na, wir wollen sehen, Verleger sind, wie Reger sagte, „die nächsten Verwandten des Satan.“ Ganz besonders zu danken habe ich Ihnen für den Weg zu Dlabatsch , 4 darüber mündlich mehr! Ihre frdl. Mitteilung über Dr Jonas ’ Besserbefinden in Berlin hat mich sehr gefreut, ich hatte schon lange keine Nachricht von ihm. Wenn er nur unter den neuen Verhältnissen seine Lage aufrechthält! Hofrat Marx hat mir geschrieben, meine Werke seien im Lehrplan der Akademie als „Lehrmittel“ „vorgemerkt“ worden. Er versicherte mich seiner Erge- {3} benheit u. lud sich selbst zu mir wieder ein. Der Fall ist besonders schwierig, er scheint ein lieber Mensch zu sein, aber er lugt zu sehr nach Stoff für das „N. W. J.“ aus. Was er aus dem 1.Besuch mitnahm, erschien pünktlich im „N. W. J.,“ aber entsetzlich unverstanden, so hilflos stand noch keine Schüler, keine Schülerin, kein Gast an meinem Klavier. Ja, an Schulen wird der Lehrer selbst zum Schüler seiner Schüler, ihr zum Mitschüler, zum Kind; „Haus Aufgaben“ der Schüler werden zu reifen litera trischen, ich meine musikalischen Werken erhoben, die Jungen schreiben alle „Stile“ (wie sie glauben), alle „können“ alles, nur von ihrem Nichtskönnen wissen sie in aller Unschuld noch gar nichts. Ich muß mich vor Marx ’ Einbrüchen in mein Eigentum wehren schützen . Auf die „Vormerkung“ lege ich kein Gewicht, wie sollte sie bei einem status quo ante {4} je praktisch werden? Für Ihre „Frankf[urter] Beil[age]“ 5 danke ich bestens, ich lese solche Dinge gern, doch erlauben Sie, daß ich auf den Aufsatz erst zurückkomme, bis ich Ihnen ‒ in sehr absehbarer Zeit ‒ einen neuen von mir sende, wozu Einiges zu sagen sein wird. Mit Ihrer Unterscheidung Berlin‒New-York bin ich sehr einverstanden! Weisse berichtet mir, das sich zu dem Kurs, s. Beilage, 90 (!) Musiker, Lehrer usw. gemeldet haben, die alle hochentzückt sind. Gegenwärtig arbeitet er mit ihnen die „Url. Tf“ durch. (Die 12 Stunden tragen ihm 450 Doll. ein.) In einem nach Wien an einen Herrn gelangten Bf. Furtwänglers werde ich sogar zum „größten Musiktheoretiker der Gegenwart“ erhoben, folgt eine Spitze gegen R. Strauss . Fortsetzung folgt im nächsten Schreiben! Ihnen u. Frl. Boy Bestes wünschend von uns Beiden © Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2017 |
Your money transfer arrived at the exact moment that the second, and I hope final, proofreading was begun: 2 in two-to-three weeks you might already have the work in your hands, including the publisher's bill for precise settlement. Thus I send you already today my heartiest thanks for your kindness! You will notice, finally, when Free Composition will have come out as well, how much of text and examples have been saved me by the Brahms study , to say nothing of how much pride and joy we both may take {2} in having been able to add this heretofore unknown feature to the Brahms-countenance. I have warned Dr. Kalmus against choosing the worst quality paper, and also complained about his lithographer 3 ‒ well, we will see; publishers are, as Reger said, "the closest relatives of Satan." Most especially I must thank you for paving the way to Dr. Dlabač 4 ‒ more about this when we talk! Your welcome report about Dr. Jonas's improved situation in Berlin pleases me greatly; for a long time I have had no news from him. If only he can maintain his position under the new circumstances! Court Counselor Marx has written me that my works are "designated" to be "teaching materials" in the curriculum of the Academy. He assured me of his commitment {3} and again invited himself to visit me. The case is especially difficult: he seems to be a nice person, but he is too constantly on the lookout for material for the Neues Wiener Journal – everything he gleaned from the first visit promptly came out in the N.W.J. , but dreadfully misunderstood – no pupil whether male or female, no visitor has ever stood so helpless at my piano. Well, in schools the teacher himself becomes the pupil of his pupils, becomes fellow-pupil, becomes child. "Assignments" of the students are elevated to the status of mature literary, I mean musical, works; the lads write all "styles" (so they believe), everybody "can do" everything, except in all innocence they know nothing of their incapacity. I must protect myself against Marx's trespassing on my property. I attach no importance to the "reservation": how could it {4} ever be accomplished with a status quo ante? I thank you most kindly for your " Frankfurter enclosure." 5 I like to read such things, but permit me to get back to the essay only when ‒ in the very near future ‒ I send you a new one by me, about which a few things will need to be said. I am in complete agreement with your distinction Berlin‒New York! Weisse tells me that 90 (!) musicians, teachers, etc. have registered for the course (see the enclosure), of whom all are absolutely delighted. Currently he is working through the Urlinietafeln with them. (The twelve lessons bring in $450 for him.) In a Furtwängler letter received by a man in Vienna I am even vaunted as the "greatest music theorist of the present"; a barb against Richard Strauss follows. Continuation to follow in the next letter! Wishing the best to you and Miss Boy from us both, © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2017 |
Ihre Geldsendung kam gerade in dem Augenblick, da die II., hoffentlich letzte Korrektur angesetzt wurde: 2 in 2-3 Wochen dürften Sie die Arbeit schon in der Hand haben, einschließlich der Verlagsrechnungen zur genauen Verrechnung. Also sage ich Ihnen schon heute meinen herzlichsten Dank für Ihre Freundlichkeit! Sie werden zuletzt, bis auch der „fr. S.“ erschienen sein wird, bemerken, wie viel Text u. Beispiele mir durch das Brahms-Stück erspart worden sind, nicht zu sprechen davon, wie viel Stoltz u. Freude wir Beide uns nehmen {2} dürfen dafür, daß wir Brahms ’ Antlitz auch noch diesen bisher unbekannten Zug haben beifügen können. Ich habe Dr. Kalmus gewarnt, das schlechteste Papier zu wählen, auch habe ich über seinen Lithographen geklagt, 3 ‒ na, wir wollen sehen, Verleger sind, wie Reger sagte, „die nächsten Verwandten des Satan.“ Ganz besonders zu danken habe ich Ihnen für den Weg zu Dlabatsch , 4 darüber mündlich mehr! Ihre frdl. Mitteilung über Dr Jonas ’ Besserbefinden in Berlin hat mich sehr gefreut, ich hatte schon lange keine Nachricht von ihm. Wenn er nur unter den neuen Verhältnissen seine Lage aufrechthält! Hofrat Marx hat mir geschrieben, meine Werke seien im Lehrplan der Akademie als „Lehrmittel“ „vorgemerkt“ worden. Er versicherte mich seiner Erge- {3} benheit u. lud sich selbst zu mir wieder ein. Der Fall ist besonders schwierig, er scheint ein lieber Mensch zu sein, aber er lugt zu sehr nach Stoff für das „N. W. J.“ aus. Was er aus dem 1.Besuch mitnahm, erschien pünktlich im „N. W. J.,“ aber entsetzlich unverstanden, so hilflos stand noch keine Schüler, keine Schülerin, kein Gast an meinem Klavier. Ja, an Schulen wird der Lehrer selbst zum Schüler seiner Schüler, ihr zum Mitschüler, zum Kind; „Haus Aufgaben“ der Schüler werden zu reifen litera trischen, ich meine musikalischen Werken erhoben, die Jungen schreiben alle „Stile“ (wie sie glauben), alle „können“ alles, nur von ihrem Nichtskönnen wissen sie in aller Unschuld noch gar nichts. Ich muß mich vor Marx ’ Einbrüchen in mein Eigentum wehren schützen . Auf die „Vormerkung“ lege ich kein Gewicht, wie sollte sie bei einem status quo ante {4} je praktisch werden? Für Ihre „Frankf[urter] Beil[age]“ 5 danke ich bestens, ich lese solche Dinge gern, doch erlauben Sie, daß ich auf den Aufsatz erst zurückkomme, bis ich Ihnen ‒ in sehr absehbarer Zeit ‒ einen neuen von mir sende, wozu Einiges zu sagen sein wird. Mit Ihrer Unterscheidung Berlin‒New-York bin ich sehr einverstanden! Weisse berichtet mir, das sich zu dem Kurs, s. Beilage, 90 (!) Musiker, Lehrer usw. gemeldet haben, die alle hochentzückt sind. Gegenwärtig arbeitet er mit ihnen die „Url. Tf“ durch. (Die 12 Stunden tragen ihm 450 Doll. ein.) In einem nach Wien an einen Herrn gelangten Bf. Furtwänglers werde ich sogar zum „größten Musiktheoretiker der Gegenwart“ erhoben, folgt eine Spitze gegen R. Strauss . Fortsetzung folgt im nächsten Schreiben! Ihnen u. Frl. Boy Bestes wünschend von uns Beiden © Transcription John Rothgeb and Heribert Esser, 2017 |
Your money transfer arrived at the exact moment that the second, and I hope final, proofreading was begun: 2 in two-to-three weeks you might already have the work in your hands, including the publisher's bill for precise settlement. Thus I send you already today my heartiest thanks for your kindness! You will notice, finally, when Free Composition will have come out as well, how much of text and examples have been saved me by the Brahms study , to say nothing of how much pride and joy we both may take {2} in having been able to add this heretofore unknown feature to the Brahms-countenance. I have warned Dr. Kalmus against choosing the worst quality paper, and also complained about his lithographer 3 ‒ well, we will see; publishers are, as Reger said, "the closest relatives of Satan." Most especially I must thank you for paving the way to Dr. Dlabač 4 ‒ more about this when we talk! Your welcome report about Dr. Jonas's improved situation in Berlin pleases me greatly; for a long time I have had no news from him. If only he can maintain his position under the new circumstances! Court Counselor Marx has written me that my works are "designated" to be "teaching materials" in the curriculum of the Academy. He assured me of his commitment {3} and again invited himself to visit me. The case is especially difficult: he seems to be a nice person, but he is too constantly on the lookout for material for the Neues Wiener Journal – everything he gleaned from the first visit promptly came out in the N.W.J. , but dreadfully misunderstood – no pupil whether male or female, no visitor has ever stood so helpless at my piano. Well, in schools the teacher himself becomes the pupil of his pupils, becomes fellow-pupil, becomes child. "Assignments" of the students are elevated to the status of mature literary, I mean musical, works; the lads write all "styles" (so they believe), everybody "can do" everything, except in all innocence they know nothing of their incapacity. I must protect myself against Marx's trespassing on my property. I attach no importance to the "reservation": how could it {4} ever be accomplished with a status quo ante? I thank you most kindly for your " Frankfurter enclosure." 5 I like to read such things, but permit me to get back to the essay only when ‒ in the very near future ‒ I send you a new one by me, about which a few things will need to be said. I am in complete agreement with your distinction Berlin‒New York! Weisse tells me that 90 (!) musicians, teachers, etc. have registered for the course (see the enclosure), of whom all are absolutely delighted. Currently he is working through the Urlinietafeln with them. (The twelve lessons bring in $450 for him.) In a Furtwängler letter received by a man in Vienna I am even vaunted as the "greatest music theorist of the present"; a barb against Richard Strauss follows. Continuation to follow in the next letter! Wishing the best to you and Miss Boy from us both, © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2017 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3821, March 22, 1933: "An v. H. (Br.): Dank für das Geld, für den Weg zu Dlabatsch, für die Mitteilung über Jonas. Marx hat meine Werke als Lehrmittel „vormerken“ lassen; vorläufiger Dank für den Aufsatz aus der Frankfurter Ztg. – kündige meinen Aufsatz an; über Weisses Kurs, Furtwänglers Aeußerung: Fortsetzung folgt." ("To Hoboken (letter): thanks for the money, for access to Dlabač, for the communication about Jonas. Marx has had my works "noted" as teaching materials; for the time being, thanks for the article from the Frankfurter Zeitung – I inform him of my "article"; concerning Weisse's course, Furtwängler's statement: to be continued."). 2 Receipt of the money transfer is recorded in Schenker's diary at OJ 4/6, p. 3821, March 20, 1933: "Von v. Hoboken via Rotterdam S. 1300." ("From Hoboken via Rotterdam, 1,300 shillings."). 3 No correspondence between Schenker and Universal Edition survives for 1933; thus it is impossible to tell whether this "warning" was given in person or writing, or to know whether by "lithographer" Schenker was referring to Georg Tomay, the quality of whose work Schenker admired greatly. 4 Schenker had in fact already received a letter from Friedrich Dlabač on behalf of the Gesellschaft der Musikfreunde on November 3, 1932 (GdM Akten 34), granting permission for him to quote passages from documents in the Society's Archive in Der freie Satz. Other letters from Dlabač are dated March 19, 1933 (OJ 11/22, [7]), and January 15, 1935 to Jeanette Schenker (OJ 12/20, [2]) with condolences on Schenker's death. 5 From the diary (see footnote 1) we know that this was an article in the Frankfurter Zeitung. The content of the article is discussed by Schenker in OJ 89/6, [6], May 3, 1933. Receipt of the article is also recorded separately in the diary at OJ 4/6, p. 3821, March 20, 1933: "Von v. H. als Drucksache ein Aufsatz aus der „Frankfurter Ztg.“." ("From Hoboken as printed papers, an article from the Frankfurter Zeitung."). |
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Commentary
Digital version created: 2017-12-05 |