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Mein lieber Prof. Deutsch! 1

Gestatten Sie, daß ich Ihnen die mir selbst zu Teil gewordene Überraschung weitergebe; Ihres Interesses weiß ich mich sicher, auch ein Dankatomchen fliegt mit. (Die Abschriften erbitte ich zurück.) 2

Vor Allem muß Ihnen die geradezu vulkanische Tätigkeit Furtwänglers’ auffallen. Seit er begriffen hat, daß gerade nur meine Lehre Kompositions- u. Vortrags„praxis“ bedeutet, (im Gegensatz zu sämtlichen vorausgegangenen u. noch laufenden Theorien, die überhaupt noch keine sind, geschweige daß sie Theorie u. Praxis vereinten), ruht er nicht, er macht in Brief u. Wort unausgesetzt Propaganda in Leipzig, nun in Berlin im „Ministerium für Wissenschaft, Kunst u. Volksbildung.“

{2} Zum zweiten muß Ihnen im 2. Brief des Ministerialrates die Wärme in der Definition meines Gesamtwerkes, die Überzeugung von der Untentbehrlichkeit[sic] gerade in de rm [?Prozeß] „der Wiedergeburt“ auffallen.

Würde sich in Wien Jemand so für mein Werk, für einen Schüler von mir einsetzen, wie Furtw. u. K.?? Weiß in unserem Ministerium auch nur ein Beamter von mir, geschweige daß er so schreibe, wie K.?! Ich vermute, daß Weisse in Berlin eine Professur in Berlin erhalten wird, mich aber wird Wien, das fürchte ich sehr nach allem Bisherigen, in Nahrung u. Werk im Stich lassen, weil es nicht begreift, daß ich mehr Nähr- u. Geldwert enthalten, als sämtliche „Bella’s“ in Österreich. Welche Rolle weist mir K. zu, u. welche – Wien, unser liebes Wien!

{3} Ich schäme mich wirklich des Tatbestandes: Berlin, Köln, Stuttgart, Duisburg , Helsingfors, Edinburgh, einige Stätten in U. S. A., ja sogar in Preßburg usw. folgen mir, nur gerade in Wien erlebe ich Absage um Absage, die Öffentlichkeit kennt mich nicht, die Musiker weichen aus, – na, Sie sehen ja Alles mit.

Ich hoffe, hier noch die 1. Korr. 3 zu vollenden. Dann geht es zum Umbruch.

Zum Beschluß: nie wird man meine Lehre begreifen lernen, weil – aus Not – begreifen lernen müssen! (Schade, das die „U. E.“ die II Aufl. des Bd. I der Th. u Ph. 4 nicht riskiert, freilich auch wegen Schönbergs nicht riskieren will.)

Weisse’s Vorträge werden hoffentlich den „Jahrbüchern“ zugute kommen, was mich namentlich um unseres H. v. Hob. willen wirklich sehr freuen würde. 5


Von uns Beiden herzlichste Grüße an Sie
Ihr
[signed:] H Schenker

Anfang Sept. dürften wir in Wien eintreffen.

Galtür,23. 8. 30

P.S. Kein Zweifel für mich, daß Furtw., wie ich aus seinen Gesprächen schließen darf, das „Klassische Neuland“ mir auch aus den edelsten nationalen (sogar auch politischen) Gründen betreibt. Es ist so: mir kommt nebenbei wirklich eine nationale u. politische Bedeutung zu, es gereicht Wien in jeder Hinsicht zum Schaden, daß es von ihr nichts weiß. Lebte ich in Berlin, Paris, London oder Rom oder Moskau, ja, dann . . . . .

© Transcription William Drabkin, 2023



My dear Professor Deutsch, 1

Allow me to forward to you something that has become a surprise even for me; I am sure you will find it of interest, and a token of gratitude also accompanies it. (I should like to have the copies returned to me.) 2

Above all, Furtwängler’s downright volcanic activity must have caught your attention. Since he has understood that it is only my theory that signifies compositional and performance “practice” (in contrast to all previous and still current theories, which are not theories at all, let alone that they have united theory and practice), he does not keep silent: in speech and writing he makes continual propaganda, in Leipzig and now in Berlin at the Ministry for Science, Art and National Culture.

{2} Secondly, you must have been struck by the Ministerial Councilor’s second letter for the warmth in its definition of my collective work, his conviction as to the indispensability of the [?process] of “the rebirth.”

Would there be in Vienna someone who would take such a stand for my work, for one of my pupils, as Furtwängler and Kestenberg have done. Does anyone in our Ministry know about me, let alone write in such a way as Kestenberg?, I suspect that Weisse will obtain a professorship in Berlin; but Vienna will turn its back on me when it comes to nourishing me and my work – that I fear greatly, after all that has happened in the past – because it does not understand that I have within me more nourishment and monetary value than all the “Bellas” in Austria. What a role Kestenberg assigns to me, compared to Vienna, our dear Vienna!

{3} } I am truly ashamed of the state of affairs: Berlin, Cologne, Stuttgart, Duisburg, Helsinki, Edinburgh, a few places in the United States, even Bratislava, etc. follow me; only in Vienna itself does one rejection follow another. The public sphere does not know me, the musicians avoid me – well, you see these things for yourself.

I hope to finish the first set of proofs 3 while I am still here. Then it will be the page-proofs.

To conclude: one will never learn to understand my theory because – of necessity – they will not be required to do so, (A pity that Universal Edition does not want to risk a second edition of my Theories and Fantasies, vol. 1, 4 of course on account of Schoenberg, too.)

Weisse’s lectures will, I hope, be of benefit to the “yearbooks”, something that will truly gladden me, especially for the sake of our dear Mr. Hoboken. 5


Most cordial greetings to you from the two of us
Your
[signed:] H. Schenker

We shall get together in Vienna at the beginning of September.

Galtür,August 23, 1930

P.S. I have no doubt that Furtwängler, as I may gather from his conversations, pursues the “classical new territory” for me also for the noblest national (and even political) reasons. It is like this: a national and political significance shall, in a way, be ascribed to me; it will be in every respect Vienna’s loss that they know nothing of it. If I lived in Berlin, Paris, London, or Rome, or even Moscow, then . . .

© Translation William Drabkin, 2023



Mein lieber Prof. Deutsch! 1

Gestatten Sie, daß ich Ihnen die mir selbst zu Teil gewordene Überraschung weitergebe; Ihres Interesses weiß ich mich sicher, auch ein Dankatomchen fliegt mit. (Die Abschriften erbitte ich zurück.) 2

Vor Allem muß Ihnen die geradezu vulkanische Tätigkeit Furtwänglers’ auffallen. Seit er begriffen hat, daß gerade nur meine Lehre Kompositions- u. Vortrags„praxis“ bedeutet, (im Gegensatz zu sämtlichen vorausgegangenen u. noch laufenden Theorien, die überhaupt noch keine sind, geschweige daß sie Theorie u. Praxis vereinten), ruht er nicht, er macht in Brief u. Wort unausgesetzt Propaganda in Leipzig, nun in Berlin im „Ministerium für Wissenschaft, Kunst u. Volksbildung.“

{2} Zum zweiten muß Ihnen im 2. Brief des Ministerialrates die Wärme in der Definition meines Gesamtwerkes, die Überzeugung von der Untentbehrlichkeit[sic] gerade in de rm [?Prozeß] „der Wiedergeburt“ auffallen.

Würde sich in Wien Jemand so für mein Werk, für einen Schüler von mir einsetzen, wie Furtw. u. K.?? Weiß in unserem Ministerium auch nur ein Beamter von mir, geschweige daß er so schreibe, wie K.?! Ich vermute, daß Weisse in Berlin eine Professur in Berlin erhalten wird, mich aber wird Wien, das fürchte ich sehr nach allem Bisherigen, in Nahrung u. Werk im Stich lassen, weil es nicht begreift, daß ich mehr Nähr- u. Geldwert enthalten, als sämtliche „Bella’s“ in Österreich. Welche Rolle weist mir K. zu, u. welche – Wien, unser liebes Wien!

{3} Ich schäme mich wirklich des Tatbestandes: Berlin, Köln, Stuttgart, Duisburg , Helsingfors, Edinburgh, einige Stätten in U. S. A., ja sogar in Preßburg usw. folgen mir, nur gerade in Wien erlebe ich Absage um Absage, die Öffentlichkeit kennt mich nicht, die Musiker weichen aus, – na, Sie sehen ja Alles mit.

Ich hoffe, hier noch die 1. Korr. 3 zu vollenden. Dann geht es zum Umbruch.

Zum Beschluß: nie wird man meine Lehre begreifen lernen, weil – aus Not – begreifen lernen müssen! (Schade, das die „U. E.“ die II Aufl. des Bd. I der Th. u Ph. 4 nicht riskiert, freilich auch wegen Schönbergs nicht riskieren will.)

Weisse’s Vorträge werden hoffentlich den „Jahrbüchern“ zugute kommen, was mich namentlich um unseres H. v. Hob. willen wirklich sehr freuen würde. 5


Von uns Beiden herzlichste Grüße an Sie
Ihr
[signed:] H Schenker

Anfang Sept. dürften wir in Wien eintreffen.

Galtür,23. 8. 30

P.S. Kein Zweifel für mich, daß Furtw., wie ich aus seinen Gesprächen schließen darf, das „Klassische Neuland“ mir auch aus den edelsten nationalen (sogar auch politischen) Gründen betreibt. Es ist so: mir kommt nebenbei wirklich eine nationale u. politische Bedeutung zu, es gereicht Wien in jeder Hinsicht zum Schaden, daß es von ihr nichts weiß. Lebte ich in Berlin, Paris, London oder Rom oder Moskau, ja, dann . . . . .

© Transcription William Drabkin, 2023



My dear Professor Deutsch, 1

Allow me to forward to you something that has become a surprise even for me; I am sure you will find it of interest, and a token of gratitude also accompanies it. (I should like to have the copies returned to me.) 2

Above all, Furtwängler’s downright volcanic activity must have caught your attention. Since he has understood that it is only my theory that signifies compositional and performance “practice” (in contrast to all previous and still current theories, which are not theories at all, let alone that they have united theory and practice), he does not keep silent: in speech and writing he makes continual propaganda, in Leipzig and now in Berlin at the Ministry for Science, Art and National Culture.

{2} Secondly, you must have been struck by the Ministerial Councilor’s second letter for the warmth in its definition of my collective work, his conviction as to the indispensability of the [?process] of “the rebirth.”

Would there be in Vienna someone who would take such a stand for my work, for one of my pupils, as Furtwängler and Kestenberg have done. Does anyone in our Ministry know about me, let alone write in such a way as Kestenberg?, I suspect that Weisse will obtain a professorship in Berlin; but Vienna will turn its back on me when it comes to nourishing me and my work – that I fear greatly, after all that has happened in the past – because it does not understand that I have within me more nourishment and monetary value than all the “Bellas” in Austria. What a role Kestenberg assigns to me, compared to Vienna, our dear Vienna!

{3} } I am truly ashamed of the state of affairs: Berlin, Cologne, Stuttgart, Duisburg, Helsinki, Edinburgh, a few places in the United States, even Bratislava, etc. follow me; only in Vienna itself does one rejection follow another. The public sphere does not know me, the musicians avoid me – well, you see these things for yourself.

I hope to finish the first set of proofs 3 while I am still here. Then it will be the page-proofs.

To conclude: one will never learn to understand my theory because – of necessity – they will not be required to do so, (A pity that Universal Edition does not want to risk a second edition of my Theories and Fantasies, vol. 1, 4 of course on account of Schoenberg, too.)

Weisse’s lectures will, I hope, be of benefit to the “yearbooks”, something that will truly gladden me, especially for the sake of our dear Mr. Hoboken. 5


Most cordial greetings to you from the two of us
Your
[signed:] H. Schenker

We shall get together in Vienna at the beginning of September.

Galtür,August 23, 1930

P.S. I have no doubt that Furtwängler, as I may gather from his conversations, pursues the “classical new territory” for me also for the noblest national (and even political) reasons. It is like this: a national and political significance shall, in a way, be ascribed to me; it will be in every respect Vienna’s loss that they know nothing of it. If I lived in Berlin, Paris, London, or Rome, or even Moscow, then . . .

© Translation William Drabkin, 2023

Footnotes

1 Writing of this letter is recorded in Schenker’s diary for August 23, 1930: “An Deutsch (K.): die Abschrift; ich führe Klage über Wien.” (“to Deutsch (postcard): the copy [of Kestenberg’s letters]; I make complaints about the city of Vienna.”). Cf. OC 54/317 for the postal receipt for the enclosed letters from Kestenberg.

2 Letters from Leo Kestenberg, Minister for Science, Art, and National Culture in Berlin praising Schenker’s work: OJ 71/20, [1] and OJ 71/20, [2] July 15 and August 4, 1930. Notable in the latter are the remarks: “[…] der großen Bedeutung von Schenker […] die gegenwärtige Situation in der musikalischen Komposition führt ja geradezu zu einer Erneuerung und Wiedergeburt der klassischen Grundgesetze […] steht Schenkers Werk nicht beziehungslos als leere Theorie da, sondern in engster Verbindung zur Praxis.” (“the great importance of Schenker […] the current situation of musical composition must lead to nothing short of a renewal and rebirth of basic classical principles. […] Schenker's work does not exist in isolation as empty theory, but rather is most closely related to practice.”).

3 Of the third Meisterwerk yearbook.

4 Schenker’s Harmonielehre (1906). Universal Edition having taken over publication of the existing stock of this work from J. G. Cotta in 1920, Otto Vrieslander had been working for a long time on a revised edition of this book, for use at the Vienna Academy and other music schools.

5 By mentioning Hoboken’s name, Schenker is probably referring to the periodical that was intended to promote the Photogram Archive; Weisse’s lectures, however, were about Schenker’s theories, not text-critical matters.

Commentary

License
All reasonable attempts have been made to identify heirs of Heinrich Schenker. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk.
Rights Holder
Heirs of Heinrich Schenker; deemed to be in the public domain.
Format
4p letter (Bogen format), holograph salutation, message, valediction, signature, and postscripts
Provenance
Universal Edition Archive (document date-1976)—on permanent loan to the Wienbibliothek im Rathhaus (1976-)

Digital version created: 2023-05-13
Last updated: 2015-09-18