21. +5°, j schön.
— Sprung zur Uhr. — Von Wilhelm (Br.): bittet, den Besuch bis zum Frühling zu vertagen. — Von Sophie (Br.): über Hans’ Hilfen, Goldschläger halte fest. — An Goldschläger (K.): lade ihn für Mittwoch zur Jause. — Lie-Liechen macht die Reinschrift ganz fertig; um 4½h bringen wir das Vermischte des 6. Heftes zu Detoni; Lie-Liechen erhält den Umbruch des 5. Heftes. — Zuhause erwartet mich ein Herr Lahusen; auf meine Frage, womit ich dienen könnte, ergreift er meine Hände u. dankt unter Tränen für meine Arbeiten, die ihm so viel Halt geben; er habe zwei Opern komponiert und dgl., in Zeiten der Not von Unterweisung in gymnastischen Uebungen gelebt. Wir sprechen über die Zukunft u. ich {2623} lade ihn ein, die Massen beiseite stehen zu lassen u. destomehr das Auge fest auf eine beschränkte Anzahl von Menschen zu richten u. diese kräftig zu fördern. Er hofft, daß in 50 Jahren vielleicht wieder Ordnung einkehrt. Ich raube ihm diese Hoffnung nicht, um ihm ein Betätigungsfeld zu lassen. Er kämpft sichtlich die ganze Zeit über mit Aufregung – schließlich frage ich, – inzwischen ist Rothberger zur Stunde eingetroffen – ob er einen Wunsch habe? Er erwidert: Nein, das ist alles – erhebt sich u. geht, die Augen wieder voll Tränen – es fällt ihm schwer, den Rock anzulegen. — Von Lie-Liechen erfahre ich, daß sie, während ich vom Zimmer abwesend war, mit Rothberger einige Worte gewechselt habe, daß er, durch Herrn Lahusens Fall erregt, erklärt habe, in Mannheim für mich wirken zu wollen!! Er habe übrigens auch nach Finnland Tonwille -Hefte geschickt: Jung-Tölpelei! — 1 Bei Durchsicht des Pakets bemerke ich zu meiner schmerzvollen Ueberraschung, daß der 2. Satz der Sinfonie, das Hauptstück des Heftes, gegen meine Anordnung von Hertzka 2 eigenmächtig entfernt worden ist – Herr Detoni darf sich einer solchen Eigenmächtigkeit gewiß nicht vermessen; auch sehe ich ein von 1924 datirtes Titelblatt. Diese Anordnungen Hertzkas erregen in mir den Verdacht – dazu kommt die Verschleppung der Hefte, – daß er einen Gewaltakt vorhat, nämlich die Hefte als die ersten der Vierteljahrschrift zu bringen. Vorläufig werde ich betrügerischerweise begütigt durch Korrektur auf dem Titelblatt, die „Flugblätter“ u. 1923 wieder herstellt, doch ist es gewiß darauf angelegt, im letzten Heft Augenblick ein neues Titelblatt einzuschmuggeln – als angeblich „ausgerutscht“. Ich gerate in starke Aufregung! Ich werde viel zu tun haben, um Hertzka diesen dummen Streich, {2624} hinter dem sowohl Knickerei wie letzte Eselei stecken, hintanzuhalten. Es ist klar, daß er ohne weitere Ueberlegung u. ohne Kenntnis des Inhaltes die Teilung des Heftes angeregt hat, nur um vorerst einmal einer größeren Geldauslage auszuweichen. Bezüglich des Heftes hofft er durch Gewalt oder Kompromiß einen Ausweg zu finden. Nicht wenig Ueberraschung bot mir die Einfügung der Partiturfehler in die Matrize, deren Kosten Hertzka mit einer Million beziffert hat u. deshalb als unausführbar bezeichnete. Nun ist die Matrize aufgerissen, dafür ein größerer Schaden an einer andern Stelle gemacht worden. Wie viel Kraft, Zeit, Arbeit über diesen Machinationen verloren wird! Um wie viel einfacher wäre alles, wenn ich statt eines solchen Geldgebers einen andern hätte, der nicht im strengsten sinne des Wortes zinsen-interessiert wäre! — An Detoni (expreß K.): ersuche dringend um den 2. Satz. — © Transcription Marko Deisinger. |
21 +5°, beautiful.
— Go to the clock. — From Wilhelm (letter): requests that the visit be postponed until Spring. — From Sophie (letter): about Hans's help, retains Goldschläger. — To Goldschläger (postcard): I invite him to tea on Wednesday. — Lie-Liechen finishes off the fair copy completely; at 4:30 we take the "Miscellanea" of the sixth issue to Detoni; Lie-Liechen receives the page make-up of the fifth issue . — At home a certain Mr. Lahusen awaits me; when I ask how I can be of service, he seizes my hands and thanks me tearfully for my works, which afford him so much support; he relates that he has composed two operas and so forth, [and] in his time of need has lived from teaching gymnastic exercises. We speak about the future and I {2623} invite him to disregard the masses and focus all the more on a limited number of people, thus forcefully encouraging them. He hopes that in perhaps 50 years order will be restored. I do not divest him of this hope, so as to leave him a field of activity. He struggles the whole time with his agitation – finally I ask – in the meantime Rothberger has arrived for his lesson – if he wishes something? He replies: no, that is all – gets up and goes, his eyes full of tears again – he has difficulty putting on his coat. — From Lie-Liechen I garner that while I was absent from the room she exchanged a few words with Rothberger, in which he declared that, energized by the case of Mr. Lahusen, he wishes to exert his influence for me in Mannheim!! He has also sent issues of the Tonwille to Finland: the clumsiness of the young! — 1 On looking through the package I notice to my painful surprise that the second movement of the symphony, the main piece of the issue , has been removed against my instructions by Hertzka 2 acting on his own authority – Mr. Detoni would certainly not have been so presumptious as to do something unauthorized like this; I also see a title-page dated 1924. These orders from Hertzka awaken a suspicion in me – added to which is the delaying of the issues – that he is intending an act of violence, namely to bring out the issues as the first of the quarterlies. In the interim I am to be fraudulently pacified by a correction to the title-page, which restores the "pamphlets" and 1923, but the intention is certainly to smuggle in a new title-page at the last issue moment – which will purportedly have "slipped in." I get into a state of great agitation! I will have to do much in order to restrain Hertzka from his stupid prank, {2624} behind which lurks miserliness as well as the lowest folly. It is clear that he has initiated the splitting up of the issue with no further deliberation or understanding of its content, but it was only about avoiding a larger investment. In regard to the issues he hopes to find a way out by force or by compromise. The inclusion of the errata in the score in the matrix surprised me not a little, since Hertzka had cited the cost of doing this as one million, making it unfeasible. Now the matrix has been ripped up, while greater damage has been done in a different place. How much energy, time and work will have been lost over these machinations! How much simpler it would be if instead of such a backer I had another for whom it is not about interest in the strictest sense of the word! — To Detoni (express postcard): urgently request the second movement. —© Translation Stephen Ferguson. |
21. +5°, j schön.
— Sprung zur Uhr. — Von Wilhelm (Br.): bittet, den Besuch bis zum Frühling zu vertagen. — Von Sophie (Br.): über Hans’ Hilfen, Goldschläger halte fest. — An Goldschläger (K.): lade ihn für Mittwoch zur Jause. — Lie-Liechen macht die Reinschrift ganz fertig; um 4½h bringen wir das Vermischte des 6. Heftes zu Detoni; Lie-Liechen erhält den Umbruch des 5. Heftes. — Zuhause erwartet mich ein Herr Lahusen; auf meine Frage, womit ich dienen könnte, ergreift er meine Hände u. dankt unter Tränen für meine Arbeiten, die ihm so viel Halt geben; er habe zwei Opern komponiert und dgl., in Zeiten der Not von Unterweisung in gymnastischen Uebungen gelebt. Wir sprechen über die Zukunft u. ich {2623} lade ihn ein, die Massen beiseite stehen zu lassen u. destomehr das Auge fest auf eine beschränkte Anzahl von Menschen zu richten u. diese kräftig zu fördern. Er hofft, daß in 50 Jahren vielleicht wieder Ordnung einkehrt. Ich raube ihm diese Hoffnung nicht, um ihm ein Betätigungsfeld zu lassen. Er kämpft sichtlich die ganze Zeit über mit Aufregung – schließlich frage ich, – inzwischen ist Rothberger zur Stunde eingetroffen – ob er einen Wunsch habe? Er erwidert: Nein, das ist alles – erhebt sich u. geht, die Augen wieder voll Tränen – es fällt ihm schwer, den Rock anzulegen. — Von Lie-Liechen erfahre ich, daß sie, während ich vom Zimmer abwesend war, mit Rothberger einige Worte gewechselt habe, daß er, durch Herrn Lahusens Fall erregt, erklärt habe, in Mannheim für mich wirken zu wollen!! Er habe übrigens auch nach Finnland Tonwille -Hefte geschickt: Jung-Tölpelei! — 1 Bei Durchsicht des Pakets bemerke ich zu meiner schmerzvollen Ueberraschung, daß der 2. Satz der Sinfonie, das Hauptstück des Heftes, gegen meine Anordnung von Hertzka 2 eigenmächtig entfernt worden ist – Herr Detoni darf sich einer solchen Eigenmächtigkeit gewiß nicht vermessen; auch sehe ich ein von 1924 datirtes Titelblatt. Diese Anordnungen Hertzkas erregen in mir den Verdacht – dazu kommt die Verschleppung der Hefte, – daß er einen Gewaltakt vorhat, nämlich die Hefte als die ersten der Vierteljahrschrift zu bringen. Vorläufig werde ich betrügerischerweise begütigt durch Korrektur auf dem Titelblatt, die „Flugblätter“ u. 1923 wieder herstellt, doch ist es gewiß darauf angelegt, im letzten Heft Augenblick ein neues Titelblatt einzuschmuggeln – als angeblich „ausgerutscht“. Ich gerate in starke Aufregung! Ich werde viel zu tun haben, um Hertzka diesen dummen Streich, {2624} hinter dem sowohl Knickerei wie letzte Eselei stecken, hintanzuhalten. Es ist klar, daß er ohne weitere Ueberlegung u. ohne Kenntnis des Inhaltes die Teilung des Heftes angeregt hat, nur um vorerst einmal einer größeren Geldauslage auszuweichen. Bezüglich des Heftes hofft er durch Gewalt oder Kompromiß einen Ausweg zu finden. Nicht wenig Ueberraschung bot mir die Einfügung der Partiturfehler in die Matrize, deren Kosten Hertzka mit einer Million beziffert hat u. deshalb als unausführbar bezeichnete. Nun ist die Matrize aufgerissen, dafür ein größerer Schaden an einer andern Stelle gemacht worden. Wie viel Kraft, Zeit, Arbeit über diesen Machinationen verloren wird! Um wie viel einfacher wäre alles, wenn ich statt eines solchen Geldgebers einen andern hätte, der nicht im strengsten sinne des Wortes zinsen-interessiert wäre! — An Detoni (expreß K.): ersuche dringend um den 2. Satz. — © Transcription Marko Deisinger. |
21 +5°, beautiful.
— Go to the clock. — From Wilhelm (letter): requests that the visit be postponed until Spring. — From Sophie (letter): about Hans's help, retains Goldschläger. — To Goldschläger (postcard): I invite him to tea on Wednesday. — Lie-Liechen finishes off the fair copy completely; at 4:30 we take the "Miscellanea" of the sixth issue to Detoni; Lie-Liechen receives the page make-up of the fifth issue . — At home a certain Mr. Lahusen awaits me; when I ask how I can be of service, he seizes my hands and thanks me tearfully for my works, which afford him so much support; he relates that he has composed two operas and so forth, [and] in his time of need has lived from teaching gymnastic exercises. We speak about the future and I {2623} invite him to disregard the masses and focus all the more on a limited number of people, thus forcefully encouraging them. He hopes that in perhaps 50 years order will be restored. I do not divest him of this hope, so as to leave him a field of activity. He struggles the whole time with his agitation – finally I ask – in the meantime Rothberger has arrived for his lesson – if he wishes something? He replies: no, that is all – gets up and goes, his eyes full of tears again – he has difficulty putting on his coat. — From Lie-Liechen I garner that while I was absent from the room she exchanged a few words with Rothberger, in which he declared that, energized by the case of Mr. Lahusen, he wishes to exert his influence for me in Mannheim!! He has also sent issues of the Tonwille to Finland: the clumsiness of the young! — 1 On looking through the package I notice to my painful surprise that the second movement of the symphony, the main piece of the issue , has been removed against my instructions by Hertzka 2 acting on his own authority – Mr. Detoni would certainly not have been so presumptious as to do something unauthorized like this; I also see a title-page dated 1924. These orders from Hertzka awaken a suspicion in me – added to which is the delaying of the issues – that he is intending an act of violence, namely to bring out the issues as the first of the quarterlies. In the interim I am to be fraudulently pacified by a correction to the title-page, which restores the "pamphlets" and 1923, but the intention is certainly to smuggle in a new title-page at the last issue moment – which will purportedly have "slipped in." I get into a state of great agitation! I will have to do much in order to restrain Hertzka from his stupid prank, {2624} behind which lurks miserliness as well as the lowest folly. It is clear that he has initiated the splitting up of the issue with no further deliberation or understanding of its content, but it was only about avoiding a larger investment. In regard to the issues he hopes to find a way out by force or by compromise. The inclusion of the errata in the score in the matrix surprised me not a little, since Hertzka had cited the cost of doing this as one million, making it unfeasible. Now the matrix has been ripped up, while greater damage has been done in a different place. How much energy, time and work will have been lost over these machinations! How much simpler it would be if instead of such a backer I had another for whom it is not about interest in the strictest sense of the word! — To Detoni (express postcard): urgently request the second movement. —© Translation Stephen Ferguson. |
Footnotes1 Jeanette inserts an emdash at this point, then continues writing without paragraph break. 2 The second movement was ultimately included in "Beethoven: V. Sinfonie (Fortsetzung)," Der Tonwille Heft 5 (1923), 10–42; Eng. transl., I, pp. 182–209. |