Browse by
OJ 89/4, [2] - Typewritten letter (carbon copy) from Hoboken to Schenker, dated March 19, 1930
Die beiden Aufführungen der Missa Solemnis sind vorüber. Die unter Furtwängler war meiner Ansicht nach weitaus die bessere. Das Werk klang hier auch besser wie neulich in Wien aber das Orchester deckte hier und da die Stimmen etwas zu stark, besonders im Benedictus, wo, wohl mit infolge eines etwas zu langsamen Tempo's, das Violinsolo zu wenig gehört wurde. Es ist dies überhaupt ein Problem und ich frage mich ab, warum man hierfür nicht einen Solo-Geiger von Ruf engagiert. Der gewöhnliche Durchschnitt der Konzertmeister können die [recte der] Parite 2 doch nicht gerecht werden. Das Kyrie war auch hier zu schleppend, doch kam F. nach und nach in das richtige Tempo hinein. Nur im Dona schien er mir unruhig. Aber das Ganze klang unter seiner Führung weich und musikalisch und das war wohl der bedeutendste Gegensatz zu der Aufführung unter Klemperer, der alles hart und kantig nimmt. Sicher traf er einige Male das Tempo besser wie F., dafür fing er die Teile meistens so aufgeregt an, dass er sich von vorne hinein jede Steigerung verdarb. Auch seine Schattierungen klangen mir zu gewaltsam; es kam mir vor, als nähme er die Vortragszeichen zu wörtlich. Er scheint überhaupt wenig schmiegsam zu sein. Er hat hier nach wie vor einen grossen Anhang und wird wohl, wenn es mit der Oper am Platz der Republik 3 ein Ende nehmen sollte, an die Staatsoper u.d. Linden kommen an Stellen von Kleiber. Seine Anhänger loben hauptsächlich an ihm, dass er "anders" dirigiert (besser kann ich das nicht ausdrucken [sic]) während sie Furtwängler Gefühlsduselei und schlechte Programme vorwerfen, leider wohl nicht ganz unberechtigt. Ich habe Ihnen am Montag telegrafiert, dass ich jetzt noch nicht nach Wien zurückkommen kann. 4 Der Grund liegt darin, dass ich hier etwas unternommen habe, das mir noch bis Ende des Monats zurückhält und worüber ich Ihnen Rechenschaft schuldig bin. Sie erinnern Sich, dass ich vor kurzer Zeit über Schmerzen im Arm klagte, die ich als eine Folge von Ueberspielung ansah. Ich begab mich in ärztlicher Behandlung, wurde bestrahlt und bekam den Rat, vier Wochen mit dem Klavierspiel auszusetzen und dann langsam, unter Massage und derlei Sachen wieder anzufangen, wobei ich immer der Gefahr ausgesetzt wäre, dass die Schmerzen wiederkehren würden. Dies alles befriedigte mich nicht. Ich hatte den Eindruck, trotz der Schmerzen weiterspielen zu müssen aber auf richtiger Art. Als ich das hier mit meiner Frau besprach, riet sie mir, hierüber mit Breithaupt zu sprechen, der als Klavierpädagoge den Ruf hat, schon viele überspielte Arme wieder in Ordnung gebracht zu haben. Ich habe das getan, habe aber dabei gleichzeitig für fünf Unterrichtsstunden bei ihm abgeschlossen und jetzt, we diese vorbei sind, auf noch fünf. Breithaupt lehrt mich das ausführen, was Sie mir häufiger über mein Klavierspiel sagten. Um gleich ein Beispiel zu nennen: Sie sagten mir immer "Daumen weich!"; Breithaupt hat mich nun gezeigt, wie ich den Daumen weich machen soll. Er hält überhaupt den harten Daumen für das Haupthinderniss meines Klavierspiels und führt auch die Ueberspielung darauf zurück, den [recte die] er übrigens für eine leichte hält. Und er scheint hierin recht zu haben, denn, obwohl ich regelmässig spiele, lässt der Schmerz bedeutend nach. Er zeigt mir nach und nach die Bewegungen die mir fehlen und die ich brauche um so bequem wie möglich zu spielen. Er demonstriert sie an Beethoven's c-moll Variationen, Mendelssohn's Variations sérieuses und Schumann's Symphonische Etuden [sic] . {2} Ich habe nicht gezögert, diese Gelegenheit zu ergreifen, besonders in der Erwägung, dass mir alles, was Sie mir über Phrasierung und Vortrag sagen, mir nichts nützen kann, solange ich nicht Klavierspielen kann. Dabei kann ich Ihnen, bei Ihren umfassenden theoretischen und sonstigen Arbeiten, nicht zumuten, mein Klavierpädagoge zu werden. Sie haben besseres zu tun und haben mir überdies neulich gesagt, dass es für Sie Voraussetzung ist, dass man eben Klavierspielen kann. Es scheint nun, dass ich die Spielmethode Breithaupt's verstehe und deshalb habe ich, nach den ersten fünf Stunden, gleich noch fünf verlangt. Später werde ich dann immer hier und da wieder auf einigen Stunden zu ihm gehen, sehe dabei aber Konflikte voraus denn dann wird auch die musikalische Auffassung zur Sprache kommen und die wird bei ihm wohl stark abweichen von dem, was ich bei Ihnen lerne. Aber hierauf sollte ich mich eigentlich gerade freuen! Ich habe nun solange ausholen müssen und so ausführlich schreiben damit ich bei Ihnen durch meinen Schritt nicht den Eindruck einer Untreue erwecke. Nichts liegt mir ferner als das und ich bin der Meinung dass, wo ich schon einmal das Vorrecht geniesse, von Ihnen in der Musik eingeführt zu werden, von einem Aufgeben nicht die Rede sein kann, selbst wenn ich ein halbes Jahr bei Breithaupt spielen würde. Für das Archiv bin ich mittlerweile auch tätig und habe heute die Zusage erhalten, das Trio Op. 70 Nr. 1 (Geistertrio) von Beethoven aufnehmen lassen zu dürfen. Das Stück ist hier beim Geh[eimrat] Friedländer. 5 Ich hoffe aber noch mehr zu erreichen. Ueber die Zeitschrift 6 habe ich weiter noch nicht nachgedacht obwohl ihr Erscheinen für den Ruf nach aussen des Archivs wohl von Wichtigkeit wäre. Aber ich bin nicht eilig und möchte zuerst die Arbeit über Brahms' Op. 117 7 (oder eigentlich: Ihre Arbeit darüber) fertig haben. Für meine Sammlung erwarb ich das überaus seltene Op. 40 von Beethoven (die ersten [recte erste] Violin-Romanze) im Erstdruck der Stimmen, ein noch vollständig unbeschittenes Exemplar. Ich arbeite weiter an den Urlinien der Bach-Roth-Lieder 8 doch komme ich nicht sonderlich oft dazu denn, im Gegensatz zu Wien, herbergt Berlin viele meiner Bekannten und wo ich dort fast nie mit Menschen zusammentreffe sehe ich hier recht viele, manchmal sogar zu viele! Doch das schadet gewiss nicht. Ich will nun am Sonntag den 30en nach Wien zurückkommen (mit Frau). Wir bleiben dann aber nur bis zum 12en April denn dann fahren wir, einer Einladung meiner Verwandten zufolge nach Holland um von dort die Jungfernfahrt eines neuen Dampfers bis Marseille mitzumachen. Ab Angang Mai bin ich dann wieder (allein) aus sechs bis sieben Wochen in Wien. 9 Mit den besten Grüssen von Haus zu Haus bin ich Ihr ergebener [unsigned] © Transcription John Rothgeb and Ian Bent, 2016 |
The two performances of the Missa solemnis are over. The one under Furtwängler was in my opinion the better by far. The work sounded here even better than recently in Vienna, but the orchestra in places covered the voices somewhat too heavily, especially in the Benedictus, where ‒ probably because of a too slow tempo among other things ‒ the violin solo was too little heard. This is a problem in general, and I wonder why they don't hire a prominent solo violinist. On average, concertmasters simply cannot get the balance right. 2 The Kyrie was too sluggish here as well, although Furtwängler gradually attained the correct tempo. Only in the Dona [nobis pacem] did he appear uneasy to me. But the whole sounded supple and musical under his direction, and that was perhaps the most important contrast to the performance under Klemperer, whose overall approach was hard and angular. Certainly he several times hit on the correct tempo better than Furtwängler, but on the other hand he mostly started the individual sections with such excitement that he sacrificed from the outset any opportunity for intensification. His shadings, too, sounded too forceful; it seemed to me that he took the performance markings too literally. He seems on the whole not very flexible. He still has a great following here and probably, if he should give up the Opera on the Square of the Republic, 3 will take over from Kleiber at the State Opera Unter den Linden. His followers praise him most of all for conducting "differently" (I cannot express it any better), while they accuse Furtwängler of emotional torpor and poor programming, unfortunately not without justification. I notified you by telegram on Monday that I cannot now yet return to Vienna. 4 The reason derives from the fact that I have undertaken something here that detains me until the end of the month, and of which I owe you an explanation. You remember that a short while ago I complained about pains in the arm, which I considered a consequence of too much playing. I began medical treatment, was X-rayed and received the advice to take a break from piano playing for four weeks and then slowly, along with massage and the like, to begin again, at which point I would always be exposed to the danger of having the pains reoccur. None of this was pleasing to me. I had the feeling that I should continue playing despite the pains, but in the correct manner. As I discussed that here with my wife, she advised me to talk about it with Breithaupt, who as a piano pedagogue has the reputation of having successfully treated many arms suffering from overplaying. I have done that, but have at the same time arranged for five lessons with him, and, these now being finished, for five more. Breithaupt teaches me to realize what you have often remarked about my piano playing. To cite an example at once: you always told me "relax the thumb!" Breithaupt has shown me, now, how I am to get the thumb relaxed. He considers the stiff thumb altogether the primary obstacle to my piano playing and attributes the [pains from] overplaying to that as well. And he seems to be right about this, for, although I play regularly, the pain is easing significantly. He shows me gradually the movements that I lack and that I need to play as comfortably as possible. He demonstrates them with Beethoven's C minor Variations, Mendelssohn's Variations sérieuses , and Schumann's Symphonic Etudes. {2} I have not hesitated to seize this opportunity, especially in consideration that everything you tell me about phrasing and performance cannot benefit me so long as I cannot play the piano. Besides, I cannot expect you, with your comprehensive theoretical and other works, to be my piano pedagogue. You have better things to do and have anyway told me recently that for you it is a precondition that one be able to play the piano. It seems now that I understand Breithaupt's method of playing, and thus I have, after the first five lessons, immediately asked for five more. Later, then, I will always go to him now and then for a few lessons, although I foresee conflicts in this, for then the musical interpretation will also be discussed, and it will probably differ strongly from what I learn from you. But I should really be happy about that! I have had to go on so long about this and in such detail to avoid awakening the impression on your part of a disloyalty as a result of my action. Nothing is further from my mind, and I think that as I already enjoy the privilege of being instructed in music by you, there will be no talk of giving up that instruction, even if I were to work on the playing for half a year with Breithaupt. I have also been active for the Archive in the meantime, and have today obtained permission to order photography of the Trio Op. 70, No. 1 (the "Ghost" Trio), by Beethoven. The piece is here with Privy Counselor Friedländer. 5 I hope, though, to achieve still more. I have not yet thought further about the journal, 6 though its publication would probably be of importance for the Archive's reputation in the outside world. But I am in no hurry, and want first to finish the work (or actually: your work) on Brahms's Op. 117. 7 For my personal collection I obtained the very rare Op. 40 by Beethoven (the first of the violin romances) in original print of the parts, a still complete, uncut copy. I continue work on the Urlinien of the Bach-Roth lieder, 8 but I don't work on them especially often, for Berlin, in contrast to Vienna, is home to many of my acquaintances, and where in Vienna I almost never meet people, here I see very many ‒ sometimes even too many! But there is no harm in that. I want now to return (with my wife) to Vienna on Sunday the 30th. But we remain only until April 12, and then we will travel, by invitation of my relatives, to Holland, from there to join on the maiden voyage of a new steamer to Marseille. From the beginning of May then I will be again in Vienna (alone) for six or seven weeks. 9 With best greetings from our house to yours, I am Your devoted [unsigned] © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
Die beiden Aufführungen der Missa Solemnis sind vorüber. Die unter Furtwängler war meiner Ansicht nach weitaus die bessere. Das Werk klang hier auch besser wie neulich in Wien aber das Orchester deckte hier und da die Stimmen etwas zu stark, besonders im Benedictus, wo, wohl mit infolge eines etwas zu langsamen Tempo's, das Violinsolo zu wenig gehört wurde. Es ist dies überhaupt ein Problem und ich frage mich ab, warum man hierfür nicht einen Solo-Geiger von Ruf engagiert. Der gewöhnliche Durchschnitt der Konzertmeister können die [recte der] Parite 2 doch nicht gerecht werden. Das Kyrie war auch hier zu schleppend, doch kam F. nach und nach in das richtige Tempo hinein. Nur im Dona schien er mir unruhig. Aber das Ganze klang unter seiner Führung weich und musikalisch und das war wohl der bedeutendste Gegensatz zu der Aufführung unter Klemperer, der alles hart und kantig nimmt. Sicher traf er einige Male das Tempo besser wie F., dafür fing er die Teile meistens so aufgeregt an, dass er sich von vorne hinein jede Steigerung verdarb. Auch seine Schattierungen klangen mir zu gewaltsam; es kam mir vor, als nähme er die Vortragszeichen zu wörtlich. Er scheint überhaupt wenig schmiegsam zu sein. Er hat hier nach wie vor einen grossen Anhang und wird wohl, wenn es mit der Oper am Platz der Republik 3 ein Ende nehmen sollte, an die Staatsoper u.d. Linden kommen an Stellen von Kleiber. Seine Anhänger loben hauptsächlich an ihm, dass er "anders" dirigiert (besser kann ich das nicht ausdrucken [sic]) während sie Furtwängler Gefühlsduselei und schlechte Programme vorwerfen, leider wohl nicht ganz unberechtigt. Ich habe Ihnen am Montag telegrafiert, dass ich jetzt noch nicht nach Wien zurückkommen kann. 4 Der Grund liegt darin, dass ich hier etwas unternommen habe, das mir noch bis Ende des Monats zurückhält und worüber ich Ihnen Rechenschaft schuldig bin. Sie erinnern Sich, dass ich vor kurzer Zeit über Schmerzen im Arm klagte, die ich als eine Folge von Ueberspielung ansah. Ich begab mich in ärztlicher Behandlung, wurde bestrahlt und bekam den Rat, vier Wochen mit dem Klavierspiel auszusetzen und dann langsam, unter Massage und derlei Sachen wieder anzufangen, wobei ich immer der Gefahr ausgesetzt wäre, dass die Schmerzen wiederkehren würden. Dies alles befriedigte mich nicht. Ich hatte den Eindruck, trotz der Schmerzen weiterspielen zu müssen aber auf richtiger Art. Als ich das hier mit meiner Frau besprach, riet sie mir, hierüber mit Breithaupt zu sprechen, der als Klavierpädagoge den Ruf hat, schon viele überspielte Arme wieder in Ordnung gebracht zu haben. Ich habe das getan, habe aber dabei gleichzeitig für fünf Unterrichtsstunden bei ihm abgeschlossen und jetzt, we diese vorbei sind, auf noch fünf. Breithaupt lehrt mich das ausführen, was Sie mir häufiger über mein Klavierspiel sagten. Um gleich ein Beispiel zu nennen: Sie sagten mir immer "Daumen weich!"; Breithaupt hat mich nun gezeigt, wie ich den Daumen weich machen soll. Er hält überhaupt den harten Daumen für das Haupthinderniss meines Klavierspiels und führt auch die Ueberspielung darauf zurück, den [recte die] er übrigens für eine leichte hält. Und er scheint hierin recht zu haben, denn, obwohl ich regelmässig spiele, lässt der Schmerz bedeutend nach. Er zeigt mir nach und nach die Bewegungen die mir fehlen und die ich brauche um so bequem wie möglich zu spielen. Er demonstriert sie an Beethoven's c-moll Variationen, Mendelssohn's Variations sérieuses und Schumann's Symphonische Etuden [sic] . {2} Ich habe nicht gezögert, diese Gelegenheit zu ergreifen, besonders in der Erwägung, dass mir alles, was Sie mir über Phrasierung und Vortrag sagen, mir nichts nützen kann, solange ich nicht Klavierspielen kann. Dabei kann ich Ihnen, bei Ihren umfassenden theoretischen und sonstigen Arbeiten, nicht zumuten, mein Klavierpädagoge zu werden. Sie haben besseres zu tun und haben mir überdies neulich gesagt, dass es für Sie Voraussetzung ist, dass man eben Klavierspielen kann. Es scheint nun, dass ich die Spielmethode Breithaupt's verstehe und deshalb habe ich, nach den ersten fünf Stunden, gleich noch fünf verlangt. Später werde ich dann immer hier und da wieder auf einigen Stunden zu ihm gehen, sehe dabei aber Konflikte voraus denn dann wird auch die musikalische Auffassung zur Sprache kommen und die wird bei ihm wohl stark abweichen von dem, was ich bei Ihnen lerne. Aber hierauf sollte ich mich eigentlich gerade freuen! Ich habe nun solange ausholen müssen und so ausführlich schreiben damit ich bei Ihnen durch meinen Schritt nicht den Eindruck einer Untreue erwecke. Nichts liegt mir ferner als das und ich bin der Meinung dass, wo ich schon einmal das Vorrecht geniesse, von Ihnen in der Musik eingeführt zu werden, von einem Aufgeben nicht die Rede sein kann, selbst wenn ich ein halbes Jahr bei Breithaupt spielen würde. Für das Archiv bin ich mittlerweile auch tätig und habe heute die Zusage erhalten, das Trio Op. 70 Nr. 1 (Geistertrio) von Beethoven aufnehmen lassen zu dürfen. Das Stück ist hier beim Geh[eimrat] Friedländer. 5 Ich hoffe aber noch mehr zu erreichen. Ueber die Zeitschrift 6 habe ich weiter noch nicht nachgedacht obwohl ihr Erscheinen für den Ruf nach aussen des Archivs wohl von Wichtigkeit wäre. Aber ich bin nicht eilig und möchte zuerst die Arbeit über Brahms' Op. 117 7 (oder eigentlich: Ihre Arbeit darüber) fertig haben. Für meine Sammlung erwarb ich das überaus seltene Op. 40 von Beethoven (die ersten [recte erste] Violin-Romanze) im Erstdruck der Stimmen, ein noch vollständig unbeschittenes Exemplar. Ich arbeite weiter an den Urlinien der Bach-Roth-Lieder 8 doch komme ich nicht sonderlich oft dazu denn, im Gegensatz zu Wien, herbergt Berlin viele meiner Bekannten und wo ich dort fast nie mit Menschen zusammentreffe sehe ich hier recht viele, manchmal sogar zu viele! Doch das schadet gewiss nicht. Ich will nun am Sonntag den 30en nach Wien zurückkommen (mit Frau). Wir bleiben dann aber nur bis zum 12en April denn dann fahren wir, einer Einladung meiner Verwandten zufolge nach Holland um von dort die Jungfernfahrt eines neuen Dampfers bis Marseille mitzumachen. Ab Angang Mai bin ich dann wieder (allein) aus sechs bis sieben Wochen in Wien. 9 Mit den besten Grüssen von Haus zu Haus bin ich Ihr ergebener [unsigned] © Transcription John Rothgeb and Ian Bent, 2016 |
The two performances of the Missa solemnis are over. The one under Furtwängler was in my opinion the better by far. The work sounded here even better than recently in Vienna, but the orchestra in places covered the voices somewhat too heavily, especially in the Benedictus, where ‒ probably because of a too slow tempo among other things ‒ the violin solo was too little heard. This is a problem in general, and I wonder why they don't hire a prominent solo violinist. On average, concertmasters simply cannot get the balance right. 2 The Kyrie was too sluggish here as well, although Furtwängler gradually attained the correct tempo. Only in the Dona [nobis pacem] did he appear uneasy to me. But the whole sounded supple and musical under his direction, and that was perhaps the most important contrast to the performance under Klemperer, whose overall approach was hard and angular. Certainly he several times hit on the correct tempo better than Furtwängler, but on the other hand he mostly started the individual sections with such excitement that he sacrificed from the outset any opportunity for intensification. His shadings, too, sounded too forceful; it seemed to me that he took the performance markings too literally. He seems on the whole not very flexible. He still has a great following here and probably, if he should give up the Opera on the Square of the Republic, 3 will take over from Kleiber at the State Opera Unter den Linden. His followers praise him most of all for conducting "differently" (I cannot express it any better), while they accuse Furtwängler of emotional torpor and poor programming, unfortunately not without justification. I notified you by telegram on Monday that I cannot now yet return to Vienna. 4 The reason derives from the fact that I have undertaken something here that detains me until the end of the month, and of which I owe you an explanation. You remember that a short while ago I complained about pains in the arm, which I considered a consequence of too much playing. I began medical treatment, was X-rayed and received the advice to take a break from piano playing for four weeks and then slowly, along with massage and the like, to begin again, at which point I would always be exposed to the danger of having the pains reoccur. None of this was pleasing to me. I had the feeling that I should continue playing despite the pains, but in the correct manner. As I discussed that here with my wife, she advised me to talk about it with Breithaupt, who as a piano pedagogue has the reputation of having successfully treated many arms suffering from overplaying. I have done that, but have at the same time arranged for five lessons with him, and, these now being finished, for five more. Breithaupt teaches me to realize what you have often remarked about my piano playing. To cite an example at once: you always told me "relax the thumb!" Breithaupt has shown me, now, how I am to get the thumb relaxed. He considers the stiff thumb altogether the primary obstacle to my piano playing and attributes the [pains from] overplaying to that as well. And he seems to be right about this, for, although I play regularly, the pain is easing significantly. He shows me gradually the movements that I lack and that I need to play as comfortably as possible. He demonstrates them with Beethoven's C minor Variations, Mendelssohn's Variations sérieuses , and Schumann's Symphonic Etudes. {2} I have not hesitated to seize this opportunity, especially in consideration that everything you tell me about phrasing and performance cannot benefit me so long as I cannot play the piano. Besides, I cannot expect you, with your comprehensive theoretical and other works, to be my piano pedagogue. You have better things to do and have anyway told me recently that for you it is a precondition that one be able to play the piano. It seems now that I understand Breithaupt's method of playing, and thus I have, after the first five lessons, immediately asked for five more. Later, then, I will always go to him now and then for a few lessons, although I foresee conflicts in this, for then the musical interpretation will also be discussed, and it will probably differ strongly from what I learn from you. But I should really be happy about that! I have had to go on so long about this and in such detail to avoid awakening the impression on your part of a disloyalty as a result of my action. Nothing is further from my mind, and I think that as I already enjoy the privilege of being instructed in music by you, there will be no talk of giving up that instruction, even if I were to work on the playing for half a year with Breithaupt. I have also been active for the Archive in the meantime, and have today obtained permission to order photography of the Trio Op. 70, No. 1 (the "Ghost" Trio), by Beethoven. The piece is here with Privy Counselor Friedländer. 5 I hope, though, to achieve still more. I have not yet thought further about the journal, 6 though its publication would probably be of importance for the Archive's reputation in the outside world. But I am in no hurry, and want first to finish the work (or actually: your work) on Brahms's Op. 117. 7 For my personal collection I obtained the very rare Op. 40 by Beethoven (the first of the violin romances) in original print of the parts, a still complete, uncut copy. I continue work on the Urlinien of the Bach-Roth lieder, 8 but I don't work on them especially often, for Berlin, in contrast to Vienna, is home to many of my acquaintances, and where in Vienna I almost never meet people, here I see very many ‒ sometimes even too many! But there is no harm in that. I want now to return (with my wife) to Vienna on Sunday the 30th. But we remain only until April 12, and then we will travel, by invitation of my relatives, to Holland, from there to join on the maiden voyage of a new steamer to Marseille. From the beginning of May then I will be again in Vienna (alone) for six or seven weeks. 9 With best greetings from our house to yours, I am Your devoted [unsigned] © Translation John Rothgeb and Heribert Esser, 2016 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/3, p. 3456, March 21, 1930: "v. Hob. (Br. aus Berlin): habe bei Breithaupt zunächst 5 Stunden, später noch einmal für 5 Stunden „abgeschlossen“ – verwahrt sich gegen jeden Gedanken einer Untreue mir gegenüber, bittet mich vielmehr um meine Hilfe auch wenn er bei Breithaupt ½ Jahr bleiben sollte. Ueber das Jahrbuch habe er noch nicht nachgedacht, habe auch keine Eile!" ("Hoboken (letter from Berlin): he initially had five lessons with Breithaupt, later "concluded" his studies with a further five lessons – he repudiates all thoughts of being unfaithful to me, on the contrary he asks for my help, even if he should stay another half year with Breithaupt. He has still not given much thought to the yearbook, and is also not in any hurry with it!"). 2 Hoboken uses the French work parité, though without acute accent, instead of the German Parität, for balance. Both nouns are feminine. 3 Staatsoper am Platz der Republik, Berlin: a branch of the Berlin Staatsoper established in 1927 and closed in 1931. It operated in the Kroll Theater, hence was also known as the Kroll Oper. Klemperer was its artistic director throughout its four seasons, performances including operas by Hindemith, Janáček, Schoenberg, Stravinsky, and Weill. 4 No telegram dated March 17, 1930 is known to survive, but its receipt is recorded in Schenker's diary at OJ 4/3, p. 3454, March 18, 1930: "Telegramm v. Hoboken: kommt noch nicht, Brief folgt." ("Telegram from Hoboken: he is still not coming, a letter will follow."). 5 "Geheimrat" or "Geheimer Regierungsrat" (Confidential Adviser to the Government). The musicologist Max Friedländer was appointed to this function in 1908. He acquired the manuscript; after his death it was in the possession of his widow, then was sold in the USA and ended up in the Cary Collection of the Pierpont Morgan Library, New York. 6 Hoboken is referring to a series of Mitteilungen (Communications) or Jahrbücher (Yearbooks) issued by the Photogram Archive, which were to inform readers about its development and include articles on manuscripts and the significance of original readings for the understanding of musical works. The idea of such a publication collapsed early in 1930. 7 Brahms, Three Intermezzos, Op. 117, which Hoboken studied in lessons with Schenker between October 5, 1929 and April 8, 1930 (lessonbook 1929/1930). A typescript survives of a study by Hoboken of Op. 117, No. 1 (OC 14/2). 8 Bach-Roth-Lieder: most likely J. S. Bach, Lieder, 25 geistliche, aus dem Schemellischen Gesangbuch für 1 Singstimme und basso continuo, ed. Herman Roth (Leipzig: Peters Edition). From as earlier as 1914, Schenker had had many of his students (Albersheim, Cube, Elias, Kahn, Langstroth, Pairamall, and Weisse) study these chorales, which he often referred to as "Bach-Schemelli-Roth"; and in particular he had had Hoboken study Nos. 1 through 14 between October 1929 and February 1930, concentrating in each case mostly on the Urlinie (OC 4: lessonbooks October 1928 to August 1931). 9 After February 20, 1930, Hoboken took lessons with Schenker only on April 8, then twice a week from May 6 to June 13 (OC 4). |
|
Commentary
Digital version created: 2016-07-02 |