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Hotel & Pension du Lac
AM GARDASEE
Riva. Hotel du Lac
5. April 96.

Lieber, verehrter Freund!

Seit langem drängt es mich, Ihnen zu schreiben, u. muß ich Sie herzlichst um Entschuldigung bitten, daß dies nicht früher geschah. Von Ihren Clavierstücken bin ich entzückt; 1 wenn ich keins von ihnen bisher gespielt habe, liegt es nur daran, daß ich in diesem Jahr außer dem Berliner Brahms-Abend fast gar nicht concertirt habe, sondern mich einzig und allein der Instrumentirung meiner neuen Oper „Gernot“ 2 gewidmet habe. Seit Ende Januar sind wir hier und haben die wohlthuende Ruhe herrlich genossen. Nun ist die schöne Zeit zu Ende, wir reisen morgen langsam zurück nach Dresden resp. Coswig, um Ende des Monats nach London zu reisen, wo ich 7 Concerte zu geben habe; – das erste unter Mottl’s Leitung. Ich fange jetzt erst an, wieder Klavier zu spielen und soll meine erste Novität Ihr Opus sein; sein Studium wird {2} mir große Freude bereiten, dessen bin ich sicher.

Was die kleine Szalit betrifft, so ist es eigentlich Schade, daß sie nicht hieher, anstatt nach Abbazia zur Erholung reiste. Die Wirkung wäre wol dieselbe gewesen und ich hätte sie zwei Monate länger unterrichten können.

Ich brachte dies gar nicht in Vorschlag, da Herr Szalit mir s.Z. in Wien ausdrücklich sagte, vor Ende April sei ein Loskommen von Fischhof 3 nicht möglich. Ich bin natürlich sehr froh, daß die Kleine nicht bei diesem Klaviergigerl studirt und bin ich ganz damit einverstanden, daß sie bei Ihnen einstweilen studirt, denn Sie sind ein ernster Musiker u. werden die Kleine in richtige Bahnen lenken. Wenn Sie Herr Szalit sehen, bitte ihm für seine liebenswürdigen Zeilen meinen besten Dank auszusprechen. Es wäre mir sehr erwünscht, recht bald zu wissen, ob die Kleine bestimmit zu mir kommt u. wann? Was ihre Gesundheit {3} anbetrifft, so glaube ich nicht, daß der Starnberger See von nachteiligem Einfluß sein könnte; im Gegenteil. Ich möchte [illeg. word] wissen, in welcher Weise der Unterricht einzutheilen wäre, denn in diesem Jahre könnte ich nur die Zeit vom Ende Juni bis Ende September – also drei Monate – in Leoni am Starnbergersee zur Verfügung stellen; erst im nächsten Jahre wäre ich längere Zeit an einem Ort: ‒ März‒November. Würden Sie denn in der Zwischenzeit die Weiterführung der Kleinen in meinen Sinne übernehmen? Bitte um Ihre Ansichten u. Meinungsäußerungen.

Anbei erhalten Sie endlich den Klavierauszug von „Ghismonda“. 4 Der Erfolg der Oper war ein großer, aber die niederträchtige Dresdner Presse hat sie im Grund u. Boden geschimpft, sodaß die weiteren Aufführungen hundeleer waren. Das liebe Dresd[en] er Publikum läßt sich nur von der Kritik bestimmen u. besitzt kein eignes Urteil. {4} Wenn man sieht, mit welchen Mitteln die erfolgreichen Opernschmierer der Gegenwart kämpfen, möchte man fast jeden Versuch aufgeben, mit einem ernsten Werke durchzudringen.

Sowie ich etwas von Ihnen spiele, sende ich Ihnen das Programm. Wie ist es mit einem Verleger? Breitkopf u. Härtel sind etwas schwerfällig, – daran ist nicht zu denken. Bitte über mich ganz u. gar zu verfügen; was in meinen schwachen Kräften steht, soll geschehen.

Mit herzlichen Grüßen von mir u. besten Empfehlungen von meiner Frau, bin ich, in Erwartung einer baldigen Rückäußerung 5


Ihr stets getreuer
[signed:] Eugen d’Albert.


Adresse bis 16 April Coswig bei Dresden.
vom 17 bis 26 April Baden-Baden Hotel Badischer Hof.

© Transcription Ian Bent, 2006, 2021


Hotel & Pension du Lac
ON LAKE GARDA
Riva. Hotel du Lac
April 5, 1896

Dear, revered Friend,

I have long been intending to write to you, and must earnestly ask your forgiveness for not having gotten round to it before now. I am enchanted by your Pieces for Piano. 1 If I have not played any of them so far, this is due solely to the fact that I have given almost no concerts this year other than the Brahms evening in Berlin, but have instead devoted myself entirely to the orchestration of my opera Gernot. 2 We have been here since the end of January and have greatly enjoyed the peace and quiet. Now the idyll is over; tomorrow we travel slowly back to Dresden and on to Coswig, only to travel to London at the end of the month, where I have to give seven concerts ‒ the first under Mottl's direction. I am now starting to play the piano again, and your opus shall be the first new piece on my agenda. {2} It will be a great pleasure for me to study it, of that I am sure.

As concerns the little Szalit, it is a real pity that she has not come here rather than going to Abbazia to recuperate. The effect would have been just the same, and I would have been able to teach her for another two months.

I did not suggest, this because Mr. Szalit expressly told me in Vienna some time back that there was no possibility of breaking away from Fischhof 3 before the end of April. I am naturally very happy that the little girl is not studying with this piano fop, and wholeheartedly concur with the idea that she should study with you for the time being, for you are a serious musician and will point the little girl in the right direction. If you see Mr. Szalit, please give him my best thanks for his kind letter. I should very much like to know as soon as possible whether the little girl is definitely coming to me, and if so when. As to her health, {3} I do not think that the Starnberger Lake could have a detrimental effect ‒ quite the contrary. I should also like to know how to divide up my teaching; for this year I could be at her disposal only from the end of June to the end of September ‒ i.e. three months ‒ in Leoni on the Starnberger Lake. Not until next year would I be in one place for a longer period of time: March to November. So would you take over the continuation of the little girl’s study on my behalf in the intervening period? Please let me know your feelings about this.

Enclosed at long last is the piano reduction of Ghismonda. 4 The opera was a great success, but the rotten Dresden press maligned it from top to bottom so that the remaining performances were played to an empty house. The dear Dresden public just lets its views be dictated by their criticism and has no judgment of its own. {4} When one sees with what resources the successful opera scribblers of today contend, one might as well give up any attempt to persevere with a serious work.

As soon as I play something of yours, I will send you the program. Where do things stand over a publisher? Breitkopf & Härtel are somewhat sluggish ‒ it is not worth thinking of them. Please avail yourself of my services: whatever lies within my meagre power I will do.

With cordial greetings from me and best regards from my wife, I remain, in anticipation of an early reply. 5


Your ever true
[signed:] Eugen d’Albert


Address until April 16: Coswig nr. Dresden
April 17‒26: Baden-Baden Hotel Badischer Hof

© Translation Ian Bent, 2006, 2021


Hotel & Pension du Lac
AM GARDASEE
Riva. Hotel du Lac
5. April 96.

Lieber, verehrter Freund!

Seit langem drängt es mich, Ihnen zu schreiben, u. muß ich Sie herzlichst um Entschuldigung bitten, daß dies nicht früher geschah. Von Ihren Clavierstücken bin ich entzückt; 1 wenn ich keins von ihnen bisher gespielt habe, liegt es nur daran, daß ich in diesem Jahr außer dem Berliner Brahms-Abend fast gar nicht concertirt habe, sondern mich einzig und allein der Instrumentirung meiner neuen Oper „Gernot“ 2 gewidmet habe. Seit Ende Januar sind wir hier und haben die wohlthuende Ruhe herrlich genossen. Nun ist die schöne Zeit zu Ende, wir reisen morgen langsam zurück nach Dresden resp. Coswig, um Ende des Monats nach London zu reisen, wo ich 7 Concerte zu geben habe; – das erste unter Mottl’s Leitung. Ich fange jetzt erst an, wieder Klavier zu spielen und soll meine erste Novität Ihr Opus sein; sein Studium wird {2} mir große Freude bereiten, dessen bin ich sicher.

Was die kleine Szalit betrifft, so ist es eigentlich Schade, daß sie nicht hieher, anstatt nach Abbazia zur Erholung reiste. Die Wirkung wäre wol dieselbe gewesen und ich hätte sie zwei Monate länger unterrichten können.

Ich brachte dies gar nicht in Vorschlag, da Herr Szalit mir s.Z. in Wien ausdrücklich sagte, vor Ende April sei ein Loskommen von Fischhof 3 nicht möglich. Ich bin natürlich sehr froh, daß die Kleine nicht bei diesem Klaviergigerl studirt und bin ich ganz damit einverstanden, daß sie bei Ihnen einstweilen studirt, denn Sie sind ein ernster Musiker u. werden die Kleine in richtige Bahnen lenken. Wenn Sie Herr Szalit sehen, bitte ihm für seine liebenswürdigen Zeilen meinen besten Dank auszusprechen. Es wäre mir sehr erwünscht, recht bald zu wissen, ob die Kleine bestimmit zu mir kommt u. wann? Was ihre Gesundheit {3} anbetrifft, so glaube ich nicht, daß der Starnberger See von nachteiligem Einfluß sein könnte; im Gegenteil. Ich möchte [illeg. word] wissen, in welcher Weise der Unterricht einzutheilen wäre, denn in diesem Jahre könnte ich nur die Zeit vom Ende Juni bis Ende September – also drei Monate – in Leoni am Starnbergersee zur Verfügung stellen; erst im nächsten Jahre wäre ich längere Zeit an einem Ort: ‒ März‒November. Würden Sie denn in der Zwischenzeit die Weiterführung der Kleinen in meinen Sinne übernehmen? Bitte um Ihre Ansichten u. Meinungsäußerungen.

Anbei erhalten Sie endlich den Klavierauszug von „Ghismonda“. 4 Der Erfolg der Oper war ein großer, aber die niederträchtige Dresdner Presse hat sie im Grund u. Boden geschimpft, sodaß die weiteren Aufführungen hundeleer waren. Das liebe Dresd[en] er Publikum läßt sich nur von der Kritik bestimmen u. besitzt kein eignes Urteil. {4} Wenn man sieht, mit welchen Mitteln die erfolgreichen Opernschmierer der Gegenwart kämpfen, möchte man fast jeden Versuch aufgeben, mit einem ernsten Werke durchzudringen.

Sowie ich etwas von Ihnen spiele, sende ich Ihnen das Programm. Wie ist es mit einem Verleger? Breitkopf u. Härtel sind etwas schwerfällig, – daran ist nicht zu denken. Bitte über mich ganz u. gar zu verfügen; was in meinen schwachen Kräften steht, soll geschehen.

Mit herzlichen Grüßen von mir u. besten Empfehlungen von meiner Frau, bin ich, in Erwartung einer baldigen Rückäußerung 5


Ihr stets getreuer
[signed:] Eugen d’Albert.


Adresse bis 16 April Coswig bei Dresden.
vom 17 bis 26 April Baden-Baden Hotel Badischer Hof.

© Transcription Ian Bent, 2006, 2021


Hotel & Pension du Lac
ON LAKE GARDA
Riva. Hotel du Lac
April 5, 1896

Dear, revered Friend,

I have long been intending to write to you, and must earnestly ask your forgiveness for not having gotten round to it before now. I am enchanted by your Pieces for Piano. 1 If I have not played any of them so far, this is due solely to the fact that I have given almost no concerts this year other than the Brahms evening in Berlin, but have instead devoted myself entirely to the orchestration of my opera Gernot. 2 We have been here since the end of January and have greatly enjoyed the peace and quiet. Now the idyll is over; tomorrow we travel slowly back to Dresden and on to Coswig, only to travel to London at the end of the month, where I have to give seven concerts ‒ the first under Mottl's direction. I am now starting to play the piano again, and your opus shall be the first new piece on my agenda. {2} It will be a great pleasure for me to study it, of that I am sure.

As concerns the little Szalit, it is a real pity that she has not come here rather than going to Abbazia to recuperate. The effect would have been just the same, and I would have been able to teach her for another two months.

I did not suggest, this because Mr. Szalit expressly told me in Vienna some time back that there was no possibility of breaking away from Fischhof 3 before the end of April. I am naturally very happy that the little girl is not studying with this piano fop, and wholeheartedly concur with the idea that she should study with you for the time being, for you are a serious musician and will point the little girl in the right direction. If you see Mr. Szalit, please give him my best thanks for his kind letter. I should very much like to know as soon as possible whether the little girl is definitely coming to me, and if so when. As to her health, {3} I do not think that the Starnberger Lake could have a detrimental effect ‒ quite the contrary. I should also like to know how to divide up my teaching; for this year I could be at her disposal only from the end of June to the end of September ‒ i.e. three months ‒ in Leoni on the Starnberger Lake. Not until next year would I be in one place for a longer period of time: March to November. So would you take over the continuation of the little girl’s study on my behalf in the intervening period? Please let me know your feelings about this.

Enclosed at long last is the piano reduction of Ghismonda. 4 The opera was a great success, but the rotten Dresden press maligned it from top to bottom so that the remaining performances were played to an empty house. The dear Dresden public just lets its views be dictated by their criticism and has no judgment of its own. {4} When one sees with what resources the successful opera scribblers of today contend, one might as well give up any attempt to persevere with a serious work.

As soon as I play something of yours, I will send you the program. Where do things stand over a publisher? Breitkopf & Härtel are somewhat sluggish ‒ it is not worth thinking of them. Please avail yourself of my services: whatever lies within my meagre power I will do.

With cordial greetings from me and best regards from my wife, I remain, in anticipation of an early reply. 5


Your ever true
[signed:] Eugen d’Albert


Address until April 16: Coswig nr. Dresden
April 17‒26: Baden-Baden Hotel Badischer Hof

© Translation Ian Bent, 2006, 2021

Footnotes

1 Since OJ 9/6, [14] of January 2, 1897 tells us that Schenker sent the pieces on that date in print, having first sent them in manuscript, these must be his Zwei Clavierstücke, Op. 1, published by Ludwig Doblinger in April 1892 and dedicated to Julius Epstein.

2 Gernot, opera, libretto by G. Kastropp, first performed Mannheim, April 11, 1897.

3 Robert Fischhof (1856‒1918): Viennese pianist, pupil of Anton Door, Anton Bruckner, Franz Krenn, later Leschetizky and Liszt; from 1884 to 1918 professor of piano at the Vienna Conservatory (Academy).

4 Ghismonda, opera in three acts, libretto by d'Albert after F.K. Immermann, first performed Dresden, November 28, 1895.

5 No items of correspondence from Schenker to d’Albert are known to have survived.

Commentary

Format
4p letter, Bogen format, printed letterhead, holograph salutation, message, valediction, signature, and postscript
Provenance
Schenker, Heinrich (date of entry-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1945)--Jonas, Oswald (c.1945-1978)--University of California, Riverside (1978--)
Rights Holder
Heirs of Eugen d'Albert; deemed to be in the public domain
License
All reasonable attempts have been made to identify the heirs or representatives of Eugen d'Albert. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk.

Digital version created: 2021-10-19
Last updated: 2011-04-15