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7. X. 15

Beim Weggehen teilt mir Fr. Colbert mit, daß ihr Gatte öfter den Gedanken aussprach, daß ihr Gatte er wäre glücklich, mich einmal im „Morgen“ einige Aufsätze über Musik schreiben zu lassen, wenn nur erst das Blatt so weit wäre. Welch' heillose Verwirrung u. Naivität im Kopfe eines Journalisten! Herr Colbert glaubt, daß er meiner Sache dienen würde, wenn ich er mich dazu brächte, vor allem seiner Zeitung zu dienen. Er vergißt, daß ich ja all die Jahre her selbst schreibe geschrieben habe, daß somit, sofern es nach der Ansicht der Frau Deutsch nur mehr nötig sein sollte „daß endlich über mich geschrieben werde“, ein Aufsatz von mir doch nicht gleichbedeutend sein kann mit einem Aufsatz über mich. Es kann eben der Journalist niemals aus seiner Haut heraus. Auch im Augenblick, da er die Pflicht hätte, einen Autor zu besprechen, denkt er unbewußt nur an seinen den eigenen Vorteil, der in einer an eine Reklame für seine Zeitung bestünde. – Diese Begriffsverschiebung erinnert mich an eine Herrn Karpath s, der vor Jahren, als er Mitarbeiter der „Signale“ wurde, mich um einen Aufsatz für diese bat, obgleich das Blatt bis dahin niemals ein Wort über mich verloren hatte. —

*

Abends Fl. u. W. bei Lie-Liechen. Das Essen wird sehr einfach gehalten, womit wir ihnen eine Repressalie zu verstehen geben.

*

© Transcription Marko Deisinger.

October 7, 1915.

As she departs, Mrs. Colbert tells me that her husband often expressed the idea that he would be happy if I were to write a few essays on music for Der Morgen , if only the paper were ready for them. What an incurable confusion and naivety in the head of a journalist! Mr. Colbert believes that he can do my cause a service if first of all he could get me to serve his newspaper. He forgets that I have myself written for all these years, that – according to Mrs. Deutsch – what is now needed is that "something is finally written about me", and that an article by me cannot have the same significance as an article about me. Journalists are simply incapable of changing their skin. Even at the moment that he would be obliged to review the work on an author, he unconsciously thinks only of his own advantage, of an advertisement for his newspaper. This reminds me of Mr. Karpath who, many years ago when he worked for the Signale für die musikalische Welt , asked me to write an article for it, although at the time the newspaper had never bothered to write a word about me. —

*

In the evening, Floriz and Valerie at Lie-Liechen's. The food is kept very simple, which we take to be an act of reprisal.

*

© Translation William Drabkin.

7. X. 15

Beim Weggehen teilt mir Fr. Colbert mit, daß ihr Gatte öfter den Gedanken aussprach, daß ihr Gatte er wäre glücklich, mich einmal im „Morgen“ einige Aufsätze über Musik schreiben zu lassen, wenn nur erst das Blatt so weit wäre. Welch' heillose Verwirrung u. Naivität im Kopfe eines Journalisten! Herr Colbert glaubt, daß er meiner Sache dienen würde, wenn ich er mich dazu brächte, vor allem seiner Zeitung zu dienen. Er vergißt, daß ich ja all die Jahre her selbst schreibe geschrieben habe, daß somit, sofern es nach der Ansicht der Frau Deutsch nur mehr nötig sein sollte „daß endlich über mich geschrieben werde“, ein Aufsatz von mir doch nicht gleichbedeutend sein kann mit einem Aufsatz über mich. Es kann eben der Journalist niemals aus seiner Haut heraus. Auch im Augenblick, da er die Pflicht hätte, einen Autor zu besprechen, denkt er unbewußt nur an seinen den eigenen Vorteil, der in einer an eine Reklame für seine Zeitung bestünde. – Diese Begriffsverschiebung erinnert mich an eine Herrn Karpath s, der vor Jahren, als er Mitarbeiter der „Signale“ wurde, mich um einen Aufsatz für diese bat, obgleich das Blatt bis dahin niemals ein Wort über mich verloren hatte. —

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Abends Fl. u. W. bei Lie-Liechen. Das Essen wird sehr einfach gehalten, womit wir ihnen eine Repressalie zu verstehen geben.

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© Transcription Marko Deisinger.

October 7, 1915.

As she departs, Mrs. Colbert tells me that her husband often expressed the idea that he would be happy if I were to write a few essays on music for Der Morgen , if only the paper were ready for them. What an incurable confusion and naivety in the head of a journalist! Mr. Colbert believes that he can do my cause a service if first of all he could get me to serve his newspaper. He forgets that I have myself written for all these years, that – according to Mrs. Deutsch – what is now needed is that "something is finally written about me", and that an article by me cannot have the same significance as an article about me. Journalists are simply incapable of changing their skin. Even at the moment that he would be obliged to review the work on an author, he unconsciously thinks only of his own advantage, of an advertisement for his newspaper. This reminds me of Mr. Karpath who, many years ago when he worked for the Signale für die musikalische Welt , asked me to write an article for it, although at the time the newspaper had never bothered to write a word about me. —

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In the evening, Floriz and Valerie at Lie-Liechen's. The food is kept very simple, which we take to be an act of reprisal.

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© Translation William Drabkin.