14. Regnerisch!
— Bis ½10h Einkäufe. In einer Greislerei [sic] werden für ein Packet [sic] kleiner [illeg]Zündhölzchen 36 h, für eine Schachtel große Hölzchen 5 h [sic] verlangt; in einem großen Delikatessengeschäft für ein Packet große Hölzchen blos 32 h. – Bei einer Greislerei sehen wir Trauben mit einer Preistafel, das ¼ kg für 60 h, bei einer anderen Greislerei fehlen die vorschriftsmäßigen Tafeln – sie verlangt 70–80 h. — — Gewöhnliche Schlemmkreide wird in Tuben getan u. als teueres Zahnputzmittel in Schwang gebracht! – Bei Medek hören wir, wie der Geschäftsleiter am Telephon aegriert spricht: „Mit solchen Kleinigkeiten geben wir uns nicht ab.“ *Die kleinen Krämer, denen der Wucher zu Kopf gestiegen, tun großzügig. Nur leider die großen Krämer, die die Staaten lenken, sind klein geworden! — *Ein griechischer General stellt sein ganzes Armeekorps unter den Schutz der Deutschen!! 1 Eine schallende Ohrfeige für die Entente, die der Welt bestätigt, was sie ohnehin längst wußte, daß in Griechenland, vom bezahlten Venizelos abgesehen, weder die Armee noch das {421} Volk für sie zu sterben gewillt ist. 2 Nun steht Griechenlands Vergewaltigung in einem noch viel drastischeren Licht, als man essie bis heute sehen konnte. *Um 1h erscheinen Arbeiter vom Medek, müssen aber fortgeschickt werden, da das Fräulein vom Hause, der Not nicht achtend, in der wir uns befinden, einige Töpfe Tomaten einsiedet! Wir müssen noch einmal zu Medek u. sehr inständig ersuchen, uns ein zweitesmal die Arbeiter zu schicken. Es liegt durchaus kein Fall von Bosheit vor, sondern nur Indolenz, die bei einer Konkurrenz zweier Pflichten nicht mehr zu unterscheiden vermag, welche dringender sei; . oObgleich es sich in diesem Falle um eine einmalige Störung gehandelt hat hätte, deren Ergebnis auch das Fräulein vor weiteren Belästigungen durch Monate verschont hätte, war sie zu unfähig, den Vorteil wahrzunehmen u. ließ die Tomatenkocherei vorgehen, die füglich ebensogut morgen oder übermorgen vor sich hätte gehen können. — — Lie-Liechen erhält zum erstenmal seit Tagen ein 1/8 kg Butter, (1.28 Kronen). — — Lotteriegewinn: 50 Kronen! — — Wir beschließen auf mehrere Monate hinaus die Frage nach den Lebensmitteln allen anderen Arbeiten u. Pflichten voranzustellen. — — Von Fr. Gutherz (Br.): Weisse gehe es gut! — An Mama (Br.). — An Sophie (Br.): Ausschnitt aus dem Kunstwart. 3 — An Weisse (Br.): Ausschnitt aus dem Kunstwart. 4 — *
© Transcription Marko Deisinger. |
14, rainy!
— Shopping until 9:30. In a grocery store, a packet of small matches costs 36 Heller, a bag of large matches 5 [recte 50?] Heller; in a large delicatessen, a packet of large matches costs only 32 Heller. – In a grocery store we see grapes priced at 60 Heller for a quarter kilogram; in another store the standard price boards are missing – they are asking for 70 to 80 Heller. — — Ordinary whiting is put into tubes and marketed as an expensive dentifrice! – At Medek's, we hear how acerbically the managing director speaks over the telephone: "We don't bother with such trifles." *The small-time businessmen, to whom extortion has gone to their heads, are behaving charitably. Only unfortunately the big-time businessmen, who steer their countries, have become small! — *A Greek general places his entire army corps under the protection of the Germans!! 1 A resounding blow for the Entente, which confirms to the world what it has known all along: that in Greece, apart from Venizelos who is being funded, neither the army nor the {421} people are prepared to die for it. 2 Now the rape of Greece stands in a much starker light than one was hitherto able to see. *At 1 o'clock, workers from Medek appear; but they must be sent away as the maid in the house, not concerned about the trouble in which we find ourselves, is preparing a few pots of tomato preserve! We must go back to Medek and implore him to send us his workers a second time. It is by no means a case of malice, but merely of indolence, which is unable to decide which of two competing obligations is the more urgent. Although in this case it would have been a matter of a single disruption, the result of which would have even spared the girl further annoyances for months, she was not sufficiently capable of perceiving the advantage; and she let the cooking of the tomatoes proceed, though this could justifiably have taken place equally well tomorrow or the day after. — — For the first time in days, Lie-Liechen obtains an eighth of a kilogram of butter (1.28 Kronen). — — Lottery win: 50 Kronen! — — We decide to prioritize the matter of food acquisition above all other work and duties for the next several months. — — Letter from Mrs. Gutherz: Weisse is well! — Letter to Mama. — Letter to Sophie: clipping from Der Kunstwart . 3 — Letter to Weisse: clipping from Der Kunstwart . 4 — *
© Translation William Drabkin. |
14. Regnerisch!
— Bis ½10h Einkäufe. In einer Greislerei [sic] werden für ein Packet [sic] kleiner [illeg]Zündhölzchen 36 h, für eine Schachtel große Hölzchen 5 h [sic] verlangt; in einem großen Delikatessengeschäft für ein Packet große Hölzchen blos 32 h. – Bei einer Greislerei sehen wir Trauben mit einer Preistafel, das ¼ kg für 60 h, bei einer anderen Greislerei fehlen die vorschriftsmäßigen Tafeln – sie verlangt 70–80 h. — — Gewöhnliche Schlemmkreide wird in Tuben getan u. als teueres Zahnputzmittel in Schwang gebracht! – Bei Medek hören wir, wie der Geschäftsleiter am Telephon aegriert spricht: „Mit solchen Kleinigkeiten geben wir uns nicht ab.“ *Die kleinen Krämer, denen der Wucher zu Kopf gestiegen, tun großzügig. Nur leider die großen Krämer, die die Staaten lenken, sind klein geworden! — *Ein griechischer General stellt sein ganzes Armeekorps unter den Schutz der Deutschen!! 1 Eine schallende Ohrfeige für die Entente, die der Welt bestätigt, was sie ohnehin längst wußte, daß in Griechenland, vom bezahlten Venizelos abgesehen, weder die Armee noch das {421} Volk für sie zu sterben gewillt ist. 2 Nun steht Griechenlands Vergewaltigung in einem noch viel drastischeren Licht, als man essie bis heute sehen konnte. *Um 1h erscheinen Arbeiter vom Medek, müssen aber fortgeschickt werden, da das Fräulein vom Hause, der Not nicht achtend, in der wir uns befinden, einige Töpfe Tomaten einsiedet! Wir müssen noch einmal zu Medek u. sehr inständig ersuchen, uns ein zweitesmal die Arbeiter zu schicken. Es liegt durchaus kein Fall von Bosheit vor, sondern nur Indolenz, die bei einer Konkurrenz zweier Pflichten nicht mehr zu unterscheiden vermag, welche dringender sei; . oObgleich es sich in diesem Falle um eine einmalige Störung gehandelt hat hätte, deren Ergebnis auch das Fräulein vor weiteren Belästigungen durch Monate verschont hätte, war sie zu unfähig, den Vorteil wahrzunehmen u. ließ die Tomatenkocherei vorgehen, die füglich ebensogut morgen oder übermorgen vor sich hätte gehen können. — — Lie-Liechen erhält zum erstenmal seit Tagen ein 1/8 kg Butter, (1.28 Kronen). — — Lotteriegewinn: 50 Kronen! — — Wir beschließen auf mehrere Monate hinaus die Frage nach den Lebensmitteln allen anderen Arbeiten u. Pflichten voranzustellen. — — Von Fr. Gutherz (Br.): Weisse gehe es gut! — An Mama (Br.). — An Sophie (Br.): Ausschnitt aus dem Kunstwart. 3 — An Weisse (Br.): Ausschnitt aus dem Kunstwart. 4 — *
© Transcription Marko Deisinger. |
14, rainy!
— Shopping until 9:30. In a grocery store, a packet of small matches costs 36 Heller, a bag of large matches 5 [recte 50?] Heller; in a large delicatessen, a packet of large matches costs only 32 Heller. – In a grocery store we see grapes priced at 60 Heller for a quarter kilogram; in another store the standard price boards are missing – they are asking for 70 to 80 Heller. — — Ordinary whiting is put into tubes and marketed as an expensive dentifrice! – At Medek's, we hear how acerbically the managing director speaks over the telephone: "We don't bother with such trifles." *The small-time businessmen, to whom extortion has gone to their heads, are behaving charitably. Only unfortunately the big-time businessmen, who steer their countries, have become small! — *A Greek general places his entire army corps under the protection of the Germans!! 1 A resounding blow for the Entente, which confirms to the world what it has known all along: that in Greece, apart from Venizelos who is being funded, neither the army nor the {421} people are prepared to die for it. 2 Now the rape of Greece stands in a much starker light than one was hitherto able to see. *At 1 o'clock, workers from Medek appear; but they must be sent away as the maid in the house, not concerned about the trouble in which we find ourselves, is preparing a few pots of tomato preserve! We must go back to Medek and implore him to send us his workers a second time. It is by no means a case of malice, but merely of indolence, which is unable to decide which of two competing obligations is the more urgent. Although in this case it would have been a matter of a single disruption, the result of which would have even spared the girl further annoyances for months, she was not sufficiently capable of perceiving the advantage; and she let the cooking of the tomatoes proceed, though this could justifiably have taken place equally well tomorrow or the day after. — — For the first time in days, Lie-Liechen obtains an eighth of a kilogram of butter (1.28 Kronen). — — Lottery win: 50 Kronen! — — We decide to prioritize the matter of food acquisition above all other work and duties for the next several months. — — Letter from Mrs. Gutherz: Weisse is well! — Letter to Mama. — Letter to Sophie: clipping from Der Kunstwart . 3 — Letter to Weisse: clipping from Der Kunstwart . 4 — *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Ueberführung eines griechischen Armeekorps nach Deutschland. Nach einer Vereinbarung zwischen der deutschen Heeresleitung und dem kommandierenden General des vierten griechischen Armeekorps," Neue Freie Presse, No. 18702, September 14, 1916, evening edition, p. 1. 2 In opposition and rivalry to the official royal government in Athens, the former Prime Minister Eleftherios Venizelos set up in the city of Thessaloniki a parallel administration (Provisional Government of National Defence), which entered World War I against the Central Powers. The establishment of this second Greek state had its origins in the debate over Greece's entry into the war on behalf of the Entente, as advocated by Venizelos, or a Germanophile neutrality as preferred by King Constantine I. 3 D. R., "Neue Bücher über Musik 2. Einzelne Werke und Gesamtwerke," Deutscher Wille des Kunstwarts, No. 23, September 1916, 29th year, pp. 209-210; a clipping is preserved in Schenker's scrapbook as OC 2/p. 50. 4 See footnote 3. |