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OC 54/134 - Typed letter from Otto Vrieslander to Schenker, dated February 20, 1927
Sie werden vermutlich durch Herrn v. H[oboken] schon orientiert sein, über den neuesten Stand der Dinge. Doch gebe ich Ihnen hiermit nochmals genaueren Aufschluss, um Sie für alle Fälle klarsehend zu machen. Der Setzer war bei mir. Er kann nach Ihren Mskpten ganz einfach nicht arbeiten, wenn nicht die Gefahr gebannt werden soll, dass Sie 20 Korrekturen lesen müssen usw., von unabsehbaren Kosten nicht zu reden. Auch Striche, Hilfslinien & was dgl. Setzermodalitäten zwecks Eruierg des Inhaltes sehr schwerer Mskpte anbelangt, nützt nicht, versagt vielmehr vollkommen. Dieses sehe ich nach Einsichtnahme in Ihre Originale auch vollkommen ein. Ich habe nun eine neue Art, der Sache noch vollendeter beizukommen zur Erziel[un]g von allerersten tadelsfreien Vorlagen, indem ich mir das Papier selber rastre & zwar ist mir das so vollkommen gelungen, dass ich sagen darf: Keine Systemisierung kann so kompliziert sein, dass ich ihrer nicht aufs wünschenswerteste Herr würde. Nun kommt ein zweiter Punkt. Herr v. H[oboken] wollte, nachdem ich nicht sprechen mag, wegen der lächerlichen Beschränkungen [(]Beethoven Kontrap[unkt] [)], meine Wiener Reise weit in den April verlegen. Dieses stimmt leider mit mancherlei meiner Wünsche nicht überein, deswegen ich ihm vorschlug, lieber bald zu kommen, nämlich, wenn ich alle für Sie notwendigen Tafeln & Teile skizziert habe, welche ich dann mit nach Wien bringe. Sie verbessern, revidieren dieselben unter meinem Dabeisein, und ich arbeite in Wien alle Vorlagen drucksetzw. stichvorlagefähig aus, so, wie die beiden letzten. Es ist unvergleichlich viel wertvoller für beide Teile, in direktem Konnexe zu stehen, als immer erst das Wien-Münchener Vacuum dazwischen als eigentlich recht hinderlich zu empfinden. 2 Herr v. H[oboken] gieng gleich telefonisch gestern vormittag aufs angenehmste auf meinen Vorschlag ein, der freilich alles Praktische und Sinnvolle in sich schliesst. So arbeite ich denn also an den Vorlagen, welche ich klugerweise allerdings gleich so handhabe, dass auch sie allenfalls als Reinschrift zu gelten vermöchten, nämlich in dem Falle, dass nicht viele Fehler drin oder Sie nicht viel zu ändern finden würden. {2} Wir brauchen dann nur ein paar Tage miteinander zu arbeiten, und schon ist alles aufs klarste auseinandergesetzt. Ich habe eigne [sic] Arbeit ruhig auf die Seite getan, denn man kann doch nicht zweierelei [sic] Dinge treiben, welche beide den ganzen Menschen u. sogar Künstler verlangen, da die Arbeit über das Mechanische m. E. weit hinausgeht. Somit werden Sie mich wohl zwischen dem 15 & 20, III. sehen und ich denke, Ihnen schon jetzt versichern zu können, dass Sie über meine neuerlichen Kniffe & Pfiffe erstaunen werden, gegenüber welchen die beiden ersten Vorlagen noch im Stadium des Experimentierens waren, welches freilich nichts ausmacht jetzt, nachdem Alles Stichvorlagen werden. Dennoch rastriere ich mir jetzt die Dinge bequem und in den Platzverhältnissen so loyal, als es nur immer denkbar, wünschenswert und möglich ist. Ich lasse mir demnächst nochmals die Mskpte kommen, will sehen was ich selber noch machen muss. Hier habe ich g moll Sinf. und Chaos. Doch sind noch mehrere schwere Vorlagen bei den andern Sachen im Mandruck. Die schickten mir übrigens auch Ihre Korr. 1–10 des Textes, aber ohne das Mskpt, welches mir wenig nütze ist, da ich ja in der Hauptsache wegen Ziffern, Zeichen usw. schwerere Fehler fürchte. Ich ersuchte diesemnach [sic] um Ihr Mskpt, dachte aber nebenbei: Vielleicht haben die mir nur ein Duplikat gesendet u. Ihnen die Hauptkorr. nebst Originalmspt. Morgen werde ich’s wissen. Aus Verzweiflung hatten die Setzer Identitätsstriche gezogen, aber oh weh, da wurde Ihr Mspt gradezu hieroglyphisch-palimpsestisch, es wurde zu einer wahren Riemanniade. Ich dachte mir gleich, übersah und wusste unmittelbar: So gehts auf keinen Fall. Und nun erscheint mir meine Lös[un]g die einzige wahre zu sein, indem durch Herrn v. H[oboken] ’s Entgegenkommen unsere Angelegenheit in jenes Fahrwasser geleitet wird, das sichere Fahrt garantiert. Ihnen & Ihrer Gattin miene [sic] allerangelegentlichsten ergebenen Grüsse & hoffentlich auf baldige Begegnung zu erspriesslicher Arbeit, ⇧ Der der Sinf. ist fertig geworden und einfach vortrefflich ausgefallen, Uebersichtlich, [?klar] & s. w. © Transcription Kirstie Hewlett, 2013 |
You have already been informed by Mr. van Hoboken, presumably, about the latest state of things. Yet, I shall once again give you more precise information, to make things clear to you in any event. The engraver came to see me. He quite simply cannot work from your manuscripts, if the danger is not to arise that you will have to read twenty sets of proofs, etc, to say nothing of unforeseeable costs. Even marks, auxiliary lines, and other engraving features of this sort are of no help for the purpose of working out the content of difficult manuscripts; rather, they fail completely. This I can completely understand after studying your originals. I now have a new way of coming to grips with the matter, which is even more accomplished, for the purpose of achieving the very best, flawless copies; and I do this by drawing the staff lines on the paper myself. And, indeed, I have been so completely successful at this that I can safely say that no arrangement of staves is so complicated that I am unable to master it in the most advantageous way. Now comes a second point. Mr. van Hoboken wished – after [I told him that] I did not want to speak, on account of the ludicrous constraints [(]Beethoven – Counterpoint[)] – to postpone my trip to Vienna to late April. This does not, unfortunately, accord with a number of my wishes; for this reason I suggested to him that I should instead come soon, specifically after I have sketched all the important graphs and parts for you, which I will then bring with me to Vienna. You will improve and revise these in my presence, and I shall complete all the copies to make them ready for engraving, just like the last two. It is incomparably much more valuable for both parts to stand in direct connection with each other than always first to feel the Vienna-Munich vacuum intervening, as something that is actually quite obstructive. 2 Mr. van Hoboken immediately agreed to my suggestion over the telephone yesterday, in the most agreeable way, which of course embraces everything practical and sensible. Thus I shall work on the copies, which I have sensibly arranged already so that even they could in any event serve as the fair copy, especially in the event that there are not many mistakes in them or you do not find much to change. {2} We then need only a few days to work together, and then everything will be dealt with in the clearest way. I have simply put my own work to one side, since one cannot pursue two different things at once, which each demand the entire person or even artist, since the work is far more than a mechanical act in my view. Thus you will probably see me between the 15th and 20th of March, and I believe that I can already assure you now that you will be astonished by my latest tricks of the trade, compared to the first two copies, which represent an experimental phase; this of course does not matter since everything will become engraver’s models. Nonetheless, I shall take it upon myself to rule the things conveniently, and so faithfully in their spatial relationships, as is only conceivable, desirable, and possible. I shall await the arrival of the manuscripts in the near future and see what I still have to do. I have the G minor Symphony and "Chaos" here. But there are several difficult copies for the other pieces at Mandruck’s. They sent me, moreover, your proof-sheets 1–10, but without the manuscript, which is of little use to me since I fear that there will be serious mistakes mainly on account of numbers and symbols, etc. Accordingly, I asked them for your manuscript, but then thought to myself: perhaps they have sent me only a duplicate copy, and the main proofs, together with the original manuscript, have gone to you. Tomorrow I shall find out. In desperation, the engravers draw identity marks, but – oh, dear – your manuscript became utterly hierolglyphic-palimpsestic; it became a veritable Riemanniad. I immediately thought to myself, looked it over, and knew immediately: under no circumstances will this do. And now my solution comes to me as the only true one, in that by Mr. van Hoboken’s intervention our matter will be launched in that channel that will guarantee safe passage. To you and your wife, my most earnest cordial greetings, and in the hope of an early meeting for our fruitful collaboration, ⇧ The of the symphony is finished, and has turned out to be simply splendid, neatly arranged, clear, etc. © Translation William Drabkin, 2013 |
Sie werden vermutlich durch Herrn v. H[oboken] schon orientiert sein, über den neuesten Stand der Dinge. Doch gebe ich Ihnen hiermit nochmals genaueren Aufschluss, um Sie für alle Fälle klarsehend zu machen. Der Setzer war bei mir. Er kann nach Ihren Mskpten ganz einfach nicht arbeiten, wenn nicht die Gefahr gebannt werden soll, dass Sie 20 Korrekturen lesen müssen usw., von unabsehbaren Kosten nicht zu reden. Auch Striche, Hilfslinien & was dgl. Setzermodalitäten zwecks Eruierg des Inhaltes sehr schwerer Mskpte anbelangt, nützt nicht, versagt vielmehr vollkommen. Dieses sehe ich nach Einsichtnahme in Ihre Originale auch vollkommen ein. Ich habe nun eine neue Art, der Sache noch vollendeter beizukommen zur Erziel[un]g von allerersten tadelsfreien Vorlagen, indem ich mir das Papier selber rastre & zwar ist mir das so vollkommen gelungen, dass ich sagen darf: Keine Systemisierung kann so kompliziert sein, dass ich ihrer nicht aufs wünschenswerteste Herr würde. Nun kommt ein zweiter Punkt. Herr v. H[oboken] wollte, nachdem ich nicht sprechen mag, wegen der lächerlichen Beschränkungen [(]Beethoven Kontrap[unkt] [)], meine Wiener Reise weit in den April verlegen. Dieses stimmt leider mit mancherlei meiner Wünsche nicht überein, deswegen ich ihm vorschlug, lieber bald zu kommen, nämlich, wenn ich alle für Sie notwendigen Tafeln & Teile skizziert habe, welche ich dann mit nach Wien bringe. Sie verbessern, revidieren dieselben unter meinem Dabeisein, und ich arbeite in Wien alle Vorlagen drucksetzw. stichvorlagefähig aus, so, wie die beiden letzten. Es ist unvergleichlich viel wertvoller für beide Teile, in direktem Konnexe zu stehen, als immer erst das Wien-Münchener Vacuum dazwischen als eigentlich recht hinderlich zu empfinden. 2 Herr v. H[oboken] gieng gleich telefonisch gestern vormittag aufs angenehmste auf meinen Vorschlag ein, der freilich alles Praktische und Sinnvolle in sich schliesst. So arbeite ich denn also an den Vorlagen, welche ich klugerweise allerdings gleich so handhabe, dass auch sie allenfalls als Reinschrift zu gelten vermöchten, nämlich in dem Falle, dass nicht viele Fehler drin oder Sie nicht viel zu ändern finden würden. {2} Wir brauchen dann nur ein paar Tage miteinander zu arbeiten, und schon ist alles aufs klarste auseinandergesetzt. Ich habe eigne [sic] Arbeit ruhig auf die Seite getan, denn man kann doch nicht zweierelei [sic] Dinge treiben, welche beide den ganzen Menschen u. sogar Künstler verlangen, da die Arbeit über das Mechanische m. E. weit hinausgeht. Somit werden Sie mich wohl zwischen dem 15 & 20, III. sehen und ich denke, Ihnen schon jetzt versichern zu können, dass Sie über meine neuerlichen Kniffe & Pfiffe erstaunen werden, gegenüber welchen die beiden ersten Vorlagen noch im Stadium des Experimentierens waren, welches freilich nichts ausmacht jetzt, nachdem Alles Stichvorlagen werden. Dennoch rastriere ich mir jetzt die Dinge bequem und in den Platzverhältnissen so loyal, als es nur immer denkbar, wünschenswert und möglich ist. Ich lasse mir demnächst nochmals die Mskpte kommen, will sehen was ich selber noch machen muss. Hier habe ich g moll Sinf. und Chaos. Doch sind noch mehrere schwere Vorlagen bei den andern Sachen im Mandruck. Die schickten mir übrigens auch Ihre Korr. 1–10 des Textes, aber ohne das Mskpt, welches mir wenig nütze ist, da ich ja in der Hauptsache wegen Ziffern, Zeichen usw. schwerere Fehler fürchte. Ich ersuchte diesemnach [sic] um Ihr Mskpt, dachte aber nebenbei: Vielleicht haben die mir nur ein Duplikat gesendet u. Ihnen die Hauptkorr. nebst Originalmspt. Morgen werde ich’s wissen. Aus Verzweiflung hatten die Setzer Identitätsstriche gezogen, aber oh weh, da wurde Ihr Mspt gradezu hieroglyphisch-palimpsestisch, es wurde zu einer wahren Riemanniade. Ich dachte mir gleich, übersah und wusste unmittelbar: So gehts auf keinen Fall. Und nun erscheint mir meine Lös[un]g die einzige wahre zu sein, indem durch Herrn v. H[oboken] ’s Entgegenkommen unsere Angelegenheit in jenes Fahrwasser geleitet wird, das sichere Fahrt garantiert. Ihnen & Ihrer Gattin miene [sic] allerangelegentlichsten ergebenen Grüsse & hoffentlich auf baldige Begegnung zu erspriesslicher Arbeit, ⇧ Der der Sinf. ist fertig geworden und einfach vortrefflich ausgefallen, Uebersichtlich, [?klar] & s. w. © Transcription Kirstie Hewlett, 2013 |
You have already been informed by Mr. van Hoboken, presumably, about the latest state of things. Yet, I shall once again give you more precise information, to make things clear to you in any event. The engraver came to see me. He quite simply cannot work from your manuscripts, if the danger is not to arise that you will have to read twenty sets of proofs, etc, to say nothing of unforeseeable costs. Even marks, auxiliary lines, and other engraving features of this sort are of no help for the purpose of working out the content of difficult manuscripts; rather, they fail completely. This I can completely understand after studying your originals. I now have a new way of coming to grips with the matter, which is even more accomplished, for the purpose of achieving the very best, flawless copies; and I do this by drawing the staff lines on the paper myself. And, indeed, I have been so completely successful at this that I can safely say that no arrangement of staves is so complicated that I am unable to master it in the most advantageous way. Now comes a second point. Mr. van Hoboken wished – after [I told him that] I did not want to speak, on account of the ludicrous constraints [(]Beethoven – Counterpoint[)] – to postpone my trip to Vienna to late April. This does not, unfortunately, accord with a number of my wishes; for this reason I suggested to him that I should instead come soon, specifically after I have sketched all the important graphs and parts for you, which I will then bring with me to Vienna. You will improve and revise these in my presence, and I shall complete all the copies to make them ready for engraving, just like the last two. It is incomparably much more valuable for both parts to stand in direct connection with each other than always first to feel the Vienna-Munich vacuum intervening, as something that is actually quite obstructive. 2 Mr. van Hoboken immediately agreed to my suggestion over the telephone yesterday, in the most agreeable way, which of course embraces everything practical and sensible. Thus I shall work on the copies, which I have sensibly arranged already so that even they could in any event serve as the fair copy, especially in the event that there are not many mistakes in them or you do not find much to change. {2} We then need only a few days to work together, and then everything will be dealt with in the clearest way. I have simply put my own work to one side, since one cannot pursue two different things at once, which each demand the entire person or even artist, since the work is far more than a mechanical act in my view. Thus you will probably see me between the 15th and 20th of March, and I believe that I can already assure you now that you will be astonished by my latest tricks of the trade, compared to the first two copies, which represent an experimental phase; this of course does not matter since everything will become engraver’s models. Nonetheless, I shall take it upon myself to rule the things conveniently, and so faithfully in their spatial relationships, as is only conceivable, desirable, and possible. I shall await the arrival of the manuscripts in the near future and see what I still have to do. I have the G minor Symphony and "Chaos" here. But there are several difficult copies for the other pieces at Mandruck’s. They sent me, moreover, your proof-sheets 1–10, but without the manuscript, which is of little use to me since I fear that there will be serious mistakes mainly on account of numbers and symbols, etc. Accordingly, I asked them for your manuscript, but then thought to myself: perhaps they have sent me only a duplicate copy, and the main proofs, together with the original manuscript, have gone to you. Tomorrow I shall find out. In desperation, the engravers draw identity marks, but – oh, dear – your manuscript became utterly hierolglyphic-palimpsestic; it became a veritable Riemanniad. I immediately thought to myself, looked it over, and knew immediately: under no circumstances will this do. And now my solution comes to me as the only true one, in that by Mr. van Hoboken’s intervention our matter will be launched in that channel that will guarantee safe passage. To you and your wife, my most earnest cordial greetings, and in the hope of an early meeting for our fruitful collaboration, ⇧ The of the symphony is finished, and has turned out to be simply splendid, neatly arranged, clear, etc. © Translation William Drabkin, 2013 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 3/9, p. 3039, February 22, 1927: "Von Vrieslander (Br.): wird Mitte März die neuen Abschriften bringen u. mit mir durchgehen." ("From Vrieslander (letter): he will bring the new copies in the middle of March and go through them with me."). 2 That is, the distance between Schenker in Vienna and the Drei-Masken head office in Munich, a gap that Vrieslander is willing to bridge by coming to Vienna for a few days to go over graphic work. |
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Commentary
Digital version created: 2014-03-24 |