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OJ 14/45, [21] - Handwritten letter from Moriz Violin to Heinrich Schenker, dated April 28, 1923
[printed letterhead, deleted:] ⇧ GEBR. ROSENBERG HOLZGROSSHANDLUNG [etc.] BERLIN, N.W.23 ⇧ 28. April 23. ⇧ 52 Lieber H.! 1 Ich will gleich des Rätsels Lösung geben. Ich bin auf 4 Tage nach Berlin gefahren, wo ich bei meiner jungverheirateten Nichte wohnen kann, um ein bißchen vor mir auszurücken. Als äußerlichen Anlaß nahm ich die Aufführung einer Ouvertüre des mir in Hamburg befreundeten Müller-Hartmanns. Du hättest manche Freude an dem Stück gehabt, daß [sic] als frische Musik in Gesellschaft von Busoni, Busch 2 u. Schönberg im gestrigen „Internationalen“ Abend, gute Figur machte. Ein kleiner Nervenzusammenbruch jagte mich vom Hause. Die wahnsinnig vielen Stunden, die ewige Sorge mit Bubi, die absolute Unmöglichkeit einer Selbstarbeit ist Schuld. Damit wirst Du meine Versäumnisse verzeihend begreifen. Mit Bubi, hoffe ich, wird es langsam. Viel, viel Geduld muß vor allem der gute, gescheidte Junge haben. Er liegt noch, ohne sich aufrichten zu dürfen. Mädi ist schon stolzes Schulkind. – – – –! Morgen abends bin ich wieder zu Hause. Ich habe in letzter Zeit die beiden Vrieslander Aufsätze gelesen. Es ist alles darin von schöner Begeisterung. Der allgemeine Inhalt besser u. gehaltvoller als der sachliche. Weisse dürfte das besser machen. Der ist aber leider wieder waschlappig. In freien Minuten studire ich dein II2 . Immer wieder denke ich, wenn Du in Deutschland wärst. Langsam sickert es durch. Du glaubst nicht wie despektirlich die Schrecker-Schüler von ihrem Lehrer reden. Alles wollen sie tun, nur nicht wie er komponiren. Eine Kleinigkeit über die Schlußformel der 2te Gattung in II1 wollte ich schon längst Dir berichten. 3 Du schreibst: [mus. ex. 1] oder [mus. ex. 2] u. kommst dabei, bei Deiner sonstigen Gründlichkeit in Bezug auf alle Möglichkeiten, {2} um folgende Unklarheit nicht herum: 4 Bei Besprechung des 1stimmigen Satzes, also des c. f. envokierst Du als Schlußbildungsmöglichkeit den Leitton von unten und von oben. 5 Du nimmst nicht dazu Stellung, daß Fux, Bellermann u. etc. der alten Richtung nur den Leitston [sic] von oben kennen (im c. f.) u. wirklich ist auch jeder c. f. in Deinem Werk so geartet. Ich sehe den Grund vom Standpunkt des 1stimmigen Satzes gut ein. Da giebt es den geringen Bezug auf harmonische Beziehung nur im Nacheinander u. da ist d als Durchgang vom e gedacht logischer als h, das ein Durchgang von a nur gedacht werden kann. Nun kommt bei der 2te Gattung wirklich nur der Leitton von oben in Betracht, weil [mus. ex. 3] wirklich eine zu große Spannung für die Forderung der Nähe des d. letzten Tones bedeutet. Ausserdem stellst Du Dich mit der alleinigen Anführung der Formel des Leittones von oben, stillschweigend auf den Fux'schen u. Bellermannschen Standpunkt! Irre ich damit??? Hoffentlich komme ich bald in die scharfe Lebensecke; da will ich Dir bald besseres u. hoffnungsvolleres berichten. Ich werde heuer auf 14 Tage ausspannen. Ich träume davon zu Euch zu kommen!! © Transcription William Drabkin, 2011 |
[printed letterhead, deleted:] ⇧ BROTHERS ROSENBERG, WHOLESALE WOOD MERCHANT [etc.] BERLIN, N.W.23 ⇧ April 28, 1923. ⇧ 52 Dear H.! 1 I will give the solution to the puzzle at once. I went to Berlin for four days, where I can stay with my recently married niece, in order to take myself out of myself for a while. I took as my apparent excuse the performance of an overture by my Hamburg friend, Müller-Hartmann. You would greatly have enjoyed the way the piece came over as a breath of fresh air in the company of Busoni, Busch, 2 and Schoenberg in yesterday's "International" evening. A minor nervous breakdown was what drove me away from home. It is the crazy number of lessons, the never-ending worries over my dear little boy, the absolute impossibility of doing any work of my own, that is to blame. Given this, you will forgive my sins of omission. I hope things will slowly [improve] for my boy. The good, clever little lad must above all have lots and lots of patience. He still lies down, without being able to sit up. My daughter is already a proud schoolchild. – – – –! I shall be back home by tomorrow evening. I recently read the two articles by Vrieslander. They are both done with admirable passion. The general comment is better and richer than the details: Weisse would probably do that better, but he is unfortunately somewhat cowardly. In my free moments, I am studying II/2. I keep thinking how it would be if you were in Germany. The news is slowly seeping out. You would not believe how disrespectfully the pupils of Schreker speak of their teacher! They want to be able to do everything, apart from composing in his style. I have long wanted to draw your attention to one small detail on the cadential formulas for the second species in II/1. 3 You write: [mus. ex. 1] or [mus. ex. 2] and accordingly, for all your thoroughness elsewhere in relation to all possibilities, {2} do not succeed in avoiding a lack of clarity concerning the following matter: 4 In discussing single-voice construction, i.e. that of the cantus firmus, you invoke as possibilities for cadential formation the leading-tone from below and from above. 5 In so doing, you do not take a position on the fact that Fux, Bellermann, and others of the old school acknowledge only the leading-tone from above (in the cantus firmus), and in actual fact every cantus firmus even in your work is crafted thus. I appreciate the reason from the standpoint of single-voice writing very well. There, the slight invocation of harmonic relationship exists only in the horizontal direction, and there d, conceived as a passing-tone from e, is more logical than b, which can be conceived only as a passing-tone from a. Now in the second species only the leading-tone from above can in fact be considered, since [mus. ex. 3] signifies in reality too large a distance for the requirement of proximity of the third-to-last tone. For the rest, with your exclusive citation of the formula with the leading-tone from above, you tacitly assume the position taken by Fux and Bellermann! Am I mistaken about this??? I am hoping that my life will soon take a turn for the better; then I will be able to give you better, more hopeful news. This year I am going to take a two-week break. I dream about visiting you!! © Translation William Drabkin, 2011 |
[printed letterhead, deleted:] ⇧ GEBR. ROSENBERG HOLZGROSSHANDLUNG [etc.] BERLIN, N.W.23 ⇧ 28. April 23. ⇧ 52 Lieber H.! 1 Ich will gleich des Rätsels Lösung geben. Ich bin auf 4 Tage nach Berlin gefahren, wo ich bei meiner jungverheirateten Nichte wohnen kann, um ein bißchen vor mir auszurücken. Als äußerlichen Anlaß nahm ich die Aufführung einer Ouvertüre des mir in Hamburg befreundeten Müller-Hartmanns. Du hättest manche Freude an dem Stück gehabt, daß [sic] als frische Musik in Gesellschaft von Busoni, Busch 2 u. Schönberg im gestrigen „Internationalen“ Abend, gute Figur machte. Ein kleiner Nervenzusammenbruch jagte mich vom Hause. Die wahnsinnig vielen Stunden, die ewige Sorge mit Bubi, die absolute Unmöglichkeit einer Selbstarbeit ist Schuld. Damit wirst Du meine Versäumnisse verzeihend begreifen. Mit Bubi, hoffe ich, wird es langsam. Viel, viel Geduld muß vor allem der gute, gescheidte Junge haben. Er liegt noch, ohne sich aufrichten zu dürfen. Mädi ist schon stolzes Schulkind. – – – –! Morgen abends bin ich wieder zu Hause. Ich habe in letzter Zeit die beiden Vrieslander Aufsätze gelesen. Es ist alles darin von schöner Begeisterung. Der allgemeine Inhalt besser u. gehaltvoller als der sachliche. Weisse dürfte das besser machen. Der ist aber leider wieder waschlappig. In freien Minuten studire ich dein II2 . Immer wieder denke ich, wenn Du in Deutschland wärst. Langsam sickert es durch. Du glaubst nicht wie despektirlich die Schrecker-Schüler von ihrem Lehrer reden. Alles wollen sie tun, nur nicht wie er komponiren. Eine Kleinigkeit über die Schlußformel der 2te Gattung in II1 wollte ich schon längst Dir berichten. 3 Du schreibst: [mus. ex. 1] oder [mus. ex. 2] u. kommst dabei, bei Deiner sonstigen Gründlichkeit in Bezug auf alle Möglichkeiten, {2} um folgende Unklarheit nicht herum: 4 Bei Besprechung des 1stimmigen Satzes, also des c. f. envokierst Du als Schlußbildungsmöglichkeit den Leitton von unten und von oben. 5 Du nimmst nicht dazu Stellung, daß Fux, Bellermann u. etc. der alten Richtung nur den Leitston [sic] von oben kennen (im c. f.) u. wirklich ist auch jeder c. f. in Deinem Werk so geartet. Ich sehe den Grund vom Standpunkt des 1stimmigen Satzes gut ein. Da giebt es den geringen Bezug auf harmonische Beziehung nur im Nacheinander u. da ist d als Durchgang vom e gedacht logischer als h, das ein Durchgang von a nur gedacht werden kann. Nun kommt bei der 2te Gattung wirklich nur der Leitton von oben in Betracht, weil [mus. ex. 3] wirklich eine zu große Spannung für die Forderung der Nähe des d. letzten Tones bedeutet. Ausserdem stellst Du Dich mit der alleinigen Anführung der Formel des Leittones von oben, stillschweigend auf den Fux'schen u. Bellermannschen Standpunkt! Irre ich damit??? Hoffentlich komme ich bald in die scharfe Lebensecke; da will ich Dir bald besseres u. hoffnungsvolleres berichten. Ich werde heuer auf 14 Tage ausspannen. Ich träume davon zu Euch zu kommen!! © Transcription William Drabkin, 2011 |
[printed letterhead, deleted:] ⇧ BROTHERS ROSENBERG, WHOLESALE WOOD MERCHANT [etc.] BERLIN, N.W.23 ⇧ April 28, 1923. ⇧ 52 Dear H.! 1 I will give the solution to the puzzle at once. I went to Berlin for four days, where I can stay with my recently married niece, in order to take myself out of myself for a while. I took as my apparent excuse the performance of an overture by my Hamburg friend, Müller-Hartmann. You would greatly have enjoyed the way the piece came over as a breath of fresh air in the company of Busoni, Busch, 2 and Schoenberg in yesterday's "International" evening. A minor nervous breakdown was what drove me away from home. It is the crazy number of lessons, the never-ending worries over my dear little boy, the absolute impossibility of doing any work of my own, that is to blame. Given this, you will forgive my sins of omission. I hope things will slowly [improve] for my boy. The good, clever little lad must above all have lots and lots of patience. He still lies down, without being able to sit up. My daughter is already a proud schoolchild. – – – –! I shall be back home by tomorrow evening. I recently read the two articles by Vrieslander. They are both done with admirable passion. The general comment is better and richer than the details: Weisse would probably do that better, but he is unfortunately somewhat cowardly. In my free moments, I am studying II/2. I keep thinking how it would be if you were in Germany. The news is slowly seeping out. You would not believe how disrespectfully the pupils of Schreker speak of their teacher! They want to be able to do everything, apart from composing in his style. I have long wanted to draw your attention to one small detail on the cadential formulas for the second species in II/1. 3 You write: [mus. ex. 1] or [mus. ex. 2] and accordingly, for all your thoroughness elsewhere in relation to all possibilities, {2} do not succeed in avoiding a lack of clarity concerning the following matter: 4 In discussing single-voice construction, i.e. that of the cantus firmus, you invoke as possibilities for cadential formation the leading-tone from below and from above. 5 In so doing, you do not take a position on the fact that Fux, Bellermann, and others of the old school acknowledge only the leading-tone from above (in the cantus firmus), and in actual fact every cantus firmus even in your work is crafted thus. I appreciate the reason from the standpoint of single-voice writing very well. There, the slight invocation of harmonic relationship exists only in the horizontal direction, and there d, conceived as a passing-tone from e, is more logical than b, which can be conceived only as a passing-tone from a. Now in the second species only the leading-tone from above can in fact be considered, since [mus. ex. 3] signifies in reality too large a distance for the requirement of proximity of the third-to-last tone. For the rest, with your exclusive citation of the formula with the leading-tone from above, you tacitly assume the position taken by Fux and Bellermann! Am I mistaken about this??? I am hoping that my life will soon take a turn for the better; then I will be able to give you better, more hopeful news. This year I am going to take a two-week break. I dream about visiting you!! © Translation William Drabkin, 2011 |
Footnotes1 Receipt of this letter is not recorded in Schenker's diary; Schenker's first reaction to it occurs in OJ 8/3, [23], June 11, 1923. 2 Probably the conductor Fritz Busch (born Siegen, Westphalia, March 13, 1890; died London, Sept 14, 1951). Although not a composer himself, he was an influential champion of contemporary opera and would have been associated by Schenkerians as a "modern." As music director of the Dresden State Opera from 1922 to 1933, he conducted the premieres of works by Hindemith, Busoni, and Richard Strauss, composers that Schenker particularly disliked.
3 Reference
is to §17 in Section II, chapter 2, "Von den Schlußformeln" (About cadence formulas), pp.
289–91 (Eng. trans., pp. 217–19). The three musical examples in this letter are all concerned
with cadences on C in second-species two-voice counterpoint 4 Thanks are due to John Rothberg for help with the translation of the following paragraph. 5 Violin is referring here to Kontrapunkt 1, §23 of Section I, chapter 2 , "Von den Schlußformeln" (About cadence formulas), pp. 142–51 (Eng. trans., pp. 102–09). |
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Commentary
Digital version created: 2011-09-09 |