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Lieber Schenker!

Es muß mir auch so nicht sein! – Die Kneipe 1 nach dem Concert erscheint gefährlich dem edlen Treiben vor demselben: Ein virtuoser Redner mag mich erlaubten Witz, denn der Humor ist von Gottesgnaden, Anfang, Ende schildern, wie es ihm gefällt – das scheint gefährlich, denn wer bürgt dafür, dass der Lacher das nicht die höchste Not schildert, weil er sich in seinem weichen Herzen am meisten freut über die Kraft, die sie besiegt hat. Und indem er immer an diese sich freut, sonst würde er gar nicht kneipen[,] schildert er immer nur das, was schlecht und feindlich scheint, weil er den Kämpfer um so schöner darstellt je mehr er seine Not sch zeigt. Dies mein Tribut jenem Gefühle, dass einzufinden damit ist, daß man nach einem Concert nicht Orgien feiert, den Sinnen nicht völlig freien Lauf lässt, denn sie müßten lange schweigen[,] so lange als der Geist nach einem Reiche suchte, dass [recte ?das] vielleicht ist, vielleicht von uns eingebildet ist. Also: wir haben heute nicht gekneipt – ich habe keine Rede gehalten, in dem ich Euch lächerlich gemacht habe, wir haben nicht Weiber – ich mag nicht weiter sprechen –

Ich bin ganz allein in ein [illeg. word] gegangen, habe folgendes gedacht:

{2} Ph. E. Bach. Das Stück 2 war erschütternd schön! Welche Phantasie! Man denke an Wagner, die Wagnerianer. Was bleibt für diesen Bach, jene, die mit ihm fühlen können – Keine Kneipe! Gut – wir wollen nicht kneipen. Und doch [?erreiche] ich einen physischen Rausch[.] Meinen Körper möchte ich verbrauchen, wie ich mein Herz bedrängt habe! 3

Und nun Du mein lieber Schenker – Du hast uns dieses herrliche Gut gebracht, Du bist schon reichlich belohnt, solange Du Dich damit beschäftigt hast, dein Glück wächst, während Du uns den herrlichen Schatz vor uns niederlegst – und Du erreichst die höchste Stufe wenn das Stück verklungen ist – der Beifall führt Dich zurück aus dem Traumreich unter die Menschen: Du darfst das Schlagen meines Herzen hören. Du selbst bist mir während des ganzen Spiels beneidenswert glücklich erschienen, denn du scheinst bei den Göttern zu weilen. Du dürftest diesen göttliche Wahrheit verkünden. Und die That! Dein famoses Klavierspiel, die Cadenzen! – Mir erschien diese Tat wie die Verkundigung unsäglichen Reichtums[.]

{3} Ich habe dich beneidet. Ich wollte das noch wiedersagen – auch über die anderen Stücke doch mir ist das Schreiben schon längst zuwider. Nächstes mal kneipen wir vielleicht – und dann rede ich hoffentlich nicht dummes Zeug, Du denkst an diesen Brief, das Ganze kann man dann humoristisch nennen.


Servus
Dein
[signed:] Fritz

Caffe Central
Donnerstag 3/11 1904.

© Transcription William Drabkin, 2022



Dear Schenker,

For me, too, it doesn’t have to be this way! – To have a banter 1 after the concert seems dangerous to the noble practice, in the face of itself; a masterly speaker may make a fool of me, for by the grace of God he can with humor portray everything in the way that pleases him. This seems dangerous; for who will guarantee that the one who laughs is not portraying the greatest need since he takes the greatest pleasure in his soft heart over the power which has overcome it? And by always taking pleasure in it – otherwise he would not banter at all – he always portrays only that which appears inimical since he can portray his adversary all the more attractively the more he demonstrates his need. This is my tribute to that feeling which is to be recognized that, after a concert, one should not conduct orgies, or given one’s thoughts a completely free reign; for they would long have to be silent for as long as the intellect is in search of a realm that may exist – or may exist in our imagination. Thus: we have not bantered today, I have not made a speech in which I have made the rest of you laughable; we do not have spouses – I may not speak any more.

I have gone entirely on my own into a [illeg. word] and come up with the following thought

{2} C. P. E. Bach: the piece 2 was strikingly beautiful! What imagination! One thinks of Wagner, the Wagnerians. What remains for this Bach? Those who are able to feel with him – nothing to banter about! Well, then, we don’t want to engage in banter. And yet I reach a state of physical intoxication. I want to consume my body, as my heart has pressed me! 3

And now you, my dear Schenker, you have brought us this splendid thing. You are already richly rewarded, having so long devoted yourself to it, your happiness increases while you lay this splendid treasure before us; and you reach the highest level when the piece is performed; the applause leads you from your realm of dreaming back among the people: you may hear the beating of my heart. You yourself appeared enviably happy during the entire performance, as you seem to be tarrying among the gods. You may proclaim this divine truth. And the execution: your splendid piano playing, the cadenzas! The performance seemed to me like the proclamation of inexpressible wealth.

{3} I have been envious of you. I wanted to repeat that again – also about the other pieces – but I have already become averse to writing. The next time, perhaps, we shall banter, and then I hope I shall not say foolish things. You will think about this letter, the whole of which can be then called humoristic.


Greetings from
your
[signed:] Fritz

Café Central
Thursday November 3, 1904

© Translation William Drabkin, 2022



Lieber Schenker!

Es muß mir auch so nicht sein! – Die Kneipe 1 nach dem Concert erscheint gefährlich dem edlen Treiben vor demselben: Ein virtuoser Redner mag mich erlaubten Witz, denn der Humor ist von Gottesgnaden, Anfang, Ende schildern, wie es ihm gefällt – das scheint gefährlich, denn wer bürgt dafür, dass der Lacher das nicht die höchste Not schildert, weil er sich in seinem weichen Herzen am meisten freut über die Kraft, die sie besiegt hat. Und indem er immer an diese sich freut, sonst würde er gar nicht kneipen[,] schildert er immer nur das, was schlecht und feindlich scheint, weil er den Kämpfer um so schöner darstellt je mehr er seine Not sch zeigt. Dies mein Tribut jenem Gefühle, dass einzufinden damit ist, daß man nach einem Concert nicht Orgien feiert, den Sinnen nicht völlig freien Lauf lässt, denn sie müßten lange schweigen[,] so lange als der Geist nach einem Reiche suchte, dass [recte ?das] vielleicht ist, vielleicht von uns eingebildet ist. Also: wir haben heute nicht gekneipt – ich habe keine Rede gehalten, in dem ich Euch lächerlich gemacht habe, wir haben nicht Weiber – ich mag nicht weiter sprechen –

Ich bin ganz allein in ein [illeg. word] gegangen, habe folgendes gedacht:

{2} Ph. E. Bach. Das Stück 2 war erschütternd schön! Welche Phantasie! Man denke an Wagner, die Wagnerianer. Was bleibt für diesen Bach, jene, die mit ihm fühlen können – Keine Kneipe! Gut – wir wollen nicht kneipen. Und doch [?erreiche] ich einen physischen Rausch[.] Meinen Körper möchte ich verbrauchen, wie ich mein Herz bedrängt habe! 3

Und nun Du mein lieber Schenker – Du hast uns dieses herrliche Gut gebracht, Du bist schon reichlich belohnt, solange Du Dich damit beschäftigt hast, dein Glück wächst, während Du uns den herrlichen Schatz vor uns niederlegst – und Du erreichst die höchste Stufe wenn das Stück verklungen ist – der Beifall führt Dich zurück aus dem Traumreich unter die Menschen: Du darfst das Schlagen meines Herzen hören. Du selbst bist mir während des ganzen Spiels beneidenswert glücklich erschienen, denn du scheinst bei den Göttern zu weilen. Du dürftest diesen göttliche Wahrheit verkünden. Und die That! Dein famoses Klavierspiel, die Cadenzen! – Mir erschien diese Tat wie die Verkundigung unsäglichen Reichtums[.]

{3} Ich habe dich beneidet. Ich wollte das noch wiedersagen – auch über die anderen Stücke doch mir ist das Schreiben schon längst zuwider. Nächstes mal kneipen wir vielleicht – und dann rede ich hoffentlich nicht dummes Zeug, Du denkst an diesen Brief, das Ganze kann man dann humoristisch nennen.


Servus
Dein
[signed:] Fritz

Caffe Central
Donnerstag 3/11 1904.

© Transcription William Drabkin, 2022



Dear Schenker,

For me, too, it doesn’t have to be this way! – To have a banter 1 after the concert seems dangerous to the noble practice, in the face of itself; a masterly speaker may make a fool of me, for by the grace of God he can with humor portray everything in the way that pleases him. This seems dangerous; for who will guarantee that the one who laughs is not portraying the greatest need since he takes the greatest pleasure in his soft heart over the power which has overcome it? And by always taking pleasure in it – otherwise he would not banter at all – he always portrays only that which appears inimical since he can portray his adversary all the more attractively the more he demonstrates his need. This is my tribute to that feeling which is to be recognized that, after a concert, one should not conduct orgies, or given one’s thoughts a completely free reign; for they would long have to be silent for as long as the intellect is in search of a realm that may exist – or may exist in our imagination. Thus: we have not bantered today, I have not made a speech in which I have made the rest of you laughable; we do not have spouses – I may not speak any more.

I have gone entirely on my own into a [illeg. word] and come up with the following thought

{2} C. P. E. Bach: the piece 2 was strikingly beautiful! What imagination! One thinks of Wagner, the Wagnerians. What remains for this Bach? Those who are able to feel with him – nothing to banter about! Well, then, we don’t want to engage in banter. And yet I reach a state of physical intoxication. I want to consume my body, as my heart has pressed me! 3

And now you, my dear Schenker, you have brought us this splendid thing. You are already richly rewarded, having so long devoted yourself to it, your happiness increases while you lay this splendid treasure before us; and you reach the highest level when the piece is performed; the applause leads you from your realm of dreaming back among the people: you may hear the beating of my heart. You yourself appeared enviably happy during the entire performance, as you seem to be tarrying among the gods. You may proclaim this divine truth. And the execution: your splendid piano playing, the cadenzas! The performance seemed to me like the proclamation of inexpressible wealth.

{3} I have been envious of you. I wanted to repeat that again – also about the other pieces – but I have already become averse to writing. The next time, perhaps, we shall banter, and then I hope I shall not say foolish things. You will think about this letter, the whole of which can be then called humoristic.


Greetings from
your
[signed:] Fritz

Café Central
Thursday November 3, 1904

© Translation William Drabkin, 2022

Footnotes

1 Kneipe: A bar (pub), a place to drink; hence kneipen, to drink in a public locale. Wahle, however, is using this word to mean to engage in a sort of debate or argument that might take place in a drinking house – a competitive form of banter – in which the victor is the one who comes up with the wittiest or cleverest arguments.

2 The piece in question is the Keyboard Concerto in A minor, H424, by C. P. E. Bach, with Schenker playing the solo part on piano, the orchestra (including Wahle) directed by Moriz Violin. The program, performed in the Bösendorfer-Saal on November ?2, 1904, also included a string quartet in C major by W. Stenhammer, a set of variations for piano and cello by Beethoven, WoO 46, and the Wind Octet (Serenade) in C minor, K 388/384a, by Mozart. Many notices and reviews of the concert are preserved in Schenker’s scrapbook (OC 2), pages 15–17.

3 Wahle writes continuously at this point, without paragraph-break.

Commentary

Format
3p letter (Bogen format: pink paper): holograph (blue-gray pencil) salutation, message, valediction, and signature
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1955)--Jonas, Oswald (c.1955-1978)--University of California, Riverside (1978-)
Rights Holder
Heirs and representatives of Richard and Fritz Wahle. Deemed to be in the public domain.
License
All reasonable attempts have been made to identify the heirs or representatives of Richard and Fritz Wahle. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk

Digital version created: 2022-10-20
Last updated: 2011-09-23