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28. Bedeckt, 12°.

Medek nimmt die Anlage auf. — Geld an Saphir geschickt, die Aufsätze 1 an Klara, Sophie, Wilhelm; an Sophie u. Wilhelm auch Karten= OJ 5/38, [43] zur Erklärung der Sendung; an Schuster Eiter Zigarrenspitzerln. — An Deutsch (K.): die Schubertmesse zur Einsicht erbeten. — Nach Tisch Zigarrenweg. — An Von Fanny Violin: Floriz kommt heute. — Heftiger Regen. 2

— Abends „Die Zauberflöte“ ! Zwischen dem Werk u. dem Publikum klafft ein Abgrund; keine Teilnahme wie in früheren Zeiten, nur ein Stehgreif-Dabeisein ohne Erwartung, ohne Freude am Gelingen oder Verdruß am Mißlingen – tote Gleichgiltigkeit, aus der nur hier u. da eine hervorstechende Leistung ein wenig emporhebt. Das Orchester viel zu lärmend! Vorzüglich Frau Schumann als Pamina, – Tauber als Tamino singt zu wenig, verliert sich zu oft in {3193} die Operettenmanier eines parlando. Mayr als Sarastro singt trotz aller Freimaurer-Weisheit falsch; er ist auch zu schwerfällig in der Behandlung seines Organs. Seine Maske ist banal, zu schlecht sogar für einen Präsidenten der Loge. Der Inhalt ist nicht gar so sinnlos, wie man ihn hinzustellen pflegt, wenn auch nicht ohne Widersprüche, die Schikaneder u. Giesecke durch Allegorie bannen zu können sich einbilden mochten. An einer Stelle wird erwähnt, daß der Gatte der Königin der Nacht seinen Besitz der Gattin u. der Tochter vermacht habe, der Loge aber, was ihr zukommt. Die Witwe ist über den Entgang dieser Werte untröstlich u. schwört Sarastro Rache. War es Bosheit, Geiz, Unverständnis? – darüber lassen uns die Verfasser im Unklaren. Weshalb Sarastro Pamina entführt[,] ist auch nicht klar, einmal heißt es, er hofft, sie für sich zu gewinnen, ein anderes Mal, er wollte sie von der bösen Mutter befreien – beide Gründe sitzen sehr lose u. sind offenbar verantwortungslos hingeworfen (Wie weit Wieland für den Unsinn haftbar zu machen ist, entzieht sich meiner Kenntnis.) Vor Weibertücke wird gewarnt, s. Arie?, 3 offenbar in Hinblick auf die böse Königin der Nacht u. manches böse Wort fällt wider das Weib, doch wird anderseits Pamina verherrlicht wegen ihrer Tugend, ihrer Ausdauer u. Opfer. Der Versuch, die Eigenschaften der Königin der Nacht ins aAllgemein-weibliche zu rücken[,] wird zwar gemacht, doch im Widerspruch dazu Pamina als Individualität herausgehoben, so daß das Allgemeine darunter leidet. Am Ende wollten die Verfasser Derartiges gar nicht sagen. Weshalb aber das böse Weib allegorisch in die Königin der Nacht verwandelt wird u. einen Hofstaat zugewiesen erhält, der übrigens gar nicht zu ihr stimmt, ist unerfindlich. Stellt sie {3194} nur das eine böse Weib vor, so reimt sich die Allegorie damit keineswegs. Die der Königin der Nacht zugedachten Koleraturen [sic] stehen innerhalb der künstlerischen Wahrheit, haben deshalb nicht erst eine Prüfung zu bestehen vor der logischen Wahrheit der Außenwelt.

© Transcription Marko Deisinger.

28. Bedeckt, 12°.

Medek undertakes the assignment. — Money sent to Saphir, the articles 1 to Klara, Sophie, and Wilhelm; to Sophie and Wilhelm, postcards= OJ 5/38, [43], too, to explain the materials sent; to shoemaker Eiter, cigar stubs. — To Deutsch (postcard): I ask to have a look at the Mass by Schubert. — After lunch, a walk, smoking a cigar. — To From Fanny Violin: Floriz is coming today. — Heavy rain. 2

— In the evening, The Magic Flute ! Between the work and the audience, a chasm opens up; no participation, as in earlier times, only a casual presence without expectation: no joy at success, or displeasure at failure – deathly indifference, from which the audience is elevated only a couple of times as a result of a conspicuous achievement. The orchestra much too noisy! Mrs. Schumann excellent as Pamina, – Tauber, as Tamino, sings too little, he loses himself too often in {3193} the operetta-like style of a parlando. Mayr, as Sarastro, sings incorrectly, in spite of all his masonic wisdom; he is also too clumsy in the treatment of his voice. His countenance is banal, too poor even for a lodge president. The content is not so very meaningless, as one is accustomed to regarding it – albeit not without contradictions that Schikaneder and Giesecke fancied themselves capable of averting through allegory. At one point it is mentioned that the husband of the Queen of the Night bequeathed his estate to his wife and daughter, but gave to the Lodge what belonged to it. The widow is inconsolable about the loss of these possessions and swears vengeance on Sarastro. Was this wickedness, greed, stupidity? – the authors leave us in the dark about this. Why Sarastro abducted Pamina is also unclear; at one point it is said that he hopes to win her for himself; at another point, he wanted to free her from her wicked mother. Both explanations are feeble, and appear to have been unaccountably thrown together. (How much Wieland is to be held responsible for this nonsense escapes my recollection.) One is warned about womanly deceit, see the aria ?, 3 apparently with reference to the wicked Queen of the Night, and many wicked words are directed against the woman; on the other hand, Pamina is glorified on account of her bravery, her steadfastness and sacrifice. The attempt to pin the qualities of the Queen of the Night on to Womanliness in general is, in fact made, but in contradiction to this Pamina is raised to the level of an individual, so that the broader context suffers as a result. At the end, the authors did not want to say any such thing. Why, however, the wicked woman is allegorically transformed into the Queen of the Night and is accorded a royal household, which moreover is totally inappropriate for her, is inexplicable. If she represents {3194} merely a wicked woman, then the allegory does not square at all with this. The coloratura passages intended for the Queen of the Night remain within the terms of artistic truth and thus do not have to pass a test before the logical truth of the external world.

© Translation William Drabkin.

28. Bedeckt, 12°.

Medek nimmt die Anlage auf. — Geld an Saphir geschickt, die Aufsätze 1 an Klara, Sophie, Wilhelm; an Sophie u. Wilhelm auch Karten= OJ 5/38, [43] zur Erklärung der Sendung; an Schuster Eiter Zigarrenspitzerln. — An Deutsch (K.): die Schubertmesse zur Einsicht erbeten. — Nach Tisch Zigarrenweg. — An Von Fanny Violin: Floriz kommt heute. — Heftiger Regen. 2

— Abends „Die Zauberflöte“ ! Zwischen dem Werk u. dem Publikum klafft ein Abgrund; keine Teilnahme wie in früheren Zeiten, nur ein Stehgreif-Dabeisein ohne Erwartung, ohne Freude am Gelingen oder Verdruß am Mißlingen – tote Gleichgiltigkeit, aus der nur hier u. da eine hervorstechende Leistung ein wenig emporhebt. Das Orchester viel zu lärmend! Vorzüglich Frau Schumann als Pamina, – Tauber als Tamino singt zu wenig, verliert sich zu oft in {3193} die Operettenmanier eines parlando. Mayr als Sarastro singt trotz aller Freimaurer-Weisheit falsch; er ist auch zu schwerfällig in der Behandlung seines Organs. Seine Maske ist banal, zu schlecht sogar für einen Präsidenten der Loge. Der Inhalt ist nicht gar so sinnlos, wie man ihn hinzustellen pflegt, wenn auch nicht ohne Widersprüche, die Schikaneder u. Giesecke durch Allegorie bannen zu können sich einbilden mochten. An einer Stelle wird erwähnt, daß der Gatte der Königin der Nacht seinen Besitz der Gattin u. der Tochter vermacht habe, der Loge aber, was ihr zukommt. Die Witwe ist über den Entgang dieser Werte untröstlich u. schwört Sarastro Rache. War es Bosheit, Geiz, Unverständnis? – darüber lassen uns die Verfasser im Unklaren. Weshalb Sarastro Pamina entführt[,] ist auch nicht klar, einmal heißt es, er hofft, sie für sich zu gewinnen, ein anderes Mal, er wollte sie von der bösen Mutter befreien – beide Gründe sitzen sehr lose u. sind offenbar verantwortungslos hingeworfen (Wie weit Wieland für den Unsinn haftbar zu machen ist, entzieht sich meiner Kenntnis.) Vor Weibertücke wird gewarnt, s. Arie?, 3 offenbar in Hinblick auf die böse Königin der Nacht u. manches böse Wort fällt wider das Weib, doch wird anderseits Pamina verherrlicht wegen ihrer Tugend, ihrer Ausdauer u. Opfer. Der Versuch, die Eigenschaften der Königin der Nacht ins aAllgemein-weibliche zu rücken[,] wird zwar gemacht, doch im Widerspruch dazu Pamina als Individualität herausgehoben, so daß das Allgemeine darunter leidet. Am Ende wollten die Verfasser Derartiges gar nicht sagen. Weshalb aber das böse Weib allegorisch in die Königin der Nacht verwandelt wird u. einen Hofstaat zugewiesen erhält, der übrigens gar nicht zu ihr stimmt, ist unerfindlich. Stellt sie {3194} nur das eine böse Weib vor, so reimt sich die Allegorie damit keineswegs. Die der Königin der Nacht zugedachten Koleraturen [sic] stehen innerhalb der künstlerischen Wahrheit, haben deshalb nicht erst eine Prüfung zu bestehen vor der logischen Wahrheit der Außenwelt.

© Transcription Marko Deisinger.

28. Bedeckt, 12°.

Medek undertakes the assignment. — Money sent to Saphir, the articles 1 to Klara, Sophie, and Wilhelm; to Sophie and Wilhelm, postcards= OJ 5/38, [43], too, to explain the materials sent; to shoemaker Eiter, cigar stubs. — To Deutsch (postcard): I ask to have a look at the Mass by Schubert. — After lunch, a walk, smoking a cigar. — To From Fanny Violin: Floriz is coming today. — Heavy rain. 2

— In the evening, The Magic Flute ! Between the work and the audience, a chasm opens up; no participation, as in earlier times, only a casual presence without expectation: no joy at success, or displeasure at failure – deathly indifference, from which the audience is elevated only a couple of times as a result of a conspicuous achievement. The orchestra much too noisy! Mrs. Schumann excellent as Pamina, – Tauber, as Tamino, sings too little, he loses himself too often in {3193} the operetta-like style of a parlando. Mayr, as Sarastro, sings incorrectly, in spite of all his masonic wisdom; he is also too clumsy in the treatment of his voice. His countenance is banal, too poor even for a lodge president. The content is not so very meaningless, as one is accustomed to regarding it – albeit not without contradictions that Schikaneder and Giesecke fancied themselves capable of averting through allegory. At one point it is mentioned that the husband of the Queen of the Night bequeathed his estate to his wife and daughter, but gave to the Lodge what belonged to it. The widow is inconsolable about the loss of these possessions and swears vengeance on Sarastro. Was this wickedness, greed, stupidity? – the authors leave us in the dark about this. Why Sarastro abducted Pamina is also unclear; at one point it is said that he hopes to win her for himself; at another point, he wanted to free her from her wicked mother. Both explanations are feeble, and appear to have been unaccountably thrown together. (How much Wieland is to be held responsible for this nonsense escapes my recollection.) One is warned about womanly deceit, see the aria ?, 3 apparently with reference to the wicked Queen of the Night, and many wicked words are directed against the woman; on the other hand, Pamina is glorified on account of her bravery, her steadfastness and sacrifice. The attempt to pin the qualities of the Queen of the Night on to Womanliness in general is, in fact made, but in contradiction to this Pamina is raised to the level of an individual, so that the broader context suffers as a result. At the end, the authors did not want to say any such thing. Why, however, the wicked woman is allegorically transformed into the Queen of the Night and is accorded a royal household, which moreover is totally inappropriate for her, is inexplicable. If she represents {3194} merely a wicked woman, then the allegory does not square at all with this. The coloratura passages intended for the Queen of the Night remain within the terms of artistic truth and thus do not have to pass a test before the logical truth of the external world.

© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 Almost certainly Otto Vrieslander, "Heinrich Schenker," Deutsche Tonkünstler-Zeitung, March 5, 1928, and Walter Dahms, "Das Meisterwerk in der Musik," Allgemeine Musikzeitung, No. 5, February 3, 1928, 55th year, pp. 115–117; Schenker had purchased or received multiple copies of these issues when they were published.

2 No paragraph-break in source.

3 The number "Bewahret euch vor Weibertücken" in Act 2 is a short duet for the Second Priest and Speaker, not an aria.