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OC 54/15 - Typewritten letter from Otto Vrieslander to Schenker, dated January 24, 1925
Ich war heute bei Dr. Einstein, der mir mitteilte, dass er Ihnen bereits vor zwei Tagen in Ihrer Angelegenheit geschrieben habe. 2 Desweitern teilte er mir mit, dass er Ihnen geraten habe, statt einer Vierteljahrsschrift, ein Jahrbuch herauszugeben, ein spezielles Schenkerjahrbuch. Dieses verkaufe sich weit besser, sei buchhändlerisch eine sicherere Sache und habe auch verlegerischerseits viele Vorteile gegenüber einer periodischen Zeitschrift. Was meine Meinung hierüber anbelangt, so stehe ich für diesmal vollkommen auf der Seite Einsteins. Ihre Arbeiten würden meines Erachtens hierdurch ein viel zusammenhängenderes Ganze zur Vorstellung bringen, als das bei einer Zeitschrift möglich ist. Zudem wäre dies eine ganz andere Ueberschau und hätte noch den durch nichts zu ersetzenden Vorteil, dass Sie bestimmt Dinge einfürallemal erledigen, d.h. erschöpfend zur Darstellung bringen könnten. Das Buch mag immer so dick werden wie es will. Man hat gegen Ihre Art der politischen Einstellung in der Versammlung des Verlages, da Ihre Sache zur Sprache kam, wie mir Einstein versicherte, nichts zu erinnern gehabt, indem man wol davon Kenntnis nahm, dass Sie ein fanatischer Verfechter des Vorzuges der Deutschen vor andern nun einmal seien und dass man mit dieser Ihnen eigentümlichen Art rechnen müsse, doch wie gesagt wurde das von den versammelten Herren einschliesslich Sobotkas ohne Erinnerung zur Kenntnis genommen. Auch versicherte mir Einstein, ich möge Ihnen sagen, dass ihm wirklich aufrichtig an dem Verlage Ihrer Werke läge. Das sei eine unwidersprechliche Tatsache. Ich meine das ist ein Bescheid mit welchem Sie wol zufrieden sein könnten. Und das mit dem Jahrbuch überlegen Sie doch ja. Die Wirkung muss eine sehr starke weil konzentrierte werden, davon bin ich überzeugt. Die Ausstattung soll eine hervorragende, dem Autor entsprechende sehr schöne werden. Er sprach dann noch von der Auflagenzahl und einigen Details die man sich sehr vorsichtig habe von hinten herum verschaffen müssen, damit Hertzka nur janichts merke, der ein grosser Schlaumeier sein und bei welchem man sich in solchen Lagen aufs alleräusserste vorsichtig benehmen müsse; {2} darum hätte sich auch die Antwort an Sie verzögert. Sie sollten aber ums Himmelswillen daraus keine falschen Schlüsse ziehen und sich versichert halten, dass Einstein sich sehr freue mit Ihnen in Verbindung getreten zu sein. Unterdessen werden Sie meinen Abdruck erhalten haben. 3 Ich sehe ungeheuer komisch aus inmitten der Pizetti, Hindemith, Satie und wie dieses Geschmeiss da alles heissen mag, das einen Pfurz nicht von einer Klarinette zu unterscheiden vermag. Ich halte mich etwa für eine reine Jungfrau in einem Bordell. Die andern Herren werden ungekehrt mich freilich sehr kümmerlich finden, aber sei es drum. Ich habe mir das Schimpfen, Aergern und dergleichen in allen solchen Unabänderlichkeiten abgewöhnt, es kommt nichts dabei heraus und zuguterletzt muss ich noch dem Verleger dankbar sein, dass er meine Befürchtungen keineswegs wahr gemacht hat, indem er nicht nur nicht pleite gegangen ist, sondern mir auch noch ein Honorar gesendet hat. Es giebt eben noch Wunder. Beifolgend sende ich Ihnen Ihre Dokumente wieder zurück. Ich hoffe jetzt bestimmt, dass der Karren nicht mehr stecken bleibt. Jedenfalls hatte ich persönlich einen ordentlichen Eindruck von Einstein und halte ihn für menschlich hochanständig. Mit angelegentlichstem Grusse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin © Transcription Kirstie Hewlett, 2012 |
Today I was with Dr. Einstein, who informed me that he had just written to you two days ago about your matter. 2 In addition, he said that he had advised you to bring out a yearbook instead of a quarterly publication: a special Schenker yearbook. This would sell better, would be a safer proposition from a bookseller's point of view, and would also have many advantages over a periodical publication from a publisher's point of view. As far as my opinion on the matter is concerned, I stand this time completely on Einstein's side. In this way your works would, I believe, thereby make manifest a more cohesive whole than is possible with a periodical. In addition this would be an altogether different survey, and would additionally have the unique advantage that you could certainly take care of things once and for all, i. e. present them comprehensively. The book could always be as thick as it needs to be. In the meeting of the publishing house, when the matter of your work came up for discussion, Einstein assures me that nothing was said against the way you express your political views; although one certainly was aware that you are a fanatic defender of the superiority of the Germans above others and that one would have to reckon with this characteristic trait of yours, yet as I said it was understood by the assembled gentlemen, including Sobotka, without being noted down. Einstein also assured me, I should like to tell you, that he is sincerely interested in the publication of your works. That may be taken to be an uncontestable fact. I think that that is a decision with which you can surely be content. The effect ought to be a very strong one, because it is concentrated; of that I am convinced. The layout ought to be exquisite and very beautiful, as befits the author. He spoke also about the size of the print-run, and of a few details which must be taken care of with great deliberation and discretion, so that Hertzka, who is a very clever chap and would in such situations conduct himself in the most extremely careful way, does not notice anything; {2} that was another reason why the reply to you had to be delayed. You should, for Heaven's sake, not draw any false conclusions from this and may rest assured that Einstein is greatly looking forward to being in contact with you. In the meantime, you will have received a copy of my work. 3 I look incredibly comical in the midst of the Pizettis, Hindemiths, Saties, and whatever name one might give to all this vermin, which is unable to distinguish a fart from a clarinet. I regard myself as somewhat like a pure virgin in a bordello. The other gentlemen will, conversely, find me very pitiful, to be sure, but so be it. I have become inured to such complaining, annoyance, and the like, in all such unalterable situations; nothing can be done about it and, in the end, I must still be grateful to the publisher, that he has taken no notice of my fears, insofar as he has not only not gone out of business but has even sent me a fee. Miracles still do happen. Enclosed are your documents, which I am returning to you. I sincerely hope that the cart will no longer get stuck. In any event I personally had a fair impression of Einstein and regard him as a very decent human being. With best greetings to you and your wife, © Translation William Drabkin, 2013 |
Ich war heute bei Dr. Einstein, der mir mitteilte, dass er Ihnen bereits vor zwei Tagen in Ihrer Angelegenheit geschrieben habe. 2 Desweitern teilte er mir mit, dass er Ihnen geraten habe, statt einer Vierteljahrsschrift, ein Jahrbuch herauszugeben, ein spezielles Schenkerjahrbuch. Dieses verkaufe sich weit besser, sei buchhändlerisch eine sicherere Sache und habe auch verlegerischerseits viele Vorteile gegenüber einer periodischen Zeitschrift. Was meine Meinung hierüber anbelangt, so stehe ich für diesmal vollkommen auf der Seite Einsteins. Ihre Arbeiten würden meines Erachtens hierdurch ein viel zusammenhängenderes Ganze zur Vorstellung bringen, als das bei einer Zeitschrift möglich ist. Zudem wäre dies eine ganz andere Ueberschau und hätte noch den durch nichts zu ersetzenden Vorteil, dass Sie bestimmt Dinge einfürallemal erledigen, d.h. erschöpfend zur Darstellung bringen könnten. Das Buch mag immer so dick werden wie es will. Man hat gegen Ihre Art der politischen Einstellung in der Versammlung des Verlages, da Ihre Sache zur Sprache kam, wie mir Einstein versicherte, nichts zu erinnern gehabt, indem man wol davon Kenntnis nahm, dass Sie ein fanatischer Verfechter des Vorzuges der Deutschen vor andern nun einmal seien und dass man mit dieser Ihnen eigentümlichen Art rechnen müsse, doch wie gesagt wurde das von den versammelten Herren einschliesslich Sobotkas ohne Erinnerung zur Kenntnis genommen. Auch versicherte mir Einstein, ich möge Ihnen sagen, dass ihm wirklich aufrichtig an dem Verlage Ihrer Werke läge. Das sei eine unwidersprechliche Tatsache. Ich meine das ist ein Bescheid mit welchem Sie wol zufrieden sein könnten. Und das mit dem Jahrbuch überlegen Sie doch ja. Die Wirkung muss eine sehr starke weil konzentrierte werden, davon bin ich überzeugt. Die Ausstattung soll eine hervorragende, dem Autor entsprechende sehr schöne werden. Er sprach dann noch von der Auflagenzahl und einigen Details die man sich sehr vorsichtig habe von hinten herum verschaffen müssen, damit Hertzka nur janichts merke, der ein grosser Schlaumeier sein und bei welchem man sich in solchen Lagen aufs alleräusserste vorsichtig benehmen müsse; {2} darum hätte sich auch die Antwort an Sie verzögert. Sie sollten aber ums Himmelswillen daraus keine falschen Schlüsse ziehen und sich versichert halten, dass Einstein sich sehr freue mit Ihnen in Verbindung getreten zu sein. Unterdessen werden Sie meinen Abdruck erhalten haben. 3 Ich sehe ungeheuer komisch aus inmitten der Pizetti, Hindemith, Satie und wie dieses Geschmeiss da alles heissen mag, das einen Pfurz nicht von einer Klarinette zu unterscheiden vermag. Ich halte mich etwa für eine reine Jungfrau in einem Bordell. Die andern Herren werden ungekehrt mich freilich sehr kümmerlich finden, aber sei es drum. Ich habe mir das Schimpfen, Aergern und dergleichen in allen solchen Unabänderlichkeiten abgewöhnt, es kommt nichts dabei heraus und zuguterletzt muss ich noch dem Verleger dankbar sein, dass er meine Befürchtungen keineswegs wahr gemacht hat, indem er nicht nur nicht pleite gegangen ist, sondern mir auch noch ein Honorar gesendet hat. Es giebt eben noch Wunder. Beifolgend sende ich Ihnen Ihre Dokumente wieder zurück. Ich hoffe jetzt bestimmt, dass der Karren nicht mehr stecken bleibt. Jedenfalls hatte ich persönlich einen ordentlichen Eindruck von Einstein und halte ihn für menschlich hochanständig. Mit angelegentlichstem Grusse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin © Transcription Kirstie Hewlett, 2012 |
Today I was with Dr. Einstein, who informed me that he had just written to you two days ago about your matter. 2 In addition, he said that he had advised you to bring out a yearbook instead of a quarterly publication: a special Schenker yearbook. This would sell better, would be a safer proposition from a bookseller's point of view, and would also have many advantages over a periodical publication from a publisher's point of view. As far as my opinion on the matter is concerned, I stand this time completely on Einstein's side. In this way your works would, I believe, thereby make manifest a more cohesive whole than is possible with a periodical. In addition this would be an altogether different survey, and would additionally have the unique advantage that you could certainly take care of things once and for all, i. e. present them comprehensively. The book could always be as thick as it needs to be. In the meeting of the publishing house, when the matter of your work came up for discussion, Einstein assures me that nothing was said against the way you express your political views; although one certainly was aware that you are a fanatic defender of the superiority of the Germans above others and that one would have to reckon with this characteristic trait of yours, yet as I said it was understood by the assembled gentlemen, including Sobotka, without being noted down. Einstein also assured me, I should like to tell you, that he is sincerely interested in the publication of your works. That may be taken to be an uncontestable fact. I think that that is a decision with which you can surely be content. The effect ought to be a very strong one, because it is concentrated; of that I am convinced. The layout ought to be exquisite and very beautiful, as befits the author. He spoke also about the size of the print-run, and of a few details which must be taken care of with great deliberation and discretion, so that Hertzka, who is a very clever chap and would in such situations conduct himself in the most extremely careful way, does not notice anything; {2} that was another reason why the reply to you had to be delayed. You should, for Heaven's sake, not draw any false conclusions from this and may rest assured that Einstein is greatly looking forward to being in contact with you. In the meantime, you will have received a copy of my work. 3 I look incredibly comical in the midst of the Pizettis, Hindemiths, Saties, and whatever name one might give to all this vermin, which is unable to distinguish a fart from a clarinet. I regard myself as somewhat like a pure virgin in a bordello. The other gentlemen will, conversely, find me very pitiful, to be sure, but so be it. I have become inured to such complaining, annoyance, and the like, in all such unalterable situations; nothing can be done about it and, in the end, I must still be grateful to the publisher, that he has taken no notice of my fears, insofar as he has not only not gone out of business but has even sent me a fee. Miracles still do happen. Enclosed are your documents, which I am returning to you. I sincerely hope that the cart will no longer get stuck. In any event I personally had a fair impression of Einstein and regard him as a very decent human being. With best greetings to you and your wife, © Translation William Drabkin, 2013 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 3/7, p. 2777, January 26, 1925: "Von Vrieslander (Br.): rät mir zum Jahrbuch; Dr. Einstein sei sehr für mich eingenommen; von einem Einwand gegen meine angeblich politischen Gedanken sei gar nicht die Rede gewesen." ("From Vrieslander (letter): advises me to do the yearbook; Dr. Einstein is very taken by me; there was no hint of an objection to my alleged political thoughts."). 2 = OC 54/12. 3 Probably Otto Vrieslander, "Carl Philipp Emanual Bach als Theoretiker," in Von neuer Musik: Beiträge zur Erkenntnis der neuzeitlichen Tonkunst, ed. H. Grues, E. Kruttke and E. Thalheimer (Cologne: F. J. Marcan, 1925), pp. 222–79. |