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[Envelope]
{recto}

[An:] Wohlgeboren Frau Dr. Lie-Lie Schenker,
WIEN – 1
Reichsratsstrasse 7/19.
Oesterreich.

[postmark:] || PRAHA 25 | 1. II. 38 – 23 | ch2 | x m ||
Antw. 27. III. 38

{verso}

Schiff, Praha – XIII Strašnice,
Nad Primaskou 13. [Letter]

Paul Schiff,
Prag- Strašnice 202/13 (Praha-XIII).
Nad Primaskou.


Liebe Schwester, 1

Du bist uns nicht böse, wenn wir auf Deine lieben Zeilen verspätet antworten. Die Uebersiedlung von Karlsbad nach Prag und alle damit verbundenen Veränderungen, die für uns nicht in jeder Hinsicht nur günstig gewesen sind, hat uns ein wenig aus der schon seit dreieinhalb Jahren gewöhnten Ordnung gebracht; so ist denn auch Dein liebes Schreiben, über das wir uns sehr gefreut haben, unbeantwortet geblieben. Langsam finden wir uns hier wieder zurecht und stellen fest, dass sich im allgemeinen Wandel auch Prag wesentlich verändert hat und unser Wunsch, von Karlsbad wieder in die „Hauptstadt“ zu kommen, ungerechtfertigt ist.

Wir bestaunen die Energie, mit der Du in Deinen Jahren – ich bitte diese Bemerkung nicht übel zu nehmen, – die Neuauflage eines vergriffenen Werkes 2 betreibst und obwohl ich selbst fähig bin, eine Sache, die mir um Herzen liegt, mit viel Nachdruck zu vertreten, bin vor allem ich erstaunt über den tiefen Glauben an die Menschen, sie werden wenigstens, wenn schon nicht mit viel Geld, so doch wenigstens mit Interesse lohnen, was ja schliesslich für sie als die Leser und die Lernenden, geschaffen worden ist. Dieser Glaube ist umso mehr zu bewundern als die jüngste Geschichte dem tiefsten Pessimisten rechtgibt.

Ich wünsche Dir jedenfalls den Erfolg, den Du erhoffst.

{2} Emma war ihrer Leber wegen vor einigen Wochen für Tage in Prag; von Rosl haben wir ständig von Zeit zu Zeit eine Nachricht; von Hella ist nichts zu hören; Klara werde ich bestimmt diesen Monat aufsuchen, falls der Arzt es gestattet, sie auch sprechen. Von Viktor habe ich vor zehn Jahren ein letztes Schreiben bekommen. Das genügt mir, niemand ist auf [ihn] mehr neugierig.

Liesl hat zur Zeit eine Woche Semesterferien, worüber sie nach einem mit viel Fleiß absolvierten ersten Halbjahr recht froh ist. Sie war, wie immer bisher, Vorzugschülerin.

Wenn Du von Deiner unmittelbar bevorstehenden Reise 3 etwas von Dir hören lasen wirst, werden wir alle hier uns recht sehr freuen. Erhole Dich gut, bleibe auch in diesem Jahre recht gesund


und sei aufs herzlichste gegrüsst von
Deinem
[signed:] Paul


Liebe Lie-Lie!

Wir waren schon im Begriff gewesen, bei Rosa nach Deiner neuen Adresse anzufragen, als Dein Brief kam, den zu beantworten wir uns sogleich vornahmen. Dann kam der Jänner, wo wir wieder Deiner gedachten, nicht nur, weil wir Dir für das neue Jahr nur Gutes wünschen wollten, sondern weil wir auch dessen eingedenk waren, den Du vor drei Jahren in eben diesem Monat verlorst. 4 Die Arbeit an seinem Nachlaß hilft Dir gewiß über trübe Stunden des Alltags hinweg.

Bitte, schreibe uns von Deiner Reise ganz bestimmt und recht bald.


Es umarmen Dich herzlich
[signed:] Anna und Lisl

© Transcription William Drabkin, 2024

[Envelope]
{recto}

[To:] Esteemed Mrs. Lie-Lie Schenker
Reichsratsstrasse 7/19
VIENNA – 1
Austria

[postmark:] || PRAGUE 25 | 1. II. 38 – 23 | ch2 | x m ||
Answered March 27, 1938

{verso}

Schiff, Prague – XIII Strašnice,
Nad Primaskou 13 [Letter]

Paul Schiff
Prague- Strašnice 202/13 (Prague XIII)
Nad Primaskou


Dear Sister, 1

I hope you will not be angry that we have been late in replying to your kind letter. The relocation from Karlsbad to Prague and all the changes that entailed, which cannot be regarded in every way as being exclusively favorable, somewhat upset the order to what we had been used for the last three and a half years. Thus even your kind letter, which gave us great pleasure, also remained unanswered. We are slowly finding our way here again and can confirm that, in the general course of things, even Prague has changed considerably; and our wish to leave Karlsbad and come back to the “capital” is unjustified.

We marvel at the energy with which you in your years – please do not take this remark amiss – are working on a new edition of an out-of-print work. 2 And although I myself am capable of applying myself with great emphasis to a cause that is dear to my heart, I am above all amazed by a deep belief in people; they shall remunerate, even if not with much money, at least with interest what has been created for them as the readers and the learners. This belief is all the more to be marveled at, since recent history finds favor with the most devout pessimists.

At any rate, I wish you the success that you are hoping for.

{2} Emma spent a few weeks in Prague; we get regular news from Rosl from time to time; we hear nothing about Hella; I shall definitely look up Klara this month and, if the doctor permits it, also speak with her. I received my last communication from Viktor ten years ago; that is sufficient, no one is interested in him.

At the moment, Liesl has a week of semester holidays, about which she is very happy after finishing her first half-year with much diligence. She was and still is, a model student.

We would be delighted to hear something from you before your imminent trip. 3 Make a good recovery, stay healthy again in this year,


and receive the most cordial greetings from
Your
[signed:] Paul


Dear Lie-Lie,

We were already at the point of asking Rosa for your new address when your letter came, which we intended to answer immediately. Then January came, when we again thought of you, not only because we wanted to wish you only good things for the New Year, but also because we were commemorating the one whom you lost three years ago in this very month. 4 The work on his posthumous papers will surely help you through the dreary hours of everyday life.

Please write to us about your trip and do so very soon.


We embrace you cordially
[signed:] Anna and Lisl

© Translation William Drabkin, 2024

[Envelope]
{recto}

[An:] Wohlgeboren Frau Dr. Lie-Lie Schenker,
WIEN – 1
Reichsratsstrasse 7/19.
Oesterreich.

[postmark:] || PRAHA 25 | 1. II. 38 – 23 | ch2 | x m ||
Antw. 27. III. 38

{verso}

Schiff, Praha – XIII Strašnice,
Nad Primaskou 13. [Letter]

Paul Schiff,
Prag- Strašnice 202/13 (Praha-XIII).
Nad Primaskou.


Liebe Schwester, 1

Du bist uns nicht böse, wenn wir auf Deine lieben Zeilen verspätet antworten. Die Uebersiedlung von Karlsbad nach Prag und alle damit verbundenen Veränderungen, die für uns nicht in jeder Hinsicht nur günstig gewesen sind, hat uns ein wenig aus der schon seit dreieinhalb Jahren gewöhnten Ordnung gebracht; so ist denn auch Dein liebes Schreiben, über das wir uns sehr gefreut haben, unbeantwortet geblieben. Langsam finden wir uns hier wieder zurecht und stellen fest, dass sich im allgemeinen Wandel auch Prag wesentlich verändert hat und unser Wunsch, von Karlsbad wieder in die „Hauptstadt“ zu kommen, ungerechtfertigt ist.

Wir bestaunen die Energie, mit der Du in Deinen Jahren – ich bitte diese Bemerkung nicht übel zu nehmen, – die Neuauflage eines vergriffenen Werkes 2 betreibst und obwohl ich selbst fähig bin, eine Sache, die mir um Herzen liegt, mit viel Nachdruck zu vertreten, bin vor allem ich erstaunt über den tiefen Glauben an die Menschen, sie werden wenigstens, wenn schon nicht mit viel Geld, so doch wenigstens mit Interesse lohnen, was ja schliesslich für sie als die Leser und die Lernenden, geschaffen worden ist. Dieser Glaube ist umso mehr zu bewundern als die jüngste Geschichte dem tiefsten Pessimisten rechtgibt.

Ich wünsche Dir jedenfalls den Erfolg, den Du erhoffst.

{2} Emma war ihrer Leber wegen vor einigen Wochen für Tage in Prag; von Rosl haben wir ständig von Zeit zu Zeit eine Nachricht; von Hella ist nichts zu hören; Klara werde ich bestimmt diesen Monat aufsuchen, falls der Arzt es gestattet, sie auch sprechen. Von Viktor habe ich vor zehn Jahren ein letztes Schreiben bekommen. Das genügt mir, niemand ist auf [ihn] mehr neugierig.

Liesl hat zur Zeit eine Woche Semesterferien, worüber sie nach einem mit viel Fleiß absolvierten ersten Halbjahr recht froh ist. Sie war, wie immer bisher, Vorzugschülerin.

Wenn Du von Deiner unmittelbar bevorstehenden Reise 3 etwas von Dir hören lasen wirst, werden wir alle hier uns recht sehr freuen. Erhole Dich gut, bleibe auch in diesem Jahre recht gesund


und sei aufs herzlichste gegrüsst von
Deinem
[signed:] Paul


Liebe Lie-Lie!

Wir waren schon im Begriff gewesen, bei Rosa nach Deiner neuen Adresse anzufragen, als Dein Brief kam, den zu beantworten wir uns sogleich vornahmen. Dann kam der Jänner, wo wir wieder Deiner gedachten, nicht nur, weil wir Dir für das neue Jahr nur Gutes wünschen wollten, sondern weil wir auch dessen eingedenk waren, den Du vor drei Jahren in eben diesem Monat verlorst. 4 Die Arbeit an seinem Nachlaß hilft Dir gewiß über trübe Stunden des Alltags hinweg.

Bitte, schreibe uns von Deiner Reise ganz bestimmt und recht bald.


Es umarmen Dich herzlich
[signed:] Anna und Lisl

© Transcription William Drabkin, 2024

[Envelope]
{recto}

[To:] Esteemed Mrs. Lie-Lie Schenker
Reichsratsstrasse 7/19
VIENNA – 1
Austria

[postmark:] || PRAGUE 25 | 1. II. 38 – 23 | ch2 | x m ||
Answered March 27, 1938

{verso}

Schiff, Prague – XIII Strašnice,
Nad Primaskou 13 [Letter]

Paul Schiff
Prague- Strašnice 202/13 (Prague XIII)
Nad Primaskou


Dear Sister, 1

I hope you will not be angry that we have been late in replying to your kind letter. The relocation from Karlsbad to Prague and all the changes that entailed, which cannot be regarded in every way as being exclusively favorable, somewhat upset the order to what we had been used for the last three and a half years. Thus even your kind letter, which gave us great pleasure, also remained unanswered. We are slowly finding our way here again and can confirm that, in the general course of things, even Prague has changed considerably; and our wish to leave Karlsbad and come back to the “capital” is unjustified.

We marvel at the energy with which you in your years – please do not take this remark amiss – are working on a new edition of an out-of-print work. 2 And although I myself am capable of applying myself with great emphasis to a cause that is dear to my heart, I am above all amazed by a deep belief in people; they shall remunerate, even if not with much money, at least with interest what has been created for them as the readers and the learners. This belief is all the more to be marveled at, since recent history finds favor with the most devout pessimists.

At any rate, I wish you the success that you are hoping for.

{2} Emma spent a few weeks in Prague; we get regular news from Rosl from time to time; we hear nothing about Hella; I shall definitely look up Klara this month and, if the doctor permits it, also speak with her. I received my last communication from Viktor ten years ago; that is sufficient, no one is interested in him.

At the moment, Liesl has a week of semester holidays, about which she is very happy after finishing her first half-year with much diligence. She was and still is, a model student.

We would be delighted to hear something from you before your imminent trip. 3 Make a good recovery, stay healthy again in this year,


and receive the most cordial greetings from
Your
[signed:] Paul


Dear Lie-Lie,

We were already at the point of asking Rosa for your new address when your letter came, which we intended to answer immediately. Then January came, when we again thought of you, not only because we wanted to wish you only good things for the New Year, but also because we were commemorating the one whom you lost three years ago in this very month. 4 The work on his posthumous papers will surely help you through the dreary hours of everyday life.

Please write to us about your trip and do so very soon.


We embrace you cordially
[signed:] Anna and Lisl

© Translation William Drabkin, 2024

Footnotes

1 This letter is undated. The editorially supplied date is the day before the postmarked date (February 1), and so agrees with the remark (“in eben diesem Monat” (“in this very month”)) in Anna’s first paragraph (see footnote 4).

2 Probably Heinrich's Harmonielehre (1906), an abridged version of which Otto Vrieslander had been working on for some time.

3 Nothing is known of plans by Jeanette for such a trip, about which she presumably wrote in her most recent letter.

4 i.e. since Heinrich died, January 13, 1935. This accords with the postmarked date on the envelope.

Commentary

Format
2p letter: typewritten salutation, message, and valediction, holograph (Paul) signature; holograph (Anna) salutation, message, valediction, and signatures; envelope: typewritten recipient address, annotation in Jeanette Schenker's hand, and postmarks, recto; typewritten and holograph (Paul) sender address, verso
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1934-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1945)--Jonas, Oswald (c.1945-1978)--University of California, Riverside (1978--)
License
Attempts to identify the heirs of Paul and Anna Schiff have proved unsuccessful. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual right on this document should be addressed to Schenker Documents Online, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk.
Rights Holder
Heirs of Paul and Anna Schiff, deemed to be in the public domain

Digital version created: 2025-02-13
Last updated: 2010-03-11