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Mein lieber Wilhelm! 1

Hier ein gestern eingelangtes Briefchen unseres Bruders. 2 Mein Zahlungstermin rückt heran, ich mahne ihn einige Male, weder schreibt er, noch kommt er, endlich kommt jenes Briefchen. Mir blieb nichts übrig, als postwendend bis 24. 11 als ersten Teilbetrag 5.000 S einzufordern, widrigenfalls ich am nächsten Tage zur Klage schreiten müsste. 3

Daß ich auf den Altar seiner alten u. neuen Geschäfte, seiner Treue zur {2} Großmutter usw. meinen letzten Ersparnisse hinlege, nur um ihm die Freude zu machen, daß ich an ihn – glaube, ist doch eine starke Forderung! Gern glaube ich, daß er mit Geschäftsleuten ganz anders verkehrt, daher ihren Glauben verdient, aber da ich kein Geschäftsmann bin, von dem ihm ein Nachteil drohen könnte, werde ich mit seinen „Sorgen“ abgespeist.

Dieser Herr wußte, daß ich 3 Wochen im Bett lag, daß ich einen starken Verlust an Einnehmen erlitten habe, daß ich über Auftrag der Ärzte sogar auf Stunden verzichten mußte, 4 daß ich die letzten in einem Kassaschein bei der Cred.-Bank erliegenden Ersparnisse heran- {3} -ziehen muß, hat mich doch nicht angeschaut, nicht nach mir gefragt (!), ja er mutet mir zu, ihm das Letzte meiner Gesundheit, meines Einkommens zu opfern. Er wäre bereit, meinen Kassaschein einzustecken u. mir immerzu Briefchen zu schreiben: „Nur Geduld, ich bin dir doch sicher.“

Den Rest habe ich mit 1. 1931 befristet. Geht die Klage los, so klage ich selbstverständlich den ganzen Betrag ein. Denn kommt der erste Betrag nicht pünktlich, muß ich sowieso den Kassaschein weggeben.

Schicke mir, bitte, Mozio’s Briefchen zurück.

{4} Den kleinen Georg dürfte ich endlich losgeworden sein. Er kann u. will nicht arbeiten, er „möchte“ – ach, er weiß nicht, was er möchte. Vor 3 Jahren habe ich Mozio gesagt, daß er zu mir nicht paßt, da aber Mozio nichts zu zahlen brauchte – ja, nicht einmal gedankt hat er –, so ließ er ihn dennoch zu mir laufen. Georg hat mich ja überhaupt nicht verstanden, nicht meinen Stoff, noch meine Sprache, er braucht mich gar nicht, er wird sein Leben lang Cellist der Kur-Kapelle bleiben. 5

Mir geht es, bis eben auf die Aufregungen, die mir Mozio verursacht, ganz gut. Alles vergessen! Wäre nur die Zeiten nicht so bedrohlich! Wie geht es Euch Beiden?


Viele Grüße u. Küsse von mir u. LieLiechen
Dein
[signed:] Heinrich

8. 11. 30

© Transcription William Drabkin, 2024



My dear Wilhelm, 1

Here, a letter of our brother that arrived yesterday. 2 My deadline for payment is creeping up. I will admonishingly remind him a few times. He neither writes nor comes by; ultimately, this brief letter arrives. There was nothing left for me to do except to immediately demand the first installment of 5,000 shillings by November 24, failing which I would have to proceed to a lawsuit on the next day. 3

That I lay down my last savings on the altar of his old and new business deals, of his loyalty to {2} grandmother, etc., merely in order to bring him the joy that I believe in him is surely a potent demand! I’m happy to believe that he interacts with business people completely differently, accordingly earns their belief. But since I’m no businessman from whom a disadvantage could threaten him, I will be palmed off with his “worries.”

This fellow knew that I lay in bed for three weeks, that I suffered a substantial loss in income, that on doctors’ orders I had to forgo lessons, 4 that I have to {3} draw on the last remaining savings in a cashier’s check at the Credit-Bank, did not even look in on me, didn’t inquire after me (!), indeed expects me to sacrifice the remnants of my health, of my income. He’d be prepared to pocket my cashier’s check and to incessantly write me little letters: “Just be patient, you can certainly count on me.”

I set a deadline of January 1931 for the remainder. If the case is launched, I will naturally sue for the full amount. For if the initial amount doesn’t arrive on time, I will have to give up the cashier’s check in any case.

Please send back Mozio’s letter to me.

{4} I was finally able to be rid of little Georg. He can’t and doesn’t want to do any work. He “would like” – oh, he doesn’t know what he would like. Three years ago I told Mozio that he [Georg] doesn’t fit with me. But since Mozio didn’t need to pay anything – indeed didn’t even express thanks – he let him come to me anyway. Georg didn’t understand me at all, not my subject matter, not my language. He doesn’t need me at all. He’ll remain his entire life a cellist in the spa-ensemble. 5

Apart from the aggravation that Mozio causes me, I am quite well. All forgotten! If the times just were not so threatening! How are you two?


Abundant greetings and kisses from me and LieLiechen
Your
[signed:] Heinrich

November 8, 1930

© Translation Lee Rothfarb, 2024



Mein lieber Wilhelm! 1

Hier ein gestern eingelangtes Briefchen unseres Bruders. 2 Mein Zahlungstermin rückt heran, ich mahne ihn einige Male, weder schreibt er, noch kommt er, endlich kommt jenes Briefchen. Mir blieb nichts übrig, als postwendend bis 24. 11 als ersten Teilbetrag 5.000 S einzufordern, widrigenfalls ich am nächsten Tage zur Klage schreiten müsste. 3

Daß ich auf den Altar seiner alten u. neuen Geschäfte, seiner Treue zur {2} Großmutter usw. meinen letzten Ersparnisse hinlege, nur um ihm die Freude zu machen, daß ich an ihn – glaube, ist doch eine starke Forderung! Gern glaube ich, daß er mit Geschäftsleuten ganz anders verkehrt, daher ihren Glauben verdient, aber da ich kein Geschäftsmann bin, von dem ihm ein Nachteil drohen könnte, werde ich mit seinen „Sorgen“ abgespeist.

Dieser Herr wußte, daß ich 3 Wochen im Bett lag, daß ich einen starken Verlust an Einnehmen erlitten habe, daß ich über Auftrag der Ärzte sogar auf Stunden verzichten mußte, 4 daß ich die letzten in einem Kassaschein bei der Cred.-Bank erliegenden Ersparnisse heran- {3} -ziehen muß, hat mich doch nicht angeschaut, nicht nach mir gefragt (!), ja er mutet mir zu, ihm das Letzte meiner Gesundheit, meines Einkommens zu opfern. Er wäre bereit, meinen Kassaschein einzustecken u. mir immerzu Briefchen zu schreiben: „Nur Geduld, ich bin dir doch sicher.“

Den Rest habe ich mit 1. 1931 befristet. Geht die Klage los, so klage ich selbstverständlich den ganzen Betrag ein. Denn kommt der erste Betrag nicht pünktlich, muß ich sowieso den Kassaschein weggeben.

Schicke mir, bitte, Mozio’s Briefchen zurück.

{4} Den kleinen Georg dürfte ich endlich losgeworden sein. Er kann u. will nicht arbeiten, er „möchte“ – ach, er weiß nicht, was er möchte. Vor 3 Jahren habe ich Mozio gesagt, daß er zu mir nicht paßt, da aber Mozio nichts zu zahlen brauchte – ja, nicht einmal gedankt hat er –, so ließ er ihn dennoch zu mir laufen. Georg hat mich ja überhaupt nicht verstanden, nicht meinen Stoff, noch meine Sprache, er braucht mich gar nicht, er wird sein Leben lang Cellist der Kur-Kapelle bleiben. 5

Mir geht es, bis eben auf die Aufregungen, die mir Mozio verursacht, ganz gut. Alles vergessen! Wäre nur die Zeiten nicht so bedrohlich! Wie geht es Euch Beiden?


Viele Grüße u. Küsse von mir u. LieLiechen
Dein
[signed:] Heinrich

8. 11. 30

© Transcription William Drabkin, 2024



My dear Wilhelm, 1

Here, a letter of our brother that arrived yesterday. 2 My deadline for payment is creeping up. I will admonishingly remind him a few times. He neither writes nor comes by; ultimately, this brief letter arrives. There was nothing left for me to do except to immediately demand the first installment of 5,000 shillings by November 24, failing which I would have to proceed to a lawsuit on the next day. 3

That I lay down my last savings on the altar of his old and new business deals, of his loyalty to {2} grandmother, etc., merely in order to bring him the joy that I believe in him is surely a potent demand! I’m happy to believe that he interacts with business people completely differently, accordingly earns their belief. But since I’m no businessman from whom a disadvantage could threaten him, I will be palmed off with his “worries.”

This fellow knew that I lay in bed for three weeks, that I suffered a substantial loss in income, that on doctors’ orders I had to forgo lessons, 4 that I have to {3} draw on the last remaining savings in a cashier’s check at the Credit-Bank, did not even look in on me, didn’t inquire after me (!), indeed expects me to sacrifice the remnants of my health, of my income. He’d be prepared to pocket my cashier’s check and to incessantly write me little letters: “Just be patient, you can certainly count on me.”

I set a deadline of January 1931 for the remainder. If the case is launched, I will naturally sue for the full amount. For if the initial amount doesn’t arrive on time, I will have to give up the cashier’s check in any case.

Please send back Mozio’s letter to me.

{4} I was finally able to be rid of little Georg. He can’t and doesn’t want to do any work. He “would like” – oh, he doesn’t know what he would like. Three years ago I told Mozio that he [Georg] doesn’t fit with me. But since Mozio didn’t need to pay anything – indeed didn’t even express thanks – he let him come to me anyway. Georg didn’t understand me at all, not my subject matter, not my language. He doesn’t need me at all. He’ll remain his entire life a cellist in the spa-ensemble. 5

Apart from the aggravation that Mozio causes me, I am quite well. All forgotten! If the times just were not so threatening! How are you two?


Abundant greetings and kisses from me and LieLiechen
Your
[signed:] Heinrich

November 8, 1930

© Translation Lee Rothfarb, 2024

Footnotes

1 Writing of this letter is recorded in Schenker’s diary for November 8, 1930: “An Wilhelm (Br.): lege Mozios Brief bei – muß also klagen” (“To Wilhelm (letter): I enclose Mozio's letter – I must, therefore, take legal action”).

2 OJ 14/5, [42], the receipt of which was recorded in Schenker’s diary the previous day; in it Moriz asks his brother to show more patience, as others have.

3 The November 8 diary entry records the writing of a letter to Moriz with these same conditions and threats. — On November 25, Heinrich received a lettercard from Moriz asking again for more “patience.” On November 28, Heinrich consulted attorney Dr. Alfred Lanzer, who agreed to write a letter to Moriz “before the end of the day.”! Evidently Lanzer’s letter came back undelivered, and Heinrich had to send him the correct address on December 2.

4 The lessonbook for 1930/31 contradicts this statement. For example, Angi Elias had either two or three lessons each week from October 2 to December 27. On her three-lessons-per-week contract, Elias was entitled to seventeen lessons between October 2 and November 8, and she in fact received thirteen; the other four were missed (or happened and were not recorded) intermittently, not consecutively.

5 Georg was a member of the Baden bei Wien Spa Orchestra (Badener Kur-Orchester) until at least 1936 (Badener Zeitung, September 19, 1936, p. 3).

Commentary

Format
4p letter (Bogen format), holograph salutation, message, valediction, and signature
Provenance
Wilhelm Schenker (document date-1938?)—Jeanette Schenker (1938?-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1955)--Jonas, Oswald (c.1955-1978)--University of California, Riverside (1978--)
Rights Holder
Heirs of Heinrich Schenker; deemed to be in the public domain
License
This document is deemed to be in the public domain as of January 1, 2006. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk

Digital version created: 2024-10-10
Last updated: 2010-03-11