[This draft is in the hand of Jeanette Schenker with extensive corrections by Heinrich Schenker. Only the final version of the letter is presented here.]

Herr van Hoboken war so freundlich[,] mich zu erinnern, das ich Ihnen ein Wort der Entscheidung schulde. 1 Ich lege es lieber schriftlich nieder, weil ich hoffe, dadurch mein Gründe wirksamer ausgestalten zu können.

Es hat etwas Beklommenes für mich, daß ich mit (einem) Brahms die gleiche Auszeichnung teilen sollte. Ich verkenne {2} den Wert meiner Werk gewiß nicht: nicht nur weiß ich es wie keiner, ich spreche es auch öfter aus, daß sie weniger zur Thema der Kunst als zur Kunst selbst zählen u. wohl für alle Zeiten bestimmt sind, die einzige Quelle wirklicher Belehrung über die Musik zu bleiben. — Dennoch komme ich über jenen Punkt nicht hinweg. H.v.H. erinnerte mich, daß das in Frage kommende Ehrenzeichen eine durchaus neue Schöpfung der Republik sei, {3} dennoch ist es auch weiterhin so, daß es als höchste Auszeichnung im Range des älteren Ehrenzeichens steht.

Wenn ich nicht irre, lautet die Auszeichnung: „das Ehrenzeichen der Republik“ – der Zusatz bedeutet für mein Gefühl eine (überflüssige) Überheblichkeit der Republik, der ich ohnehin aus kunst-politischen Gründen mit geringerer Sympathie gegenüberstehe als der monarchischen Staatsform.

Mit der Republik kommt die Gefahr, daß alle Auszeichnungen rasch entwertet werden. Sie wissen, wie weit es {4} (dank einer geradezu sowjetistischen Hinaufnummerierung) mit dem Professor- u. Hofrattitel schon gekommen ist, u. da muß ich befürchten, daß, sobald mir die Frage einer Auszeichnung ins Rollen kommt, – sofort ein Run auf diese sich erheben, eine Entwertung auch dieser Auszeichnung stattfinden werde.

Sie begreifen, daß ich nicht gern die Ursache einer solchen Entwertung sein möchte; meine Gesinnung gebietet mir vielmehr mit dem Beispiel der Enthaltsamkeit voranzugehn u. der Republik der heilsame Lehre zu geben, mit ihren Aus- {5} zeichnungen hauszuhalten.

Mitentscheidend ist auch der Umstand, daß hier (in Wien (Österreich)) meine Leistungen zurzeit nicht von allgemeiner Anerkennung getragen sind, daß daher die Auszeichnung nicht so in der Luft liegt, wie das bei den sonst Ausgezeichneten der Fall gewesen war? Ich verkenne nicht den Unterschied in der Gattung der Leistung: ein Komponist, ein Dichter steht immer auf dem Podium, auf der Bühne, weithin dem Auge sichtbar – ein Vorteil, dessen mein Werk leider entbehren muss.

{6} Ebendaher die Auszeichnung eines solchen Werkes dem Ministerium oder dem Präsidenten nur Verlegenheit bereiten, Intriguen wären nicht zu vermeiden, welch ein weites Feld der Betätigung öffnete sich z. B. Adler, Mandyczewski, Karpath, Bach, Korngold usw. – habe ich aber nötig durch solchen Schmutz zu waten?

{7} Ich gelange nun zum Entscheidung und sage:

Sie selbst haben mich, wie ich sehe, innerlich ja längst ausgezeichnet u. sind soeben als Erster u. Einziger im Begriff, mich auch äußerlich auszeichnen zu helfen – fällt Ihnen nicht ein, daß ja Ihnen selbst ein schweres Unrecht wiederfährt, wenn Sie trotz Ihrer unleugbar großen Verdienste unausgezeich- {8} net durch Wien gehen, das schon so viele andere für ein albernstes Gefühlsgetue dekorirt hat – so danke ich vor allem für die wie von Ihnen verliehene Auszeichnung. Nicht minder herzlich danke ich Herrn Sektionschef Kobald für seine persönliche Bereitschaft, mir zu der Auszeichnung verhelfen zu wollen. Sagen Sie ihm in meinem Namen, dass ich diese Bereitschaft mit aufrichtigsten Dank schon für die Auszeichnung nehme u. sonst wichtige Gründe habe, einer wirklichen Aus- {9} zeichnung auszuweichen. Leider würde doch übrigens auch heute das schwere Unrecht nicht mehr gutzumachen vermögen, das ich gerade in Wien erhielten, das mich, ich darf sagen, [illegible words] um viel, sehr viel Arbeit gebracht habe.

Ich bitte Sie, lieber Deutsch, recht sehr, diese Gründe zu würdigen u. empfangen Sie besten Dank für Ihre schöne Gesinnung, die Sie {10} meinem Werke gegenüber an den Tag gelegt habe.


Mit besten Grüßen an Sie
u. Ihre verehrte Frau Gemalin
von mir u. meinem Lieliechen
Ihr
[signed:] H. Sch.

Auf

28. 2. 27

© Transcription William Drabkin, 2023

[This draft is in the hand of Jeanette Schenker with extensive corrections by Heinrich Schenker. Only the final version of the letter is presented here.]

Mr. van Hoboken was so courteous in reminding me that I owe you a word of judgment. 1 I prefer to set it down in writing, because I hope that in that way I can formulate my reasons more effectively.

I felt somewhat uneasy about sharing the same honor with someone of Brahms’s stature. I do not doubt {2} the value of my works; I not only know this as no one else, I also express the view often that they can be reckoned less as relating to art than as being art itself, and that they are surely destined for all time to remain the only source of true education in music. — And yet I cannot get over that earlier point. Mr van Hoboken reminded me that the mark of honor in question is an entirely new creation of the [Austrian] republic, {3} and yet it is also the case that it stands as the highest distinction in the rank of the older mark of honor.

If I am not mistaken, the wording of the honor is “the order of merit of the republic”; the additional words, seem to me to be a superfluous presumption on the part of the republic, for which – on artistic-political grounds – I have less sympathy than for the monarchical form of government.

With the republic arises the danger that all marks of distinction may be quickly devalued. You know how far things {4} have already gone with the titles of Professor and Privy Councilor (thanks to a downright Soviet-style increase in numbering); and so I must fear that, as soon as the question of an honor for me gets underway, a flurry of these will ensue and a devaluation even of this honor will take place.

You will understand that I would not like to be the cause of such a devaluation; my way of thinking rather demands that I set an example of abstention, and that I give the republic the salutary instruction to economize with its {5} awarding of honors.

The fact that here (in Vienna, in Austria) my achievements have at present not been met with general recognition also plays a role: the conferment of an honor is not really in the wind, as was the case with others who have been decorated. I do not deny the differences in the type of achievement: a composer, a poet stands on the podium, on the stage, visible to the eye from a great distance – an advantage that my work must unfortunately dispense with.

{6} For the very same reason, the honoring of such works will bring only embarrassment to the ministry or the President; intrigues would be unavoidable; what a wide field of activity would be open to, for example, Adler, Mandyczewski, Karpath, Bach, Korngold, and so on – must I have to wade through such filth?

{7} I now arrive at my decision and declare:

You yourself have, in my eyes, long conferred an honor upon me inwardly, and are the first, the only person to help me gain an outward honor – does it not occur to you that you yourself sustain a serious injustice if, in spite of your undeniably great achievements, you go without an honor {8} through the city of Vienna, which has already decorated so many others for the most ridiculous posturing of sentiment – then I thank you above all for the honor you have, in effect, conferred upon me. No less cordially do I thank Head of Department Kobald for his personal willingness in offering to assist me in obtaining the honor. Tell him, on my behalf, that I take this willingness, with the most sincere gratitude, as tantamount to receiving the honor, and that I otherwise have important reasons for avoiding a real honor. {9} Unfortunately, even today the severe injustice that I have been dealt right here in Vienna could, moreover, not be put right, an injustice that, I may say, [illegible words] has cost me much, very much work.

I beg you, dear Deutsch, to appreciate these reasons. And accept my best thanks for your kind intention which you have displayed towards {10} my work.


With best greetings to you
and your revered wife,
from me and my Lie-Liechen
Your
[signed:] H. Schenker

Even

February 28, 1927

© Translation William Drabkin, 2023

[This draft is in the hand of Jeanette Schenker with extensive corrections by Heinrich Schenker. Only the final version of the letter is presented here.]

Herr van Hoboken war so freundlich[,] mich zu erinnern, das ich Ihnen ein Wort der Entscheidung schulde. 1 Ich lege es lieber schriftlich nieder, weil ich hoffe, dadurch mein Gründe wirksamer ausgestalten zu können.

Es hat etwas Beklommenes für mich, daß ich mit (einem) Brahms die gleiche Auszeichnung teilen sollte. Ich verkenne {2} den Wert meiner Werk gewiß nicht: nicht nur weiß ich es wie keiner, ich spreche es auch öfter aus, daß sie weniger zur Thema der Kunst als zur Kunst selbst zählen u. wohl für alle Zeiten bestimmt sind, die einzige Quelle wirklicher Belehrung über die Musik zu bleiben. — Dennoch komme ich über jenen Punkt nicht hinweg. H.v.H. erinnerte mich, daß das in Frage kommende Ehrenzeichen eine durchaus neue Schöpfung der Republik sei, {3} dennoch ist es auch weiterhin so, daß es als höchste Auszeichnung im Range des älteren Ehrenzeichens steht.

Wenn ich nicht irre, lautet die Auszeichnung: „das Ehrenzeichen der Republik“ – der Zusatz bedeutet für mein Gefühl eine (überflüssige) Überheblichkeit der Republik, der ich ohnehin aus kunst-politischen Gründen mit geringerer Sympathie gegenüberstehe als der monarchischen Staatsform.

Mit der Republik kommt die Gefahr, daß alle Auszeichnungen rasch entwertet werden. Sie wissen, wie weit es {4} (dank einer geradezu sowjetistischen Hinaufnummerierung) mit dem Professor- u. Hofrattitel schon gekommen ist, u. da muß ich befürchten, daß, sobald mir die Frage einer Auszeichnung ins Rollen kommt, – sofort ein Run auf diese sich erheben, eine Entwertung auch dieser Auszeichnung stattfinden werde.

Sie begreifen, daß ich nicht gern die Ursache einer solchen Entwertung sein möchte; meine Gesinnung gebietet mir vielmehr mit dem Beispiel der Enthaltsamkeit voranzugehn u. der Republik der heilsame Lehre zu geben, mit ihren Aus- {5} zeichnungen hauszuhalten.

Mitentscheidend ist auch der Umstand, daß hier (in Wien (Österreich)) meine Leistungen zurzeit nicht von allgemeiner Anerkennung getragen sind, daß daher die Auszeichnung nicht so in der Luft liegt, wie das bei den sonst Ausgezeichneten der Fall gewesen war? Ich verkenne nicht den Unterschied in der Gattung der Leistung: ein Komponist, ein Dichter steht immer auf dem Podium, auf der Bühne, weithin dem Auge sichtbar – ein Vorteil, dessen mein Werk leider entbehren muss.

{6} Ebendaher die Auszeichnung eines solchen Werkes dem Ministerium oder dem Präsidenten nur Verlegenheit bereiten, Intriguen wären nicht zu vermeiden, welch ein weites Feld der Betätigung öffnete sich z. B. Adler, Mandyczewski, Karpath, Bach, Korngold usw. – habe ich aber nötig durch solchen Schmutz zu waten?

{7} Ich gelange nun zum Entscheidung und sage:

Sie selbst haben mich, wie ich sehe, innerlich ja längst ausgezeichnet u. sind soeben als Erster u. Einziger im Begriff, mich auch äußerlich auszeichnen zu helfen – fällt Ihnen nicht ein, daß ja Ihnen selbst ein schweres Unrecht wiederfährt, wenn Sie trotz Ihrer unleugbar großen Verdienste unausgezeich- {8} net durch Wien gehen, das schon so viele andere für ein albernstes Gefühlsgetue dekorirt hat – so danke ich vor allem für die wie von Ihnen verliehene Auszeichnung. Nicht minder herzlich danke ich Herrn Sektionschef Kobald für seine persönliche Bereitschaft, mir zu der Auszeichnung verhelfen zu wollen. Sagen Sie ihm in meinem Namen, dass ich diese Bereitschaft mit aufrichtigsten Dank schon für die Auszeichnung nehme u. sonst wichtige Gründe habe, einer wirklichen Aus- {9} zeichnung auszuweichen. Leider würde doch übrigens auch heute das schwere Unrecht nicht mehr gutzumachen vermögen, das ich gerade in Wien erhielten, das mich, ich darf sagen, [illegible words] um viel, sehr viel Arbeit gebracht habe.

Ich bitte Sie, lieber Deutsch, recht sehr, diese Gründe zu würdigen u. empfangen Sie besten Dank für Ihre schöne Gesinnung, die Sie {10} meinem Werke gegenüber an den Tag gelegt habe.


Mit besten Grüßen an Sie
u. Ihre verehrte Frau Gemalin
von mir u. meinem Lieliechen
Ihr
[signed:] H. Sch.

Auf

28. 2. 27

© Transcription William Drabkin, 2023

[This draft is in the hand of Jeanette Schenker with extensive corrections by Heinrich Schenker. Only the final version of the letter is presented here.]

Mr. van Hoboken was so courteous in reminding me that I owe you a word of judgment. 1 I prefer to set it down in writing, because I hope that in that way I can formulate my reasons more effectively.

I felt somewhat uneasy about sharing the same honor with someone of Brahms’s stature. I do not doubt {2} the value of my works; I not only know this as no one else, I also express the view often that they can be reckoned less as relating to art than as being art itself, and that they are surely destined for all time to remain the only source of true education in music. — And yet I cannot get over that earlier point. Mr van Hoboken reminded me that the mark of honor in question is an entirely new creation of the [Austrian] republic, {3} and yet it is also the case that it stands as the highest distinction in the rank of the older mark of honor.

If I am not mistaken, the wording of the honor is “the order of merit of the republic”; the additional words, seem to me to be a superfluous presumption on the part of the republic, for which – on artistic-political grounds – I have less sympathy than for the monarchical form of government.

With the republic arises the danger that all marks of distinction may be quickly devalued. You know how far things {4} have already gone with the titles of Professor and Privy Councilor (thanks to a downright Soviet-style increase in numbering); and so I must fear that, as soon as the question of an honor for me gets underway, a flurry of these will ensue and a devaluation even of this honor will take place.

You will understand that I would not like to be the cause of such a devaluation; my way of thinking rather demands that I set an example of abstention, and that I give the republic the salutary instruction to economize with its {5} awarding of honors.

The fact that here (in Vienna, in Austria) my achievements have at present not been met with general recognition also plays a role: the conferment of an honor is not really in the wind, as was the case with others who have been decorated. I do not deny the differences in the type of achievement: a composer, a poet stands on the podium, on the stage, visible to the eye from a great distance – an advantage that my work must unfortunately dispense with.

{6} For the very same reason, the honoring of such works will bring only embarrassment to the ministry or the President; intrigues would be unavoidable; what a wide field of activity would be open to, for example, Adler, Mandyczewski, Karpath, Bach, Korngold, and so on – must I have to wade through such filth?

{7} I now arrive at my decision and declare:

You yourself have, in my eyes, long conferred an honor upon me inwardly, and are the first, the only person to help me gain an outward honor – does it not occur to you that you yourself sustain a serious injustice if, in spite of your undeniably great achievements, you go without an honor {8} through the city of Vienna, which has already decorated so many others for the most ridiculous posturing of sentiment – then I thank you above all for the honor you have, in effect, conferred upon me. No less cordially do I thank Head of Department Kobald for his personal willingness in offering to assist me in obtaining the honor. Tell him, on my behalf, that I take this willingness, with the most sincere gratitude, as tantamount to receiving the honor, and that I otherwise have important reasons for avoiding a real honor. {9} Unfortunately, even today the severe injustice that I have been dealt right here in Vienna could, moreover, not be put right, an injustice that, I may say, [illegible words] has cost me much, very much work.

I beg you, dear Deutsch, to appreciate these reasons. And accept my best thanks for your kind intention which you have displayed towards {10} my work.


With best greetings to you
and your revered wife,
from me and my Lie-Liechen
Your
[signed:] H. Schenker

Even

February 28, 1927

© Translation William Drabkin, 2023

Footnotes

1 Writing of the final version of this letter is recorded in Schenker’s diary for February 28, 1927: “Brief an Deutsch korrigiert u. geschrieben (5 Seiten); Entwurf in der Mappe: Ablehnung” (“Letter to Deutsch corrected and written out (five pages); draft in the folder: refusal”).