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OJ 9/34, [28] - Handwritten letter from Cube to Schenker, dated October 16, 1931
Nun, da Sie hier in Hamburg, in dem Hause, das von Ihren Gedanken und der Intensität Ihres Wirkens erfüllt ist, im Geiste gleichsam selbst zu Hause sind, kann ich das Gesamtbild nur noch durch subjektive Züge ergänzen. — In letzter Zeit hatten wir ja einen erfreulichen Aufschwung zu verzeichnen. Vierzig Schüler bevölkern bis jetzt das Institut. 2 Nicht ganz die Hälfte davon unterzieht sich auch, oder ausschliesslich, dem Theorieunterricht. Nicht alle a priori auf längere Zeit, doch denke ich bestimmt, dass alle, die keine dringlichen Abhaltungen haben, bei der Sache bleiben werden. Besonders ein Kurs ist mir lieb und auch wichtig. Er ist von lauter jungen Musiklehrern, darunter unseren eigenen Elementarlehrern, besucht, die alle sehr eifrig bei der Sache und sehr begeistert sind. Dadurch werden wir mehr bekannt werden, als durch Annoncen und Prospekte. Dann habe ich einige Einzelstunden – zum Teil auch mit mehreren Teilnehmern, – und eine “echte[”] Seminaristin mit Staatsprüfungsambitionen. Teilweise sehr interessante Leute. Den Unterricht gestalte ich vollkommen individuell. Eines wirkt sich bereits sehr störend aus, und das ist das Fehlen der Harmonielehre! Ich lasse sie konsequent von allen Schülern bestellen! Vielleicht bekommt Herr Her[t]zka bei der hundertsten Bestellung Appetit auf neuen Verdienst. Kann denn gegen dieses unerhörte Vorgehen des Verlages, das hier schon die Spatzen von allen Buchhändlerdächern pfeifen, nichts unternommen werden? 3 Ein hübscher Zufall (oder Bestimmung?) ist es, dass wir unter den Klavierschülern eine ganze Reihe Ausländer haben! Amerikaner, {2} Canadier, einen Belgier und eine Französin. Der Unterricht wird in zwei Fällen sogar mit Hilfe dolmetschender Schüler in der jeweiligen Landessprache erteilt! — In nächster Zeit schicke ich Ihnen eine vollkommen ausgearbeitete Tafel des ersten Bachpräludiums aus dem Wohltemperierten, mit allen Schichten, Parallelismen, 3–4–4–3, etc. und schriftlicher Erläuterung als eine Art Maasstab für den derzeitigen Stand meines eigenen Lesens. Ich glaube, eine ganze Menge inzwischen dazugelernt zu haben. Also fasse ich die Bach-Tafel als Stichprobe auf mich selbst auf. 4 — Im Verlauf der praktischen Arbeit komme ich mehr und mehr auf’s Frei-Unterrichten. Insbesondere in der Harmonielehre habe ich gelernt, vieles einzuschalten, was Tonwille und Meisterwerk gebracht haben. Ähnlich geht mit den Prolongationen des strengen Satzes. Die Synthese Ihres eigenen Schaffens bringt das mit sich! — Frl. Agnes Becker, 5 die Sie auch kennen, arbeitet augenblicklich in einer meiner Einzelstunden mit zwei Herren (darunter Dr. Brulez, der Belgie) zusammen. Das sind meine Anspruchsvollsten! — Karli geht es jetzt – Gottlob – bedeutend besser. 6 Er ist schon stundenweise auf, und ganz fieberfrei. Vielleicht ist jetzt wirklich die härteste Zeit überwunden. Violins menschliche und künstlerische Leistung ist gleicherweise aller Bewunderung wert. Ich selbst finde mich auch langsam in meiner neuen Lebenskreise. Ich habe an sich das Aufhören jeder Verbindung mit der vergangenen Generation fast körperlich empfunden. Jetzt lerne ich, mich in mir selbst zu verankern. — Hoffentlich nimmt unsere Arbeit hier weiter den guten Fortgang, den wir uns nun erhoffen zu dürfen glauben – allen Kabalen zum Trotze! Für heute die herzlichsten Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, auch an Frl. Fanny Violin 7 © Transcription William Drabkin, 2006 |
Now, since you are here in Hamburg, in the house which is filled with your thoughts and the intensity of your achievements, I am able to expand the overall picture [of things] still only in subjective brush-strokes. Recently we had had a fortunate turn for the better to note. As of now, forty pupils are studying at the Institute. 2 Not quite half of these have also enrolled, or are exclusively enrolled, in theory instruction. Not all a priori long-term, but I am fairly confident that all who have no pressing hindrances will stay with the matter. One course in particular is dear to me, and also important. It is taken exclusively by young music teachers, among which are our own elementary teachers, all of whom work very hard at the material and are very much inspired. In this way we shall become better known than by advertisements and prospectuses. In addition, I have a few individual teaching hours – some with several participants – and a genuinely advanced student who has ambitions to take the state examination. To some extent, these are very interesting people. I organize the teaching on an entirely individual basis. One thing is already having a very detrimental effect: the absence of [your] Harmonielehre . In consequence, I am asking all pupils to order it! Perhaps Mr. Hertzka will have an appetite for new sources of income after the hundredth copy has been ordered. Can anything be done about this unprecedented good fortune on the part of the publishing house – something that already has the sparrows singing from the rooftops of all the bookshops? 3 By a happy coincidence (or was this bound to happen?), we have a fair number of foreigners learning the piano. Americans, {2} Canadians, a Belgian, and a Frenchwoman. In two cases, the instruction is actually communicated with the help of pupils who interpret in the language of the country in question! In the near future, I shall send you a completely worked out graph of the first prelude from Bach's Well-Tempered Clavier , with all the layers, parallelisms, 3–4–4–3, etc., and written elucidation, as a measure of the current state of my own ability to read [a piece of music]. I believe that, in the meantime, I have learned quite a lot more; thus I am making the Bach graph as a test-piece for myself. 4 In the course of the practical work, I am more and more drawn to freely-organized tuition. In particular, in harmony teaching I have learned to include much that is found in Der Tonwille and Das Meisterwerk . Similarly with prolongations in strict counterpoint. The synthesis of your own work requires that! Miss Agnes Becker, 5 whom you also know, is at this moment working together with two men (including Dr. Brulez, the Belgian) in one of my individual classes. These are my most fastidious pupils. Karli is now, thank God, in significantly better health. 6 He is awake for hours at a time, and entirely without fever. Perhaps he has truly survived the most difficult period. Violin's human and artistic accomplishment is equally worthy of all admiration. Gradually, I too have found myself in my new life's activity. I have felt almost bodily the cessation of all contact with the preceding generation in itself. Now I am learning to put down an anchor within myself. I hope that our work will continue to make the good progress that we are now believing is achievable – in spite of all intrigues against us. For today, the most affectionate greetings to you and your wife, also to Miss Fanny Violin, 7 © Translation William Drabkin, 2006 |
Nun, da Sie hier in Hamburg, in dem Hause, das von Ihren Gedanken und der Intensität Ihres Wirkens erfüllt ist, im Geiste gleichsam selbst zu Hause sind, kann ich das Gesamtbild nur noch durch subjektive Züge ergänzen. — In letzter Zeit hatten wir ja einen erfreulichen Aufschwung zu verzeichnen. Vierzig Schüler bevölkern bis jetzt das Institut. 2 Nicht ganz die Hälfte davon unterzieht sich auch, oder ausschliesslich, dem Theorieunterricht. Nicht alle a priori auf längere Zeit, doch denke ich bestimmt, dass alle, die keine dringlichen Abhaltungen haben, bei der Sache bleiben werden. Besonders ein Kurs ist mir lieb und auch wichtig. Er ist von lauter jungen Musiklehrern, darunter unseren eigenen Elementarlehrern, besucht, die alle sehr eifrig bei der Sache und sehr begeistert sind. Dadurch werden wir mehr bekannt werden, als durch Annoncen und Prospekte. Dann habe ich einige Einzelstunden – zum Teil auch mit mehreren Teilnehmern, – und eine “echte[”] Seminaristin mit Staatsprüfungsambitionen. Teilweise sehr interessante Leute. Den Unterricht gestalte ich vollkommen individuell. Eines wirkt sich bereits sehr störend aus, und das ist das Fehlen der Harmonielehre! Ich lasse sie konsequent von allen Schülern bestellen! Vielleicht bekommt Herr Her[t]zka bei der hundertsten Bestellung Appetit auf neuen Verdienst. Kann denn gegen dieses unerhörte Vorgehen des Verlages, das hier schon die Spatzen von allen Buchhändlerdächern pfeifen, nichts unternommen werden? 3 Ein hübscher Zufall (oder Bestimmung?) ist es, dass wir unter den Klavierschülern eine ganze Reihe Ausländer haben! Amerikaner, {2} Canadier, einen Belgier und eine Französin. Der Unterricht wird in zwei Fällen sogar mit Hilfe dolmetschender Schüler in der jeweiligen Landessprache erteilt! — In nächster Zeit schicke ich Ihnen eine vollkommen ausgearbeitete Tafel des ersten Bachpräludiums aus dem Wohltemperierten, mit allen Schichten, Parallelismen, 3–4–4–3, etc. und schriftlicher Erläuterung als eine Art Maasstab für den derzeitigen Stand meines eigenen Lesens. Ich glaube, eine ganze Menge inzwischen dazugelernt zu haben. Also fasse ich die Bach-Tafel als Stichprobe auf mich selbst auf. 4 — Im Verlauf der praktischen Arbeit komme ich mehr und mehr auf’s Frei-Unterrichten. Insbesondere in der Harmonielehre habe ich gelernt, vieles einzuschalten, was Tonwille und Meisterwerk gebracht haben. Ähnlich geht mit den Prolongationen des strengen Satzes. Die Synthese Ihres eigenen Schaffens bringt das mit sich! — Frl. Agnes Becker, 5 die Sie auch kennen, arbeitet augenblicklich in einer meiner Einzelstunden mit zwei Herren (darunter Dr. Brulez, der Belgie) zusammen. Das sind meine Anspruchsvollsten! — Karli geht es jetzt – Gottlob – bedeutend besser. 6 Er ist schon stundenweise auf, und ganz fieberfrei. Vielleicht ist jetzt wirklich die härteste Zeit überwunden. Violins menschliche und künstlerische Leistung ist gleicherweise aller Bewunderung wert. Ich selbst finde mich auch langsam in meiner neuen Lebenskreise. Ich habe an sich das Aufhören jeder Verbindung mit der vergangenen Generation fast körperlich empfunden. Jetzt lerne ich, mich in mir selbst zu verankern. — Hoffentlich nimmt unsere Arbeit hier weiter den guten Fortgang, den wir uns nun erhoffen zu dürfen glauben – allen Kabalen zum Trotze! Für heute die herzlichsten Grüsse Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, auch an Frl. Fanny Violin 7 © Transcription William Drabkin, 2006 |
Now, since you are here in Hamburg, in the house which is filled with your thoughts and the intensity of your achievements, I am able to expand the overall picture [of things] still only in subjective brush-strokes. Recently we had had a fortunate turn for the better to note. As of now, forty pupils are studying at the Institute. 2 Not quite half of these have also enrolled, or are exclusively enrolled, in theory instruction. Not all a priori long-term, but I am fairly confident that all who have no pressing hindrances will stay with the matter. One course in particular is dear to me, and also important. It is taken exclusively by young music teachers, among which are our own elementary teachers, all of whom work very hard at the material and are very much inspired. In this way we shall become better known than by advertisements and prospectuses. In addition, I have a few individual teaching hours – some with several participants – and a genuinely advanced student who has ambitions to take the state examination. To some extent, these are very interesting people. I organize the teaching on an entirely individual basis. One thing is already having a very detrimental effect: the absence of [your] Harmonielehre . In consequence, I am asking all pupils to order it! Perhaps Mr. Hertzka will have an appetite for new sources of income after the hundredth copy has been ordered. Can anything be done about this unprecedented good fortune on the part of the publishing house – something that already has the sparrows singing from the rooftops of all the bookshops? 3 By a happy coincidence (or was this bound to happen?), we have a fair number of foreigners learning the piano. Americans, {2} Canadians, a Belgian, and a Frenchwoman. In two cases, the instruction is actually communicated with the help of pupils who interpret in the language of the country in question! In the near future, I shall send you a completely worked out graph of the first prelude from Bach's Well-Tempered Clavier , with all the layers, parallelisms, 3–4–4–3, etc., and written elucidation, as a measure of the current state of my own ability to read [a piece of music]. I believe that, in the meantime, I have learned quite a lot more; thus I am making the Bach graph as a test-piece for myself. 4 In the course of the practical work, I am more and more drawn to freely-organized tuition. In particular, in harmony teaching I have learned to include much that is found in Der Tonwille and Das Meisterwerk . Similarly with prolongations in strict counterpoint. The synthesis of your own work requires that! Miss Agnes Becker, 5 whom you also know, is at this moment working together with two men (including Dr. Brulez, the Belgian) in one of my individual classes. These are my most fastidious pupils. Karli is now, thank God, in significantly better health. 6 He is awake for hours at a time, and entirely without fever. Perhaps he has truly survived the most difficult period. Violin's human and artistic accomplishment is equally worthy of all admiration. Gradually, I too have found myself in my new life's activity. I have felt almost bodily the cessation of all contact with the preceding generation in itself. Now I am learning to put down an anchor within myself. I hope that our work will continue to make the good progress that we are now believing is achievable – in spite of all intrigues against us. For today, the most affectionate greetings to you and your wife, also to Miss Fanny Violin, 7 © Translation William Drabkin, 2006 |
Footnotes1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/5, p. 3671, October 19, 1931: "v. Cube (Br.): erfreulich: 40 Schüler, auch Ausländer! Wird das Präludium I einschicken." ("von Cube (letter): pleasing: 40 pupils, including foreigners! Will send the first Prelude."). 2 For a later document describing the Institute, see OJ 58/4, [1]. 3 In previous letters, Schenker had complained, characteristically, that Universal Edition was not interested in publishing works on which it was unlikely to realize a profit. 4 This paragraph refers to a new voice-leading graph of the Prelude in C major from Bach's Well-tempered Clavier, Book I, which Cube is working on. An earlier graphic analysis by Cube was the subject of an exchange of letters from early 1930 (OJ 9/34, [20], and OJ 5/7a, [28]). Cube's next letter (OJ 9/34, [29], and an letter of Schenker's from c. October 29, 1931 (OJ 5/7a, [40]) are directly linked with this later phase of work on the Prelude. 5 Agnes Becker is not mentioned elsewhere in the Schenker–Cube correspondence. The Oster Collection has receipts for her purchase of copies of Tonwille, and also a postcard to Schenker signed jointly by her, Jonas, and Hans and Ernst Wolf (OC 44/46, October 2, 1934). 6 The illness of Moriz Violin's son Karl (Karli) is mentioned frequently in Cube's first letters from Hamburg. 7 Moriz Violin's sister, whom Cube had met in Hamburg and who is mentioned (though not by name) in his letter of September 8, 1931 (OJ 9/34, [27]). |
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Commentary
Digital version created: 2007-07-11 |