Wie ich höre, waren Sie zwischen 6‒7h Abds bei mir; da aber Frau P. um ½6h abgesagt hat, so begab ich mich sofort an die Arbeit in meiner „Munitionsfabrik“ . .


Mein lieber Hans! 1

So erwarte ich Sie also morgen Freitag gegen ½12h, 2 schicke aber hier gleich voraus, daß ich den kleinen Betrag, die mir noch zukommen soll, nur so lange in meiner Hand behalte, als es nötig ist, ihn auf die Post zu bringen u. dort an die Adresse der „Wittwen u. Waisen“ umzudirigiern, 3 wovon Sie einen Beleg in der „ N. Fr. Presse “ unter der Chiffre: Dr. H. Sch nicht voller Namen finden werden. Grillparzer sagte (beiläufig): „Immer wird das Weib vom Manne betrogen“ (gerne hätte ich seine Begründung gehört), in wie viel höherem Maße gilt der Spruch in eigener freier Uebertragung: „Immer wird das „Mutter“land vom „Vater“land betrogen“. Sie, die Wittwen nach den Kriegern, sind immer dazu bestimmt, das stärkste Opfer zu bringen, das ihnen das „Vater“land (nach gemachtem Gebrauch) niemals dankt. (Auch im Laufe der Saison habe ich wiederholt für die „Wittwen“ Beiträge eingesendet, sicher mehr, als unsere Millionäre an ihrem Geldbestand gemessen).

Doch sind noch einige Worte nötig:

{2} Ich schreibe sie so freimütig nieder, als ich es im höheren Interesse für notwendig erachte. Mir ist durchaus nicht entgangen, daß Sie nur zu Beginn des Monats (wiederholt) erklärt haben, Sie „gehörten sich selbst nicht mehr.“ Ich habe den Wink verstanden, u. wenn ich dennoch gleichsam zuwiderhandelte, indem ich Sie noch immer an die Musik zu binden suchte, so geschah es, weil ich gerade Sie frei wissen wollte davon, was ich zeitlebens als ein Verbrechen an der Kunst bezeichne[.] Sie wissen, daß ich als den einzigen Heroismus meinerseits die Leistung bezeichne, für meine Arbeiten überhaupt erst die Möglichkeit geschaffen zu haben! Schon heute dürften auch Sie sich als vom Verleger betroffen betrachten (s. Ihre Klavierstücke, Ihre Arbeit), aber die Verleger sind es wahrlich nicht allein, die im Wege stehen. 4 Ich kann sagen, daß ich unter günstigeren Bedingunen nicht nur II2 , sondern auch schon den wichtigsten Teil der „kl. Bibl.“, die „Formenlehre“ etc. herausgebracht hätte u. damit Tausenden, u. Millionen von Musikern aller späteren Zeiten eine neue, rechtschaffene Betätigungsmöglichkeit (sei es in der Komposition, oder im Unterricht, in Geschichtsschreiben etc.) begründet hätte. (Denn mehr als Sie wissen u. ahnen ist diese Entwicklung schon im Zuge!) Und daß ich allen Erwerb lediglich auf {3} die Arbeitsbedingung konzentriere, dürften Sie wohl auch schon herausgefunden haben.

Viele Jahre verbrachte ich damit, den eigenen Schülern begreiflich zu machen, wie sie über ihre Gegenleistung zu denken haben. Der Geldwahn, an dem die Menschen leiden, bringt es mit sich, daß sie die Gegenleistung an Geld immer als ein „Mehr“ empfinden (man trennt sich so schwer vom Gelde.), und nur widerwillig ringen sie sich jene nur dort ab, wo durch den Staat geschützte Kategorien keinen Ausweg lassen (Hoteliers, Advokaten, Zahnärzte, Kaufleute etc.). Dem Künstler allein gegenüber will die Welt noch immer nicht lernen, die Loslösung vom Gelde zu verwinden.

Niemals aber hätten Sie mich je auf Ihrem Lebenswege angetroffen wenn nicht auch ich – lediglich im Interesse der zu verrichtenden Arbeit, die ja den Schülern selbst zugutekommt! – nicht auch dringend für mich in Anspruch genommen hätte, was die wirtschaftlichen Kategorien durchgesetzt haben. 5 Ich wäre längst tot, u. nichts hätte ich vollbracht, wenn es blos auf die Gedankenlosigkeit der Verleger u. Schüler angekommen wäre, die anderseits – welcher Widerspruch! – doch wieder nur das Beste bei mir suchten u. auch {4} erwarteten. Ich duldete nicht absurde Gedanken der „Förderung“, oder verwandte Ideen des „Raths“, „Austausches“, etc., u. suchte allezeit, schon um durch Klarheit auch die Resultate der Arbeit zu fördern, darauf hinzuwirken, daß meine Zeit, mein Gesundheit u. Leistung nicht zu Gunsten bestimmter kleiner Summen unterschätzt werden. (Ach, ich habe sehr, sehr viel Briefe nach dieser Richtung hin schreiben müssen, – II2 wäre in doppelt kurzer Zeit entstanden.)

Und nun: Meiner Meinung nach kam [recte kann] es nicht darauf an, daß Sie, lieber Hans, „sich selbst nicht mehr gehören“, sondern darauf, daß Sie noch dem Vertrage 6 angehörten. Obgleich Hochschulen u. sonstige Lehranstalten nicht einmal eine vis major 7 gelten lassen (technisch unmöglich), habe ich gerne eine vis major bei Breisach u. Hupka freiwillig respektiert. 8 Doch hat in beiden Fällen meine Respectierung erst im Moment der wirklichen Abreise der Betreffenden eingesetzt. Das „Vorfeld“ der vis major aber haben sie selbst gar nicht in Anspruch genommen. (Hupka hatte ja nicht nur „Laufereien“, sonder[n] Fahrereien (widerholte) nach Pressburg, ließ sich viele Male durch die Schwester im letzten Male Moment {5} entschuldigen, kam aber, so lange er nur konnte u. überhaupt da war. 9 )

Denken Sie, mit wie viel Recht jeder Mensch aus diesen oder jenen Gründen „sich nicht mehr angehört“; müßte ich alle solche Vorfelder respektieren, würde ich schon längst zu Grunde gegangen sein. Und das ist ja eben die Wohltat des Lebenszwanges, daß solche Gesichtspunkte nicht entscheiden. Denn wer geneigt ist, sich nicht mehr anzugehören, wie leicht – will er auch dann sich nicht mehr angehören? Vom Nicht-Wollen gleitet man dann sanft in das Nichtkönnen hinab, u. doch – kann man! Es ist auch gut, daß man es kann! Haben Sie mir je angesehen, wie viel Krisen mit obigem Merkmal ich durchgemacht habe?

In diesem Sinne würde ich, l. Hans, nur gerade die 4 letzten Stunden (vom 21ten ab) gerne unter den Gesichtspunkt der vis major rücken, 10 da ich aber von vornherein weiß, daß Sie nicht zu Ihren Gunsten darauf bestanden hätten, so verfüge ich über den ganzen Betrag, als würde er mir ganz gehören u. zw. in dem Eingangs erwähnten Sinne.

Ich erwarte Sie also morgen, wo ich Ihnen dann auch {6} einen hübschen Brief aus Dresden zeigen u. Einiges von Dir. Löwe mitteilen werde.

Mit Dank sende ich Bücher zurück, behalte aber noch Geschriebenes. 11


Besten herzlichen Gruß
Ihr
[signed:] H. Sch.

17. VI. 1915

© Transcription William Drabkin, 2008

As I have heard, you were at my place between 5 and 7 p.m.; since, however, Mrs. P. canceled at 5.30, I immediately set to work in my "munitions factory" . .


My dear Hans, 1

I thus will expect you tomorrow, Friday, at 11.30 a.m., 2 but I mention at this point that I shall hold on to the small sum still due to me only as long as is necessary to take it to the Post Office and there redirect it to the address "Widows and Orphans", 3 of which you will find a document in the Neue freie Presse under the box number: Dr. H. Sch, not full name. Grillparzer said (in passing): "A woman is always betrayed by her husband" (I would love to have heard his reasons), and how much more widely is the saying applicable in my own free adaptation: "The 'mother'land is always betrayed by the 'father'land." They, the widows left behind by the soldiers, are always called upon to make the greatest sacrifice, for which the "father"land (by established custom) never shows any gratitude. (I too, in the course of the teaching year, have repeatedly sent contributions for the "Widows" ‒ a lot more, to be sure, than our millionaires, in proportion to their wealth.)

A few more words are necessary:

{2} I am putting them down in writing as candidly as I consider it necessary in the interests of higher things. It did not for a moment escape me that only at the beginning of the month you (repeatedly) pronounced that you "no longer belonged to yourself." I understood what you were hinting at, and if I nevertheless, so to speak, acted contrary to that in seeking to bind you evermore to music, then that was because I specifically wanted you to know what I have throughout my life denounced as a crime against art. You know that I identify as my sole act of heroism the accomplishment of having first of all created the possibility for my works! Already now you too should view yourself as afflicted by the publisher (viz. your piano pieces, your [written] work), but publishers are really not the only things that stand in your way. 4 I dare say that under more favorable conditions, I would have published not only Counterpoint II , but also already the greater part of my Little Library , my Theory of Form , and so on, such that I would have provided thousands, nay millions of musicians of all future generations with the foundation for a new, honest possibility for occupation (be it in composition, or in teaching, or in historical writing, etc.). (For, more than you know or can imagine, this process is already underway!) And you surely ought already to have realized that I concentrate all my earnings solely on {3} providing the conditions for my work.

I spent many years making my own pupils understand how they should think about what they accomplish for their part. The obsession with money from which people suffer causes them always to feel monetary recompense as "something extra" (people find it so hard to part with their money), and they reluctantly force themselves to do so only when sectors protected by the State leave them no way out (hoteliers, attorneys, dentists, merchants, etc). It's only with respect to the artist that the world will never learn to reconcile itself to parting with its money.

However, never in your life would you have encountered me had I not also ‒ solely in the interests of the work to be carried out, which surely benefits the pupils themselves! ‒ persistently taken advantage of what the commercial sectors have accomplished. 5 I would long since have been dead and would have achieved nothing, were it down only to the thoughtlessness of my publishers and pupils, who, on the other hand, ‒ what a contradiction! ‒ nevertheless sought and expected nothing but my best work. {4} I didn't permit myself absurd thoughts of "advancement", or related ideas of "advice" or "exchange", etc., and sought constantly through clarity to put forward the results of my work, so as to insure that my time, my good health and achievements were not supported merely by certain tiny sums of money. (Ah! I have had to write many, many letters in this spirit. ‒ Counterpoint II would otherwise have seen the light of day in half the time.)

And now: in my opinion, it's not a case, dear Hans, of your "no longer belonging to yourself," but of your still being a party to the contract. 6 Although colleges and other teaching institutions never acknowledge a vis major 7 (that would be technically impossible), I have gladly and willingly respected a vis major in the cases of Breisach and Hupka. But in both cases my granting of respect did not begin until the moment of their actual departure [from my tuition]. 8 They did not, however, themselves demand the "preliminary phase" of the vis major. (Hupka did not not just "go running about" but undertook long journeys (repeatedly) to Pressburg, and {5} excused himself through his sister at the last moment; but he did come whenever he could and was actually in town. 9 )

If you think how justifiably every person for one reason or another "no longer belongs to himself"; if I had had to respect all such preliminary phases, I would long ago have been ruined. That is precisely the benefit of life's pressure: that such points of view are not decisive. How easy it is for anyone who is inclined no longer to belong to himself, then also to want no longer to belong to himself? From not-wanting it is then a slippery slope to not being able, and yet ‒ one is able! What's more, it is good that one is able! Have you ever noticed about me how many crises I have endured in the above manner?

In this spirit, dear Hans, I would gladly straightway consign just the last four lessons (from the 21st on) to the realm of the vis major; 10 but since I knew from the start that you would not have insisted on gaining from this arrangement, I shall dispose of the entire sum of money as if it belonged entirely to me, namely in the manner mentioned at the opening [of this letter].

I await you tomorrow, when I shall also {6} show you a delightful letter from Dresden, and acquaint you with something from Director Löwe.

I return the books with thanks, but am retaining the written work. 11


With best, most cordial greetings,
Your
[signed:] H. Sch.

June 17, 1915

© Translation Ian Bent and William Drabkin, 2019

Wie ich höre, waren Sie zwischen 6‒7h Abds bei mir; da aber Frau P. um ½6h abgesagt hat, so begab ich mich sofort an die Arbeit in meiner „Munitionsfabrik“ . .


Mein lieber Hans! 1

So erwarte ich Sie also morgen Freitag gegen ½12h, 2 schicke aber hier gleich voraus, daß ich den kleinen Betrag, die mir noch zukommen soll, nur so lange in meiner Hand behalte, als es nötig ist, ihn auf die Post zu bringen u. dort an die Adresse der „Wittwen u. Waisen“ umzudirigiern, 3 wovon Sie einen Beleg in der „ N. Fr. Presse “ unter der Chiffre: Dr. H. Sch nicht voller Namen finden werden. Grillparzer sagte (beiläufig): „Immer wird das Weib vom Manne betrogen“ (gerne hätte ich seine Begründung gehört), in wie viel höherem Maße gilt der Spruch in eigener freier Uebertragung: „Immer wird das „Mutter“land vom „Vater“land betrogen“. Sie, die Wittwen nach den Kriegern, sind immer dazu bestimmt, das stärkste Opfer zu bringen, das ihnen das „Vater“land (nach gemachtem Gebrauch) niemals dankt. (Auch im Laufe der Saison habe ich wiederholt für die „Wittwen“ Beiträge eingesendet, sicher mehr, als unsere Millionäre an ihrem Geldbestand gemessen).

Doch sind noch einige Worte nötig:

{2} Ich schreibe sie so freimütig nieder, als ich es im höheren Interesse für notwendig erachte. Mir ist durchaus nicht entgangen, daß Sie nur zu Beginn des Monats (wiederholt) erklärt haben, Sie „gehörten sich selbst nicht mehr.“ Ich habe den Wink verstanden, u. wenn ich dennoch gleichsam zuwiderhandelte, indem ich Sie noch immer an die Musik zu binden suchte, so geschah es, weil ich gerade Sie frei wissen wollte davon, was ich zeitlebens als ein Verbrechen an der Kunst bezeichne[.] Sie wissen, daß ich als den einzigen Heroismus meinerseits die Leistung bezeichne, für meine Arbeiten überhaupt erst die Möglichkeit geschaffen zu haben! Schon heute dürften auch Sie sich als vom Verleger betroffen betrachten (s. Ihre Klavierstücke, Ihre Arbeit), aber die Verleger sind es wahrlich nicht allein, die im Wege stehen. 4 Ich kann sagen, daß ich unter günstigeren Bedingunen nicht nur II2 , sondern auch schon den wichtigsten Teil der „kl. Bibl.“, die „Formenlehre“ etc. herausgebracht hätte u. damit Tausenden, u. Millionen von Musikern aller späteren Zeiten eine neue, rechtschaffene Betätigungsmöglichkeit (sei es in der Komposition, oder im Unterricht, in Geschichtsschreiben etc.) begründet hätte. (Denn mehr als Sie wissen u. ahnen ist diese Entwicklung schon im Zuge!) Und daß ich allen Erwerb lediglich auf {3} die Arbeitsbedingung konzentriere, dürften Sie wohl auch schon herausgefunden haben.

Viele Jahre verbrachte ich damit, den eigenen Schülern begreiflich zu machen, wie sie über ihre Gegenleistung zu denken haben. Der Geldwahn, an dem die Menschen leiden, bringt es mit sich, daß sie die Gegenleistung an Geld immer als ein „Mehr“ empfinden (man trennt sich so schwer vom Gelde.), und nur widerwillig ringen sie sich jene nur dort ab, wo durch den Staat geschützte Kategorien keinen Ausweg lassen (Hoteliers, Advokaten, Zahnärzte, Kaufleute etc.). Dem Künstler allein gegenüber will die Welt noch immer nicht lernen, die Loslösung vom Gelde zu verwinden.

Niemals aber hätten Sie mich je auf Ihrem Lebenswege angetroffen wenn nicht auch ich – lediglich im Interesse der zu verrichtenden Arbeit, die ja den Schülern selbst zugutekommt! – nicht auch dringend für mich in Anspruch genommen hätte, was die wirtschaftlichen Kategorien durchgesetzt haben. 5 Ich wäre längst tot, u. nichts hätte ich vollbracht, wenn es blos auf die Gedankenlosigkeit der Verleger u. Schüler angekommen wäre, die anderseits – welcher Widerspruch! – doch wieder nur das Beste bei mir suchten u. auch {4} erwarteten. Ich duldete nicht absurde Gedanken der „Förderung“, oder verwandte Ideen des „Raths“, „Austausches“, etc., u. suchte allezeit, schon um durch Klarheit auch die Resultate der Arbeit zu fördern, darauf hinzuwirken, daß meine Zeit, mein Gesundheit u. Leistung nicht zu Gunsten bestimmter kleiner Summen unterschätzt werden. (Ach, ich habe sehr, sehr viel Briefe nach dieser Richtung hin schreiben müssen, – II2 wäre in doppelt kurzer Zeit entstanden.)

Und nun: Meiner Meinung nach kam [recte kann] es nicht darauf an, daß Sie, lieber Hans, „sich selbst nicht mehr gehören“, sondern darauf, daß Sie noch dem Vertrage 6 angehörten. Obgleich Hochschulen u. sonstige Lehranstalten nicht einmal eine vis major 7 gelten lassen (technisch unmöglich), habe ich gerne eine vis major bei Breisach u. Hupka freiwillig respektiert. 8 Doch hat in beiden Fällen meine Respectierung erst im Moment der wirklichen Abreise der Betreffenden eingesetzt. Das „Vorfeld“ der vis major aber haben sie selbst gar nicht in Anspruch genommen. (Hupka hatte ja nicht nur „Laufereien“, sonder[n] Fahrereien (widerholte) nach Pressburg, ließ sich viele Male durch die Schwester im letzten Male Moment {5} entschuldigen, kam aber, so lange er nur konnte u. überhaupt da war. 9 )

Denken Sie, mit wie viel Recht jeder Mensch aus diesen oder jenen Gründen „sich nicht mehr angehört“; müßte ich alle solche Vorfelder respektieren, würde ich schon längst zu Grunde gegangen sein. Und das ist ja eben die Wohltat des Lebenszwanges, daß solche Gesichtspunkte nicht entscheiden. Denn wer geneigt ist, sich nicht mehr anzugehören, wie leicht – will er auch dann sich nicht mehr angehören? Vom Nicht-Wollen gleitet man dann sanft in das Nichtkönnen hinab, u. doch – kann man! Es ist auch gut, daß man es kann! Haben Sie mir je angesehen, wie viel Krisen mit obigem Merkmal ich durchgemacht habe?

In diesem Sinne würde ich, l. Hans, nur gerade die 4 letzten Stunden (vom 21ten ab) gerne unter den Gesichtspunkt der vis major rücken, 10 da ich aber von vornherein weiß, daß Sie nicht zu Ihren Gunsten darauf bestanden hätten, so verfüge ich über den ganzen Betrag, als würde er mir ganz gehören u. zw. in dem Eingangs erwähnten Sinne.

Ich erwarte Sie also morgen, wo ich Ihnen dann auch {6} einen hübschen Brief aus Dresden zeigen u. Einiges von Dir. Löwe mitteilen werde.

Mit Dank sende ich Bücher zurück, behalte aber noch Geschriebenes. 11


Besten herzlichen Gruß
Ihr
[signed:] H. Sch.

17. VI. 1915

© Transcription William Drabkin, 2008

As I have heard, you were at my place between 5 and 7 p.m.; since, however, Mrs. P. canceled at 5.30, I immediately set to work in my "munitions factory" . .


My dear Hans, 1

I thus will expect you tomorrow, Friday, at 11.30 a.m., 2 but I mention at this point that I shall hold on to the small sum still due to me only as long as is necessary to take it to the Post Office and there redirect it to the address "Widows and Orphans", 3 of which you will find a document in the Neue freie Presse under the box number: Dr. H. Sch, not full name. Grillparzer said (in passing): "A woman is always betrayed by her husband" (I would love to have heard his reasons), and how much more widely is the saying applicable in my own free adaptation: "The 'mother'land is always betrayed by the 'father'land." They, the widows left behind by the soldiers, are always called upon to make the greatest sacrifice, for which the "father"land (by established custom) never shows any gratitude. (I too, in the course of the teaching year, have repeatedly sent contributions for the "Widows" ‒ a lot more, to be sure, than our millionaires, in proportion to their wealth.)

A few more words are necessary:

{2} I am putting them down in writing as candidly as I consider it necessary in the interests of higher things. It did not for a moment escape me that only at the beginning of the month you (repeatedly) pronounced that you "no longer belonged to yourself." I understood what you were hinting at, and if I nevertheless, so to speak, acted contrary to that in seeking to bind you evermore to music, then that was because I specifically wanted you to know what I have throughout my life denounced as a crime against art. You know that I identify as my sole act of heroism the accomplishment of having first of all created the possibility for my works! Already now you too should view yourself as afflicted by the publisher (viz. your piano pieces, your [written] work), but publishers are really not the only things that stand in your way. 4 I dare say that under more favorable conditions, I would have published not only Counterpoint II , but also already the greater part of my Little Library , my Theory of Form , and so on, such that I would have provided thousands, nay millions of musicians of all future generations with the foundation for a new, honest possibility for occupation (be it in composition, or in teaching, or in historical writing, etc.). (For, more than you know or can imagine, this process is already underway!) And you surely ought already to have realized that I concentrate all my earnings solely on {3} providing the conditions for my work.

I spent many years making my own pupils understand how they should think about what they accomplish for their part. The obsession with money from which people suffer causes them always to feel monetary recompense as "something extra" (people find it so hard to part with their money), and they reluctantly force themselves to do so only when sectors protected by the State leave them no way out (hoteliers, attorneys, dentists, merchants, etc). It's only with respect to the artist that the world will never learn to reconcile itself to parting with its money.

However, never in your life would you have encountered me had I not also ‒ solely in the interests of the work to be carried out, which surely benefits the pupils themselves! ‒ persistently taken advantage of what the commercial sectors have accomplished. 5 I would long since have been dead and would have achieved nothing, were it down only to the thoughtlessness of my publishers and pupils, who, on the other hand, ‒ what a contradiction! ‒ nevertheless sought and expected nothing but my best work. {4} I didn't permit myself absurd thoughts of "advancement", or related ideas of "advice" or "exchange", etc., and sought constantly through clarity to put forward the results of my work, so as to insure that my time, my good health and achievements were not supported merely by certain tiny sums of money. (Ah! I have had to write many, many letters in this spirit. ‒ Counterpoint II would otherwise have seen the light of day in half the time.)

And now: in my opinion, it's not a case, dear Hans, of your "no longer belonging to yourself," but of your still being a party to the contract. 6 Although colleges and other teaching institutions never acknowledge a vis major 7 (that would be technically impossible), I have gladly and willingly respected a vis major in the cases of Breisach and Hupka. But in both cases my granting of respect did not begin until the moment of their actual departure [from my tuition]. 8 They did not, however, themselves demand the "preliminary phase" of the vis major. (Hupka did not not just "go running about" but undertook long journeys (repeatedly) to Pressburg, and {5} excused himself through his sister at the last moment; but he did come whenever he could and was actually in town. 9 )

If you think how justifiably every person for one reason or another "no longer belongs to himself"; if I had had to respect all such preliminary phases, I would long ago have been ruined. That is precisely the benefit of life's pressure: that such points of view are not decisive. How easy it is for anyone who is inclined no longer to belong to himself, then also to want no longer to belong to himself? From not-wanting it is then a slippery slope to not being able, and yet ‒ one is able! What's more, it is good that one is able! Have you ever noticed about me how many crises I have endured in the above manner?

In this spirit, dear Hans, I would gladly straightway consign just the last four lessons (from the 21st on) to the realm of the vis major; 10 but since I knew from the start that you would not have insisted on gaining from this arrangement, I shall dispose of the entire sum of money as if it belonged entirely to me, namely in the manner mentioned at the opening [of this letter].

I await you tomorrow, when I shall also {6} show you a delightful letter from Dresden, and acquaint you with something from Director Löwe.

I return the books with thanks, but am retaining the written work. 11


With best, most cordial greetings,
Your
[signed:] H. Sch.

June 17, 1915

© Translation Ian Bent and William Drabkin, 2019

Footnotes

1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary, p. 955, June 17, 1915: "Brief an Weisse, worin ich meinen Standpunkt bezüglich des in Anspruch genommenen Honorars so umfassend als möglich darlege. Der Brief wird copiert u. samt Büchern durch einen Dienstmann an ihn befördert." ("Letter to Weisse in which I expound as comprehensively as possible my viewpoint regarding the fee demanded. The letter is copied and dispatched together with books via a porter.").
What preceded and impelled this letter is an event on the previous day that is recorded in Schenker's diary at pp. 953‒54, June 16, 1915:

"Um 12h, also nach der Stunde des Frl. Elias, erscheint Weisse. Indignirt über die wohlüberlegte Schmutzerei lasse ich mich von ihm zu Tisch zum „roten Hahn“ begleiten u. hole, um die Strafe zu steigern, in Gegenwart Lie-Liechens sehr scharf aus, indem ich direkt einen Verdacht wider Breisach ausspreche u. an diesem Beispiel meine Entrüstung über solchen Verrat ausdrücke. W.s Verlegenheit war mir Beweis genug dafür, daß ich ins Schwarze getroffen habe. Sein Vorgehen war umso strafbarer, als nur 4 Stunden ihm verloren gegangen wären, ein Verlust, den ich wohl im Laufe der Jahre durch Ueberstunden u. durch allerhand Stunden im Monat September reichlich „vorgegeben“ habe."

("At 12 o'clock, hence after Miss Elias's lesson, Weisse turns up. I ‒ indignant at his devious scheming ‒ allow myself to be accompanied by him to lunch at the "Red Cockerel," and, in order to heighten the punishment, strike out very sharply in the presence of Lie-Liechen, in the course of which I voice a suspicion directly against Breisach, and to this example express my anger at such betrayal. Weisse's embarrassment was sufficient evidence for me that I had hit the mark. His reaction was all the more reprehensible as only four lessons had been lost to him, a loss that I had generously "pre-given" by working overtime and through all manner of lessons [expended on him] in the month of September.")

2 The meeting is recorded in Schenker's diary at p. 957, June 18, 1915: "Wie aufgefordert erscheint Weisse um ½12h aufgeregt u. blaß, erlegt das Honorar, bittet mich aber, das Geld nicht an die Wittwen u. Waisen zu schicken, da er dies als ein Zeichen ansehen mußte, daß ich seiner Beteuerung, der Sache läge blos eine Vergesslichkeit zugrunde, keinen Glauben beimessen würde. Hierauf begleitet er uns Beide zu Tisch." ("As requested, Weisse appears at 11.30 a.m. pale and agitated, pays the fee, but asks me not to send the money to the Widows and Orphans, since he would have to take this as a sign that I would give no credence to his protestation that the matter was due to a mere moment of forgetfulness. Whereupon he accompanied us both to lunch.").

3 Schenker's diary accounts for the envelope so "redirected" at p. 954, June 16, 1915: "Abends finde ich zuhause einen Brief Weisse’s, worin er, von der gestrigen Auseinandersetzung offenbar getroffen, mich um ein Wiedersehen bittet, um mir das angebliche vergessene Couvert zu überreichen." ("That evening I find a letter from Weisse at my apartment in which he, evidently stricken by yesterday's quarrel, asks to see me again to hand over the alleged forgotten envelope.") For the "quarrel," see footnote 1. — Several charitable bodies supporting widows and orphans existed at this time in Austria, Hungary, Galicia, and Germany.

4 Despite Schenker's having made representation several times to Emil Hertzka of Universal Edition on behalf of Weisse's compositions (e.g. WSLB 116, June 2, 1912, "It only remains for me to congratulate you on acquiring Weisse's very, very fine works; they will surely [...] bring you commercial success," after which Weisse was interviewed and manuscripts were provided), nothing seems to have come of them other than the publication in 1924 of the score of Weisse's Vocal Quartets with piano accompaniment, Op. 6.

5 Over the course of his life Schenker delivered many diatribes against the world of commerce, which gives this extraordinary statement an added significance.

6 Vertrag: Schenker probably refers not to a publisher's contract but to one that Weisse has with Schenker, as agreed at the beginning of the teaching year.

7 vis major: "superior force" (in legal cases, "act of God").

8 When Schenker took him over as a pupil in 1912, Felix Hupka had already begun his career as a concert pianist two years earlier. Paul Breisach, who had begun lessons with Schenker in the fall of 1913, had been studying with Bruno Walter and Franz Schreker since 1914; but whether his career had taken off by the time of this letter is unclear.

9 "excuse himself": i.e. from a scheduled lesson with Schenker. This remark is likely to have caused concern in Weisse, who on June 1, 1912 had appealed to Schenker not to favor Hupka to the detriment of himself (OJ 15/16, [4]). The implication of the final remark is that Weisse was not "generally around," earlier because he spent time in Bad Ischl, but now because he had been drafted into the army and was on war service.

10 "from the 21st on": either past lessons after May 21, or future lessons from June 21 (Heinrich and Jeanette left for vacation that year at the end of the month). — Schenker's 1914/15 lessonbook is very thinly recorded; it records no lessons for Weisse that year after April 7, 1915 ‒ but that is of no consequence since no lessons are recorded for any student at all after that date.

11 Perhaps this refers to a draft of Weisse's doctoral dissertation, Der Kunstwaltzer und seine bedeutendsten Vertreter, much of which had been drafted before military service, and which was completed in 1915 though not submitted to his official adviser Guido Adler until after military service, and doctorate being awarded in 1919. The earlier reference to Weisse's "Werke," too, probably refers to material not in musical notation.