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OJ 6/7, [47] - Handwritten letter from Schenker to Violin, dated March 2, 1930
Etwas spät komme ich mit dem Dank für deine l. Zeilen= OJ 14/45, [84]. Dazwischen lag eine so entsetzliche Überarbeitung – seit Oktober keine Ruhepause, nicht an Sonn-, nicht nicht an Feiertagen, nicht zu Weihnacht, zu Neujahr usw – , daß ich schließlich mir einige Ruhe zu nehmen durch den Arzt verhalten wurde. Es geht mir wieder besser. Ich hoffe in Bälde die Notenbilder zur Eroica dem Stich bei Waldh. & Eberle, die es doch am besten machen, übergeben zu können. Wegen des Verlages erzähle ich dir später. Vorläufig danke ich dir innigst für deine wie immer liebe Absicht. Wie ist dir die Berliner Reise {2} ausgegangen? Hast du die erhofften Früchte heimgebracht? Augenblicklich ringe ich mit dem Schandbuben Mozio um mein eigenes Ersparnis, nämlich die 2.te Hälfte, die ich jetzt sehr brauche. Ich bin angesichts seiner dir bekannten Rücksichtslosigkeiten zum äußersten Schritt einer Klage bereit, wie ich den Weg durch den Anwalt schon einmal in der Angelegenheit der th. Mutter gegangen bin. Er hält auch mit Lügnereien sie, eigentlich schon seit 2 Jahren. Er ist doch ein – Blödian! Vor kürzem hörte ich das neue Oktett von Hans W. Auch Furtwängler hat es gehört – ein paar Tage zuvor – u. es freute mich für Furtw., daß er in echter {3} begeisteter Aufwallung, wie mir Hans sagte, die Worte ausrief: „Ich hatte es nicht für möglich gehalten, daß heute so etwas noch geschrieben werden kann.“ Er hat Recht, vom Standpunkt des ringsum Verfertigten ist das Okt. ein Koloss an Erfindung u. Ausführung, du würdest über den letzten Satz, den passacaglia, ordentlich die Ohren aufreißen! Der Grundzug ist natürlich brahmsisch, was aber Hans nicht gern wahrhaben will, die Naturgabe ist nach wie vor dieselbe, also geringfügig, aber umso erstaunlicher, was er auch ohne sie zustandebringt. Ende Sept. hat er mir 6 Bagatellen für das Klavier vorgespielt, die den Versuch einer Anbiederung an das Dissonanzenleben vorstellen sollten; wie er mir sagte, wollte er zeigen, wie man mit Quarten u. dgl. auch gut schreiben {4} kann. Ich machte aus meiner Meinung kein Hehl. Umso erfreuter war ich, als ich das Oktett in guter Stimmführung vorschreiten hörte. Furtw. versprach ihm, bei Br. & H. wegen des Stiches zu intervenieren. 2 Sehr erfreulich war auch dabei, daß ein Schüler von Hans, Dr Salzer (zur Wittgensteinfamilie gehörig) fur die sehr, sehr beträchtlichen Kosten der 14 Proben von 8 Musikern mit zwei Konzertmeistern, auch für die Abfütterung von etwa 100 Gästen an zwei Abenden aufgekommen ist. So etwas passiert mir nicht. Da sitzt bei mir der ungleich reichere Hoboken, ein wahre Nabob, u. trotz aller Mühe, die ich mir nehme, kann ich seine materielle Teilnahme für meine Lebensarbeit nicht erreichen, da hört er weg, er steht noch auf dem Standpunkt, daß er mir schon mit seinem Stundenhonorar ein „Mäzen“ ist – es ist buchstäblich so – wo ich ihn übrigens um [continuing in top margin, upside down:] dasselbe Geld wie die Wiener unterrichte, statt das doppelte zu fordern! Hob. hat sich aber, wenn ich nicht irre, in Wien unmöglich gemacht wegen seines unan- [continuing in left margin, top to bottom:] gemessenen Betragens. Ihm ist nicht zu helfen. Vorläufig rede nicht weiter darüber. 3 Wie geht est sonst bei dir? © Transcription William Drabkin, 2013 |
I am rather late in sending you my thanks for your kind message= OJ 14/45, [84]. In the meantime, I had been so dreadfully overworked – since October, I have not had any free time: not on Sundays or holidays, not at Christmas or New Year's, etc. – until I was compelled by my doctor to take short break. I am feeling better again. I am hoping that I can soon hand over the music illustrations for the "Eroica" for engraving by Waldheim & Eberle, who can indeed do this best of all. Concerning a publisher, I shall let you know later. For the time being, I thank you most sincerely for ever-kind intentions. How did the trip to Berlin {2} turn out? Did you bring home the hoped-for fruits? At the moment, I am wrestling with that scurrilous boy Mozio for my savings, specifically the second half, which I desperately need now. I am prepared to take the extreme step of legal action in the light of his inconsiderateness (which is well known to you), as I went through a lawyer already once before, in a matter concerning my dear mother. He has actually kept them for two years now, even saying untruths. He is indeed an – idiot! Recently I heard Hans Weisse's new Octet. Furtwängler, too, had heard it a few days earlier, and it pleases me, for Furtwängler's sake, that he [Furtwängler] spoke out with a genuine {3} flood of emotion, as Hans reported to me: "I would not have thought it possible that something like this can be written today." He is right: viewed in terms of its overall production, the Octet is a colossus of invention and realization. Your ears would really be torn open by the last movement, a passacaglia! The essential features are, naturally, Brahmsian, which is something that Hans would not happily admit. His natural gift is the same as it has always been, i.e. limited; but what he is able to come up with in its absence is all the more astonishing. At the end of September last year, he played me his six bagatelles for piano, which are supposed to represent an essay in ingratiating himself with the world of dissonance. He wanted specifically to demonstrate, so he told me, how one can even compose well using fourths and suchlike. {4} I did not keep my opinions to myself. I was all the more pleased, then, to hear the Octet proceed with good voice-leading. Furtwängler promised to intervene on his behalf in connection with publication by Breitkopf & Härtel. 2 It is also very gratifying to report that a pupil of Hans's, Dr. Salzer (a member of the Wittgenstein family), took care of the very, very considerable costs of fourteen rehearsals with eight musicians (two of whom are concert masters), and for the provision of food and drink for about 100 guests on two evenings. Things of that sort do not happen to me. I have the incomparably wealthier Hoboken at my side, a real nabob; and in spite of all the trouble that I take, I cannot gain his material support for my life's work. He simply will not listen; he takes the view that, by paying me his hourly fee, he is my "benefactor" – that is literally how he puts it – though I charge him [continuing in top margin, upside down:] the same amount as my Viennese pupils, instead of asking for twice as much! If I am not mistaken, Hoboken has, however, made himself very unpopular in Vienna on account of his [continuing in left margin, top to bottom:] improper behavior. He is not to be helped. For the time being, do not say anything further about it. 3 How are you otherwise? © Translation William Drabkin, 2013 |
Etwas spät komme ich mit dem Dank für deine l. Zeilen= OJ 14/45, [84]. Dazwischen lag eine so entsetzliche Überarbeitung – seit Oktober keine Ruhepause, nicht an Sonn-, nicht nicht an Feiertagen, nicht zu Weihnacht, zu Neujahr usw – , daß ich schließlich mir einige Ruhe zu nehmen durch den Arzt verhalten wurde. Es geht mir wieder besser. Ich hoffe in Bälde die Notenbilder zur Eroica dem Stich bei Waldh. & Eberle, die es doch am besten machen, übergeben zu können. Wegen des Verlages erzähle ich dir später. Vorläufig danke ich dir innigst für deine wie immer liebe Absicht. Wie ist dir die Berliner Reise {2} ausgegangen? Hast du die erhofften Früchte heimgebracht? Augenblicklich ringe ich mit dem Schandbuben Mozio um mein eigenes Ersparnis, nämlich die 2.te Hälfte, die ich jetzt sehr brauche. Ich bin angesichts seiner dir bekannten Rücksichtslosigkeiten zum äußersten Schritt einer Klage bereit, wie ich den Weg durch den Anwalt schon einmal in der Angelegenheit der th. Mutter gegangen bin. Er hält auch mit Lügnereien sie, eigentlich schon seit 2 Jahren. Er ist doch ein – Blödian! Vor kürzem hörte ich das neue Oktett von Hans W. Auch Furtwängler hat es gehört – ein paar Tage zuvor – u. es freute mich für Furtw., daß er in echter {3} begeisteter Aufwallung, wie mir Hans sagte, die Worte ausrief: „Ich hatte es nicht für möglich gehalten, daß heute so etwas noch geschrieben werden kann.“ Er hat Recht, vom Standpunkt des ringsum Verfertigten ist das Okt. ein Koloss an Erfindung u. Ausführung, du würdest über den letzten Satz, den passacaglia, ordentlich die Ohren aufreißen! Der Grundzug ist natürlich brahmsisch, was aber Hans nicht gern wahrhaben will, die Naturgabe ist nach wie vor dieselbe, also geringfügig, aber umso erstaunlicher, was er auch ohne sie zustandebringt. Ende Sept. hat er mir 6 Bagatellen für das Klavier vorgespielt, die den Versuch einer Anbiederung an das Dissonanzenleben vorstellen sollten; wie er mir sagte, wollte er zeigen, wie man mit Quarten u. dgl. auch gut schreiben {4} kann. Ich machte aus meiner Meinung kein Hehl. Umso erfreuter war ich, als ich das Oktett in guter Stimmführung vorschreiten hörte. Furtw. versprach ihm, bei Br. & H. wegen des Stiches zu intervenieren. 2 Sehr erfreulich war auch dabei, daß ein Schüler von Hans, Dr Salzer (zur Wittgensteinfamilie gehörig) fur die sehr, sehr beträchtlichen Kosten der 14 Proben von 8 Musikern mit zwei Konzertmeistern, auch für die Abfütterung von etwa 100 Gästen an zwei Abenden aufgekommen ist. So etwas passiert mir nicht. Da sitzt bei mir der ungleich reichere Hoboken, ein wahre Nabob, u. trotz aller Mühe, die ich mir nehme, kann ich seine materielle Teilnahme für meine Lebensarbeit nicht erreichen, da hört er weg, er steht noch auf dem Standpunkt, daß er mir schon mit seinem Stundenhonorar ein „Mäzen“ ist – es ist buchstäblich so – wo ich ihn übrigens um [continuing in top margin, upside down:] dasselbe Geld wie die Wiener unterrichte, statt das doppelte zu fordern! Hob. hat sich aber, wenn ich nicht irre, in Wien unmöglich gemacht wegen seines unan- [continuing in left margin, top to bottom:] gemessenen Betragens. Ihm ist nicht zu helfen. Vorläufig rede nicht weiter darüber. 3 Wie geht est sonst bei dir? © Transcription William Drabkin, 2013 |
I am rather late in sending you my thanks for your kind message= OJ 14/45, [84]. In the meantime, I had been so dreadfully overworked – since October, I have not had any free time: not on Sundays or holidays, not at Christmas or New Year's, etc. – until I was compelled by my doctor to take short break. I am feeling better again. I am hoping that I can soon hand over the music illustrations for the "Eroica" for engraving by Waldheim & Eberle, who can indeed do this best of all. Concerning a publisher, I shall let you know later. For the time being, I thank you most sincerely for ever-kind intentions. How did the trip to Berlin {2} turn out? Did you bring home the hoped-for fruits? At the moment, I am wrestling with that scurrilous boy Mozio for my savings, specifically the second half, which I desperately need now. I am prepared to take the extreme step of legal action in the light of his inconsiderateness (which is well known to you), as I went through a lawyer already once before, in a matter concerning my dear mother. He has actually kept them for two years now, even saying untruths. He is indeed an – idiot! Recently I heard Hans Weisse's new Octet. Furtwängler, too, had heard it a few days earlier, and it pleases me, for Furtwängler's sake, that he [Furtwängler] spoke out with a genuine {3} flood of emotion, as Hans reported to me: "I would not have thought it possible that something like this can be written today." He is right: viewed in terms of its overall production, the Octet is a colossus of invention and realization. Your ears would really be torn open by the last movement, a passacaglia! The essential features are, naturally, Brahmsian, which is something that Hans would not happily admit. His natural gift is the same as it has always been, i.e. limited; but what he is able to come up with in its absence is all the more astonishing. At the end of September last year, he played me his six bagatelles for piano, which are supposed to represent an essay in ingratiating himself with the world of dissonance. He wanted specifically to demonstrate, so he told me, how one can even compose well using fourths and suchlike. {4} I did not keep my opinions to myself. I was all the more pleased, then, to hear the Octet proceed with good voice-leading. Furtwängler promised to intervene on his behalf in connection with publication by Breitkopf & Härtel. 2 It is also very gratifying to report that a pupil of Hans's, Dr. Salzer (a member of the Wittgenstein family), took care of the very, very considerable costs of fourteen rehearsals with eight musicians (two of whom are concert masters), and for the provision of food and drink for about 100 guests on two evenings. Things of that sort do not happen to me. I have the incomparably wealthier Hoboken at my side, a real nabob; and in spite of all the trouble that I take, I cannot gain his material support for my life's work. He simply will not listen; he takes the view that, by paying me his hourly fee, he is my "benefactor" – that is literally how he puts it – though I charge him [continuing in top margin, upside down:] the same amount as my Viennese pupils, instead of asking for twice as much! If I am not mistaken, Hoboken has, however, made himself very unpopular in Vienna on account of his [continuing in left margin, top to bottom:] improper behavior. He is not to be helped. For the time being, do not say anything further about it. 3 How are you otherwise? © Translation William Drabkin, 2013 |
Footnotes1 Writing of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/3, p. 3448 (March 1, 1930): "An Fl. (Br.): Dank für die gute Absicht – was hat Berlin eingebracht? Der Stich der Eroica steht bevor; über Weisses Oktett, vom Raufen mit Mozio! ("To Floriz (letter): thanks for his good intentions – what came of the trip to Berlin? The engraving of the "Eroica" is imminent; concerning Weisse’s Octet, concerning my scuffle with Mozio!") 2 No paragraph-break in source. 3 No paragraph-break in source. |
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Commentary
Digital version created: 2013-06-29 |